©
Getty Images/iStockphoto
Multidisziplinärer Fokus in der Behandlung des Mammakarzinom
Jatros
30
Min. Lesezeit
14.07.2016
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Die European CanCer Organisation (ECCO) hat zum zehnten Mal die European Breast Cancer Conference (EBCC) ausgerichtet. Die alle zwei Jahre stattfindende Tagung zur multidisziplinären Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms wurde in diesem Jahr in Amsterdam abgehalten und sprach praxisrelevante Themen zur besseren Behandlung der Patientinnen an. Im Folgenden eine kleine Auswahl der vielfältigen Präsentationen zu Brustdichte, Diabetes mellitus und der neoadjuvanten Therapie.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1603_Weblinks_Seite60.jpg" alt="" width="1312" height="766" /></p> <p>Viele Krebserkrankungen betreffen vor allem ältere Patienten, die dann bereits komorbide und damit einem höheren Risiko eines schlechteren Krankheitsverlaufs ausgesetzt sind. Auch der Diabetes mellitus verschlechtert die Prognose von Brustkrebspatientinnen, allerdings hat offensichtlich die Therapie des Diabetes einen Einfluss auf das Brustkrebsrisiko und den Therapieerfolg der Antitumortherapie. Dies könnte wiederum mit der Brustdichte zusammenhängen, die ein Risikofaktor für Brustkrebs ist.</p> <h2>Brustdichte und Brustkrebsrisiko bei Frauen mit Diabetes mellitus</h2> <p>Wird der Diabetes mellitus durch eine Diät oder medikamentöse Intervention, z.B. mit Metformin, behandelt, kommt es zu einer Verringerung der Brustdichte, wogegen die Applikation von Insulin die Dichte erhöht. Zu diesen Ergebnissen gelangten Zorana Andersen, Dänemark, und Kollegen nach Auswertung der Daten von 5.644 Frauen aus der dänischen „Diet, Cancer and Health“-Studie, die zwischen 1993 und 2001 auch an einem Mammografie-Sceening teilgenommen hatten.<sup>1</sup> Die Frauen waren im Mittel 56 Jahre alt. Es wurden Frauen mit fettem Brustgewebe von Frauen mit gemischtem bzw. dichtem Brustgewebe unterschieden und ihre Daten mit denen zu einer Diabeteserkrankung und -behandlung korreliert. 3.180 der Frauen (56,3 % ) hatten gemischte/dichte Brüste und 137 Frauen (2,4 % ) wiesen einen behandlungsbedürftigen Diabetes auf. 44 der Frauen kontrollierten den Diabetes durch Diät, 62 Frauen waren mit Tabletten medikamentös eingestellt und 29 Frauen applizierten Insulin.<br /> Patientinnen mit Diabeteserkrankung hatten seltener gemischte/dichte Brüste als Frauen ohne Diabetes – auch nach Korrektur auf Adipositas und andere Risikofaktoren. Diese umgekehrt proportionale Assoziation zwischen Brustdichte und Diabetes wurde dominiert von den Frauen, die den Diabetes mithilfe einer Diät oder einer oralen Diabetesmedikation kontrollierten. Frauen, die Insulin applizierten, hatten hingegen häufiger gemischtes/dichtes Brustdrüsengewebe. Die Dichte des Drüsengewebes gilt als Risikofaktor für die Entwicklung von Brustkrebs und zudem ist bekannt, dass Insulin ein wichtiger Wachstumsfaktor für alle Körpergewebe ist. Daher scheine es plausibel, so Andersen und Kollegen, dass Insulin auch die Brustdichte erhöht und als Wachstumsfaktor kritisch für die Tumorentwicklung und -progression ist. Ob Insulin direkt mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko korreliert sein könnte, wollen die Wissenschaftler als Nächstes untersuchen.</p> <h2>Positiver Einfluss von Metformin­gebrauch auf den Therapieerfolg</h2> <p>Eine Auswertung der Phase-III-Studie ALTTO fokussierte auf den Einfluss von Diabetes auf die Prognose bei HER2-positivem Brustkrebs.<sup>2</sup> In der Studie wurden Patientinnen randomisiert mit Trastuzumab oder Lapatinib sowie der Sequenz oder Kombination beider Substanzen behandelt. 186 der 8.381 eingeschlossenen Patientinnen wiesen einen Diabetes auf, erhielten aber kein Metformin, wogegen 260 Patientinnen Metformin zur Kontrolle des Diabetes verwendeten. Patientinnen mit Diabetes waren im Vergleich zur gesamten Studienpopulation signifikant häufiger älter als 50 Jahre und befanden sich häufiger im postmenopausalen Status. Die Wirksamkeitsdaten bezüglich des krankheitsfreien Überlebens (DFS) und des Gesamtüberlebens (OS) waren nicht unterschiedlich zwischen den Studienteilnehmerinnen ohne Diabetes und Patientinnen mit Diabetes unter Metformintherapie (DFS: HR: 0,97, p=0,873; OS: HR: 1,15, p=0,541). Patientinnen mit Diabetes hingegen, die keine Metformintherapie erhielten, hatten eine schlechtere Prognose im Vergleich zu den Patientinnen ohne Diabeteserkrankung (DFS: 1,40, p=0,043; OS: HR: 1,87, p=0,004) (Abb. 1). Die Autoren schlossen aus den Ergebnissen, dass die Metforminbehandlung die schlechtere Prognose von Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs und Diabetes möglicherweise aufheben kann.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1603_Weblinks_Seite61.jpg" alt="" width="719" height="481" /></p> <h2>Einfluss von körperlicher Aktivität auf die Brustdichte</h2> <p>Eine Untersuchung der dänischen „Diet, Cancer and Health“-Studie analysierte die körperliche Aktivität von 5.703 Frauen und setzte sie ins Verhältnis mit der Brustdichte.<sup>3</sup> Die körperliche Aktivität wurde zudem in verschiedene Arten der Bewegung unterteilt.<br /> 56 % der Frauen zeigten eine gemischte/dichte Brustdichte und von diesen trieben 47,5 % regelmäßig Sport, 70,1 % fuhren Fahrrad, 52,2 % bearbeiteten einen Garten und 92,7 % gingen spazieren. Eine leicht erhöhte Brustdichte war assoziiert mit Sport (Odds Ratio: 1,17) und Radfahren (OR: 1,19). Nach Adjustierung auf andere Risikofaktoren wurde das Signifikanzniveau in keiner der vier Aktivitätsgruppen erreicht (OR von 0,98 bis 1,10). Es wurde auch keine Korrelation zwischen der Häufigkeit und Intensität der körperlichen Aktivität und der Brustdichte gesehen. Shadi Azam und Kollegen folgerten, dass der protektive Effekt von körperlicher Aktivität auf die Entwicklung von Brustkrebs nicht durch eine erhöhte Brustdichte geschmälert wird. Im Gegenteil empfehlen sie Frauen, ihren Lebensstil entsprechend zu ändern, um das Brustkrebsrisiko zu senken.</p> <h2>Bildgebung mit MRT vor neoadjuvanter Chemotherapie</h2> <p>Die neoadjuvante Chemotherapie wird genutzt, um das Ansprechen des Tumors auf eine bestimmte Therapie zu kennen, das Zeitfenster für die molekularbiologische Bestimmung zu vergrößern und die Rate an brustkonservierenden Operationen zu erhöhen. Um die Resterkrankung nach neoadjuvanter Chemotherapie zu messen, hat sich die Bildgebung mit MRT (Magnetresonanztomografie) und US (Ultraschall) der klinischen Untersuchung und der Mammografie als überlegen erwiesen. Da die MRT-Bildgebung aber sehr teuer ist, evaluierten Rachael Lancaster, USA, und Kollegen den Nutzen des MRT.<sup>4</sup> Sie analysierten die Häufigkeit des Einsatzes der MRT zur Auffindung von kontraleralen Brustläsionen, die Methode zur Biopsie der auffälligen Läsionen und den Zusammenhang des MRT-Ergebnisses mit der operativen Planung und der Entscheidungsfindung.<br /> Es wurden Daten von 147 Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem Brustkrebs, die zwischen 2010 und 2014 im University of California San Francisco Breast Cancer Registry verzeichnet worden waren, retrospektiv analysiert. Die Frauen waren im Schnitt 49,8 Jahre alt und präsentierten sich mehrheitlich mit Tumorstadium II und III. Die Histologie war in den meisten Fällen duktal und der Rezeptorstatus HR+/HER2– (41,5 % ), HR+/HER2+ (27,2 % ), HR–/HER2+ (8,2 % ) und tripelnegativ (23,1 % ).<br /> Gemessen im BI-RADS(Breast Imaging Reporting and Data System)-Score zeigten 73,4 % der eingeschlossenen Patientinnen einen BI-RADS von ≤3 (negativer bis vermutlich gutartiger Befund) und 26,5 % einen BI-RADS von 4–5 (verdächtiger oder hochverdächtiger Befund). Eine kontralaterale Biopsie wurde bei 23,8 % der Patientinnen durchgeführt. Bei den 33 Patientinnen, die erfolgreich biopsiert wurden, war die Biopsie in 75,7 % der Fälle MRT-geführt und bei 18,1 % US-geführt. In 87,8 % der Fälle verwies die Biopsie auf eine benigne Läsion, bei 9,0 % der Patientinnen auf einen invasiven Tumor und bei 3,0 % auf ein DCIS (duktales Carcinoma in situ). Zusammengefasst bedeute dies, dass bei 147 Patientinnen ein MRT vor neoadjuvanter Therapie und 33 zusätzliche kontralaterale MRT sowie 25 MRT-geführte Biopsien durchgeführt wurden, um bei vier Patientinnen eine kontralaterale Läsion zu finden, kommentierte Lancaster. Zudem erhielten Patientinnen, die einer kontralateralen Biopsie unterzogen wurden, mit größerer Wahrscheinlichkeit auch eine bilaterale Operation. Operateure und Radiologen sollten gemeinsam kritischer in der Entscheidungsfindung sein, forderten die Wissenschaftler.</p> <h2>Patientinnen mit duktaler Erkrankung profitieren von MRT</h2> <p>Ingeborg Vries, Niederlande, und Kollegen untersuchten ebenfalls retrospektiv den Wert des MRT-Gebrauchs bei Patientinnen im neoadjuvanten Setting.<sup>5</sup> Sie verwendeten dazu Daten von 3.819 Brustkrebspatientinnen mit invasivem Brustkrebs, die sich zwischen 2011 und 2013 einer neoadjuvanten Chemotherapie unterzogen hatten.<br /> Bei 83 % der eingeschlossenen Patienten wurde ein Brust-MRT gemacht, wobei das Alter, das Tumorstadium, die Multifokalität und die Histologie die Häufigkeit der Anwendung beeinflussten. Das Jahr der Diagnose, der histologische Tumorgrad und der Rezeptor- bzw. HER2-Status hatten hingegen keinen Einfluss auf die Verwendung des MRT. Patientinnen, bei denen ein MRT gemacht wurde, erhielten weniger häufig eine Mastektomie im Rahmen der ersten Operation (OR: 0,81, p=0,04). Diese Verringerung der Mastektomierate bestätigte sich bei Unterteilung in lobuläre und duktale Tumoren nur für die duktalen Tumoren. Bei MRT-Einsatz wurden zudem seltener Tumorreste im Operationsrand bei brusterhaltender Operation gesehen (OR: 0,59; p=0,03). Das Auffinden kontralateraler Läsionen korrelierte laut dieser Untersuchung nicht mit dem MRT-Gebrauch. Vries und Kollegen kamen zu dem Schluss, dass bei Patientinnen mit duktalem Brustkrebs, die brusterhaltend operiert werden sollen, ein MRT dringend zu empfehlen ist. Bei Patientinnen mit lobulärer Erkrankung ist der zusätzliche Nutzen des MRT kritisch zu betrachten.</p> <h2>Effekt von neoadjuvanter Anti-HER2-Therapie vor Operation</h2> <p>Etwa ein Viertel der Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs profitierte von der neoadjuvanten Therapie mit Lapatinib und Trastuzumab. Patientinnen, deren Tumor innerhalb von 10–12 Tagen unter Anti-HER2-Therapie verschwindet, könnte möglicherweise eine adjuvante Chemotherapie erspart werden. Die EPHOS-B-Studie untersuchte daher in zwei Teilen den Effekt einer Anti-HER2-gerichteten Therapie auf die Proliferation und die Apoptose bei neu diagnostiziertem, operablem HER2-positivem Brustkrebs.<sup>6</sup> In dem ersten dreiarmigen Studienteil wurden bei 130 Patientinnen 2:2:1-randomisiert alleiniges Trastuzumab (6mg, d1+8) versus alleiniges Lapatinib (1.500mg täglich) versus keine perioperative Therapie (Kontrolle) verglichen. Da die Evidenz aus der ALTTO-Studie für eine Kombination der beiden HER2-gerichteten Therapien sprach, wurde die Studie im zweiten Teil erweitert: 127 Patientinnen wurden im zweiten Studienteil 1:1:2 in den Kontrollarm, den Trastuzumab-Arm oder in einen Studienarm mit kombinierter Trastuzumab/Lapatinib-Therapie randomisiert. Das mediane Alter der Patientinnen betrug 52 Jahre, 48 % der Tumoren hatten eine Größe >2cm. 67 % der Tumoren waren ER+ und 40 % PgR+.<br /> Im Ergebnis zeigten sich im Kombinationsarm ein pathologisch komplettes Ansprechen (pCR) bei 11 % der Patientinnen und eine minimale Resterkrankung (MRD), definiert als <5mm invasives Tumorgewebe, bei 17 % der Patientinnen. Alleiniges Trastuzumab konnte bei 1 % der Patientinnen eine pCR und bei 2 % eine MRD bewirken. Unter alleinigem Lapatinib und im Kontrollarm wurde kein pCR oder MRD beobachtet. Nigel Bundred und Kollegen folgerten, dass bei etwa einem Viertel der Patientinnen, die eine Tumorschrumpfung innerhalb von nur 11 Tagen aufwiesen, ein Tumor vorliegt, der vom HER2-Signalweg abhängig ist. Die präoperative Anti-HER2-Therapie berge das Potenzial zur personalisierten Therapie bei diesen Patientinnen. Es müsse nun überprüft werden, ob möglicherweise nur eine Anti-HER2-Kombinationstherapie ohne adjuvante Chemotherapie für diese Klientel notwendig ist.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Andersen Z et al: Diabetes, diabetes treatment and mammographic density in Danish diet, cancer, and health cohort. EBCC 2016, Poster, Abstr. #158<br /><strong>2</strong> Sonnenblick A et al: The impact of diabetes and metformin usage on the outcome of HER2 positive primary breast cancer patients. Analysis from the ALTTO phase III randomized trial. EBCC 2016, Poster, Abstr. #126<br /><strong>3</strong> Azam S et al: The association of physical activity with mammographic density: A register-based cohort study. EBCC 2016, Vortrag, Abstr. #13<br /><strong>4</strong> Lancaster R et al: Baseline MRI for breast cancer patients receiving neoadjuvant chemotherapy leads to additional biopsies and unnecessary cost. EBCC 2016, Vortrag, Abstr. #1<br /><strong>5</strong> Vriens IJH et al: Pattern of care using breast MRI in patients undergoing neoadjuvant chemotherapy: Dutch population based study in 3819 breast cancer patients. EBCC 2016, Vortrag, Abstr. #2<br /><strong>6</strong> Bundred N et al: Effects of perioperative lapatinib and trastuzumab, alone and in combination, in early HER2+ breast cancer - the UK EPHOS-B trial (CRUK/08/002). EBCC 2016, Vortrag, Abstr. #6LBA</p>
</div>
</p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Adjuvantes Osimertinib reduziert ZNS-Rezidive bei EGFR-mutierter Erkrankung
Etwa 30% der Patienten mit nicht kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) präsentieren sich mit resezierbarer Erkrankung und werden einer kurativen Operation unterzogen. Viele Patienten ...
Highlights zu Lymphomen
Assoc.Prof. Dr. Thomas Melchardt, PhD zu diesjährigen Highlights des ASCO und EHA im Bereich der Lymphome, darunter die Ergebnisse der Studien SHINE und ECHELON-1
Aktualisierte Ergebnisse für Blinatumomab bei neu diagnostizierten Patienten
Die Ergebnisse der D-ALBA-Studie bestätigen die Chemotherapie-freie Induktions- und Konsolidierungsstrategie bei erwachsenen Patienten mit Ph+ ALL. Mit einer 3-jährigen ...