
Verdächtige Plaque in der Leistengegend
Autor:
Dr. med. Leo Richter
Ordination in Wien und Baden Österreich
Ein älterer Patient in gutem Allgemeinzustand stellt sich mit einer seit mehreren Jahren bestehenden, einseitigen Plaque in der Leistengegend vor. Als Verdachtsdiagnose kommen mehrere Hauterkrankungen infrage, auch eine tumoröse Veränderung ist möglich, weshalb ein Biopsat entnommen wird. Das Ergebnis der Untersuchung erfordert schliesslich eine rasche Intervention.
Der Patient, ein sehr distinguierter, rüstiger Mann im Alter von 82 Jahren, ist altersentsprechend in sehr gutem Ernährungs- und Allgemeinzustand und wird erstmals am 9.September 2021 in der Ordination vorstellig. Aus der Anamnese ergeben sich eine arterielle Hypertonie, ein gering ausgeprägter Diabetes mellitus Typ 2 (Therapie: Metformin), eine Hyperurikämie sowie eine Prostatahypertrophie. Beim dermatologischen Gespräch gibt der Patient bereits seit circa drei Jahren bestehende «Probleme in der Leistengegend» an.
Bei der Inspektion ist im Bereich der linken Leiste eine streng einseitige, relativ scharf begrenzte, erythematöse Plaque zu erkennen, die im kranialen Bereich leicht erosiv imponiert; teilweise wirkt die Läsion hyperkeratotisch, aber insgesamt auch in klinischer Sicht relativ unspektakulär (Abb. 1). Zu den möglichen Diffenzialdiagnosen zählen Psoriasis inversa, Candida-Intertrigo, ein intertriginöses Ekzem, Mycosis fungoides (auch singuläre Läsionen sind möglich) – oder ein Lichen simplex. Der klinische Verdacht geht aber zunächst in Richtung eines extramammären Morbus Paget, auch wenn diese Diagnose vor allem bei Männern sehr selten ist. Daher wird ein Biopsat zur Abklärung entnommen.
Befund und zeitnahe Exzision
Nach der histologischen Untersuchung inklusive dementsprechender Immunhistochemie bestätigt sich der Verdacht. Da das Karzinom zu ausgedehnt für eine Therapie in der Praxis ist, wird der Patient sofort an eine Wiener Klinik überwiesen, im Oktober 2021 erfolgt dort die Exzision mit Spalthautdeckung. Histologisch zeigt sich eine maximale Eindringtiefe von 0,3mm, also glücklicherweise eine sehr oberflächliche Ausbreitung – ein extrakutaner Befall liegt nicht vor.
Niederschwellige Kontrollen erforderlich
Aus verschiedensten Gründen lässt der Patient die regelmässigen Nachkontrollen in der Ordination durchführen, die Kontrolle im November 2022 ist ohne Befund (Abb.2). Grundsätzlich würde ein Wiederauftreten von Läsionen in dieser Region eine sofortige diagnostische Abklärung rechtfertigen. Dies ist ein Jahr später der Fall (Abb. 3). Doch bei dieser rechtsseitig auftretenden, roten, ebenfalls recht scharf begrenzten Läsion kann die Biopsie einen Morbus Paget ausschliessen – es handelt sich um ein simples Ekzem. Bei der letzten Kontrolle im Sommer 2024 ist der Patient rezidivfrei.
Ein seltener Tumor bei älteren Menschen
Der extramammäre Morbus Paget (EMPD) tritt normalerweise bei älteren Menschen (im Mittel 70 Jahre) in Arealen mit apokrinen Schweissdrüsen wie Vulva, Hodensack und Penis auf. Klinisch weisen EMPD-Läsionen häufig ein infiltratives Erythem auf, das anderen Hauterkrankungen wie Ekzemen ähneln kann. Es sind deutlich mehr Frauen betroffen (3- bis 4-mal häufiger), der Tumor ist aber insgesamt selten, betroffen sind circa 0,7 pro eine Million Menschen. In den frühen Stadien zeigt der EMPD in der Regel ein indolentes Wachstum, die meisten Fälle werden als Carcinoma in situ diagnostiziert.Invasive Läsionen können jedoch zu Metastasen führen.1
Die chirurgische Sanierung steht, wenn sie möglich ist, im Vordergrund. Bei der Metastasierung zeigt die PD1-Inhibition recht gute Daten, und auch die Strahlentherapie wäre eine zu diskutierende Option.
Quelle:
Interaktives Online-Format: Abendvisite für die Schweiz, 19.November 2024
Literatur:
1 Ishizuki S et al.: Extramammary paget’s disease: diagnosis, pathogenesis, and treatment with focus on recent developments. Curr Oncol 2021; 28(4):2969-86
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