Eisentherapie wirksam & kosteneffektiv
Bericht: Reno Barth
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Mehrere im Rahmen des ESC 2024 vorgestellte Arbeiten beschäftigten sich mit der Eisentherapie bei herzinsuffizienten Patienten mit Eisenmangel. Ungeachtet aufrechter Leitlinienempfehlungen bleiben rund um diese Intervention theoretische und praktische Fragen offen, u.a. die der Kosteneffektivität.
Keypoints
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Eisenausschöpfung ist mit einer eingeschränkten linksventrikulären Auswurffraktion assoziiert.
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Eisentherapie kann fehlendes Eisen in insuffizienten Herzen schnell und anhaltend ersetzen.
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Nach Leitlinien wird ein Eisenmangel durch ein Ferritin <100ng/ml oder Ferritin zwischen 100 und 299ng/ml und eine Transferrinsättigung (TSAT) <20% definiert.
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In der IRONMAN-Studie zeigte sich, dass nur 9 Patienten mit HFrEF und Eisenmangel pro Jahr mit Eisenderisomaltose behandelt werden müssen, um eine Hospitalisation zu vermeiden.
Eisenmangel ist eine häufige Komorbidität der Herzinsuffizienz, die mit mehreren ungünstigen Outcomes wie erhöhter Mortalität oder eingeschränkter Belastbarkeit einhergeht, auch wenn keine Anämie vorliegt“, so Dr. Samira Lakhal-Littleton, University of Oxford. Eisenmangel wirkt sich unabhängig vom Vorliegen einer Anämie ungünstig aus, sodass das Hämoglobin nicht im Mittelpunkt des Problems steht. Lakhal-Littleton betont die Präsenz von Eisen im Myokard in diesem Zusammenhang. Rund 45% dieses Eisens ist in Enzymen in den Mitochondrien enthalten. Weitere 45% werden in inerter Form gespeichert, 5% entfallen auf Myoglobin und weitere 5% liegen frei und ungebunden vor. Dieser sog. labile Eisenpool stellt einerseits Eisen zur Verfügung, das für unterschiedliche Signalwege als Kofaktoren benötigt wird. Das freie Eisen kann jedoch andererseits auch toxisch wirken und den oxidativen Stress erhöhen. Bei Herzinsuffizienz, insbesondere in fortgeschrittenen Stadien, kommt es vor allem zur Erschöpfung des Speichereisens und des labilen Eisens. Lakhal-Littleton weist darauf hin, dass Eisenerschöpfung mit einer eingeschränkten linksventrikulären Auswurffraktion assoziiert ist. Daten aus dem Tiermodell zeigen hier, dass Eisenmangel im Myokard den Kalziumstoffwechsel und die Funktion der Mitochondrien beeinträchtigt.
Intravenöses Eisen, rascher Effekt auf Myokard
Damit stellt sich unweigerlich die Frage nach den Effekten von Eisensupplementation bei Patienten mit Herzinsuffizienz. Die ESC-Leitlinien halten dazu fest, dass intravenöse Eisensupplementation bei Patienten mit HFrEF oder HFmrEF und Eisenmangel zur Besserung der Symptome und Lebensqualität indiziert ist. Intravenöse Eisensupplementation mit Eisencarboxymaltose oder Eisenderisomaltose ist darüber hinaus indiziert zur Reduktion von Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz.1 Sowohl beim Menschen als auch im Tiermodell konnte gezeigt werden, dass Eisen nach Infusion schnell im Myokard ankommt und über Monate mittels MRT dort nachweisbar bleibt. Dabei scheint das Myokard Eisen direkt aus dem Blut aufzunehmen, so Lakhal-Littleton. Dieses Eisen gelangt in den labilen Eisenpool und verbleibt dort über längere Zeit. Damit steigen auch Marker für oxidativen Stress.2
„Eisentherapie kann also das fehlende Eisen in insuffizienten Herzen schnell und anhaltend ersetzen. Die Art, wie das geschieht, kann allerdings Sicherheitsbedenken aufkommen lassen“, so die Expertin. Problematisch könne vor allem die kumulative Eisendosis nach mehrfachen Infusionen werden. Da die Eisenaufnahme in das Myokard direkt erfolgt und damit nicht von Ferritin abhängt, lässt sich die Gefahr eines Overloads nicht anhand des Plasma-Ferritin-Spiegels abschätzen. Es stelle sich die Frage, ob bei Patienten unter längerfristiger Eisentherapie ein Monitoring mittels kardialer MRT indiziert ist. Im Rahmen der Diskussion dieser Präsentation unterstrich Lakhal-Littleton, dass bei Eisenerschöpfung und mitochondrialer Fehlfunktion das zusätzliche Eisen im Myokard hilfreich sein kann. Es gelte allerdings, den Punkt zu ermitteln, an dem die kumulative Eisendosis problematisch wird.
Günstige Effekte der Eisentherapie in Metaanalysen
In der klinischen Praxis dürfte die Eisentoxizität im Zusammenhang mit der Eisentherapie bei Patienten mit Herzinsuffizienz allerdings kein relevantes Problem darstellen, wie mehrere im Rahmen des ESC-Kongresses 2024 vorgestellte Metaanalysen nahelegen. In einer Arbeit wurden auf PubMed, Web of Science, Scopus, Cochrane Central und EMBASE randomisierte, placebokontrollierte Studien zur i.v. Eisentherapie bei Herzinsuffizienz identifiziert. Primäre Endpunkte waren die mittlere Veränderung der 6-Minuten-Gehstrecke (6MWD), die mittlere Veränderung der Ferritinkonzentration, die mittlere Veränderung der Transferrinsättigung sowie Verschlechterung der Herzinsuffizienz. Aus insgesamt 12 Studien waren Daten zu 6800 Patienten verfügbar. Die Studien zeigten insgesamt einen günstigen Effekt auf die ausgewerteten Outcomes. Die 6MWD verbesserte sich im Schnitt um ca. 34 Meter (p<0,0001), ebenso kam es zu signifikanten Verbesserungen der Ferritinkonzentration und der Transferrinsättigung. Das Risiko für eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz war um mehr als die Hälfte reduziert (RR:0,46, 95% CI: 0,31–0,69, p=0,002).2
Eine weitere Metaanalyse identifizierte 14 randomisierte, kontrollierte Studien zur i.v. Eisentherapie und fand signifikante Verbesserungen harter klinischer Endpunkte. Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz waren reduziert, und zwar um 17% für Erstereignisse sowie um 19% bezogen auf die Gesamtzahl der Ereignisse. Darüber hinaus war in der Eisengruppe das Risiko für einen kombinierten Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod und Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz um 21% niedriger als unter Placebo. Auch hinsichtlich der Gesamtzahl unerwünschter Ereignisse schnitten die Verumgruppen signifikant besser als die Placebogruppen ab.3
Die wichtige Rolle, die die Leitlinien dem Ferritin zuschreiben, wird auch durch eine weitere im Rahmen des ESC 2024 vorgestellte Arbeit infrage gestellt. Dr. Abdullahi Ahmed Mohamed, Epidemiologe am Herlev-Gentofte Hospital in Dänemark, untersuchte mit seiner Gruppe die Assoziationen unterschiedlicher Definitionen von Eisenmangel bei Herzinsuffizienz mit verschiedenen klinischen Outcomes. Die ESC-Guidelinesdefinieren Eisenmangel entweder durch ein Ferritin <100ng/ml oder Ferritin zwischen 100 und 299ng/ml und eine Transferrinsättigung (TSAT) <20%. Allerdings wurden auch alternative Definitionen vorgeschlagen, die sich an Eisen alleine, TSAT alleine oder an Ferritin alleine orientieren. Diese Definitionen wurden auf fast 10000 Patienten aus dem dänischen Herzinsuffizienzregister angewandt. Dabei erwies sich Ferritin (<100ng/ml) als nicht mit Gesamtmortalität, kardiovaskulärer Mortalität oder Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz assoziiert. Die anderen Definitionen, inklusive jener der ESC, erwiesen sich in der nichtanämischen Population als Prädiktoren für die genannten Ereignisse. In der anämischen Population erwiesen sich nur noch Eisen und TSAT, nicht jedoch die ESC-Definition, als Prädiktoren für Gesamtmortalität und kardiovaskuläre Mortalität. Im Hinblick auf Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz war zusätzlich die ESC-Definition jedoch aussagekräftig (Abb. 1).4
Abb. 1: Einfluss von verschiedenen Eisenmangel-Definitionen auf das Mortalitätsrisiko bei chronischer Herzinsuffizienz (nach Mohamed AA et al. 2024)5
Eisentherapie mit Eisen-derisomaltose ist kosteneffektiv
IRONMAN war eine prospektive, randomisierte, „Open-label“-Studie mit verblindeter Auswertung der Endpunkte, die in einer Population von Patienten mit HFrEF und Eisenmangel eine intravenöse Eisensubstitution mit Eisenderisomaltose vs. Standardtherapie verglich. Insgesamt 1137 Patienten wurden randomisiert. Die Covid-19-Pandemie erschwerte in der Folge die Durchführung der Studie. Letztlich zeigte die Auswertung eine numerische Risikoreduktion von 18% im Hinblick auf einen kombinierten Endpunkt aus kardiovaskulärer Mortalität und Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz.6 In einer Sensitivitätsanalyse mit einem Jahres-Follow-up waren die Ergebnisse signifikant. Im Rahmen des ESC-Kongresses 2024 wurde nun eine Kosten-Nutzen-Analyse auf Basis einer Auswertung von IRONMAN nach einem Jahr präsentiert, die neben den Medikamentenkosten auch die Kosten für Hospitalisierungen und andere unerwünschte Ereignisse einbezog. Dies ermöglichte sowohl einen Kostenvergleich zwischen den beiden Gruppen als auch eine Analyse der Kosteneffektivität auf Basis gewonnener QALYs („quality adjusted life years“). Als Kosten der Eisentherapie wurden sowohl die Ausgaben für das Medikament als auch für die Infusion inklusive Personalkosten berechnet. Dem wurden die Gesamtkosten aller Hospitalisierungen, also auch von Hospitalisierungen aus nichtkardialer Ursache, gegenübergestellt. Die Kosten für die Infusionen von Eisenderisomaltose pro Patient beliefen sich auf 388 britische Pfund im Interventionsarm. Im Vergleichsarm fielen aufgrund von Eiseninfusionen außerhalb des Protokolls 32 britische Pfund an Kosten für die Eisentherapie an. Bezog man die Kosten der Hospitalisierungen ein, so ergab sich durch den Einsatz von Eisenderisomaltose eine Kostenersparnis von 302 britischen Pfund pro Patient.7 Dr. Richard Fulton Pollock, Covalence Research Ltd. in Harpenden, Großbritannien, unterstrich anlässlich der Präsentation der Daten, dass innerhalb eines Jahres nur neun Patienten mit Eisenderisomaltose behandelt werden müssen, um eine Hospitalisierung zu vermeiden. Darüber hinaus zeigte sich unter Therapie mit Eisenderisomaltose ein kleiner Zugewinn an QALYs, konkret 0,1 QALYs. Man dürfe diesen Wert jedoch nicht unterschätzen, so Pollock. Denn 0,1 QALYs pro Jahr bedeuten nichts anderes, als dass die Patienten pro Jahr vier zusätzliche Tage in perfekter Gesundheit verbringen. Auch weist Pollock darauf hin, dass in IRONMAN ein generischer Fragebogen zur Erhebung der Lebensqualität eingesetzt wurde. Mit einem krankheitsspezifischen Instrument könnten die Ergebnisse deutlicher sein. Die Resultate dieser Analyse dürften, so Pollock, auch auf andere europäische Gesundheitssysteme umlegbar sein.
Quelle:
„Iron metabolism in heart failure“, Vortrag von Dr. Samira Lakhal-Littleton; „Impact of various iron deficiency definitions on mortality risk in chronic heart failure across the spectrum of left ventricular ejection fraction spectrum“, Vortrag von Dr. Abdullahi Ahmed Mohamed; „Ferric derisomaltose versus usual care in patients with heart failure, reduced ejection fraction, and iron deficiency: a short-term UK cost-utility analysis based on the IRONMAN RCT“, Vortrag von Dr. Richard Fulton Pollock; präsentiert im Rahmen des ESC-Kongresses am 1. und 2.September 2024 in London
Literatur:
1 McDonagh TA et al.: 2023 focused update of the 2021 ESC guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. Eur Heart J 2023; 44(37): 3627-39 2 Vera-Aviles M et al.: Intravenous iron therapy results in rapid and sustained rise in myocardial iron content through a novel pathway. Eur Heart J 2024; doi: 10.1093/eurheartj/ehae359 3 Desouki MRA et al.: The efficacy of IV iron in anemic heart failure patients: a systemic review and meta-analysis of randomised controlled trials. Präsentiert am ESC Kongress 2024 von Dr.A.Al Qurm 4 Abouzid M et al.: Efficacy and safety of intravenous iron therapy in heart failure patients with iron deficiency: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Präsentiert am ESC-Kongress 2024 5 Mohamed AA et al.: Impact of various iron deficiency definitions on mortality risk in chronic heart failure across the spectrum of left ventricular ejection fraction spectrum. Präsentiert am ESC-Kongress 2024 6 Kalra PR et al.: Intravenous ferric derisomaltose in patients with heart failure and iron deficiency in the UK (IRONMAN): an investigator-initiated, prospective, randomised, open-label, blinded-endpoint trial. Lancet 2022; 400(10369): 2199-209 7 Pollock RF et al.: Ferric derisomaltose versus usual care in patients with heart failure, reduced ejection fraction, and iron deficiency: a short-term UK cost-utility analysis based on the IRONMAN RCT. Präsentiert am ESC-Kongress 2024
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