Erste Erfahrungswerte mit der atmungsgesteuerten Hypoglossusnervstimulation
Autor:
OA Dr. Maximilian Hartl
Abteilung für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie
Barmherzige Schwestern
Ordensklinikum Linz
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In Österreich wurde 2015 der erste Zungenschrittmacher zur Therapie des obstruktiven Schlafapnoesyndroms an der Universitätsklinik Innsbruck implantiert. Mittlerweile wird die Hypoglossusnervstimulation an sechs österreichischen Zentren angeboten, ein weiteres Zentrum ist in Planung.
Keypoints
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Die Hypoglossusnervstimulation hat sich unter gewissen Voraussetzungen mittlerweile als Alternativtherapie bei OSAS auch in Österreich etabliert.
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In Österreich kann die Hypoglossusnervstimulation an 6 Zentren durchgeführt werden.
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Komplikationen treten nur vereinzelt auf.
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Voraussetzung für gute Ergebnisse ist die strenge und interdisziplinäre Indikationsstellung.
Beim OSAS (obstruktives Schlafapnoesyndrom) handelt es sich um eine ernstzunehmende Erkrankung, bei der es insbesondere bei mittel- und höhergradigem Stadium in den meisten Fällen einer Therapie bedarf. Bei einem unzureichenden oder unbehandelten OSAS besteht neben einem deutlich erhöhten Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall oder Diabetes mellitus zu erkranken, auch das Risiko, beispielsweise durch Sekundenschlaf oder Konzentrationsstörung beim Betrieb von Maschinen schwere Unfälle zu verursachen.
Der Goldstandard in der Therapie des OSAS ist nach wie vor die Behandlung mit einer CPAP(„continuous positive airwaypressure“)-Maske und sie muss auch empfohlen werden. Allerdings zeigen Studien, dass die Compliance der Patienten in Bezug auf die Verwendung der CPAP-Maske mit der Zeit deutlich abnimmt. So zeigte eine Studie aus Frankreich von Pepin et al. mit einer Population von 480000 Patienten, dass nach 3 Jahren 48% der Patienten die CPAP-Maske nicht mehr verwenden. Bei jüngeren Patienten unter 30 Jahren und Älteren über 80 Jahre war die Compliance noch schlechter.1 Außerdem wurde bei weiblichen Patientinnen tendenziell eine schlechtere Compliance als bei männlichen Patienten beobachtet.2
Neben anderen chirurgischen Verfahren hat sich mittlerweile auch die Hypoglossusnervstimulation (Zungenschrittmacher) unter gewissen Voraussetzungen als Alternativtherapie auch in Österreich etabliert. Die höchste Evidenz und die meisten Erfahrungen weltweit konnten bis jetzt mit der atmungsgesteuerten, einseitigen Hypoglossusnervstimulation der Firma Inspire Medical Systems gesammelt werden.3–5
Österreich
In Österreich wurde das erste atmungsgesteuerte System 2015 an der Universitätsklinik Innsbruck implantiert. Waren damals noch 3 Hautinzisionen notwendig, konnte die Technik mittlerweile auf 2 Inzisionen reduziert werden. Mittlerweile kann die Hypoglossusnervstimulation an 6 Zentren in Österreich (Tab. 1) angeboten werden. Ein siebtes Zentrum ist in Planung.
Tab. 1: Implantationszentren in Österreich
Indikationen
Die Indikation zur Zungenschrittmacherimplantation muss immer interdisziplinär von Schlafmedizinern und HNO-Chirurgen gestellt werden. Die Kriterien (Tab. 2) sind dabei genau zu prüfen und die Indikation streng in deren Rahmen zu stellen. Auch Möglichkeiten anderer Alternativen wie die Unterkieferprotrusionsschiene oder das maxillomandibuläre Advancement sind gemeinsam auch mit dem Patienten zu diskutieren. Das Hauptkriterium stellt die CPAP-Unverträglichkeit, -Intoleranz oder das CPAP-Versagen dar. Mittlerweile besteht für das System auch eine MR-Tauglichkeit bis 1,5Tesla. Wertvolle Hilfestellung gibt der „Konsensus-Dokumentationsbogen zur Indikationsprüfung für eine N. Hypoglossus-Stimulation“ der N. Hypoglossus-Stimulation-Arbeitsgruppe Steiermark der Österreichischen Gesellschaft für Schlafmedizin.6,7
Tab. 2: Kriterien für die Hypoglossusnervstimulation
Ergebnisse Österreich
Bis April 2024 wurden in Österreich 89 Systeme implantiert. Davon waren 62 Patienten fertig titriert und auf die Therapie eingestellt. Die männlichen Patienten waren mit drei Viertel aller Fälle deutlich in der Überzahl. Das Alter der Patienten bewegte sich zwischen 36 und 79 Jahren.
Es konnte dabei eine durchschnittliche Reduktion des AHI (Apnoe-Hypopnoe-Index) um 54% (AHI durchschnittlich von 45/h auf 21/h) und bei 71% der Patienten eine über 50%ige AHI-Reduktion erreicht werden (Abb. 1). Weiters konnte der ESS(Epworth-Schläfrigkeits-Skala)-Wert um 50% reduziert werden und bei den meisten Patienten eine Besserung der Lebensqualität („quality of life“; QoL) erreicht werden (Abb. 2). Zudem konnten vereinzelt Blutdruckmedikamente reduziert und bestehende Diabeteserkrankungen stabilisiert werden. Außerdem konnte beobachtet werden, dass bei höherem BMI eine AHI-Reduktion schwieriger zu erreichen war. Nach erfolgreicher Titration ist auch die Compliance der Patienten hoch.
Abb. 1: Reduktion des Apnoe-Hypopnoe-Index an 5 österreichischen Implantationszentren (bisher ausgewertete Ergebnisse)
Komplikationen
Abb. 2: Verbesserung auf der Epworth-Schläfrigkeits-Skala (ESS)
Komplikationen treten nur vereinzelt und im Vergleich zu anderen implantierbaren Systemen, wie beispielsweise Herzschrittmachern, nicht gehäuft auf. Einmalig wurde ein Twiddler-Syndrom beschrieben, bei dem sich der Schrittmacher mehrmals um die eigene Achse in verschiedenen Ebenen drehte und schlussendlich wieder explantiert werden musste. Weitere Komplikationen wie Elektroden-Defekt, IPG-Defekt oder Perforation eines Mamma-Implantats konnten durch einen zweiten Eingriff behoben werden. Bei zwei Patienten wurden subjektive Störgeräusche bei der Aktivierung beschrieben, die durch Modifikationen bei der Programmierung verringert werden konnten.
Conclusio
Die Zungenschrittmachertherapie ist eine effektive und sichere Therapie, die bei genauer, interdisziplinärer Indikationsstellung eine sehr gute Alternative zur CPAP-Therapie bei mittel- und hochgradigem OSAS darstellt. Wichtig ist die strenge und interdisziplinäre Indikationsstellung, um gute Ergebnisse erzielen zu können.
Die österreichischen Erfahrungen sind sehr positiv und werden durch die gute Vernetzung der implantierenden Zentren untereinander auch zukünftig gesammelt und weitergegeben.
Literatur:
1 Pepin JL et al.: CPAP therapy termination rates by OSA phenotype: a French nationwide databaseanalysis. J Clin Med 2021; 10(5): 936 2 Patel SR et al.: Age and sex disparities in adherence to CPAP. Chest 2021; 159(1): 382-9 3 Kent DT et al.: Evaluation of hypoglossal nerve stimulation treatment in obstructive sleep apnea. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2019; 145(11): 1044-52 4 Huyett P: Early objective adherence to hypoglossal nerve stimulation therapy. J Clin Sleep Med 2022; 18(2): 631-6 5 Thaler E et al.: Results of the ADHERE upper airway stimulation registry and predictors of therapy efficacy. Laryngoscope 2020; 130(5): 1333-86 Fietze I et al.: Wenn CPAP nicht genutzt oder nicht vertragen wird. Somnologie 2020; 24(2): DOI: 10.1007/s11818-020-00233-0 7 N. Hypoglossus-Stimulation-Arbeitsgruppe Steiermark: https://schlafmedizin.at/media/upload/editor/files/PDFs/DokumentationsbogenHypoglossus%20StimulationPAPUN 20220622_interaktiv_aktuell.pdf ; zuletzt aufgerufen am 28.10.2024
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