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Adenomyose – was gibt es Neues?
Jatros Digital
Autor:
OÄ Dr. Elisabeth Janschek
Gynäkologisch-geburtshilfliche Abteilung<br> LKH Villach<br> E-Mail: elisabeth.janschek@kabeg.at<br><br> Vorstand:<br> Univ.-Prof. Dr. Peter Schwärzler
30
Min. Lesezeit
30.05.2018
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<p class="article-intro">Als Adenomyosis uteri wird der Nachweis von endometrialen Drüsen und Stroma im Myometrium in Kombination mit einer Hypertrophie des umgebenden Myometriums definiert.<sup>1</sup> Im folgenden Artikel werden die aktuellen diagnostischen Verfahren und Therapieoptionen beleuchtet.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Obwohl die Pathogenese und die Ätiologie noch nicht restlos geklärt sind, werden derzeit zwei Theorien favorisiert: die Invagination des basalen Endometriums in das umgebende Myometrium<sup>2</sup> und die Metaplasie ektoper pluripotenter Stammzellen. <sup>3</sup> Unklar blieben bisher auch die Faktoren, die zur Entstehung der Erkrankung führen. Die in der Literatur angegebene Inzidenz der Adenomyose variiert zwischen 5 und 70 % und hat die höchste Prävalenz bei Frauen zwischen 30 und 50 Jahren.<sup>4</sup> Die klinischen Kardinalsymptome der Adenomyose stellen die Vergrößerung der Gebärmutter, die Dysmenorrhö, chronische Unterleibsschmerzen und Menorrhagien dar. Zunehmende Evidenz macht einen negativen Effekt der Adenomyose auf die Fertilität deutlich.<sup>5, 6</sup> Knapp die Hälfte der Patientinnen mit tief infiltrierender Endometriose (TIE) entwickelt gleichzeitig eine Adenomyose, welche auch als Endometriosis genitalis interna bezeichnet wird.<sup>7</sup></p> <h2>Diagnostisches Vorgehen</h2> <p><strong>Ultraschall</strong><br /> Für den klinischen Alltag in der Gynäkologie stellen der Ultraschall und speziell die transvaginale Sonografie (TVS) die Bildgebung erster Wahl dar. Die klassischen sonografischen Kriterien wurden durch die „Morphological Uterus Sonographic Assessment“ (MUSA) Group im Konsens ausgearbeitet. Neben einer strukturierten Untersuchung bieten sie die Dokumentation mit standardisierter Terminologie des Myometriums an.<sup>8</sup> So soll eine einheitliche Befundung sowohl im klinischen Alltag als auch für Forschungszwecke stattfinden können. Dies ist wesentlich, um die Intra- und Interobserver- Variabilität zu reduzieren, die definierten Kriterien zu validieren und schließlich den Effekt konservativer wie auch chirurgischer Therapien messen und die TVS mit anderen bildgebenden Verfahren vergleichen zu können. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Kombination mehrerer Kriterien die Diagnosesicherheit erhöht.<sup>4</sup> Durch Zuhilfenahme des Color- und Power- Dopplers während der sonografischen Untersuchung gelingt eine bessere Abgrenzung der Adenomyose gegenüber Myomen vor allem bei gleichzeitigem Auftreten beider Pathologien (Koexistenz in ca. 40 % der Fälle, Bazot 2018).<sup>9</sup> Die Anwendung des 3DUltraschalls ermöglicht eine bessere Beurteilung der junktionalen Zone (JZ) bei Beurteilung in der koronaren Ebene.<sup>8</sup><br /><br /> <strong>MRT (Magnetresonanztomografie)<sup>9</sup></strong> <br />Die MRT des Uterus stellt eine Second- Line-Untersuchung in der Diagnostik der Adenomyose dar, vor allem bei nicht konklusiver Ultraschallevaluierung oder im Rahmen der präoperativen Vorbereitungen zur Planung einer individualisierten chirurgischen Intervention. Zusätzlich kann das MRT zwischen verschiedenen Subtypen der Adenomyose unterscheiden und präziser zwischen Adenomyose und Myomen differenzieren als die TVS. MRT-Experten weisen ebenfalls auf die Notwendigkeit einer einheitlichen Nomenklatur hin.<br /><br /> <strong>Invasive Diagnostik</strong><br /> Die definitive Diagnose erfolgt nach wie vor durch den histologischen Nachweis. Die hysteroskopische Gewinnung einer Gewebsprobe dient zur Diagnose – z. T. auch Therapie – der oberflächlichen Adenomyose. Veränderungen in der Tiefe des Myometriums können so aber nicht abgeklärt werden. Die Nadelbiopsie unter hysteroskopischer Sicht ist von geringer Aussagekraft, ebenso wie die stichprobenartige Biopsie aus dem Uterus während einer Laparoskopie, und kann eine Adenomyose nicht ausschließen. Hierbei scheint die transvaginale Gewebsgewinnung unter sonografischer Führung ein vielversprechender Ansatz zu sein, vor allem im Falle einer fokalen Adenomyose.<sup>10, 11</sup> Eine weitere interessante Entwicklung könnte die Kombination der operativen Hysteroskopie mit der Sonografie sein, da endomyometriale Proben suspekter Areale des inneren und äußeren Myometriums unter Ultraschallsicht gezielt erhoben werden könnten.<sup>12</sup></p> <h2>Therapeutisches Vorgehen</h2> <p><strong>Medikamentöse Therapie<sup>13</sup></strong><br /> Die systemische Einnahme von Hormonen wird als klassische Behandlung der Adenomyose angesehen, um Adenomyose-assoziierte Blutungsstörungen und Schmerzen zu lindern. Zur Therapie werden Gestagene, Ovulationshemmer und GnRH-Agonisten eingesetzt. Neuere Substanzen wie Aromatasehemmer (AI), selektive Progesteronrezeptor-Modulatoren (SPRM) und GnRH-Antagonisten zeigen in klinischen Studien ebenfalls vielversprechende Ergebnisse in Bezug auf die Linderung der Schmerzen und Blutungsstörungen. Der Einsatz des SPRM Ulipristalacetat musste in einer Phase-II-Studie allerdings wegen des möglichen Zusammenhangs mit schweren Leberschädigungen frühzeitig beendet werden. Neue Therapien setzen z.B. Valproinsäure bei Adenomyosepatientinnen ein; experimentelle Studien untersuchen die Wirkung von Thromboxan-A2-Synthese-Inhibitoren auf Adenomyose bei Mäusen.</p> <h2>HIFU („high intensity focused ultrasound“)<sup>14</sup></h2> <p>Beim fokussierten Ultraschall handelt es sich um eine neue nicht invasive thermische Ablationstechnik. Der gebündelte Schall führt am gewählten Herd zu Koagulationsnekrosen durch Erreichen von Temperaturen von 65°C. Der Fokus des Wandlers wird unter sonografischer oder MRTSicht auf das jeweilige Ziel gerichtet. In der Zwischenzeit wurde die Methode bereits bei mehr als 10 000 Patientinnen in China angewandt. HIFU führt zu einer guten und langfristigen Schmerz- und Blutungskontrolle bei hoher Anwendungssicherheit. Dies ermöglicht den Organerhalt bei diffuser und fokaler Adenomyose und scheint auch bei Sterilitätspatientinnen erfolgreich einsetzbar zu sein. Wichtig ist dabei die sorgfältige Selektion der Patientinnen, um schwere Komplikationen zu vermeiden, wie Hautverbrennungen (0,2 % ) und Darmverletzungen (0,02 % ).<br /><br /> <strong>Organerhaltende Chirurgie<sup>15</sup></strong><br /> Als klassische Therapie der Adenomyose galt lange die Hysterektomie. Die verbesserte Diagnostik und das veränderte Bewusstsein der Patientinnen ermöglichen unter Entwicklung neuer konservativer Operationsverfahren den Organerhalt. Im Übersichtsartikel von Osada werden die diversen Uterus-erhaltenden Eingriffe anhand von insgesamt 2365 publizierten Fällen beschrieben und verglichen. Besonderes Augenmerk wird auf die möglichst komplette Resektion der Adenomyose vor allem bei diffusem Befall sowie die sorgfältige Rekonstruktion des Uterus bei Kinderwunsch gelegt. Hierbei scheint auch die Resektion der Adenomyose mit kaltem Skalpell für die Wundheilung wichtig zu sein, da so die geringsten Uterusrupturen resultieren. Schwangerschaftsraten von 17,5–72,2 % , überwiegend mittels ART, konnten erreicht werden. Dennoch gehen Schwangerschaften nach extensiver Chirurgie mit einem deutlich erhöhten Risiko für Fehlgeburten (12,7–44,4 % ), „stille“ Uterusrupturen zwischen der 12. und 35. SSW (17,3 % ) und Plazentationsstörungen einher. Während Adenomyome durchaus laparoskopisch operiert werden können, sollten bei diffuser Adenomyose die Laparotomie oder die laparoskopisch assistierte Laparotomie präferiert werden. Je nach Lokalisation der Adenomyose werden die „triple-flap“ oder die asymmetrische Dissektion empfohlen.<br /> Zusammenfassend kann man sagen, dass die Adenomyose von der Pathogenese bis hin zur Therapie weiterhin eine umstrittene Entität bleibt. Eine zuverlässige Diagnose kann durch eine kombinierte Betrachtung der Symptome und der gynäkologischen Untersuchung mit dem 2D- und/oder 3D-Ultraschall erreicht werden. Das MRT ermöglicht in komplexen Fällen die genaueste Erfassung des Uterus zur optimalen Planung organerhaltender Eingriffe. Die histologische Sicherung bei Organerhalt könnte durch die sonografisch gezielte Biopsie sinnvoll für die Einleitung einer personalisierten Therapie der Adenomyose sein.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros Digital_Gyn_1801_Weblinks_jatros_gyn_1802_oeggg2018_abstract_s4_korr_abb.jpg" alt="" width="1417" height="1027" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros Digital_Gyn_1801_Weblinks_jatros_gyn_1802_oeggg2018_abstract_s6_tab.jpg" alt="" width="2150" height="1846" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Bird CC et al: The elusive adenomyosis of the uterus--revisited. Am J Obstet Gynecol 1972; 112(5): 583-93 <strong>2</strong> Leyendecker G, Wildt L: A new concept of endometriosis and adenomyosis: tissue injury and repair (TIAR). Horm Mol Biol Clin Investig 2011; 5(2): 125-42 <strong>3</strong> Ferenczy A et al.: Pathophysiology of adenomyosis. Hum Reprod Update 1998; 4(4): 312-22 <strong>4</strong> Krentel H et al.: From clinical symptoms to MR imaging: diagnostic steps in adenomyosis. Biomed Res Int 2017; 2017: 1514029 <strong>5</strong> Campo S et al.: Infertility and adenomyosis. Obstet Gynecol Int 2012; 2012: 786132 <strong>6</strong> Younes G, Tulandi T: Effects of adenomyosis on in vitro fertilization treatment outcomes: a meta-analysis. Fertil Steril 2017; 108(3): 483-490. e3 <strong>7</strong> Lazzeri L et al.: Preoperative and postoperative clinical and transvaginal ultrasound findings of adenomyosis in patients with deep infiltrating endometriosis. Reprod Sci 2014; 21(8): 1027-33 <strong>8</strong> Van den Bosch T et al.: Terms, definitions and measurements to describe sonographic features of myometrium and uterine masses: a consensus opinion from the Morphological Uterus Sonographic Assessment (MUSA) group. Ultrasound Obstet Gynecol 2015; 46(3): 284-98 <strong>9</strong> Bazot M, Daraï E: Role of transvaginal sonography and magnetic resonance imaging in the diagnosis of uterine adenomyosis. Fertil Steril 2018; 109(3): 389-97 <strong>10</strong> Luciano DE et al.: Three-dimensional ultrasound in diagnosis of adenomyosis: histologic correlation with ultrasound targeted biopsies of the uterus. J Minim Invasive Gynecol 2013; 20(6): 803-10 <strong>11</strong> Exacoustos C et al: The uterine junctional zone: a 3-dimensional ultrasound study of patients with endometriosis. Am J Obstet Gynecol 2013; 209(3): 248.e1-7 <strong>12</strong> Gordts S et al.: Symptoms and classification of uterine adenomyosis, including the place of hysteroscopy in diagnosis. Fertil Steril 2018; 109(3): 380-388.e1 <strong>13</strong> Vannuccini S et al.: Role of medical therapy in the management of uterine adenomyosis. Fertil Steril 2018; 109(3): 398-405 <strong>14</strong> Zhang L et al.: High intensity focused ultrasound for the treatment of adenomyosis: selection criteria, efficacy, safety and fertility. Acta Obstet Gynecol Scand 2017; 96(6): 707-14 <strong>15</strong> Osada H: Uterine adenomyosis and adenomyoma: the surgical approach. Fertil Steril 2018; 109(3): 406-17</p>
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