Gezielte Therapie gibt Hoffnung bei ATTRv-Amyloidose
Bericht:
Reno Barth
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Die kardiale Amyloidose verursacht infolge von Amyloideinlagerungen im Herzmuskel eine progrediente, restriktive Kardiomyopathie mit ungünstiger Prognose. Bei einem Teil der Betroffenen ist eine hereditäre Ursache aufgrund einer Mutation im TTR-Gen ausschlaggebend für das Krankheitsbild und oft geht sie zusätzlich mit neurologischen Symptomen einher. Für diese Patientengruppe werden nun auch gezielte Therapien auf Basis von „gene silencing“ entwickelt.
Kardiale Amyloidose (CA) ist durch die Akkumulation von Amyloidfibrillen im interstitiellen Raum zwischen Kardiomyozyten charakterisiert. Sie beeinträchtigen die Beweglichkeit des Myokards und führen zu Zellschäden. Im fortgeschrittenen Stadium führt die Amyloidose zu einer restriktiven Kardiomyopathie, die sich als Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) äußert. Sie ist definiertdurch eine linksventrikuläre Auswurffraktion (LVEF) >50%, das Vorliegen von Symptomen einer Herzinsuffizienz und den Nachweis kardialer Anomalien, die mit einer diastolischen Dysfunktion/Erhöhung des linksventrikulären Füllungsdrucks vereinbar sind.1
Der Anteil der HFpEF-Patienten mit einer Amyloidose im Hintergrund wurde bis vor Kurzem für sehr gering gehalten. Dies war die Folge von Unterdiagnostik, zumal für die Abklärung eine Myokardbiopsie erforderlich war, vor der Patienten und Behandler oft zurückschreckten. Heute kann eine kardiale Amyloidose mittels Bildgebung (Szintigrafie oder MRT) diagnostiziert werden. Dies führte zum drastischen Anstieg der Zahl an Diagnosen. Beispielsweise wurde in einer Kohorte von Patienten, die sich einer Implantation einer Aortenklappe unterzogen, eine Transthyretin-Amyloidose (ATTR) bei 16% diagnostiziert.2
Klinik der Amyloidose: „redflags“
Im klinischen Alltag können mehrere „red flags“ Hinweise auf eine kardiale Amyloidose geben und sollten bei Patienten mit HFpEF und/oder Klappenstenosen zu einer genaueren Abklärung mittels Bildgebung führen:
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Karpaltunnelsyndrom, oft beidseitig
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eingeengter lumbaler Spinalkanal
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periphere Polyneuropathie oder idiopathische Dysautonomie
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Hypotonie nach früherer Hypertonie
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orthostatische Hypotonie
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EKG mit Mikrovoltage, fehlenden R-Zacken in präkordialen Ableitungen oder Pseudo-Q-Zacken (ohne Hinweis auf einen Infarkt)
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Echokardiografie mit linksventrikulärer Hypertrophie (Septum >12mm), diastolischer Dysfunktion, atrialer Dilatation, dezentem Perikarderguss und verminderter longitudinaler Kontraktion mit Aussparung der apikalen Segmente
Genetischer Hintergrund der hereditären Amyloidose
Bei einem Teil der Patienten mit kardialer Amyloidose hat die Erkrankung einen genetischen bzw. hereditären Hintergrund. Diese Fälle von hereditärer Transthyretin-Amyloidose (ATTRv) zu identifizieren ist essenziell, da es für diese Erkrankung mittlerweile gezielte Therapien gibt, die die sonst ungünstige Prognose erheblich verbessern können. Die ATTRv-Amyloidose entsteht, wenn es aufgrund von Mutationen am TTR-Gen zu einer pathologischen Faltung des Transportmoleküls Transthyretin und damit zur Bildung von Amyloid kommt. Bei allen Patienten mit ATTR-CA wird unabhängig vom Alter ein Gentest empfohlen. Der Nachweis einer Mutation hat nicht zuletzt auch direkte Folgen für Verwandte ersten Grades.3
Je nach Ursache der kardialen Amyloidose sowie Geno- und Phänotyp stehen unterschiedliche Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Der erste zugelassene Wirkstoff in dieser Indikation war Tafamidis, das den Zerfall von Transthyretin-Tetrameren zu Monomeren und damit die Amyloidbildung reduzierte. In einer randomisierten Studie mit mehr als 400 Patienten führte die Behandlung mit Tafamidis über 30 Monate zu einer Reduktion der Mortalität um absolute 13%. Ebenso wurden Hospitalisierungen reduziert sowie die Lebensqualität verbessert. Der Nutzen scheint bei weniger weit fortgeschrittener Erkrankung (NYHA-Klasse I–II) höher zu sein.4
„Genesilencer“ bei kardialer Amyloidose untersucht
Auf einem alternativen Wirkprinzip beruhen die sogenannten TTR-„Gene silencer“, die die TTR-Synthese in der Leber auf molekularer Ebene unterbinden. Aktuell sind „small interfering RNAs“ (siRNA), Patisiran und Vutrisiran sowie das Antisense-Oligonukleotid (ASO) Inotersen in der Behandlung von ATTRv-Amyloidose mit Polyneuropathie zugelassen. Daten aus den Zulassungsstudien lassen hier positive Effekte auf kardiale Parameter erkennen.So konnte für Patisiran und Vutrisiran in einer vordefinierten Subgruppe von Patienten mit Herzerkrankung eine Verbesserung der systolischen Funktion des linken Ventrikels sowie eine Reduktion der NT-proBNP-Werte gezeigt werden.5,6, 7
Daten zu Vutrisiran bei ATTRv-Amyloidose mit Polyneuropathie und kardialer Beteiligung stammen aus der Studie HELIOS-A, auf der die Zulassung der siRNA beruht.8Ein Drittel der Studienpopulation war in einer vordefinierten kardialen Subgruppe, welche vordefinierte Merkmale einer Kardiomyopathie erfüllte. In einer explorativen Analyse wurde die Wirkung von Vutrisiran hinsichtlich der kardialen Manifestation bei Patienten mit ATTRv-Amyloidose mit Polyneuropathie ermittelt. Die Analyse ergab u.a. Verbesserungen des NT-proBNP im Vergleich zum Ausgangswert. In der Post-hoc-Analyse zeigte sich in verschiedenen Quartilen des Ausgangswertes der NT-proBNP-Werte ein konsistenter Nutzen von Vutrisiran unabhängig vom Ausgangswert.7 Der Perugini-Score, ein für die Amyloidose spezifischer Score basierend auf einer Szintigrafie zur Bewertung der Amyloidbelastung des Myokards,9verbesserte sich bei 68% der auswertbaren Patienten und bliebbei weiteren 28% stabil.
Literatur:
1 McDonagh T et al.: 2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. Eur Heart J 2021; 42: 3599-726 2 Longhi Set al.: Coexistence of degenerative aortic stenosis and wild-type transthyretin-related cardiac amyloidosis. JACC Cardiovasc Imaging 2016; 9: 325-7 3 Condoluci A et al.: Management of transthyretin amyloidosis. Swiss Med Wkly 2021; 151: w30053 4 Maurer MS et al.: Tafamidis treatment for patients with transthyretin amyloid cardiomyopathy. N Engl J Med 2018; 379: 1007-16 5 Benson MD et al.: Inotersen treatment for patients with hereditary transthyretin amyloidosis. N Engl J Med 2018; 379: 22-31 6 Adams D et al.: Patisiran, an RNAi therapeutic, for hereditary transthyretin amyloidosis. N Engl J Med 2018; 379: 11-21 7 Garcia-Pavia P et al.: Impact of vutrisiran on exploratory cardiac parameters in hereditary transthyretin-mediated amyloidosis with polyneuropathy. Eur J Heart Fail 2024; 26(2): 397-410 8 Adams D et al.: Efficacy and safety of vutrisiran for patients with hereditary transthyretin-mediated amyloidosis with polyneuropathy: a randomized clinical trial. Amyloid 2023; 30(1): 1-99 Yilmaz A et al.: Diagnosis and treatment of cardiac amyloidosis: position statement of the German Cardiac Society (DGK). Clin Res Cardiol 2021; 110(4): 479-506
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