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Das Long-QT-Syndrom und Sport

<p class="article-intro">Bislang wurde Patienten mit Long-QT-Syndrom von sportlichen Aktivitäten abgeraten. Werden verschiedene Aspekte berücksichtigt und spielt auch die „Umgebung“ des Patienten mit – etwa durch Defibrillatorschulungen, kann von der stikten Auslegung auch abgegangen werden, wie rezente Publikationen zeigen. Wichtig dabei sind Beratung, richtige Therapie und Vermeidung von Triggerfaktoren.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die First Line-Therapie bei Patienten mit Long-QT-Syndrom sind Betablocker.</li> <li>ICD wird als Sekund&auml;rprophylaxe nach einem SCD-Ereignis bzw. trotz Arrhythmien unter Betablocker eingesetzt.</li> <li>Linksventrikul&auml;re Denervierung (LCSD) ist die Ultima Ratio bei Long-QT-Syndrom.</li> <li>Sportliche Aktivit&auml;ten sind laut rezenten Beobachtungsstudien f&uuml;r Patienten mit Long-QT-Syndrom unter bestimmten Voraussetzungen m&ouml;glich.</li> </ul> </div> <p>Das angeborene Long-QT-Syndrom (LQTS) ist gekennzeichnet durch eine St&ouml;rung der ventrikul&auml;ren Repolarisation. Klinisch finden sich h&auml;ufig Palpitationen bis hin zu ventrikul&auml;ren Tachyarrhythmien mit typischer Morphologie im EKG (&bdquo;Torsade de pointes&ldquo;; Abb. 1) sowie Synkopen bzw. Ereignisse von pl&ouml;tzlichem Herztod (SCD). Diese Ereignisse manifestieren sich h&auml;ufig bereits in der Kindheit bzw. in der Pubert&auml;t. Daf&uuml;r verantwortlich ist eine heredit&auml;re Funktionsst&ouml;rung myokardialer Ionenkan&auml;le. Es kommt dabei zu einer signifikanten Zunahme des Herzfrequenz- korrigierten QT-Intervalls (QTc). Hier gelten QTc-Intervalle =480msec f&uuml;r Frauen bzw. =470msec f&uuml;r M&auml;nner als pathologisch (Abb. 2).<br /> Es wird zwischen mehreren Subtypen des Long-QT-Syndroms, abh&auml;ngig von den betroffenen Ionenkan&auml;len, unterschieden. Die am h&auml;ufigsten zu beobachtenden Subtypen sind das LQTS Typ I (KCNQ1-Gen), Typ II (KCNH2-Gen) und Typ III (SCN5AGen). Mittlerweile k&ouml;nnen pathophysiologisch in Abh&auml;ngigkeit vom jeweiligen Subtyp verschiedene Trigger als Ausl&ouml;ser f&uuml;r SCD-Ereignisse definiert werden (Abb. 3).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1701_Weblinks_s26_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="357" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1701_Weblinks_s26_abb2.jpg" alt="" width="1051" height="840" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1701_Weblinks_s26_abb3.jpg" alt="" width="1051" height="865" /></p> <h2>Diagnose eines LQTS</h2> <p>Zur Diagnosestellung eines LQTS k&ouml;nnen verschiedene Score-Systeme herangezogen werden. In Tabelle 1 sind die Diagnosekriterien zur Beurteilung des LQTSRisikos nach Schwartz et al angef&uuml;hrt.<br /> Essenziell in der Abkl&auml;rung eines verl&auml;ngerten QT-Intervalls sind der Ausschluss reversibler Ursachen wie Elektrolytst&ouml;rungen (Hypokali&auml;mie) oder die Einnahme QTc-verl&auml;ngernder Medikamente. Das Risiko f&uuml;r SCD-Ereignisse ist abh&auml;ngig vom Ausma&szlig; der QTc-Intervall-Verl&auml;ngerung, dem Lebensalter, dem Genotyp und dem Geschlecht. Eine genetische Austestung bzw. ein Screening von Familienangeh&ouml;rigen kann in Erw&auml;gung gezogen werden, sollte aber immer in enger R&uuml;cksprache bzw. Betreuung in einer Rhythmusambulanz erfolgen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1701_Weblinks_s26_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="1743" /></p> <h2>Triggervermeidung und therapeutische Ma&szlig;nahmen</h2> <p>Bei betroffenen Patienten sind essenzielle Ma&szlig;nahmen das Vermeiden potenzieller Ausl&ouml;setrigger wie z.B. Schwimmen/ Wassersport bei Patienten mit LQT1-Syndrom bzw. das Vermeiden von akuten L&auml;rmbelastungen (Wecker, lauter Klingelton, ...) f&uuml;r Patienten mit LQT2-Syndrom. Therapeutisch im Vordergrund stehen das Vermeiden jeglicher QTc-verl&auml;ngernder Substanzen (www.qtdrugs.org) sowie eine (medikament&ouml;se oder chirurgische) Sympathektomie. Medikament&ouml;s sollte bei LQTS-Patienten mit einem QTc-Intervall =470msec die Gabe eines nicht kardioselektiven Betablocker begonnen werden. Auch nach einem synkopalen Ereignis bzw. einer dokumentierten ventrikul&auml;ren Tachyarrhythmie sollte mit einer Betablockertherapie begonnen werden. Laut aktuellen Studienergebnissen (bei allerdings kleinem Patienten-Sample) wird Propranolol in einer Dosierung von 3&ndash;4mg/kg K&ouml;rpergewicht pro Tag empfohlen (Chokalingam et al, JACC 2012). Bei Patienten nach SCD-Ereignis bzw. Patienten mit Ereignissen w&auml;hrend der Betablockertherapie wird die Implantation eines implantierbaren Cardioverter/Defibrillator(ICD)- Systems empfohlen. Sollte eine medikament&ouml;se Therapie aufgrund von Nebenwirkungen nicht m&ouml;glich sein oder es zu vermehrten ICD-Therapien trotz bestm&ouml;glicher medikament&ouml;ser Therapie kommen, kann eine chirurgische linksventrikul&auml;re Denervierung (&bdquo;left cardiac sympathetic denervation&ldquo;, LCSD) angedacht werden (Tab. 2).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1701_Weblinks_s26_tab2.jpg" alt="" width="1417" height="1084" /></p> <h2>Ist Sport mit LQTS m&ouml;glich?</h2> <p>Im klinischen Alltag stellt sich meistens auch sehr rasch die Frage, was den Betroffenen hinsichtlich ihrer k&ouml;rperlichen Belastbarkeit zumutbar ist. Bis vor Kurzem wurde f&uuml;r LQTS-Patienten in den entsprechenden Leitlinien (36th Bethesda Conference Guidelines 2005) empfohlen, jegliche Sportaus&uuml;bung aufgrund des erh&ouml;hten Tachyarrhythmie-Risikos strikt zu vermeiden. Dies ist allerdings gerade bei Kindern/Jugendlichen im Alltag nicht leicht durchf&uuml;hrbar. Aktuell zeigte allerdings eine rezente retrospektive Beobachtungsstudie hinsichtlich des Freizeit-/Sportverhaltens von 103 Betroffenen mit LQTS &uuml;ber einen Beobachtungszeitraum von 7,3 Jahren ein relativ geringes SCD-Risiko. W&auml;hrend des Beobachtungszeitraums wurden bei allen Betroffenen keine SCDEreignisse w&auml;hrend ihrer Freizeitsportaktivit&auml;ten verzeichnet. Eine Subgruppe von 23 Betroffenen war auch in sportlichen Wettk&auml;mpfen aktiv. Es zeigte sich in dieser Beobachtungsstudie insgesamt eine sehr geringe Gesamtereignisrate (5 &bdquo;appropriate&ldquo; ICD-Schockabgaben bei 2 Patienten). Die beobachteten Ereignisse traten allerdings in keinem der F&auml;lle w&auml;hrend sportlicher Aktivit&auml;ten auf. Eine Betablockertherapie erfolgte bei 101 der 103 Patienten, 6 Patienten hatten einen ICD und 36 Patienten einen externen automatischen Defibrillator (EAD).<br /><br /> Die Resultate dieser Beobachtungsstudie legen nahe, dass eine strikte Vermeidung jeglicher sportlicher Aktivit&auml;ten durch Patienten mit LQTS nicht unbedingt notwendig ist. Betroffenen Patienten kann eine Teilnahme an Freizeitsportaktivit&auml;ten unter Ber&uuml;cksichtigung bestimmter Voraussetzungen erlaubt werden. Dazu z&auml;hlen eine ausf&uuml;hrliche Aufkl&auml;rung &uuml;ber die etwaigen Risiken, eine medikament&ouml;se Therapie mit Betablocker sowie die unmittelbare Verf&uuml;gbarkeit eines automatischen externen Defibrillators mit entsprechender Schulung der Angeh&ouml;rigen bzw. der Betreuer bzgl. dessen Handhabung (inkl. Basic-Life-Support-Ma&szlig;nahmen). Die Aufkl&auml;rung von Patienten mit LQTS hinsichtlich der Partizipation an sportlichen Wettbewerben sowie die individuelle Betreuung sollten am besten in Zentren mit ausreichender Expertise erfolgen (Tab. 2).</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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