Lipoprotein(a) in der klinischen Praxis
Autoren:
Dr. Thomas Plattner
Innere Medizin I und Intensivmedizin
LKH Feldkirch
E-Mail: thomas.plattner@lkhf.at
Priv.-Doz. Dr. Alexander Vonbank, PhD, MBA
Vorarlberg Institute for Vascular Investigation and Treatment (VIVIT), Feldkirch
E-Mail: alexander.vonbank@lkhf.at
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Lipoprotein(a)ist ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse, der im klinischen Alltag zunehmend an Bedeutung gewinnt. Neue Updates bestehender Guidelines zur kardiovaskulären Risikoprävention integrieren Lp(a) bereits in ihren Risikoberechnungen.
Lipoprotein(a) – ein Porträt
Lp(a) ist ein Lipoprotein, das strukturell dem Low-Density-Lipoprotein (LDL) ähnelt. Zusätzlich zum Apolipoprotein B100 enthält es jedoch ein weiteres Oberflächenmolekül, das namensgebende Apolipoprotein A. Lp(a) wird größtenteils in der Leber produziert und auch abgebaut. Die Serumkonzentration im Blut variiert zwischen <20nmol/l und >750nmol/l und wird überwiegend genetisch bestimmt. Ein erhöhter Lp(a)-Blutwert ist mit einem gesteigerten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (CV-Ereignisse) sowie Aortenstenose und Herzinsuffizienz verbunden. Das Risiko für CV-Ereignisse steigt dabei linear mit der Konzentration von Lp(a) an. Dieses Risiko bleibt auch bei Patienten mit sehr niedrigen LDL-C-Werten erhöht, daher gilt Lp(a) als unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse, und die Berücksichtigung kann in der klinischen Praxis entscheidend sein.
Bestimmung Lp(a) und Einteilung
Die European Society of Cardiology (ESC) und das American College of Cardiology (ACC) empfehlen, dass die Bestimmung des Lp(a) einmal im Leben eines jeden Erwachsenen im Rahmen der ersten Bestimmung des Lipidstatus erfolgen sollte. Dadurch sollen Menschen mit sehr hohen Lp(a)-Werten identifiziert werden. Um präanalytische Fehler zu vermeiden, sollte die Messung nicht während einer akuten Infektion durchgeführt werden, zudem sollte eine euthyreote Stoffwechsellage bestehen und es sollten keine akuten Nieren- oder Lebererkrankungen vorliegen.
Die laborchemische Bestimmung von Lp(a) ist aufgrund der molekularen Heterogenität erschwert. Verschiedene Polymorphismen im LPA-Gen führen zu Unterschieden in Größe und Gewicht des Moleküls. Daher ist die Bestimmung der molaren Konzentration in nmol/l gegenüber der relativen Masse in mg/dl zu bevorzugen.
Die primäre Klassifikation sollte nach ESC und NLA wie folgt erfolgen: Menschen mit Lp(a)-Werten unter 75nmol/l haben kein klinisch signifikant erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Patienten mit Lp(a)-Werten über 125nmol/l haben ein signifikant erhöhtes Risiko, das die Risikoevaluierung beeinflusst. Werte dazwischen liegen im „Graubereich“.
Eine Wiederholung der Messung ist aufgrund der stabilen Konzentration von Lp(a), bis auf wenige Ausnahmen, in der Regel nicht notwendig. Eine erneute Bestimmung kann bei Patienten im „Graubereich“ (75–125nmol/l) oder bei schweren Nierenerkrankungen mit ausgeprägter Albuminurie sinnvoll sein. Durch die erhöhte hepatische Proteinproduktion im Rahmen der Albuminurie kann unter anderem die Lp(a)-Konzentration steigen.
CV-Risiko-Evaluierung
Die Integration des Lp(a) in die aktuellen Leitlinien zur primärprophylaktischen Risikoabschätzung ist bereits im Gange. Die ESC empfiehlt die Verwendung eines Risikorechners, der eine Abschätzung des kardiovaskulären Risikos in der Primärprophylaxe sowohl mit als auch ohne Berücksichtigung von Lp(a) ermöglicht ( www.lpaclinicalguidance.com ). Darüber hinaus kann anhand von Abbildung 1 das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse gemäßdem aktuellen SCORE-System der ESC und der Lp(a)-Konzentration ermittelt werden.
Abb. 1: Risikoabschätzung für kardiovaskuläre (CV) Ereignisse gemäß dem aktuellen SCORE-System der ESC und der Lp(a)-Konzentration
Die National Lipid Association (NLA) in den USA verfolgt einen pragmatischeren Ansatz. Bei Patienten mit einem intermediären Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis (7,5–20%, nach PREVENT Calculator) und einer Lp(a)-Konzentration über 125nmol/l sollte ein Zielwert für LDL-C von <70mg/dl angestrebt werden. Patienten mit bereits hohem oder sehr hohem kardiovaskulärem Risiko sollen eine intensivierte Statintherapie erhalten, zudem soll eine Therapie mit PCSK9-Hemmern in Erwägung gezogen werden. Eine Zusammenfassung dieser Empfehlungen findet sich in Tabelle 1.
Tab. 1: Zusammenfassung der Empfehlungen der National Lipid Association (modifiziert nach Koschinsky M et al. 2024)
Therapieoptionen
Epidemiologische Studien zeigen, dass eine LP(a)-Senkung von 100nmol/l eine signifikante klinische Reduktion des kardiovaskulären Risikos bewirken kann. Eine medikamentöse Senkung von Lp(a) ist derzeit allerdings im klinischen Alltag mit den momentan zur Verfügung stehenden Medikamenten nur eingeschränkt möglich, daher liegt der Fokus zunächst noch auf der Kontrolle weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren. Im Vordergrund steht dabei die konsequente LDL-C-Senkung. Weiters sollten ggf. eine vorliegende Hypertonie und/oder ein Diabetes mellitus kontrolliert werden.
Statine, Bempedoinsäure und Ezetimib haben keinen nennenswerten Einfluss auf das Lp(a) und können die Konzentration sogar leicht erhöhen. PCSK9-Hemmer können Lp(a) um etwa 25% senken. In der ODYSSEY-Studie wurde in Subgruppenanalysen festgestellt, dass die absolute Risikoreduktion bei Patienten mit erhöhten Lp(a)-Werten (>125nmol/l) höher war als bei Patienten, die darunter lagen. Eine Zulassung der PCSK9-Hemmer zur gezielten Reduktion von Lp(a) liegt jedoch nicht vor, dennoch sollten Patienten mit hohen Lp(a)-Werten (>125nmol/l), die unter Statintherapie nicht das angestrebte LDL-C-Ziel erreichen, bezüglich einer PCSK9-Hemmer-Therapie evaluiert werden.
Vielversprechende Phase-II-Studien zur Lp(a)-Senkung sind bereits abgeschlossen. So konnte die „small interfering RNA“ (siRNA) Olpasiran das Lp(a) dosisabhängig um 70–100% senken, ohne klinisch signifikante Nebenwirkungen zu zeigen. Ähnlich verhält es sich mit dem Antisense-Oligonukleotid Pelacarsen, das Lp(a) dosisabhängig um 50–100% reduzieren kann. Aktuell laufen für beide Medikamente Phase-III-Studien, OCEAN(a) und LpHORIZON, deren Ergebnisse für 2026 bzw. 2025 erwartet werden.
Die einzige derzeit verfügbare und effektive Methode zur Senkung des Lp(a) ist die Lipidapherese. Das Patientenkollektiv, bei dem eine Lipidapherese durchgeführt werden sollte, ist jedoch sehr differenziert. Es handelt sich um Patienten, die trotz ausgeschöpfter Kontrolle aller Risikofaktoren einen Progress atherosklerotischer Erkrankungen zeigen. Die Lipidapherese ist aufwendig und kostenintensiv und wird daher nur in spezialisierten Zentren angeboten.
Literatur:
Arnett DK et al.: 2019 ACC/AHA Guideline on the Primary Prevention of Cardiovascular Disease: A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Clinical Practice Guidelines. Circulation 2019; 140(11): e596-646
Karwatowska-Prokopczuk E et al.: Efficacy and safety of pelacarsen in lowering Lp(a) in healthy Japanese subjects. J Clin Lipidol 2023; 17(1): 181-8
Koschinsky M et al.: A focused update to the 2019 NLA scientific statement on use of lipoprotein(a) in clinical practice. J Clin Lipidol 2024; 18(3): e308-19
Kronenberg F et al.: Lipoprotein(a) in atherosclerotic cardiovascular disease and aortic stenosis: a European Atherosclerosis Society consensus statement. Eur Heart J 2022; 43: 3925-46
O’Donoghue ML et al.: Small interfering RNA to reduce lipoprotein(a) in cardiovascular disease. N Engl J Med 2022; 387(20): 1855-64
Safarova MS et al.: Lipoprotein apheresis: current recommendations for treating familial hypercholesterolemia and elevated lipoprotein(a). Curr Atheroscler Rep 2023; 25(7): 391-404
Szarek M et al.: Lipoprotein(a) lowering by alirocumab reduces the total burden of cardiovascular events independent of low-density lipoprotein cholesterol lowering: ODYSSEY OUTCOMES trial. Eur Heart J 2022; 41(44): 4245-55
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