IL-23-Inhibitoren schützen vor PsA-Entwicklung – neue Therapeutika gegen IL-17
Bericht:
Dr. Susanne Kammerer
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Der Jahreskongress der „European Alliance of Associations for Rheumatology“ (EULAR) fand in diesem Jahr mit mehr als 18000 Besuchern aus über 130 Ländern in Wien statt. Zahlreiche Vorträge widmeten sich dem Krankheitsbild der Psoriasisarthritis.
In der Literatur finden sich sehr unterschiedliche Zahlen dazu, wie häufig eine Psoriasis auch zu einer Gelenkbeteiligung führt: Die Angaben reichen von 6% bis 42%. Doch sicher ist, dass Hautsymptome meist zuerst auftreten. Kann also eine effektive Behandlung der Psoriasis, z.B. mit Biologika, eine Progression zur Psoriasisarthritis (PsA) verhindern? Dies wurde in der größten jemals zu dieser Frage durchgeführten retrospektiven Studie untersucht. Anhand von Daten von über einer Million Patient:innen wertete man den Zusammenhang zwischen einer First- oder Second-Line-Behandlung mit diversen Biologika (TNFα-Blocker, Ustekinumab, IL-23-Inhibitoren, IL-17-Inhibitoren) und der Inzidenz einer PsA nach einem Zeitraum von fünf Jahren aus.1
Das Risiko, während der Erstlinienbehandlung eine PsA zu entwickeln, war mit Ustekinumab um 37% und mit IL-23-Inhibitoren um 39% niedriger als mit TNFα-Blockern. Bei denjenigen, die eine Zweitlinientherapie erhielten, war das PsA-Risiko nach 3 Jahren mit Ustekinumab um 32% und mit IL-23-Inhibitoren um 31% geringer im Vergleich zu solchen, die als Erstlinientherapie TNF-Blocker erhielten. Sowohl bei der Erst- als auch bei der Zweitlinienbehandlung war die Wahrscheinlichkeit, eine PsA zu entwickeln, bei Zytokinblockern, die an IL-23 angreifen, im Vergleich zu IL-17-BLockern nach 3 und 5 Jahren um 47% geringer. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die Inhibition von IL-12/23 oder IL-23 effektiver hinsichtlich der Verlangsamung einer PsA-Entstehung sind als TNF-Blocker oder IL-17-Blocker – sowohl bei anders vorbehandelten als auch bei nicht vorbehandelten Patienten“, erklärte Dr. Beatriz Joven Ibáñez, Hospital 12 de Octubre, Madrid (Spanien).1
Innovatives Small Molecule wirksam bei der Behandlung von PsA
Nach wie vor besteht ein ungedeckter Bedarf an Therapiemöglichkeiten, die bei Patient:innen mit aktiver PsA eine Wirksamkeit bei möglichst allen Krankheitsmanifestationen, einschließlich Arthritis, Enthesitis und Psoriasis, zeigen. Izokibep ist ein Proteintherapeutikum, d.h. ein kleines Molekül, das entwickelt wurde, um IL-17A selektiv und dank einer engen Bindungsaffinität mit hoher Wirksamkeit zu hemmen. „Izokibep ist nur ein Zehntel so groß wie ein monoklonaler Antikörper. Es kann dadurch besser in schwer zugängliche Gewebedomänen eindringen“, erklärte Prof. Philip Mease, Rheumatologe an der University of Washington, Swedish Health Services, Seattle (USA).2
Das Ziel der beim EULAR als Late-Breaker vorgestellten Phase-IIb/III-Studie bestand darin, die Wirksamkeit und Sicherheit von Izokibep bei Patient:innen mit aktiver PsA bis Woche 16 zu untersuchen. Die in diese randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie eingeschlossenen erwachsenen Teilnehmenden hatten eine aktive PsA (d.h. ≥6 Monate Dauer und ≥3 druckempfindliche/geschwollene Gelenke) mit unzureichendem Ansprechen, Unverträglichkeit oder Kontraindikation gegenüber nichtsteroidalen Antirheumatika, konventionellen Immunsuppressiva und/oder TNF-Blockern. Die Teilnehmenden wurden entweder alle 2 Wochen mit Izokibep 160mg, jede Woche mit Izokibep 160mg oder jede Woche mit Placebo behandelt. Der primäre Endpunkt war das Erreichen einer 50%igen Verbesserung der Gelenkbeschwerden nach Kriterien des American College of Rheumatology (ACR50) in Woche 16, ein in der Rheumatologie sehr gängiger Endpunkt.
Die Daten von 343 Teilnehmenden konnten ausgewertet werden. Die Baseline-Kriterien waren in allen Gruppen vergleichbar. „Alle Patienten hatten eine sehr aktive Erkrankung, bei allen bestand die PsA seit langer Zeit“, sagte Prof. Mease bei der Präsentation der Studie.
In Woche 16 erreichte ein höherer Prozentsatz der Teilnehmenden, die Izokibep alle zwei Wochen (43%) bzw. jede Woche (40%) erhielten, ACR50 im Vergleich zu den Teilnehmenden, die Placebo erhielten (15%; p<0,0001 für jeden Vergleich), wobei erste Verbesserungen bereits in Woche 4 festgestellt wurden. Ein Viertel der Proband:innen unter Izokibep erreichte sogar ein ACR70-Ansprechen. Hautläsionen heilten bei ungefähr der Hälfte der Teilnehmenden vollständig ab. Nach Ausführung von Prof. Mease war auch besonders bemerkenswert, dass eine beträchtliche Anzahl von Patient:innen eine minimale Krankheitsaktivität erlangte, d.h., sie waren durch die Erkrankung nicht mehr eingeschränkt: Dieses Ziel erreichten 42% und 41% in den mit Izokibep behandelten Gruppen gegenüber 14% in der Placebogruppe.
Bei den meisten unerwünschten Ereignissen handelte es sich um leichte bis mittelschwere Reaktionen an der Injektionsstelle, die nur in einem geringen Prozentsatz der Fälle zum Abbruch der Behandlung führten. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse waren selten: So gab es zwei Fälle von Candidiasis und einen Fall einer entzündlichen Darmerkrankung in jedem aktiven Arm.
IL-17-A/F-Inhibitor zeigt vielversprechende Ergebnisse
Sonelokimab ist ein Nanokörper, der selektiv an IL-17-A und -F bindet. Die Substanz wurde in der 24-wöchigen ARGO-Studie auf Wirksamkeit und Sicherheit in der Behandlung von aktiver PsA untersucht. Prof. Ian McInnes, Universität Glasgow (Schottland), stellte die Ergebnisse an Woche 12 vor, zum Zeitpunkt der Auswertung des primären Endpunkts einer ACR50-Therapieantwort. Die 207 randomisierten erwachsenen Patient:innen wurden in fünf Studienarme aufgeteilt und therapiert: in drei Verumgruppen mit Sonelokimab 60mg alle 4 Wochen ohne Induktionsphase (60mg NI) oder 60mg bzw. 120mg alle 4 Wochen mit Induktion. Zusätzlich gab es eine Placebogruppe und einen Vergleichsarm mit Adalimumab 40mg, alle zwei Wochen verabreicht.
In Woche 12 wurde in den beiden Sonelokinumab-Induktionsgruppen ein ACR50-Ansprechen signifikant häufiger erreicht als unter Placebo (46,3% [60mg] und 46,5% [120g] gegenüber 20,0% mit Placebo; p<0,05 bzw. p<0,01 versus Placebo). Beim sekundären Endpunkt der ACR20-Therapieantwort waren alle drei Dosierungen von Sonelokimab dem Placebo überlegen: 75,6% (60mg ohne Induktionsphase), 78,0% (60mg), 72,1% (120mg) im Vergleich zu 37,5%. Zusätzlich wurden auch strengere sekundäre Endpunkte erreicht. So gelang es 30,8% (60mg) und 33,3% (120mg) der mit Sonelokimab behandelten Patient:innen gegenüber 7,7% (Placebo), den zusammengesetzten Endpunkt von ACR50 und eine vollständige Abheilung der Hautläsionen zu erreichen (p für beide Vergleiche <0,05). Außerdem verbesserte sich unter der Therapie mit dem Nanokörper auch die Lebensqualität.
In puncto Sicherheit zeigte sich der IL-17-A/F-Inhibitor innerhalb der 12 Wochen als generell gut verträglich und ohne neue Signale. Es traten zwei Fälle von Candidiasis auf und eine schwere Infektion in Form einer Appendizitis, jedoch weder entzündliche Darmerkrankungen noch schwere kardiale Ereignisse.
„Diese Studie hat ihren primären sowie wichtige sekundäre Endpunkte im Vergleich zu Placebo erreicht und die verschiedenen klinischen Messwerte deuten auf das Erreichen hoch gesetzter Therapieziele, Verbesserungen der Lebensqualität und bisher keine neuen oder besorgniserregenden Sicherheitssignale hin“, fasste Prof. McInnes zusammen.
Gelenke sprechen unterschiedlich auf TNF-Inhibitor-Therapie an
Ziel war es, mögliche Unterschiede in der Rückbildung von Gelenkschwellungen zwischen verschiedenen Gelenkslokationen bei der erstmaligen Behandlung von Patient:innen mit Psoriasisarthritis (PsA) mit einem TNF-Hemmer in der klinischen Routineversorgung zu untersuchen, erklärte Prof. Adrian Ciurea, Universitätsspital Zürich, die Motivation für die vorgestellte Studie.4 Als Datengrundlage dienten neun Register des EuroSpA Research Collaboration Network. Ausgewertet wurden die Angaben zu einzelnen Gelenken innerhalb des 28-Joint-Counts für geschwollene Gelenke. Als Vergleichsgrundlage diente jeweils das Abschwellen der Grund- (MCP) und Mittelgelenke (PIP) des Mittelfingers nach Beginn der TNF-Therapie.
Die Studienkohorte bestand aus 1729 PsA-Patient:innen mit einer mittleren Symptomdauer von neun Jahren, darunter 53,8% Frauen. Ungefähr drei Viertel der Patient:innen erhielten zusätzlich eine Methotrexatbehandlung, bei 39,7% waren ≥5 Gelenke geschwollen und bei 59,8% waren nur kleine Gelenke betroffen.
Im Vergleich der Gelenke der oberen Extremität mit den Referenzgelenken bestand eine höhere Wahrscheinlichkeit für ein Abschwellen für Ellbogen (Hazard-Ratio [HR]: 1,9; 95%-KI: 1,38–2,61) und Schulter (HR: 1,65; 95%-KI: 1,16–2,35). Für das Handgelenk lag die HR signifikant niedriger: HR: 0,72; 95%-KI: 0,62–0,83. „Wir sehen eine etwas höhere Rate für den Rückgang der Schwellung an den Gelenken am Daumen und Zeigefinger und noch mehr am Mittel- und Ringfinger“, fügte Prof. Ciurea im Hinblick auf den Vergleich der Gelenke entlang der anterior-posterioren Achse der Hände hinzu. Das Ansprechen am Kniegelenk war vergleichbar mit demjenigen der Referenzgelenke.
„Unter Berücksichtigung einiger Einschränkungen unserer Studie — der Verwendung des 28-Joint-Counts und der Tatsache, dass in dieser Studie keine bildgebenden Verfahren zur Verfügung standen, die das Vorhandensein einer Synovitis bestätigen — konnte man schlussfolgern, dass das klinische Ansprechen auf TNF-Behandlung bei Psoriasisarthritis von der spezifischen Gelenkposition abhängig zu sein scheint“, kommentierte Prof. Ciurea die Ergebnisse. Er wies außerdem darauf hin, dass derzeit Untersuchungen laufen, die herausfinden sollen, ob dieses spezifische für PsA festgestellte Reaktionsmuster der Gelenke auch bei anderen Therapeutika oder anderen Krankheiten wie axialer Spondylarthritis oder rheumatoider Arthritis zu beobachten ist.
Quelle:
EULAR 2024, 12.–15. Juni 2024, Wien
Literatur:
1 Joven Ibáñez B et al.: Evaluation of the risk of psoriatic arthritis in patients mit psoriasis undergoing biological treatment. Global population study (TriNetX). Ann Rheum Dis 2024; 83: 168-9 2 Mease PJ et al.: Efficacy and safety of izokibep in patients with active psoriatic arthritis: Week 16 results from a phase 2B/3 study. LB1, Vortrag EULAR 2024 3 McInnes I et al.: Efficacy and safety of sonelokimab, a novel IL-17A and IL-17F-inhibiting nanobody, in patients with active psoriatic arthritis (PsA): results from the global, randomised, double-blind, placebo-controlled phase 2 ARGO trial. Ann Rheum Dis 2024; 83: 235-6 4 Ciurea A et al.: Differential joint-level responses to TNF inhibitors in psoriatic arthritis: A collaborative European observational cohort study. Ann Rheum Dis 2024; 83: 169-711
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