Neuartiges Verfahren für Gesichtsaufbau und Narbentherapie
Autorinnen:
Dr. Annett Kleinschmidt
Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Fachärztin für Chirurgie
Dr. Maja Waibel
Fachärztin für Dermatologie und Allergologie mit Privatpraxis in Berlin
Korrespondierende Autorin:
Dr. Annett Kleinschmidt
Anhand eines interdiszlipinären Patientenfalls wird die potenzielle Wirksamkeit einer konservativen Behandlung mit Hyaluronsäure bei Unfallnarben demonstriert,als vielversprechender Ansatz zur Verbesserung von Struktur, Elastizität und Funktion von Narben mit gutem ästhetischem Outcome.
Keypoints
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In Ergänzung mit ausgedehnten Hyaluronsäure-Lifting-Maßnahmen zur Anhebung des Mittelgesichts und des Lower-Face-Bereichs wird ein gutes ästhetisches und funktionales Ergebnis erzielt.
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Eine individuelle Abwägung der Risiken und Vorteile sowie eine umfassende Aufklärung der Patienten sind jedoch entscheidend.
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Um die volle Bandbreite dieser Methode zu verstehen und sie als alternative Ergänzung zu zahlreichen plastisch-rekonstruktiven Operationen anzuerkennen, ist weitere Forschung erforderlich.
Unfälle können nicht nur physische Verletzungen verursachen, sondern auch langfristige Narben hinterlassen, die sowohl psychisch als auch physisch belastend sein können. Die Suche nach effektiven Narbentherapien und ganzheitlichen Gesichtsaufbaukonzepten ist ein fortwährender Prozess in der Medizin. Vor diesem Hintergrund stellen wir im Folgenden einen interdisziplinären Case-Report vor, der sich mit der Behandlung von Unfallnarben mit Hyaluronsäure sowie dem Gesichtsaufbau mit einer Full-Face-Hyaluronbehandlung beschäftigt und deutlich positive Ergebnise aufzeigt.
33 Jahre und 24 Operationen nach dem Unfall
Der vorliegende Fallbericht beschreibt den therapeutischen Ansatz bei einer 52-jährigen Patientin, die mit 19 Jahren bei einem Autounfall schwere Gesichtsverletzungen durch Riss-Quetsch-Schnittwunden im rechtsseitigen Lower Face und am Kinn erlitt. Hieraus resultierte, dass die rechte Seite volumenanteilig größer war als die linke Gesichtshälfte, was mit Hyaluronsäuren hervorragend behandelt werden kann. Trotz des ausgedehnten Weichteildécollements wurden Nerven und Gefässe nicht verletzt. Direkt nach dem Unfall verbrachte die damals junge Patientin fast ein Jahr auf der Intensivstation. Insgesamt 24 plastisch-chirurgische Operationen zur Defektdeckung und angleichenden Asymmetriekorrektur durch Kombinationen aus Haut-, Muskel-, Faszien-Verschiebe-, -Rotations- und -Schwenklappenplastiken mit sehr gutem Outcome wurden bei unserer Patientin durchgeführt. Die resultierenden Narben im unteren Gesichtsbereich verursachten nicht nur ästhetische Beeinträchtigungen, sondern auch ein belastendes psychologisches Trauma. Das Selbstwertgefühl der Patientin war durch die Sichtbarkeit der Narben und den aktuell altersgerecht sichtbaren Agingprozess stark beeinträchtigt (Abb. 1).
Abb. 1: Besonders die Asymmetrie zwischen der vernarbtenrechten und der unversehrtenlinken Gesichtshälfte belastete die Patientin
Face-Neck-Lift versus Hyaluronsäure-Behandlung
Die Patientin stellte sich initial mit der Frage nach der nächsten Operation vor und wünschte ein Minilift. Das zu erwartende Resultat hätte aus unserer Sicht die hohe Erwartungshaltung unserer Patientin nicht befriedigt. Die operative Alternative eines Face-Neck-Lifts mit ausgedehntem Lipofilling im Narbenbereich wäre eine Möglichkeit gewesen. Allerdings kam diese Maßnahme für die Patientin aufgrund der Kostenintensität und der Ausfallzeit von 4–6 Wochen sowie der 12 Monate Dauer bis zur endgültigen Sichtbarkeit des optimalen Facelift-Ergebnisses nicht infrage. Bei ausführlicher Anamneseerhebung konnte evaluiert werden, dass vor allem die durch das Sagging des Weichteilgewebes im Agingprozess hervorgerufene Asymmetrie zwischen der vernarbtenrechten Gesichtshälfte und der unversehrten linken Gesichtshälfte unsere Patientin so unzufrieden machte.
Im interdisziplinären Konsortium beschlossen wir, die Patientin mit modernsten Methoden der ästhetischen Hyaluronsäure-Behandlung zum Lifting des Mittelgesichtes und des Lower Face zu behandeln sowie eine Narbentherapie mit Subzision sowie sub- und intraläsionaler Injektion von unvernetzter Hyaluronsäure als effektive Behandlungsoption durchzuführen.
Hyaluronsäure-Injektionen verschiedener Vernetzungsgrade
Nach einer gründlichen Bewertung von Narbenstruktur und -beschaffenheit sowie einer ausführlichen Erhebung der Anamnese der Patientin wurde die Behandlung mit dem Lifting des Mittelgesichtes durch ein Hydralift präaurikulär sowie beidseitig temporal bis in den Haaransatz mittels stark vernetzter Hyaluronsäuren begonnen. Hinzu kamen die Auffüllung der Tränenrinnen, der Fossa canina und der Fossa mentalis, mit dem Ziel, bereits auf den Knochenimpressionen entstandene Weichteilasymmetrien auszugleichen, sowie ein Mona-Lisa-Mundwinkellift mit Schwerpunkt der Anhebung des rechtsseitig narbenbedingtabgesackten Mundwinkels. Ergänzend wurde eine intradermale unvernetzte Hyaluronsäure-Injektion mit Subzision in das Narbengewebe durchgeführt. Die Entscheidung für Hyaluronsäure basierte auf ihren feuchtigkeitsspendenden, hautglättenden und regenerierenden Eigenschaften, die in früheren Studien vielversprechende Ergebnisse bei der Verbesserung von Narben gezeigt hatten.
In nur einer Sitzung erhielt die Patientin 16 Ampullen Hyaluronsäure unterschiedlicher Vernetzungsgrade injiziert. Im Post-Injektions-Verlauf wurde eine allmähliche Verbesserung der Narbenstruktur und -elastizität festgestellt. Die Patientin berichtete zudem über eine signifikante Verbesserung ihres Selbstwertgefühls (Abb. 2 und 3).
Abb. 2: Die Asymmetrie zwischen vernarbter rechter und unversehrter linker Gesichtshälfte wurde schön ausgeglichen. Links vorher, rechts nachher
Abb. 3: Der Kinnbereich ist harmonischer. Die Narbenstruktur und Elastizität der Narben konnten sichtbar verbessert werden. Links vorher, rechts nachher
In sechs Monaten wird noch einmal nachgespritzt werden, um einen nachhaltigen und dauerhaften Liftingeffekt zu erzielen. Anschließend erfolgen alle 12 Monate eine Straffung mit Sculptra und ein Lifting mit Hyaluronsäure. Allerdings nur partiell und mit weitaus weniger Material.
Vielversprechende konservativeErgebnisse
Unser Behandlungsziel sind exzellente Ergebnisse und zufriedene Patient:innen. „Es geht darum, von schönen rekonstruktiven zu exzellenten konservativen Ergebnissen zu kommen“, beschreibt Dr.Taghetchian bereits 2018 den aktuellen medizinischen Trend zu mikroinvasiven Eingriffen.1 Im Rahmen der Patientenbeurteilung des Facial Assessments ist es wesentlich, anatomische Gegebenheiten und individuelle Patientenwünsche zu beachten.
Die Anwendung von Hyaluronsäure zur Behandlung von Narben ist ein vielversprechender Ansatz, besonders nach Unfällen und zahlreichen rekonstruktiven Voroperationen mit gutem ästhetischem Outcome. Die Ergebnisse dieses Falles deuten darauf hin, dass intradermale Hyaluronsäure-Injektionen eine wirksame Methode zur Verbesserung von Narbenstruktur, Elastizität und Funktion bei Unfallnarben darstellen könnten. Die Verträglichkeit war gut, und es traten keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auf.
Allerdings sind weitere Studien mit größeren Stichproben und Langzeitbeobachtungen notwendig, um die Langzeiteffekte und die optimalen Behandlungsprotokolle zu bestimmen.
Ein Ansatz, um Lebensqualität bei Unfallnarben zu verbessern?
Unfälle können langfristige Narben hinterlassen, die für die Betroffenen sehr belastend sein können. Die Behandlung von Unfallnarben mit intradermaler Hyaluronsäure-Injektion in Kombination mit ausgedehnten Hyaluronsäure-Liftings zeigt vielversprechende Ergebnisse in Bezug auf die Verbesserung des gesamten Frischeaspektes des Gesichtes, einen schönen Asymmetrieausgleich zwischen vernarbter und unversehrter Gesichtshälfte und eine ästhetische und funktionelle Verbesserung der Narben. Diese Therapie könnte eine vielversprechende Option sein, um die Lebensqualität von Patienten mit Unfallnarben zu verbessern. Jedoch erfordert es weitere Forschung, um die volle Bandbreite dieser Methode zu verstehen und sie als alternative Ergänzung zu zahlreichen plastisch-rekonstruktiven Operationen anzuerkennen.
Abb. 4: Ergebnis mit 3D-Vectra-Kamera: Die Vektoren zeigen von innen nach außen und oben. Insbesondere die rechte, vernarbte Jawline-Region hat einen wunderbaren Lifting-Effekt erfahren
Literatur:
Kleinschmidt A. et al.: Praxis-Workshop Ästhetik: Systematische Evaluierung für beste Behandlungsergebnisse bei Fillern, im Rahmen der DERM – Dermatologische Praxis Frankenthal 2018
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