HFpEF: schrittweise zur Diagnose und eine erste wirksame Therapie
Autorinnen:
Dr. Christina Binder-Rodriguez
Klinische Abteilung für Kardiologie
Universitätsklinik für Innere Medizin II
Medizinische Universität Wien
E-Mail: christina.binder@meduniwien.ac.at
Prim. Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Diana Bonderman
5. Medizinische Abteilung mit Kardiologie
Klinik Favoriten
Wiener Gesundheitsverbund
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In der Diagnostik und der Therapie der HFpEF wurden in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt. Ein neuer Algorithmus hilft bei der Diagnosefindung. Und ein für Diabetes entwickeltes Medikament wird voraussichtlich erstmals eine echte Therapie für diese Patientengruppe bieten.
Keypoints
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Die Diagnostik der HFpEF beruht auf Klinik, natriuretischen Peptiden und echokardiografischen Kriterien.
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Der SGLT-2-Hemmer Empagliflozin konnte als erste medikamentöse Therapie die Prognose von HFpEF-Patienten verbessern.
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Nach seltenen Ursachen für HFpEF sollte aktiv gesucht werden, damit gegebenenfalls eine spezifische Therapie eingeleitet werden kann.
Die Herzinsuffizienz mit erhaltener Linksventrikelfuntion (HFpEF) betrifft in etwa 50% der Patienten mit Herzinsuffizienz.1 Die Sterblichkeitsrate ist bei diesen Patienten vergleichbar mit jener von Patienten mit Herzinsuffizienz mit reduzierter Linksventrikelfunktion (HFrEF).2,3 Auch die subjektive Lebensqualität ist bei Patienten mit HFpEF ähnlich wie bei HFrEF-Patienten deutlich reduziert.4
Diagnostik der HFpEF
Die Diagnose der HFpEF beruht auf drei Säulen:5
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Klinik: Patienten präsentieren sich mit Zeichen und Symptomen einer Herzinsuffizienz. Dies sind Dyspnoe und eingeschränkte Leistungsfähigkeit. In späteren Stadien entwickeln die Patienten häufig Beinödeme. Frauen sind etwa doppelt so oft betroffen wie Männer.
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Kardiale Biomarker: Laborchemisch ist die HFpEF durch ein erhöhtes NT-pro-BNP („N-terminal pro brain natriuretic peptide“) mit Werten >125pg/ml definiert.
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Echokardiografie: Zwei echokardiografische Kriterien müssen für die Diagnose der HFpEF erfüllt sein – eine linksventrikuläre (LV) Auswurffraktion ≥50% sowie der Nachweis einer diastolischen Dysfunktion und/oder einer strukturellen Herzerkrankung. Letztere wird definiert als eine LV-Hypertrophie oder Vergrößerung des linken Vorhofs (LA).
HFA-PEFF-Algorithmus
Zur Erleichterung der Diagnosefindung wurde 2019 von Pieske et al. der HFA-PEFF-Algorithmus entwickelt.6 Dieser gibt einen klinischen Leitfaden in 4 diagnostischen Schritten an:
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Schritt („pretest assessment“): beinhaltet die Anamnese inklusive Symptomerhebung und Begleiterkrankungen sowie EKG, kardiale Biomarker, (Standard-)Echokardiografie und Beurteilung der Leistungsfähigkeit mittels Ergometrie oder 6-Minuten-Gehtest.
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Schritt („echocardiography and natriuretic peptide score“): Dabei wird der Fokus auf eine erweiterte echokardiografische und NT-proBNP-Diagnostik gelegt. Hier sollten vor allem echokardiografische Parameter zur Evaluierung der diastolischen Dysfunktion erhoben werden. Die Parameter, die in diesen Score einfließen, zeigt Tabelle 1. Ein Score von ≥5 Punkten spricht für das Vorliegen einer HFpEF, während bei einem Score <2 Punkten eine HFpEF unwahrscheinlich ist. Im „Graubereich“ zwischen 2 und 4 Punkten soll eine weitere Diagnostik mittels Leistungstests und/oder hämodynamischer Evaluierung erfolgen.
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Schritt: dient der erweiterten Diagnostik und wird vor allem in Situationen angewandt, in denen die vorangegangenen Tests ambivalente Ergebnisse erbracht haben („functional testing in case of uncertainty“). Hierfür wird eine Stress-Echokardiografie oder eine invasive hämodynamische Messung mittels Rechtsherzkatheter empfohlen.
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Schritt: dient der Erforschung der Ätiologie der HFpEF („final aetiology“). Hier sollten vor allem Erkrankungen wie z.B. seltene hypertrophe Kardiomyopathien ausgeschlossen werden. Dies ist besonders für die Prognose und weitere Therapieplanung relevant. Multimodale Bildgebung und gegebenenfalls erweiterte Labordiagnostik inklusive genetischer Analysen kommen hier zum Einsatz.
Tab. 1: Parameter zur Evaluierung der diastolischen Dysfunktion erhoben werden (Echocardiography and Natriuretic Peptide Score)
Therapie der HFpEF
Medikamente, die mit viel Erfolg in der Therapie der Herzinsuffizienz mit reduzierter Linksventrikelfunktion (HFrEF) verwendet werden, konnten bei Patienten mit HFpEF in Studien keinen prognostischen Benefit zeigen. Weder Betablocker noch ACE-Hemmer oder Angiotensinrezeptorblocker konnten das Überleben verblänern oder die Häufigkeit von Herzinsuffizienzhospitalisierungen (HIH) reduzieren.7–9
Für Spironolacton gibt es eine nur geringgradig bessere Evidenz. Die TOPCAT-Studie (Spironolacton versus Placebo) hat zwar den primären Endpunkt (kardialer Tod oder HIH) verfehlt, ihre Daten haben jedoch darauf hingewiesen, dass Spironolacton das Auftreten von HIH verhindern könnte.10 Es gibt jedoch in den europäischen Leitlinien zur Behandlung der Herzinsuffizienz keine Empfehlung für den Einsatz von Mineralokortikoid-Antagonisten wie Spironolacton für Patienten mit HFpEF.5
Auch Sacubitril/Valsartan wurde nach dem durchschlagenden Erfolg bei HFrEF-Patienten in der HFpEF-Population in der PARAGON-HF-Studie getestet. Der kombinierte Endpunkt kardiovaskulärer Tod oder HIH wurde bei dieser Studie knapp verfehlt. Bei genauerer Betrachtung der Subgruppenanalysen zeigt sich jedoch, dass weibliche Patienten und Patienten mit niedrigerer linksventrikulärer Auswurffraktion (LVEF) möglicherweise von Sacubitril/Valsartan profitieren könnten.11 Durch die verringerte Elastizität des LV kommt es bei der HFpEF zu einem Anstieg des Füllungsdrucks und zur Entwicklung einer postkapillären pulmonalen Hypertension (PH). Als Folge des chronisch erhöhten Drucks im Lungenkreislauf kommt es bei einigen Patienten zu einem Remodeling der pulmonalen Gefäße. Dadurch kann sich eine zusätzliche präkapilläre Komponente des Lungenhochdrucks ausbilden.
Der HFpEF-assoziierte Lungenhochdruck stellt einen weiteren Ansatzpunkt in der Therapie dieser Patienten dar. Leider haben auch die meisten lungendruck-senkenden Medikamente, die bei anderen PH-Subgruppen erfolgreich eingesetzt werden, bei der HFpEF-assoziierten PH nur wenig Erfolg gezeigt.12–15 Einige Studien mussten sogar wegen Sicherheitsbedenken frühzeitig abgebrochen werden. Ein Überlebensvorteil konnte bisher durch keines dieser Medikamente erzielt werden.16–18
SGLT-2 Hemmer: erste wirksame Substanz zur Verbesserung der Prognose bei HFpEF
Bis vor einigen Monaten lag der Fokus der HFpEF-Therapie ausschließlich auf der Symptomkontrolle durch den Einsatz von Diuretika und in der Behandlung von Komorbiditäten, um das kardiovaskuläre Risiko zu senken.5 Im Oktober 2021 erschien jedoch die erste eindeutig positive Phase-III-Studie bei Patienten mit HFpEF.
In der Studie EMPEROR-Preserved wurde mit einer relativen Risikoreduktion von 21% ein signifikanter prognostischer Vorteil für Patienten nachgewiesen, die mit dem SGLT-2-Hemmer Empagliflozin behandelt wurden (Abb. 1).19 SGLT-2 („sodium-glucose transporter-2“) ist ein Transportprotein, das für die Wiederaufnahme von >90% der Glukose im proximalen Tubulus der Niere verantwortlich ist. Durch eine medikamentöse Hemmung kommt es zu einer vermehrten Glukoseausscheidung und damit zu einer osmodiuretischen Wirkung. Aufgrund dieses Mechanismus wurden SGLT-2-Hemmer ursprünglich als orale Antidiabetika entwickelt und eingesetzt. Später wurde man auf zusätzliche kardio-und nephroprotektive Effekte dieser Substanzklasse aufmerksam. Obwohl nicht gänzlich geklärt ist, worauf diese beruhen, wurden SGLT-2-Inhibitoren unter anderem antifibrotische und positive hämodynamische Wirkungen zugesprochen.20,21
Abb. 1: Primärer Endpunkt der Studie EMPEROR-Preserved: Empagliflozin bewirkt eine Reduktion des relativen Risikos für das Auftreten eines Ereignisses um 21%. Der primäre Endpunkt war zusammengesetzt aus kardiovaskulärem Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz. Der Effekt beruht hauptsächlich auf einem geringeren Risiko für eine Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz in der Empagliflozin-Gruppe
In der EMPEROR-Preserved-Studie waren die positiven Effekte in allen Subgruppen nachweisbar – auch bei Patienten ohne bekannten Diabetes mellitus. Empagliflozin wurde allgemein gut vertragen, insbesondere kam es in der Behandlungsgruppe zu keinen vermehrten Hypoglykämien. Weiters konnte eine nephroprotektive Wirkung durch eine Verlangsamung der Abnahme der Nierenfunktion gezeigt werden.
Es ist anzunehmen, dass SGLT-2-Inhibitoren zur Therapie der HFpEF in Zukunft in den internationalen Behandlungsleitlinien einen wichtigen Platz einnehmen werden.
Literatur:
1 Oktay AA et al.: The emerging epidemic of heart failure with preserved ejection fraction. Current heart failure reports 2013; 10(4): 401-10 2 Owan TE et al.: Trends in prevalence and outcome of heart failure with preserved ejection fraction. N Engl J Med 2006; 355(3): 251-59 3 The survival of patients with heart failure with preserved or reduced left ventricular ejection fraction: an individual patient data meta-analysis. Eur Heart J 2012; 33(14): 1750-57 4 Lewis EF et al.: Characterization of health-related quality of life in heart failure patients with preserved versus low ejection fraction in CHARM. Heart Fail 2007; 9(1): 83-91 5 McDonagh TA et al.: 2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure: Developed by the Task Force for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure of the European Society of Cardiology (ESC) with the special contribution of the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur Heart J 2021; 42(36): 3599-726 6 Pieske B et al.: How to diagnose heart failure with preserved ejection fraction: the HFA–PEFF diagnostic algorithm: a consensus recommendation from the Heart Failure Association (HFA) of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Heart J 2019; 40(40): 3297-317 7 Cleland JG et al.: The perindopril in elderly people with chronic heart failure (PEP-CHF) study. Eur Heart J 2006; 27(19): 2338-45 8 Yusuf S et al.: Effects of candesartan in patients with chronic heart failure and preserved left-ventricular ejection fraction: the CHARM-Preserved Trial. Lancet 2003; 362(9386): 777-81 9 Massie BM et al.: Irbesartan in patients with heart failure and preserved ejection fraction. N Engl J Med 2008; 359(23): 2456-67 10 Pitt B et al.: Spironolactone for heart failure with preserved ejection fraction. N Engl J Med 2014; 370(15): 1383-92 11 Solomon SD et al.: Angiotensin–neprilysin inhibition in heart failure with preserved ejection fraction. N Engl J Med 2019; 381(17): 1609-20 12 Redfield MM et al.: Effect of Phosphodiesterase-5 inhibition on exercise capacity and clinical status in heart failure with preserved ejection fraction: a randomized clinical trial. JAMA 2013; 309(12): 1268-77 13 Bonderman D et al.: Riociguat for patients with pulmonary hypertension caused by systolic left ventricular dysfunction: a phase IIb double-blind, randomized, placebo-controlled, dose-ranging hemodynamic study. Circulation 2013; 128(5): 502-11 14 Bonderman D et al.: Acute hemodynamic effects of riociguat in patients with pulmonary hypertension associated with diastolic heart failure (DILATE-1): a randomized, double-blind, placebo-controlled, single-dose study. Chest 2014; 146(5): 1274-85 15 Pieske B et al.: Vericiguat in patients with worsening chronic heart failure and preserved ejection fraction: results of the SOluble guanylate Cyclase stimulatoR in heArT failurE patientS with PRESERVED EF (SOCRATES-PRESERVED) study. Eur Heart J 2017; 38(15): 1119-27 16 Belyavskiy E et al.: Phosphodiesterase 5 inhibitor sildenafil in patients with heart failure with preserved ejection fraction and combined pre- and postcapillary pulmonary hypertension: a randomized open-label pilot study. BMC Cardiovasc Disord 2020; 20(1): 408 17 Califf RM et al.: A randomized controlled trial of epoprostenol therapy for severe congestive heart failure: The Flolan International Randomized Survival Trial (FIRST). Am Heart J 1997; 134(1): 44-54 18 Koller B et al.: Pilot study of endothelin receptor blockade in heart failure with diastolic dysfunction and pulmonary hypertension (BADDHY-Trial). Heart, lung & circulation 2017; 26(5): 433-41 19 Anker SD et al.: Empagliflozin in heart failure with a preserved ejection fraction. N Engl J Med 2021; 385(16): 1451-61 20 Dutka M et al.: Sodium glucose cotransporter 2 inhibitors: mechanisms of action in heart failure. Heart Failure Rev 2021; 26(3): 603-22 21 Rosano G et al.: Sodium-glucose co-transporter 2 inhibitors in heart failure: recent data and implications for practice. Card Fail Rev 2020; 6: e31
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