Pankreaskarzinom: standardisierte Resektionstechnik
Autor:
Prim. Univ-Prof. Dr. Peter Götzinger
Abteilung für Chirurgie
Universitätsklinikum St. Pölten
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Die vollständige chirurgische Resektion des Tumors stellt nach wie vor die einzige Chance auf Heilung dar. Die Standardisierung des Eingriffs und die Durchführung in spezialisierten Einrichtungen können das Sterberisiko verringern.
Keypoints
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In der aktuellen S3-Leitlinie wird als Zielsetzung einer Resektion beim Pankreaskarzinom die Resektion im Gesunden (R0-Resektion) definiert.
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Die operative Technik ist standardisiert und die Art der Resektion abhängig von der Lokalisation des Tumors im Pankreas.
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Die Standardisierung der Operation und die Zentralisierung der Pankreaseingriffe in Kliniken mit hoher Fallzahl ermöglichen eine optimale Patientenbetreuung mit Letalitätsraten von weniger als 5%.
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Das Fünfjahresüberleben beträgt bei operierten Patienten 7–27% mit einem medianen Überleben von 25 Monaten.
Das Pankreaskarzinom ist nach dem kolorektalen Karzinom und dem Magenkarzinom das dritthäufigste Malignom des Gastrointestinaltrakts. Trotz maximalen medizinischen Aufwands ist diese Erkrankung nach wie vor mit einer relativ schlechten Prognose verbunden. Die vollständige chirurgische Resektion des Tumors ist zum heutigen Zeitpunkt die einzige Chance auf Heilung. Dennoch muss die chirurgische Therapie als Teil eines onkologisch-therapeutischen Gesamtkonzepts gesehen werden, das im interdisziplinären Setting in Zukunft das Patient:innenüber-leben weiterhin verlängern wird. Die Standardisierung der Operation und die Zentralisierung der Pankreaseingriffe in Kliniken mit hoher Fallzahl ermöglichen eine optimale Patient:innenbetreuung mit Letalitätsraten von weniger als 5%.1
Diagnostik
Die Diagnostik des Pankreaskarzinoms stützt sich in erster Linie auf die bildgebenden Verfahren. Neben der Magnetresonanztomografie ist es vor allem die hochauflösende, kontrastmittelverstärkte Computertomografie (CT), die relevante Auskunft hinsichtlich Charakteristik des Tumorgewebes, Staging und Operabilität gibt. Mit beiden Verfahren kann eine diagnostische Sensitivität von ca. 93–96% erreicht werden.2
Die Bestimmung der serologischen Tumormarker CA19–9 und CEA geben einen weiteren Hinweis auf die Dignität der pankreatischen Läsion. Beachtet werden muss jedoch, dass CA19–9 ein Antigen im Lewis-Blutgruppensystem darstellt und dieses Antigen bei ca. 15% der Patient:innen nicht exprimiert wird, was wiederum zu einer falsch negativen Aussage führen kann. Bei Pankreastumoren, die in den bildgebenden Verfahren als primär resektabel eingestuft werden, kann auf die histologische Abklärung verzichtet werden. Diese Einschätzung wird durch die aktuellen NCCN(National Comprehensive Cancer Network)-Guidelines unterstützt. Es wird in diesen Guidelines festgehalten, dass der histologische Nachweis unterlassen werden kann, wenn die solide Pankreasraumforderung in den bildgebenden Verfahren als maligne und als primär resektabel eingeschätzt wird.3
Resektion
In der aktuellen S3-Leitlinie wird als Zielsetzung einer Resektion beim Pankreaskarzinom die Resektion im Gesunden (R0-Resektion) definiert.4 Eine einheitliche Definition dieser Resektion im Gesunden fehlt jedoch, sodass in der Literatur die Rate der R1-Resektionen mit einer Schwankungsbreite zwischen 16 und 75% angegeben wird.5 Grundsätzlich gilt jedoch, dass die Prognose umso günstiger ist, je weiter der Tumor vom chirurgischen Resektionsrand entfernt ist.
Die operative Technik ist standardisiert und die Art der Resektion abhängig von der Lokalisation des Tumors im Pankreas.
Tumoren, die im Pankreaskopf oder Processus uncinatus lokalisiert sind, werden durch eine Duodenopankreatektomie entfernt. Je nach Tumorausdehnung im Pankreaskopf oder -korpus kann auch eine totale Pankreatektomie mit Splenektomie notwendig sein.
Ist die Cauda pancreatis von Tumor betroffen, so wird eine Pankreaslinksresektion mit Splenektomie durchgeführt.
Duodenopankreatektomie
Bei periampulären Tumoren oder Tumoren des Pankreaskopfs wird die Duodenopankreatektomie durchgeführt. Dabei werden Gallenblase, distaler Gallengang, Duodenum, Pankreaskopf und Processus uncinatus des Pankreas reseziert und es wird eine standardisierte Lymphadenektomie durchgeführt (Abb. 1).
Abb. 1: Bei periampulären Tumoren oder Tumoren des Pankreaskopfs erfolgt eine Duodenopankreatektomie
Die Rekonstruktion erfolgt mit einer hochgezogenen Jejunumschlinge, in die das Restpankreas (Pankreatikojejunostomie), der Gallengang (Hepaticojejunostomie) und das verbliebene Duodenum (Duodenojejunostomie) respektive Magen (Gastrojejunostomie) eingeleitet werden. Die Duodenopankreatektomie kann pyloruserhaltend (Watson-Traverso) oder als klassische Kausch-Whipple-Operation (inklusive distaler Magenresektion) durchgeführt werden. Im onkologischen Ergebnis besteht zwischen beiden zur Anwendung kommenden Verfahren kein Unterschied. Es scheint jedoch so, dass die Lebensqualität nach pyloruserhaltender Duodenopankreatektomie etwas besser ist als nach klassischer Duodenopankreatektomie.6
Pankreaslinksresektion
Pankreaskarzinome, die im Bereich des Pankreaskorpus oder der Cauda lokalisiert sind, werden mittels Pankreaslinksresektion und Splenektomie reseziert. Dabei kann je nach Lokalisation des Tumors auch eine subtotale Pankreatektomie notwendig sein. Auch bei der Pankreaslinksresektion wird eine standardisierte Lymphadenektomie durchgeführt (Abb. 2).
Abb. 2: Auch bei der Pankreaslinksresektion wird eine standardisierte Lymphadenektomie durchgeführt
Totale Pankreatektomie
Kann bei der partiellen Duodenopankreatektomie kein tumorfreier Pankreasschnittrand in der intraoperativen Schnellschnittuntersuchung erreicht werden oder liegt die tumoröse Raumforderung sehr zentral, so ist die Erweiterung auf die totale Pankreatektomie indiziert. Durch diese Erweiterung kann dann meist eine R0-Resektion erreicht werden und der Eingriff als Kurativoperation abgeschlossen werden.
Morbidität und Letalität nach partieller Duodenopankreatektomie
In spezialisierten Zentren beträgt die perioperative Sterblichkeitsrate zwischen 3 und 7%. Unabhängige prognostische Faktoren sind die Anzahl der intraoperativ verbrauchten Blutkonserven, die Höhe des präoperativen Bilirubinspiegels, der Durchmesser des Pankreasgangs und das Auftreten von Komplikationen. Wenn eine postoperative Komplikation einen operativen Reeingriff erforderlich macht, so steigt die Letalitätsrate auf bis zu 50%. Die häufigsten Komplikationen sind Blutungen, das Auftreten von intraabdominellen Abszessen und die Leakage der Pankreasanastomose im Sinne einer Pankreasfistel.
Die Inzidenz der Pankreasfistel wird in der Literatur mit 2–24% angegeben. Risikofaktoren sind ein weiches Pankreasgewebe und ein schmaler Pankreasgang. Die Technik der Pankreasanastomose hat keinen Einfluss. Auch die prä-, intra- oder postoperative Anwendung von Somatostatin kann das Auftreten einer Pankreasfistel nicht verhindern.7
Lymphadenektomie
Die bei der Pankreasresektion durchzuführende Lymphadenektomie ist standardisiert. Die standardisierte Lymphadenektomie bei der partiellen Duodenopankreatektomie umfasst die Lymphknoten des Ligamentum hepatoduodenale, der Vena portae und des oberen Anteils der Vena mesenterica superior. Zusätzlich werden die Lymphknoten rechts vom Truncus coeliacus und rechts von der Arteria mesenterica superior (AMS) entfernt. Die erweiterte Lymphadenektomie, wie zum Beispiel im Bereich zwischen Aorta und Vena cava inferior oder links vom Truncus coeliacus bzw. AMS, wurde in mehreren kontrolliert randomisierten Studien untersucht. Dabei konnte bei gleichzeitig erhöhter Komplikationsrate kein Vorteil bezüglich des Langzeitüberlebens nachgewiesen werden. Deshalb hat das Konzept der ultraradikalen Lymphknotendissektion bei Pankresresektion keinen Stellenwert.8
Prognostische Faktoren und Überlebensraten nach Resektion
Günstige prognostische Faktoren sind negative Resektionsränder (R0), negativer Lymphknotenstatus, das Vorliegen mittel- bis hochdifferenzierter Karzinome, Tumorgröße von weniger als zwei Zentimetern unddas Fehlen einer perineuralen Invasion oder makroskopischen Gefäßbeteiligung.
Das Fünfjahresüberleben beträgt bei operierten Patient:innen 7–27% mit einem medianen Überleben von 25 Monaten. Das mediane Überleben beträgt bei Patient:innen mit inoperablem, aber noch nicht metastasiertem Karzinom 6–11 Monate, bei Patient:innen mit Metastasen 2–6 Monate.9
Literatur:
1 Park W et al.: Pancreatic cancer: areview. JAMA 2021; 326(9): 851-62 2 Chu L et al.: Pancreatic cancer imaging: a new look at an old problem. Curr Probl Diagn Radiol 2021; 50(4): 540-50 3 Tempero M et al.: Pancreatic adenocarcinoma version 2021, NCCN clinical practice guidelines in oncology. J Natl Compr Canc Netw 2021; 19(4): 439-57 4 Leitlinienprogramm Onkologie: S3-Leitlinie Exokrines Pankreaskarzinom, Langversion 2.0, 2021. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/032-010OL ; zuletzt aufgerufen am 20.3.2024 5 Esposito I et al.: Most pancreatic cancer resections are R1 resections. Ann Surg Oncol 2008; 15(6): 1651-60 6 Diener MK et al.: Pylorus-preserving pancreaticoduodenectomy (pp Whipple) versus pancreaticoduodenectomy (classic Whipple) for surgical treatment of periampullary and pancreatic carcinoma. Cochrane Database Syst Rev 2014; 11(11): CD006053 7 Karunakaran M et al.: Surgery for pancreatic cancer: current controversies and challenges. Future Oncol 2021; 17(36): 5135-62 8 Pedrazzoli S: Surgical treatment of pancreatic cancer: Currently debated topics on morbidity, mortality, and lymphadenectomy. Surgical Oncol 2022; 45: 101858 9 McGuigan A et al.: Pancreatic cancer: a review of clinical diagnosis, epidemiology, treatment and outcomes. World J Gastroenterol 2018; 24: 4846-61
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