<p class="article-intro">Als wesentliche Ursache des plötzlichen Herztodes beim Sport stehen hereditäre Herzmuskelerkrankungen wie die hypertrophe Kardiomyopathie seit jeher in besonderem Fokus der Sportkardiologie. Bisher galt im Falle eines Nachweises selbst milder Ausprägungen ein striktes Verbot kompetitiver sportlicher Aktivitäten. Neue Studien zeichnen nun ein differenzierteres Bild, welches in individuellen Fällen eine Fortsetzung des Leistungssports unter engmaschigen Kontrollen erlaubt.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Bei milden, klinisch asymptomatischen Verlaufsformen einer hypertrophen, dilatativen oder „Non-compaction“- Kardiomyopathie kann eine Fortsetzung des Leistungssports möglich sein.</li> <li>Voraussetzungen sind ausführliche Aufklärungsgespräche mit betroffenen Athleten und ggf. dem Umfeld mit dem Ziel einer gemeinsam getragenen Entscheidung unter engmaschigen klinischen Verlaufskontrollen.</li> <li>Bei positivem Gennachweis ohne klinische Krankheitsmanifestation ist kompetitiver Sport bei den genannten Kardiomyopathien unter Verlaufskontrollen uneingeschränkt möglich.</li> <li>Kontraindiziert bleibt kompetitiver Sport bei der arrhythmogenen (rechtsventrikulären) Kardiomyopathie, bei der selbst bei reinen Mutationsträgern ein signifikant erhöhtes Risiko für sportinduzierte kardiale Ereignisse besteht.</li> </ul> </div> <p>Hereditäre Kardiomyopathien stehen seit jeher im Fokus sportkardiologischer Fragestellungen, da sie eine wesentliche Ursache des plötzlichen Herztodes (PHT) im Leistungssport darstellen.<sup>1, 2</sup> Gerade in Frühstadien sind sie mitunter nur sehr schwer von einer „benignen“ Sportherz-Bildung zu unterscheiden.<sup>3</sup> An erster Stelle ist die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) zu nennen, die mit einer Prävalenz von ≤ 1:500 eine relevante Erkrankung im kardiologischen Alltag darstellt und damit auch bei Leistungs- und ambitionierten Freizeitsportlern vergleichsweise häufig zu sehen ist.<sup>4</sup> Weitere Vertreter sind die dilatative Kardiomyopathie (DCM), die arrhythmogene (rechtsventrikuläre) Kardiomyopathie (ARVC) und die in den letzten Jahren besonders ins Bewusstsein gerückte „Non-compaction“-Kardiomyopathie („left ventricular non-compaction“, LVNC).<sup>5–7</sup> Allen ist gemein, dass in EKG, Echokardiografie und MRT Befundveränderungen auftreten können, die zumindest zum Teil denen ähneln, die sich alleine durch intensive sportliche Aktivität manifestieren können, was die Einschätzung gerader früher und klinisch noch inapparenter Verlaufsformen deutlich erschwert.<sup>3</sup><br /> Die letzten Empfehlungen der Arbeitsgruppe Sportkardiologie der European Society of Cardiology (ESC) zu Sport bei derartigen Erkrankungen liegen bereits einige Jahre zurück.<sup>8</sup> Besser verfügbare, präzisere Bildgebungsverfahren für die Differenzialdiagnostik, vor allem aber die neue wissenschaftliche Evidenz der letzten Jahre haben nun eine aktualisierte Version erforderlich gemacht, die kürzlich im „European Heart Journal“ publiziert wurde.<sup>9</sup> Im Vordergrund stehen dabei die Darstellung der genannten Kardiomyopathieformen, deren jeweilige differenzialdiagnostische Abgrenzung zum Sportherz sowie die Vereinbarkeit mit kompetitiven oder freizeitsportlichen Aktivitäten. Neu in der Differenzialdiagnostik ist die im Falle verdächtiger Befunde in EKG und Echo mittlerweile regelhafte Einbindung eines Kardio-MRT in den Bildgebungsalgorithmus. Dies ermöglicht eine optimierte Darstellung kardialer Dimensionen und etabliert einen Initialbefund für spätere Verlaufskontrollen; ganz besonders ist zudem die gewachsene Bedeutung der Detektion myokardialer Fibrosen durch „Late enhancement“- Techniken hervorzuheben. Letztere stellen z. B. nach Myokarditis oder bei HCM als Myokardnarben arrhythmogene Substrate dar und gelten zumindest ab einem gewissen Ausmaß als prognostisch ungünstig.<sup>10, 11</sup> Der Nachweis einer solchen Narbe bedeutet nicht in jedem Fall ein sofortiges Leistungssportverbot, bedingt aber zumindest regelmäßige rhythmologische Kontrollen unter Einbezug sportlicher Einheiten. Eine weitere Neuerung, in Würdigung der zunehmenden genetischen Charakterisierung der Kardiomyopathien, ist die Aufnahme genpositiver, phänotypisch aber (noch) negativer Athleten in die Sportempfehlungen. Dies könnte z. B. bei sportlich aktiven Angehörigen klinisch manifester Athleten ein reelles Szenario darstellen und hat besonders bei der ARVC (s. u.) eine entscheidende Bedeutung. Ebenfalls dargestellt werden neue Aspekte zu Sport bei ICD sowie kompetitiver Sport nach Myokarditis und Perikarditis.</p>
<p class="article-intro">Als wesentliche Ursache des plötzlichen Herztodes beim Sport stehen hereditäre Herzmuskelerkrankungen wie die hypertrophe Kardiomyopathie seit jeher in besonderem Fokus der Sportkardiologie. Bisher galt im Falle eines Nachweises selbst milder Ausprägungen ein striktes Verbot kompetitiver sportlicher Aktivitäten. Neue Studien zeichnen nun ein differenzierteres Bild, welches in individuellen Fällen eine Fortsetzung des Leistungssports unter engmaschigen Kontrollen erlaubt.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Bei milden, klinisch asymptomatischen Verlaufsformen einer hypertrophen, dilatativen oder „Non-compaction“- Kardiomyopathie kann eine Fortsetzung des Leistungssports möglich sein.</li> <li>Voraussetzungen sind ausführliche Aufklärungsgespräche mit betroffenen Athleten und ggf. dem Umfeld mit dem Ziel einer gemeinsam getragenen Entscheidung unter engmaschigen klinischen Verlaufskontrollen.</li> <li>Bei positivem Gennachweis ohne klinische Krankheitsmanifestation ist kompetitiver Sport bei den genannten Kardiomyopathien unter Verlaufskontrollen uneingeschränkt möglich.</li> <li>Kontraindiziert bleibt kompetitiver Sport bei der arrhythmogenen (rechtsventrikulären) Kardiomyopathie, bei der selbst bei reinen Mutationsträgern ein signifikant erhöhtes Risiko für sportinduzierte kardiale Ereignisse besteht.</li> </ul> </div> <p>Hereditäre Kardiomyopathien stehen seit jeher im Fokus sportkardiologischer Fragestellungen, da sie eine wesentliche Ursache des plötzlichen Herztodes (PHT) im Leistungssport darstellen.<sup>1, 2</sup> Gerade in Frühstadien sind sie mitunter nur sehr schwer von einer „benignen“ Sportherz-Bildung zu unterscheiden.<sup>3</sup> An erster Stelle ist die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) zu nennen, die mit einer Prävalenz von ≤ 1:500 eine relevante Erkrankung im kardiologischen Alltag darstellt und damit auch bei Leistungs- und ambitionierten Freizeitsportlern vergleichsweise häufig zu sehen ist.<sup>4</sup> Weitere Vertreter sind die dilatative Kardiomyopathie (DCM), die arrhythmogene (rechtsventrikuläre) Kardiomyopathie (ARVC) und die in den letzten Jahren besonders ins Bewusstsein gerückte „Non-compaction“-Kardiomyopathie („left ventricular non-compaction“, LVNC).<sup>5–7</sup> Allen ist gemein, dass in EKG, Echokardiografie und MRT Befundveränderungen auftreten können, die zumindest zum Teil denen ähneln, die sich alleine durch intensive sportliche Aktivität manifestieren können, was die Einschätzung gerader früher und klinisch noch inapparenter Verlaufsformen deutlich erschwert.<sup>3</sup><br /> Die letzten Empfehlungen der Arbeitsgruppe Sportkardiologie der European Society of Cardiology (ESC) zu Sport bei derartigen Erkrankungen liegen bereits einige Jahre zurück.<sup>8</sup> Besser verfügbare, präzisere Bildgebungsverfahren für die Differenzialdiagnostik, vor allem aber die neue wissenschaftliche Evidenz der letzten Jahre haben nun eine aktualisierte Version erforderlich gemacht, die kürzlich im „European Heart Journal“ publiziert wurde.<sup>9</sup> Im Vordergrund stehen dabei die Darstellung der genannten Kardiomyopathieformen, deren jeweilige differenzialdiagnostische Abgrenzung zum Sportherz sowie die Vereinbarkeit mit kompetitiven oder freizeitsportlichen Aktivitäten. Neu in der Differenzialdiagnostik ist die im Falle verdächtiger Befunde in EKG und Echo mittlerweile regelhafte Einbindung eines Kardio-MRT in den Bildgebungsalgorithmus. Dies ermöglicht eine optimierte Darstellung kardialer Dimensionen und etabliert einen Initialbefund für spätere Verlaufskontrollen; ganz besonders ist zudem die gewachsene Bedeutung der Detektion myokardialer Fibrosen durch „Late enhancement“- Techniken hervorzuheben. Letztere stellen z. B. nach Myokarditis oder bei HCM als Myokardnarben arrhythmogene Substrate dar und gelten zumindest ab einem gewissen Ausmaß als prognostisch ungünstig.<sup>10, 11</sup> Der Nachweis einer solchen Narbe bedeutet nicht in jedem Fall ein sofortiges Leistungssportverbot, bedingt aber zumindest regelmäßige rhythmologische Kontrollen unter Einbezug sportlicher Einheiten. Eine weitere Neuerung, in Würdigung der zunehmenden genetischen Charakterisierung der Kardiomyopathien, ist die Aufnahme genpositiver, phänotypisch aber (noch) negativer Athleten in die Sportempfehlungen. Dies könnte z. B. bei sportlich aktiven Angehörigen klinisch manifester Athleten ein reelles Szenario darstellen und hat besonders bei der ARVC (s. u.) eine entscheidende Bedeutung. Ebenfalls dargestellt werden neue Aspekte zu Sport bei ICD sowie kompetitiver Sport nach Myokarditis und Perikarditis.</p> <h2>„Shared decision making process“</h2> <p>Einen ganz besonderen Stellenwert in den aktualisierten Empfehlungen nimmt das neue Konzept des „shared decision making process“ ein. Dies bezeichnet eine von Athlet und Arzt gemeinsam erzielte Entscheidung zur Fortsetzung oder Aufgabe der leistungssportlichen Karriere im Falle eines hochgradigen Verdachts oder einer sicher diagnostizierten Kardiomyopathie. Damit wird von dem bisher meist praktizierten Weg einer einseitigen, rein ärztlich vorgegebenen Einschränkung kompetitiver sportlicher Aktivitäten abgerückt. Arzt und Athlet erhalten nun die Möglichkeit, auf Basis neuer Studiendaten und nach ausführlicher Aufklärung über potenzielle Risiken in individuellen Fällen eine weitere Sporterlaubnis zu beschließen. Hintergrund dieser Entwicklung ist, dass einer nur geringen Evidenz zu Leistungssport mit Kardiomyopathien ein mittlerweile deutlich besseres Verständnis des natürlichen Verlaufs der Erkrankungen gegenübersteht. Einerseits kann es in Einzelfällen zwar bereits bei Vorliegen nur milder Veränderungen zu PHT-Fällen kommen; andererseits ist trotz dieser erschreckenden, aber statistisch doch sehr seltenen Todesfälle im Leistungssport davon auszugehen, dass nicht jeder Betroffene zwangsweise einen PHT im Verlauf seiner Karriere erleiden wird. Je nach Symptomen und Befundausprägungen lassen sich unterschiedliche Risikostufen definieren, die nicht in jedem Fall ein Leistungssportverbot bedingen. In einem ausführlichen Gespräch mit dem Betroffenen über aktuelle Befunde und potenzielle Gefährdungen kann bei Fehlen von Hochrisikofaktoren in Einzelfällen eine Fortsetzung der Karriere unter engmaschiger klinischer Kontrolle beschlossen werden.<br /> In rechtlicher Hinsicht ist dies bedeutsam, da es explizit beinhaltet, dass im Falle eines doch eintretenden kardialen Ereignisses dem Arzt keine ausschließliche Verantwortung übertragen wird, sofern ein gut dokumentiertes und im Konsens geführtes Gespräch nachgewiesen wird. Der Athlet gestattet dem Arzt zudem, auch das sportliche Umfeld (Trainer, Angehörige etc.) über das Krankheitsbild zu informieren, um im Notfall adäquat handeln zu können. In die konsensuelle Entscheidungsfindung sollen z. B. Symptome, Risikofaktoren, natürlicher Krankheitsverlauf, Alter des Sportlers, Dauer der bisherigen Karriere und ausgeübte Sportart einbezogen werden. Im Hinblick auf die Sportart enthalten die Empfehlungen, entsprechend anderen 2018 veröffentlichten Arbeiten zu Sport und kardiovaskulären Erkrankungen, mittlerweile eine neue, vorwiegend auf kardiovaskulären Beanspruchungen basierende Klassifikation (Tab. 1), die das bisher verbreitete System nach Mitchell zumindest auf europäischer Ebene ablösen wird.<sup>12–14</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1901_Weblinks_jatros_kardio_1901_s23_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="1259" /></p> <h2>HCM-Patienten</h2> <p>Die HCM ist zwar eine der häufigsten Ursachen des PHT im Sport, in Beobachtungsstudien wurde aber festgestellt, dass die Rate an Todesfällen selbst unter betroffenen Athleten absolut gesehen sehr gering ausfällt.<sup>1, 2, 15</sup> Gegenteilig gibt es sogar unter dem breiten klinischen Krankheitsspektrum eine Reihe von Betroffenen, die über Jahre einen kompetitiven Sport ohne Komplikationen ausüben konnten.16 Weiterhin konnte beobachtet werden, dass es bei HCM-Athleten mit ICD nicht häufiger zu Schockauslösungen durch Sport als in Ruhe kommt.<sup>17, 18</sup> In einer retrospektiven Analyse eines Sportlerkollektivs mit HCM zeigte sich im Hinblick auf das ereignisund symptomfreie Überleben über 20 Jahre kein Unterschied zwischen Sportlern, die auf ärztlichen Rat den Leistungssport beendet (n=20) oder ihn gegen diesen Rat fortgesetzt hatten (n=15).<sup>19</sup> Bezogen auf moderates, freizeitsportliches körperliches Training konnte die RESET-HCM-Studie an immerhin 163 HCM-Patienten verschiedenster Krankheitsausprägung zeigen, dass ein 16-wöchiges Trainingsprogramm gegenüber einer nicht trainierenden Kontrollgruppe nicht zu mehr kardialen Ereignissen führte und sich die maximale Sauerstoffaufnahme signifikant verbesserte.<sup>20</sup> Aus diesen Erkenntnissen wurde abgeleitet, dass bei milden Ausprägungen der Erkrankung unter Konsensfindung im „Shared decision making process“ und engmaschigen klinischen Kontrollen auch eine Fortsetzung kompetitiver sportlicher Aktivitäten möglich ist. Bei Faktoren, die einen schwereren Krankheitsgrad andeuten, gilt dagegen nach wie vor ein komplettes Sportverbot; hier wird im Dokument auch nicht explizit nach Sportarten unterschieden (Abb. 1). Bei Patienten mit ausschließlich positivem Gennachweis ohne bisherige klinische Manifestation sind sämtliche sportlichen Aktivitäten erlaubt, wobei regelmäßig nach der Entwicklung erster klinischer Ausprägungen gesucht werden muss.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1901_Weblinks_jatros_kardio_1901_s24_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="835" /></p> <h2>DCM-Patienten</h2> <p>Die DCM rangiert unter den Ursachen des PHT im Sport relativ weit hinten, stellt aber aufgrund der häufig auch sportinduziert vergrößerten Ventrikel eine relevante Differenzialdiagnose dar.<sup>1–3</sup> Explizite Daten zu leistungssportlicher Betätigung bei DCM sind nicht verfügbar, sodass hier keine spezifische neue Evidenz vorliegt. Einen Hinweis für die Verträglichkeit einer intensiveren körperlichen Belastung haben uns aber zumindest die Trainingsstudien zur Herzinsuffizenz der letzten Jahre geliefert. Dabei wurde in der größten bisherigen Studie SMARTEX-HF<sup>21</sup> kein Vorteil eines hochintensiven Intervalltrainings gegenüber moderatem Ausdauertraining im Hinblick auf Belastbarkeitssteigerung und reversem kardialem Remodeling gesehen; absolut gesehen war die Zahl unerwünschter kardialer Ereignisse durch diese Form des Intervalltrainings sogar recht deutlich erhöht, sodass zumindest bei reduzierter Pumpfunktion eine kompetitive, hochintensive Aktivität untersagt ist (Abb. 2). Bei milden Ausprägungen gelten dagegen wieder die Überlegungen zum „Shared decision making process“; freizeitsportliches Ausdauertraining ist in jedem Fall indiziert.<sup>22</sup> Bei Genträgern ohne klinische Manifestation sind alle Sportarten möglich, jährliche Kontrollen vorausgesetzt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1901_Weblinks_jatros_kardio_1901_s24_abb2.jpg" alt="" width="1417" height="826" /></p> <h2>LVNC-Patienten</h2> <p>Die LVNC resultiert aus einer fehlenden embryonalen Rückbildung der vorwiegend linksventrikulären Muskeltrabekelstruktur, welche über Jahre verlaufend in eine Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion münden kann.<sup>7</sup> Da auch bei einem substanziellen Anteil von Leistungssportlern, besonders farbigen, eine verstärkte Trabekelbildung auftreten kann, gestaltet sich die Differenzialdiagnose auch hier häufig schwierig. Eine Studie an schwangeren Frauen hat gezeigt, dass eine verstärkte Vorlast während der Schwangerschaft zu einer prominenteren Trabekelbildung führt, was demnach vermutlich auch auf Athleten zumindest aus Ausdauersportarten übertragen werden kann.<sup>23, 24</sup> Somit ist die Entwicklung hin zu einer LVNC nur durch sorgfältig interpretierte Diagnostik (EKG, Echo, MRT) zu unterscheiden. Der Nachweis komplexer ventrikulärer Arrhythmien und einer reduzierten Pumpfunktion macht das Vorliegen einer LVNC wahrscheinlich, sodass kompetitiver Sport hier verboten ist (Abb. 3). Dagegen stellt eine alleinig verstärkte Trabekelbildung keinen Hinderungsgrund dar, selbst wenn eine LVNC als möglich erachtet wird. Moderater Freizeitsport ist in jedem Stadium erlaubt. Wie auch bei milden Formen der HCM und DCM sollten Sportarten mit umgebungsbedingter Zusatzgefahr durch Synkopen gemieden werden (z. B. Schwimmen, Tauchen, Bergsteigen, s. Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1901_Weblinks_jatros_kardio_1901_s24_abb3.jpg" alt="" width="1417" height="835" /></p> <h2>ARVC-Patienten</h2> <p>Die ARVC als bedeutsame Ursache des PHT im Sport und schwierige Differenzialdiagnose zum Sportherz stellt unter den genannten Kardiomyopathien einen Sonderfall dar.<sup>1</sup> Hier wurde für klinisch manifest Betroffene, aber auch bereits für ausschließliche genetische Mutationsträger gezeigt, dass eine intensive sportliche Aktivität sowohl Krankheitsmanifestation als auch -progress beschleunigt und zu frühzeitigen kardialen Ereignisse führt.<sup>25, 26</sup> Damit sind bei dieser Kardiomyopathieform leistungssportliche Betätigungen durchgehend kontraindiziert. Im Gegensatz dazu führten moderate, freizeitsportliche körperliche Aktivitäten nicht zu vermehrten Ereignissen gegenüber inaktiven Personen; diese sind daher erlaubt und sinnvoll.<sup>26</sup></p> <h2>Patienten mit ICD</h2> <p>Für Athleten mit ICD konnte in einer mehrjährigen Verlaufsbeobachtung gezeigt werden, dass zwar die Rate an kardialen Akutereignissen mit Schockauslösungen bei kompetitiver und freizeitsportlicher Aktivität gegenüber Ruhephasen erhöht war, sich aber dadurch keine erhöhte Mortalitätsrate ergab.<sup>18</sup> Einzig die ARVC erwies sich auch hier als signifikanter negativer Prädiktor von Schockereignissen, passend zu den oben aufgeführten neuen Erkenntnissen. Abgeleitet wurde aus der Studie, dass ein ICD zwar häufiger beim Sport auslöst, seine „Arbeit“ dann aber adäquat verrichtet. Dies mag ein Grund zur fortgesetzten Sportausübung sein; es darf allerdings nicht vergessen werden, dass kompetitiver Sport einen Trigger für rhythmologische Ereignisse darstellt, die Effektivität eines ICD aber gegebenenfalls limitiert ist und besonders inadäquate Schockabgaben stark psychisch belastend wirken können.<sup>27</sup> Primär folgt daraus, dass sich die Indikation zur Implantation eines ICD weiterhin nach medizinischen Kriterien und nicht nach dem Wunsch eines betroffenen Athleten richtet, die leistungssportliche Karriere dadurch fortsetzen zu können. Bei der HCM ist darauf hinzuweisen, dass der von der ESC vorgehaltene Risikokalkulator zur Ermittlung der Notwendigkeit einer ICD-Implantation (www.doc2. do/hcm/webHCM.html) nicht für Athletenkollektive validiert ist und daher hier formal nicht zum Einsatz kommen darf.</p> <h2>Weitere Empfehlungen</h2> <p>Als weitere Untergruppe gehen die Empfehlungen kurz auf Athleten mit isolierten abnormen EKG-Veränderungen ohne Nachweis weiterer Pathologien ein. Diesen wird unter jährlichen Verlaufskontrollen Sport jeder Intensität erlaubt. Nach einer objektiv durchlebten Myokarditis wird weiterhin eine Sportpause von 3–6 Monaten empfohlen. Die Wiederaufnahme freizeit- oder auch leistungssportlicher Aktivitäten hängt vom Verlauf einer eventuell reduzierten Pumpfunktion, von Entzündungsmarkern im Blut, EKG-Abnormitäten und dem Ausschluss höhergradiger ventrikulärer Arrhythmien ab. Wie oben bereits dargestellt, ist die langfristige Bedeutung von Myokardfibrosen nach Myokarditis noch nicht abschließend geklärt; eine Fortsetzung kompetitiven Sports wird aktuell unter der Voraussetzung anfangs halb-, im Verlauf jährlicher rhythmologischer Kontrollen erlaubt. Für die reine Perikarditis gelten ähnliche Empfehlungen, wobei der Zeitraum der Sportpause je nach klinischem Verlauf und Befunden auf 1–3 Monate begrenzt wird. Fällt akzidentell ein kleiner Perikarderguss ohne jegliche weitere Zeichen einer floriden Entzündung auf, wie dies im Alltag nicht selten geschieht, wird kein Leistungsportverbot ausgesprochen. Solche Phänomene dürften zum Teil auch der immer besser werdenden Technik geschuldet sein, bedürfen aber einer zumindest periodischen Nachkontrolle.<br /> Limitierend sei erwähnt, dass die Empfehlungen nur sehr allgemein auf erlaubte sportliche Aktivitäten eingehen und z. B. nicht explizit zwischen unterschiedlichen Disziplinen unterscheiden. Dies steht im Gegensatz zu den früheren Arbeiten, die sich, orientierend an der früher gängigen Mitchell- Klassifikation, zu dynamischen und statischen Sportart-Anteilen teils präziser geäußert haben.<sup>14</sup> Die naheliegende und häufig geführte Diskussion, ab welcher Form und Intensität einer Sportausübung von „Leistungssport“ gesprochen werden kann und wie „Freizeitsport“ genau zu definieren ist, wird auch in diesen Empfehlungen nicht präzise beantwortet. Es dürfte allerdings weiterhin selbstverständlich sein, dass ein Athlet mit fortgeschrittener Kardiomyopathie vermutlich etwas sicherer Billard oder Golf spielen als an einem Triathlon teilnehmen kann. Insgesamt wird man unterscheiden müssen zwischen einem Training in höheren Intensitätsbereichen mit mehrfach wöchentlichen Einheiten und dem eindeutigen Ziel der wettbewerbsmäßigen Ausübung der betriebenen Sportart, was explizit auch ambitionierte „Freizeit“- Läufer, -Radsportler oder -Triathleten einschließt, und der überwiegend moderaten, vorwiegend gesundheitsorientierten Umsetzung körperlicher Aktivitäten. Letztere wirken sich selbst bei fortgeschrittenen, aber klinisch stabilen Kardiomyopathien positiv auf Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit und ggf. auch die Prognose aus.</p></p>
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