
Behandlungsansätze mit Indischem Wassernabel
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Die derzeit eingesetzten Wirkstoffe bei einem schweren Verlauf des Handekzems können mit Nebenwirkungen assoziiert sein. In Studien zeigt ein in Asien schon länger bei Hautkrankheiten verwendeter pflanzlicher Wirkstoff Ergebnisse, die einen Blick über den Tellerrand wert sein könnten.
Durchaus „blumig“ sind die verschiedenen Namen der in tropischen und subtropischen Gebieten heimischen Centella asiatica: Der Indische oder Asiatische Wassernabel, auch Gotu Kola oder Tigergras genannt, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Doldenblütler, der mit seinen kreisförmigen Blättern dem Ginkgo ähnelt. Während das Wissen über Phytotherapeutika in der europäischen Naturheilkunde zu einem Großteil in den Hintergrund gerückt ist, gilt in asiatischen Ländern wie Korea, Japan und Indonesien C. asiatica auch heute noch als wertvolles pflanzliches Heilmittel, das zur Behandlung infektiöser Hauterkrankungen und zur Unterstützung der Wundheilung nach Verletzungen oder Hautulzera häufig zum Einsatz kommt.1
Wirkstoffe
Zu den aktiven Wirkstoffen zählen pentazyklische Triterpene wie Asiaticoside und Madecassoside beziehungsweise deren Aglycone Asiatsäure und Madecassinsäure. Studien haben mittlerweile ein therapeutisches Potenzial in einer ganzen Reihe von neurologischen (Parkinson, Alzheimer), endokrinologischen (Adipositas, Typ-2-Diabetes) oder kardiovaskulären (Hypertonie, Atherosklerose) Erkrankungen gezeigt, aber vor allem auch im dermatologischen Bereich wie etwa der Wundheilung und der atopischen Dermatitis (siehe auch Kasten).1
AD: Centella asiatica soll Entzündungsantwort hemmen
Die atopische Dermatitis (AD) ist ein Risikofaktor für ein Handekzem. Charakteristisch ist hier die Barrierestörung, die das nachfolgende Eindringen von Noxen erlaubt. Häufig betroffen sind Personen bestimmter Berufsgruppen, beispielsweise in der Pflege (Stichwort Corona-Pandemie) und im Handwerk (Friseur:innen), aber etwa auch Athlet:innen, die bei ihrem Sport Handschuhe tragen; oft leiden diese Patient:innen bereits an Krankheiten des atopischen Formenkreises. In der kalten Jahreszeit ist häufig eine Verschlechterung zu beobachten, da die Talgdrüsen dann weniger schützende Lipide produzieren. In Österreich sind rund 5–10% der Bevölkerung betroffen.
Die überwiegende Mehrheit der Fälle nimmt einen milden Verlauf, schwere Fälle werden derzeit mit Kortisonsalben, Phototherapie oder Alitretinoin aus der Gruppe der Retinoide behandelt.
Alitretinoin kann allerdings mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sein: In 20% der Fälle treten unter Alitretinoin Kopfschmerzen auf, die Teratogenität macht den Wirkstoff zudem für Frauen im gebärfähigen Alter ungeeignet. Zu den präventiven Maßnahmen zählen die Applikation von Schutzsalben mit Urea (sie erhöhen im Stratum corneum die Widerstandskraft) beziehungsweise ein häufiges Wechseln von Handschuhen.
Ähnliche Bezüge lassen sich bei der Xerosis cutis herstellen: Hier besteht eine Neigung zu Juckreiz und Ekzem, wobei auch die Ernährung und das psychosoziale Umfeld (Stressoren) eine Rolle spielen können.
Die Basisbehandlung ist daher wichtig: kombiniert mit Salben, Bädern und einer nichtkratzenden Bekleidung. Eine intensive Therapie wie Biologika oder Small Molecules ist nicht indiziert.
Wirkmechanismen
Bei atopischer Disposition kann C. asiatica laut Studien auf verschiedenste Weise wirksam werden. Beobachtet wurden beispielsweise eine signifikante Reduktion der Entzündungsantwort mit reduzierten Werten von TNF-α, IL-1b und IL-13 sowie eine Hemmung der lokalen Immunreaktion mit vermindertem IgE.2
Extrakte aus C. asiatica scheinen zudem Hyperkeratose sowie die Infiltration von Mastzellen und Entzündungszellen zu hemmen. Madecassoside wiederum führten zu einer signifikant verbesserten Hydrierung der Haut, unter anderem über die verstärkte Sekretion von Hyaluronsäure.2 Auch eine antimikrobielle Komponente wurde für Centella asiatica nachgewiesen, mit belegter Aktivität gegen Staphylococcus aureus, Streptococcus pyogenes und Escherichia coli.3
Wundheilung sowie Verhinderung von Schwangerschaftsstreifen
Von Hauterkrankungen zu Hautwunden: Experimentelle und präklinische Studien sowie Tiermodelle zeigten, dass C. asiatica zunächst in der proliferativen Phase des Wundheilungsvorgangs aktiv ist. Das Extrakt führt zu einer Steigerung der Kollagensynthese, Förderung der Neovaskularisation und insgesamt einer Unterstützung der Wundheilung.3 Dieselbe Arbeit wies zudem eine Stärkung geschwächter Venen hin. In der Epithelisierungsphase der Wundheilung wiederum wirkt C. asiatica über eine Stimulierung der extrazellulären Matrixakkumulation, Förderung der Synthese, Reifung und Vernetzung von Kollagen. Bei Wunden im Rattenmodell hatten die mit C. asiatica behandelten Verletzungen die höchste Heilungsrate, verglichen mit einer Behandlung mit Gaze, Gelatine-Membran und Wundverbänden.4Eine bereits ältere Untersuchung der Universität Barcelona beschäfigte sich mit der Effektivität von C. asiatica in der Vermeidung von Schwangerschaftsstreifen:5 In der Placebogruppe wiesen 56% (n=22) Striae auf, verglichen mit 34% (n=14) in der behandelten Gruppe. Im Vergleich dazu recht aktuell zeigte eine Untersuchung an Zellkulturen, dass C. asiatica auch gegen die Hautalterung eingesetzt werden könnte: Ein Extrakt erhöhte die Telomeraseproduktion von Zellen um den Faktor 8,8. Zur Erinnerung: Die Telomerase-Aktivierung beeinflusst die Verkürzung der Telomere, deren Länge als Marker der zellulären Alterung gilt und mit altersabhängigen Erkrankungen wie Schlaganfall, Krebs und Osteoporose assoziiert ist.6
Neurologische Effekte wurden ebenfalls bereits untersucht. In Tiermodellen von Morbus Parkinson und Alzheimer führte ein Centella-asiatica-Extrakt zu einer Verbesserung kognitiver Störungen, der Lernleistung und des Gedächtnisses.2 Diese Wirkung könnte mit dem gemeinsamen pathophysiologischen Mechanismus beider Erkrankungen zusammenhängen: oxidativem Stress, der von Centella asiatica vermutlich gesenkt wird. Zudem können die Triterpenoide die Aktivität der Radikalfänger Superoxid-Dismutase (SOD) und Glutathion-Peroxidase (GPX) verstärken und gleichzeitig die Produktion reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) sowie die Apoptose von Neuronen senken und die synaptische Dichte erhöhen.2 Im Mausmodell zur Depression zeigte sich eine ähnliche Wirkung von C. asiatica wie von Imipramin und Diazepam, mit verminderter Immobilitätszeit und erhöhtem exploratorischem Verhalten.7 In einem Review von fünf randomisiert-kontrollierten Trials wurde eine Verbesserung der Stimmung beobachtet.8
Abb. 1: Traditionelle Verwendung der Wasserlilie (modifiziert nach Neuhofer J 2023)9
Perspektive bei milderen Verläufen
Die hier beschriebenen Ergebnisse geben einen Einblick in einen möglichen therapeutischen Einsatz des Indischen Wassernabels. Die Pflanze wirkt sicher weniger intensiv als die im Westen verfügbaren modernen, zielgerichteten Medikamente wie Biologika, Small Molecules oder Januskinase-Inhibitoren. Dennoch könnte sie bei milderen Verlaufsformen von Erkrankungen des atopischen Formenkreises und darüber hinaus – z.B. zur allgemeinen Förderung der Wundheilung oder zur begleitenden Stressbewältigung – eine bedenkenswerte Behandlungsergänzung im Rahmen einer Therapie darstellen. Für den Einsatz in der dermatologischen Praxis hierzulande wären verstärkte Forschungsaktivitäten in dieser Richtung wünschenswert.
C. asiatica in Asien
Der Name Tigergras rührt von der Erzählung von der Beobachtung, dass sich verletzte Tiger in Wassernabelfeldern wälzten, um die Abheilung ihrer Verletzungen zu beschleunigen. Neben diesen dermatologischen Indikationen wird Centella asiatica in ostasiatischen Ländern auch gegen geistige Degeneration im Alter (Demenz, Alzheimer) sowie bei Kindern mit Lernschwäche und sogar als Venentonikum eingesetzt. Ganz nebenbei wird es auch in der Küche als würzige Beilage verwendet.
Literatur:
1 Park KS et al.: Evid Based Complement Alternat Med 2021; 2021: 5462633 2 Sun B et al.: Front Pharmacol 2020; 11: 568032 3 Leite Diniz LR et al.: Metabolites 2023;13:276 4 Yao CH et al.: J Tissue Eng Regen Med 2017;11:905-15 5 Mallol J et al.:Int J Cosmet Sci 1991; 13:51-7 6 Tsoukalas D et al.: Mol Med Rep 2019; 20:3701-8 7 Lokanathan Y et al.: Malays J Med Sci 2016; 23:4-14 8 Puttarak P et al.: Sci Rep 2017; 7:10646 9 Neuhofer J: Urea – das unverzichtbare Molekül in der Dermatologie. DERM Alpin 2023, November 2023, Salzburg
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