Die Konisation in Lokalanästhesie
Autorin:
Dr. Birgit Bergmeister
Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe
Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern
Konventhospital der Barmherzigen Brüder Linz
E-Mail: birgit.bergmeister@bblinz.at
Die zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN) betrifft vorwiegend junge Frauen unter dem 40. Lebensjahr. Zur Standardtherapie zählt derzeit die Konisation in Vollnarkose. Aufgrund aktueller Studien und klinischer Erfahrung kann dieser Eingriff zunehmend öfter in Lokalanästhesie durchgeführt werden.
Die jährliche Inzidenz von hochgradigen zervikalen intraepithelialen Neoplasien (CIN) liegt bei 4–5%. Diese Erkrankung betrifft vorwiegend jüngere Frauen zwischen dem 25. und dem 35. Lebensjahr.1
In Österreich muss bei knapp 6000 Frauen pro Jahr ein operativer Eingriff zur Therapie der CIN durchgeführt werden.2 Typischerweise wird in Österreich und in Deutschland als Standardnarkoseverfahren während der Konisation die Maskennarkose eingesetzt. Eine Empfehlung, welches Anästhesieverfahren zu bevorzugen ist, gibt es derzeit weder von der österreichischen noch von der deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. In Großbritannien empfiehlt die British Society for Colposcopy and Cervical Pathology (BSCCP), dass >80% der Konisationen unter Lokalanästhesie (LA) durchgeführt werden sollen. Diese Empfehlung wurde durch einen Expertenkonsens festgelegt und beruht auf dem Wissen über eine höhere Morbidität und höhere Kosten, die mit einer Allgemeinnarkose (AN) verbunden sind.3
Bis dato wurde eine randomisierte kontrollierte Studie, die sich mit diesem Thema auseinandergesetzt hat, von der Arbeitsgruppe Rezniczek et al. publiziert. Diese Studie untersuchte die Zufriedenheit der Patientinnen zwischen den beiden Anästhesieverfahren – Lokalanästhesie vs. Maskennarkose – bei 208 Patientinnen. Zusätzlich wurden weitere klinische und verfahrensbezogene Parameter wie das Konusvolumen, das Schmerzempfinden, der perioperative Blutverlust, aufgetretene Komplikationen, Dauer der Operation, Resektionsränder und die Zufriedenheit der Operateure untersucht. Für die Lokalanästhesie wurde eine intrazervikale bzw. submukosale Injektion mit Bupivacain Hydrochloride 0,5% in 4 Quadranten durchgeführt. Die Zufriedenheit der Patientinnen nach 14 Tagen war in der LA-Gruppe signifikant höher als in der AN-Gruppe. Darüber hinaus waren in der Lokalanästhesiegruppe der Blutverlust, die Konusmasse und das -volumen signifikant geringer. Sekundäre Endpunkte wie die Konusfragmentierung, ein positiver Resektionsrand, die Zeit bis zur vollständigen Hämostase, die Eingriffsdauer und die Komplikationsrate unterschieden sich in den Gruppen nicht signifikant. Hervorzuheben ist, dass trotz geringeren Konusvolumens und geringerer Konusmasse in der LA-Gruppe die Resektionsränder nicht häufiger positiv waren und somit keine Einbußen bezüglich der onkologischen Sicherheit zu erwarten sind.4
Einen wesentlichen Stellenwert für den Behandlungserfolg haben eine adäquate Schmerzausschaltung, das Herstellen eines angenehmen Settings und eine gute Kommunikation mit der Patientin. Um die Ängste vor dem Eingriff zu reduzieren, hat sich ein empathisches Erklären der Operationsschritte direkt am OP-Tisch als hilfreich erwiesen. So können sich die Patientinnen auf die bevorstehende Intervention einstellen und Sorgen können dadurch minimiert werden. Eine weitere Möglichkeit, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, ist das Abspielen von Entspannungsmusik.5
Ablauf der Konisation in Lokalanästhesie
Nachdem die Portio vorsichtig mittels Spekula eingestellt wurde, wird die Vagina vorsichtig mit in Wunddesinfektionsmittel getränkter Tupfer desinfiziert. Eine präoperative Blasenentleerung mittels Einmalkatheter entfällt, da die Patientin vor dem Eingriff noch selbstständig die Blase entleeren kann.
Um die Portio zu stabilisieren, kann man eine Kugelklemme bei 12 Uhr setzen, wobei dies nicht zwingend erforderlich ist. Um die Oberfläche der Portio zu betäuben und die Schmerzen der Injektion zu minimieren, wird ein Xylocain-haltiges Lokalanästhetikum auf die Portio aufgesprüht.6 Im nächsten Schritt führt man entweder eine parazervikale oder submukosale Blockade der Portio durch. Dies kann mit einer Infiltration mittels Bupivacain 0,5% durchgeführt werden. Es werden dabei 2ml pro Quadrant injiziert. Um eine intravaskuläre Injektion zu vermeiden, muss vor der Infiltration eine Aspiration durchgeführt werden. Um die Nebenwirkungen der Lokalanästhesie zu vermeiden, sollte die Injektion unter regelmäßiger Aspiration erfolgen.
Die Zeit von der Injektion bis zum Einsetzen der vollständigen Nervenblockade hängt von den Eigenschaften des verwendeten Lokalanästhetikums ab.7 Nach der Injektion muss eine Mindestwartezeit von circa einer Minute bis zum Wirkeintritt eingehalten werden. Während der Wartezeit kann ein mit Lokalanästhesie getränkter Tupfer in die Vagina eingelegt werden, um so die lokalanästhetische Wirkung zu unterstützen. Nach Durchführung der Lokalanästhesie kann die Konisation in üblicher Art und Weise fortgesetzt und beendet werden.
Eigene Erfahrungen
Zwischen den Jahren 2020 und 2023 wurden an unserer Abteilung knapp 200 Konisationen in Lokalanästhesie durchgeführt, wobei die Rate an Eingriffen in Lokalanästhesie in den letzten Monaten, durch die steigende Expertise, nochmal deutlich gestiegen ist. Das mediane Alter der Patientinnen beläuft sich auf 35 Jahre (Standardabweichung 9,7 Jahre). Ein Abbruch der Operation musste in 1% der Fälle vorgenommen werden, wobei ein epileptischer Anfall noch vor Beginn der Operation (n=1) und Schmerzen mit Verletzung der Vaginalwand (n=1) als Gründe zu nennen sind. Die Schmerzen wurden bei jeder Patientin anhand der visuellen Analogskala erhoben, wobei 0 keine Schmerzen darstellt und 10 einen nicht tolerierbaren Schmerz bedeutet. Der mittlere Schmerzscore belief sich in unserem Patientinnenkollektiv auf 1,2 (min. 0; max. 8). Ein weiterer wichtiger Qualitätsparameter ist die Resektionsrate im Gesunden (R0-Resektion), welche sich in unserem Kollektiv auf 82% beläuft.
Wenn man sich nun die Frage stellt, bei welchen Patientinnen die Lokalanästhesie eine Option darstellt, und man das Patientinnenkollektiv der randomisierten kontrollierten Studie von Rezniczek et al. näher betrachtet, kommt man zu dem Schluss, dass die Konisation in LA für den Großteil unserer Patientinnen das zu favorisierende Verfahren darstellt. In die Studie wurden beinahe alle Patientinnen, die in der Dysplasiesprechstunde vorstellig wurden, eingeschlossen. Als Ausschlusskriterium galten lediglich eine vorliegende Schwangerschaft, eine zurückliegende Konisation, eine nachgewiesene onkologische Erkrankung, eine bekannte Gerinnungsstörung oder die Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten.
Zusammenfassend kann man sagen, dass aufgrund der äußerst positiven Studiendaten sowie der Erfolg versprechenden Erfahrungen aus der klinischen Praxis und vor allem aufgrund der zahlreichen Vorteile für die Patientin (kürzere Aufenthaltsdauer, die Patientin muss zum Zeitpunkt des Eingriffs nicht nüchtern sein, keine Einmalkatheterisierung, die hohe Patientinnenzufriedenheit, das geringere Konusvolumen, …) die Konisation in LA als Standardnarkoseverfahren angeboten werden soll.
Literatur:
1 Insinga RP et al.: Diagnoses and outcomes in cervical cancer screening: a population-based study. Am J Obstet Gynecol 2004; 191: 105 2 https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Uebertragbare-Krankheiten/Infektionskrankheiten-A-Z/Humane-Papillomaviren-(HPV).html ; zuletzt aufgerufen: 12.4.2023 3 NHS England: Cervical Screening Programme Colposcopy and Programme Management. Third Edition, March 2016, page 58 4 Rezniczek et al.: Syringe orf mask? Loop electrosurgical excision procedure under local or general anesthesia: a randomized trial. Am J Obstet Gynecol 2020; 223: 888.e1-9 5 Vitale SG et al.: Management of anxiety and pain perception in women undergoing office hysteroscopy: a systematic review. Arch Gynecol Obstet 2020; 301(4): 885-94 6 Vanichtantikul A et al.: Lidocaine spray compared with submucosal injection for reducing pain during loop electrosurgical excision procedure: a randomized controlled trial. Obstet Gynecol 2013; 122(3): 553-7 7 Lirk P et al.: Local anaesthetics: 10 essentials. Eur J Anaesthesiol 2014; 31(11): 575-85
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