Die Eosinophilie und ihre infektiologischen Ursachen
Bericht:
Dr. Norbert Hasenöhrl
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Die Liste der möglichen Ursachen einer Eosinophilie ist lang. Wesentlich ist jedoch, zu betonen, dass nur bei absoluterEosinophilieeine weitere Abklärung angebracht sein kann. Entscheidend ist die Reiseanamnese, denn Parasitosen sind vor allem inEntwicklungsländern häufige Ursachen, während hierzulande eher Medikamente im Vordergrund stehen, erklärte Priv.-Doz. Dr. Thomas Valentin aus Graz.
Keypoints
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Es zählt nur die absolute Eosinophilie, nicht die relative.
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Das Ausmaß der Eosinophilie korreliert nicht mit dem Schweregrad der Erkrankung.
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Häufigste Ursache der Eosinophilie in Entwicklungsländern sind Parasiten, in Industrieländern Medikamente.
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HIV-Infektion kann mit Eosinophilie assoziiert sein.
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Es kann zwischen akuter und chronischer sowie zwischen symptomatischer und asymptomatischer Eosinophilie unterschieden werden.
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Die geografische Anamnese ist wichtig.
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Strongyloidiasis ist weltweit verbreitet.
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Bei Aufenthalt in Afrika, Fieber und Eosinophilie sollte man an Schistosomiasis denken.
Die Abklärung einer Eosinophilie ist oft eine Herausforderung“, so Priv.-Doz. Dr. Thomas Valentin, Klinische Abteilung für Infektiologie, MedUni Graz, bei einem „Giftigen Dienstag“. „Das fängt schon damit an, dass die genaue Funktion der eosinophilen Granulozyten beim Gesunden nicht restlos geklärt ist“, erläuterte der Infektiologe. „Was wir jedoch wissen, ist, dass eine stärkere Vermehrung von Eosinophilen per se krank machen kann“, berichtete Valentin.
Physiologische Aspekte
Die Differenzierung von Eosinophilen erfolgt aus Vorläuferzellen, vor allem unter dem Einfluss von Interleukin 5 (IL-5). Physiologischerweise finden sich gewebsständige Eosinophile in der Milz, in den Lymphknoten, im Thymus und in Teilen des Gastrointestinaltrakts (nicht jedoch im Ösophagus). Eosinophile sind an der Immunantwort, am Tissue-Remodeling und an der Tumorkontrolle beteiligt.
Bekannt ist das Phänomen der „eosinophilen Morgenröte“, d.h. eines langsamen Anstiegs der Eosinophilen in den verschiedenen Krankheitsphasen einer Infektion, der in der postinfektiösen Phase seinen Höhepunkt findet (Abb. 1).
Abb. 1: Verlauf der Leukozyten-Subpopulationen bei einer Infektion (modifiziert nach Kroschinsky F et al.: Internist 2007; 48: 1239-54)
Definitionen
Zunächst sind zwei Formen der Eosinophilie zu unterscheiden: zum einen eine polyklonale Form, die durch Überproduktion von IL-5 entsteht und als reaktive Eosinophilie zu sehen ist; zum anderen gibt es auch eine klonale Eosinophilie im Rahmen hämatologischer Neoplasien.
Die verwendeten Laborgrenzwerte sind nicht ganz einheitlich, zumeist wird aber dann von einer Eosinophilie gesprochen, wenn der Laborgrenzwert 500 bis 700Zellen/µl überschreitet. Klinisch relevant wird eine Eosinophilie bei Werten ≥1500Zellen/µl, man spricht hier auch von „Hypereosinophilie“; Werte ≥5000Zellen/µl werden als massive Eosinophilie bezeichnet.
Auch eine Eosinopenie kann vorkommen. Sie kann bei Fieber, bakteriellen (z.B. Typhus) oder viralen Infektionen und unter Kortikosteroidtherapie auftreten. „Die Bedeutung einer Eosinopenie ist unklar“, so Valentin.
Schon bei der Diagnostik gibt es gewisse Fallstricke. Von einer relevanten Eosinophilie ist nur dann auszugehen, wenn die absoluten Eosinophilenzahlen erhöht sind. Falls nur der Anteil der Eosinophilen an der Gesamtzahl der Leukozyten erhöht ist, nicht aber der Absolutwert, gilt dies nicht als krankheitswertig. Eine solche Konstellation kann etwa dann entstehen, wenn eine Neutropenie vorliegt. „Eine relative Eosinophilie abklären zu wollen bringt also nichts“, betonte der Infektiologe.
Ursachen der Eosinophilie
Einer der wichtigsten Gründe für das Auftreten einer reaktiven Eosinophilie sind parasitäre Infestationen. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die häufigsten Ursachen einer Eosinophilie.
Tab. 1: Mögliche Ursachen der reaktiven/sekundären Eosinophilie (modifiziert nach van Balkum M et al. 2018)1
Wenn man sich nur auf infektiologische Ursachen der Eosinophilie beschränkt, so entsteht immer noch eine eindrucksvolle Liste von Möglichkeiten, die in Tabelle 2 dargestellt ist.
Tab. 2: Infektiologisch relevante Ursachen der Eosinophilie (Quelle: Valentin)
Mögliche Symptomatik und Abklärung
Sehr häufig ist eine Eosinophilie ein Zufallsbefund und der Patient ist diesbezüglichbeschwerdefrei. Es können aber durchaus Symptome auftreten, die bei der Abklärung bereits erste Hinweise geben können. Hier gibt es ein breites Spektrum von Möglichkeiten, z.B. Allgemeinsymptome wie Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust und Müdigkeit, Hautveränderungen wie Juckreiz, Urtikaria, Angioödem oder Ulzera, kardiorespiratorische, gastrointestinaleoder ZNS-Symptome.Ein besonderes Augenmerk sollte auf das Vorliegen von Symptomenkomplexen gerichtet werden, da dies zur differenzialdiagnostischen Abklärung beitragen kann (z.B. Fieber, Husten und urtikarielles Exanthem bei passender Reiseanamnese als Katayama-Syndrom bei akuter Schistosomiasis).
Betrachtet man die parasitären Ursachen einer Eosinophilie, so lassen sich Wahrscheinlichkeiten eingrenzen, je nachdem, ob die Eosinophilie akut oder chronisch ist. Akute Eosinophilien kommen u.a. bei Infektion durch Echinokokken, Schistosomen, Coccidoides und Fasciola hepatica vor, chronische bei Strongyloidiasis, Clonorchis, Opistorchis oder Paragonismus. „Hier ist jeweils die geografische Verbreitung bzw. die Reiseanamnese zu berücksichtigen“, ergänzte der Infektiologe.
„Von der Wahrscheinlichkeit her spielen Parasitosen als Ursache der Eosinophilie vor allem in Entwicklungsländern eine Rolle, während in Industrieländern die häufigsten Ursachen Medikamente,aber auch Allergien darstellen“, so Valentin.
Was die Diagnostik parasitärer Erkrankungen angeht, so sinddie Stuhluntersuchung (auf Eier und Parasiten), die Strongyloides-Serologie und ein HIV-Screening sinnvoll. Darüber hinaus sollte eine gezielte weitere Abklärung nach Exposition bzw. geografischer Anamnese erfolgen. Algorithmen zur Abklärung sind publiziert,1, 2 eine detaillierte Besprechung würde den Rahmen sprengen.
Quelle:
„Infektiologische Abklärung der Eosinophilie“, Vortrag von Priv.-Doz. Dr. Thomas Valentin, Klinische Abteilung für Infektiologie, Universitätsklinik für Innere Medizin, MedUni Graz, im Rahmen des Giftigen Dienstags am 12. Oktober 2021
Literatur:
1 Van Balkum M et al.: Hypereosinophilia: a diagnostic challenge. Neth J Med 2018; 76(10): 431-6 2 Checkley AM et al.: Eosinophilia in returning travellers and migrants from the tropics: UK recommendations for investigation and initial management. J Infect 2010; 60(1): 1-20
Weitere Literatur: beim Vortragenden
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