© Creative Cat Studio - stock.adobe.com

Vorbereitung neuer Richtlinien

Therapie des Restless-Legs-Syndroms

Die Empfehlungen zur Therapie des Restless-Legs-Syndroms befinden sich gerade in Überarbeitung. Welche Neuerungen sind zu erwarten? Essenziell bleibt das Verhindern der Augmentation. Neben α2δ-Liganden werden auch Eisen, Opiate und nicht-medikamentöse Therapien einen wichtigen Platz einnehmen.

Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) ist eine häufige neurologische Erkrankung, die durch folgende Punkte gekennzeichnet ist: 1) Drang, die Beine zu bewegen, welcher in der Regel, aber nicht immer mit unangenehmen Empfindungen in den Beinen einhergeht oder als solche empfunden wird; 2) Drang, die Beine zu bewegen, und die damit einhergehenden unangenehmen Empfindungen beginnen oder verschlimmern sich in Ruhephasen oder bei Inaktivität, wie z.B. im Liegen oder Sitzen; 3) Drang, die Beine zu bewegen, und die damit einhergehenden unangenehmen Empfindungen werden durch Bewegung, z.B. Gehen oder Dehnen, teilweise oder vollständig gelindert, zumindest solange die Aktivität andauert; 4) Drang, die Beine zu bewegen, und die damit verbundenen unangenehmen Empfindungen in Ruhe oder bei Inaktivität treten nur abends oder nachts auf oder sind abends/nachts schlimmer als tagsüber. 5) Das Auftreten der oben genannten Merkmale ist nicht ausschließlich auf Symptome zurückzuführen, die primär mit einem anderen medizinischen oder verhaltensbedingten Zustand zusammenhängen (z.B. Myalgie, venöse Stase, Beinödeme, Arthritis, Beinkrämpfe, Positionsbeschwerden, gewohnheitsmäßiges Fuß-Tapping).1

Augmentation vorbeugen

Ein wichtiger Bestandteil der Therapie des RLS ist das Vermeiden der Augmentation. Die Augmentation ist eine paradoxe Reaktion auf die Behandlung (v.a. auf die Behandlung mit Dopaminagonisten) im Sinne einer Zunahme des Schweregrads der Symptome mit steigender Medikamentendosis und Besserung nach Verringerung der Medikation. Die Augmentation zeigt sich mit vierstündigem Voranschreiten der Symptome oder geringerem (zwei- bis vierstündigem) Voranschreiten der Symptome zusammen mit: einer kürzeren Latenzzeit der Symptome in Ruhe; einer Ausbreitung der Symptome auf andere Körperteile als die unteren Gliedmaßen; oder einer stärkeren Intensität der Symptome.2 Der Verdacht auf Augmentation kann rechtzeitig gestellt werden, wenn eine positive Antwort auf eine dieser vier Fragen besteht: 1. Treten die RLS-Symptome früher auf als zu Beginn der Behandlung mit dem Medikament? 2. Sind jetzt höhere Dosen des Medikaments erforderlich oder müssen Sie das Medikament früher einnehmen, um die RLS-Symptome im Vergleich zur ursprünglich wirksamen Dosis zu kontrollieren? 3. Hat sich die Intensität der Symptome seit Beginn der Behandlung mit dem Medikament verschlimmert? 4. Haben sich die Symptome seit Beginn der Behandlung auf andere Körperteile (z.B. die Arme) ausgeweitet?3

Da die Augmentation sehr schwierig zu behandeln ist und langfristige Konsequenzen haben kann, inkl. reduzierter Ansprache auf andere RLS-Therapien, umfasst die Behandlung des RLS auch die Vorbeugung einer Augmentation. Aus diesem Grund sollen α2δ-Liganden für die Erstbehandlung von RLS in Betracht gezogen werden. Pregabalin kann mit einer initialen Tagesdosis von 75mg (bei Pat. <65Jahren) bzw. 50mg (bei Pat. >65J) und einer normalerweise effektiven Tagesdosis von 150–450mg eingesetzt werden. Für Pregabalin ist die initiale Tagesdosis 300mg (bei Pat. <65J) bzw. 100mg (bei Pat. >65J) und die normalerweise effektive Tagesdosis liegt zwischen 900 und 2400mg.3

Sollte eine dopaminerge Behandlung gewählt werden, so wird empfohlen, den dopaminergen Load niedrig zu halten, indem die niedrigste wirksame Dosis für den kürzesten erforderlichen Zeitraum verwendet wird. Eine tägliche Therapie mit Dopaminagonisten sollte nur angefangen werden, falls die RLS-Beschwerden die Lebensqualität beeinträchtigen, wobei eine intermittierende Behandlung in milderen Fällen in Betracht gezogen werden kann. Für Pramipexol ist die initiale Tagesdosis 0,088mg und die maximale empfohlene Dosis 0,52mg. Ropinirol sollte mit 0,25mg begonnen werden und maximal bis zu 4mg gesteigert werden. Für Rotigotin ist die initiale Tagesdosis 1mg/24h, mit einer maximalen empfohlenen Dosis von 3mg/24h.3

Eisenparameter kontrollieren

Die Eisenparameter sollten regelmäßig kontrolliert werden und Patient:innen mit niedrigen Ferritinwerten (<75µg/l) und einer Transferrinsättigung <45% sollten eine Eisentherapie erhalten (cave: auch wenn Ferritin und Eisen im Normbereich sind). Als orale Eisentherapie soll Ferrous Sulfate 325mg plus Vitamin C 100mg täglich für zwölf Wochen eingesetzt werden. Falls diese Therapie zu keiner Besserung führt oder wenn das Eisenpräparat oral nicht vertragen wird, soll eine intravenöse Eisensubstitution evaluiert werden. Bei mäßig bis stark ausgeprägtem RLS und Serumferritin ≤100µg/l mit Transferrinsättigung <45% wird Ferric Carboxymaltose 1000mg i.v. über 15 Minuten oder 500mg über 7,5 Minuten 2 x mit 5–7 Tagen Abstand empfohlen. Eine klinische Reevaluierung soll nach 6–12 Wochen erfolgen und die intravenöse Therapie kann eventuell wiederholt werden. Diese soll v.a. bei initialer Besserung durch Eisentherapie und Wiederverschlechterung ≥12 Wochen danach, wenn das periphere Eisen erniedrigt und das Serumferritin <300µg/l mit Transferrinsättigung <45% ist, in Betracht gezogen werden.5

Änderungen stehen vor der Tür

Diese aktuellen Leitlinien werden sich allerdings bald ändern, da die American Academy of Sleep Medicine einen Draft veröffentlicht hat, in dem aufgrund des Risikos für eine Augmentation Empfehlungen gegen alle Dopaminagonisten zu finden sind.4 Neben α2δ-Liganden spielt Eisen (insbesondere Ferric Carboxymaltose i.v.) eine wichtige Rolle bei der Therapie des RLS, wie in dem Draft widergespiegelt ist. Dort wird empfohlen, bei allen Patient:innen mit RLS regelmäßig Laborkontrollen der Eisenparameter durchzuführen, inklusive Ferritin und Eisen mit Transferrinsättigung.4

Daneben werden dort auch Dipyridamol (aufgrund positiver Ergebnisse bei einer randomisiert-kontrollierten Studie mit kleiner Fallzahl) und Oxycodon als pharmakologische Therapie empfohlen, wobei die Evidenz dafür weniger stark ist. Dipyridamol wurde bei 28 unbehandelten Patient:innen mit RLS in einer zweiwöchigen doppelt verblindeten, placebokontrollierten Cross-over-Studie untersucht. In dieser Studie zeigte sich eine Besserung der RLS-Symptomatik sowie auch des Schlafs und der periodischen Beinbewegungen im Schlaf.6

Als nichtpharmakologische Therapie wird die peroneale Nervenstimulation empfohlen.4 Diese Empfehlung basiert auch auf einer randomisiert-kontrollierten Studie, in der die sogenannte tonische motorische Aktivierung (TOMAC) bei 133 Patient:innen mit therapierefraktärem RLS untersucht wurde. Die Intervention war sicher, wurde gut toleriert und führte zu einer Besserung der RLS-Symptomatik.7 Allerdings sollen künftige Studien die Wirkung von Dipyridamol, Oxycodon und TOMAC bei Patient:innen mit RLS bestätigen, um eine stärkere Empfehlung (wie bei α2δ-Liganden und Eisen) zu erreichen.

Diese Empfehlungen der American Academy of Sleep Medicine sind allerdings noch in Bearbeitung und können sich bis zur Veröffentlichung noch ändern. Relevante Änderungen der Leitlinien zur Therapie des RLS werden also bald durchgesetzt werden. Europäische Leitlinien sind ebenso in Vorbereitung.

1 Allen RP et al.: Sleep Med 2014; 15(8): 860-73 2 García-Borreguero D et al.: Sleep Med 2007; 8(5): 520-30 3 Garcia-Borreguero D et al.: Sleep Med 2016; 21: 1-11 4 https://aasm.org/wp-content/uploads/2024/03/Treatment-of-RLS-and-PLMD-CPG.pdf 5 Allen RP et al.: Sleep Med 2018; 41: 27-44 6 Garcia-Borreguero D et al.: Mov Disord 2021; 36(10): 2387-92 7 Bogan RK et al.: Sleep 2023; 46(10): zsad190

Back to top