Resultate aus einer longitudinalen Kohortenstudie

Kardiopulmonale Langzeitfolgen

SARS-CoV-2 führte zu einer globalen Gesundheitskrise und stellte die Gesundheitssysteme vor erhebliche Herausforderungen.1Wurde Covid-19 ursprünglich als Atemwegserkrankung betrachtet, stellte sich rasch heraus, dass es sich dabei um ein multisystemisches Krankheitsbild handelt. Neben den akuten Symptomen wurde zunehmend die Bedeutung langfristiger Folgen erkannt.

Keypoints

  • Long Covid ist ein häufiges Krankheitsbild, welches sich in den meisten Fällen innerhalb des ersten Jahres nach Infektion bessert. Die Prävalenz und Ausprägung sind stark von der vorherrschenden SARS-CoV-2-Variante abhängig.

  • Bezüglich Risikofaktoren für die Entwicklung von Long Covid spielt die Schwere des akuten Krankheitsverlaufs die größte Rolle.

  • Kardiovaskuläre Beteiligungen treten seltener auf als zu Beginn der Pandemie befürchtet und bilden sich meist gut und vollständig zurück.

  • Der diagnostische Nachweis der Symptomatik, insbesondere der Fatigue, stellt eine Herausforderung dar.

Long Covid

Nach dem Rückgang der Pandemie bleibt Long Covid nach wie vor ein globales Problem, dasschätzungsweise 65 Millionen Menschenbetrifft.2Unter Long Covid werdenüber zwei Monateanhaltende Symptome zusammengefasst, die innerhalb von drei Monaten nach Infektion auftreten und nicht durch andere zugrunde liegende Erkrankungen erklärt werden können.3 Zu den häufigsten Symptomen zählen Fatigue und Dyspnoe. Risikofaktoren umfassen einen hohen Body-Mass-Index, fortgeschrittenes Alter, weibliches Geschlecht und eine initial schwere Covid-19-Infektion.4,5 Trotz der raschen Entwicklung und Verbreitung hochwirksamer Impfstoffe, die das Risiko einer Hospitalisierung, Intensivstationspflichtigkeit und Letalität um mehr als 90% gesenkt und auch die Prävalenz von Long Covid deutlich verringert haben, leiden nach wie vor viele Menschen unter anhaltenden Symptomen.6–9 Frühere Untersuchungen ergaben eine Inzidenz von Long Covid von 60% bis 70% sechs Monate nach einem Krankenhausaufenthalt aufgrund einer schweren Covid-19-Infektion mit im Verlauf abnehmender Inzidenz von 40% bis 50% nach zwölf Monaten.10–13 Mit der Fatigue als häufigstem Symptom, aber über 200 verschiedenen Manifestationen mit Beteiligung vieler Organe14,15 bleibt die Korrelation der Symptome mit den jeweiligen zugrundeliegenden Pathologien eine Herausforderung.16 Zudem hat das Auftreten unterschiedlicher SARS-CoV-2-Varianten zu unterschiedlichen Symptomatiken, Schweregraden und Inzidenzen an Long Covid geführt.

Kardio-pulmonale Beteiligung akut und chronisch

Das kardiale ist neben dem respiratorischen System in den Vordergrund gerückt, da es sowohl in der akuten als auch in der langfristigen Phase von Covid-19 betroffen ist. Frühe Untersuchungen wiesen auf eine kardiale Beteiligung bei 20% bis 40% in der akuten Phase hin, gekennzeichnet durch erhöhte Troponinwerte, eine reduzierte linksventrikuläre Funktion, Myokarditis und Perikarditis.17–20 Außerdem ist bekannt, dass kardiovaskuläre Komorbiditäten das Risiko für eine schwere Covid-19-Infektion erhöhen und zu einer schlechteren Prognose führen.21

Zum Beispiel zeigte eine Studie, dass die Sterberate bei Patienten mit erhöhten hochsensitiven Troponinwerten signifikant höher war (28,6% während des Krankenhausaufenthalts, 32,2% bei der Nachuntersuchung nach 6 Monaten und 33,2% bei der Nachuntersuchung nach 12 Monaten) im Vergleich zu Patienten mit normalen Troponinwerten (4,1% während des Krankenhausaufenthalts, 4,9% bei der Nachuntersuchung nach 6 Monaten und 4,9% bei der Nachuntersuchung nach 12 Monaten).22

Forschungsbedarf und Studienziel

Obwohl viel über die Langzeitfolgen von Covid-19 geforscht wurde, bleibt weiterhin unklar, wie viele Patienten langfristige kardio-pulmonale Einschränkungen aufweisen und wie sich diese über die Zeit verändern. Deshalb haben wir es uns zum Ziel gesetzt, in unserer longitudinalen Kohortenstudie eine umfassende Analyse von Symptomen und potenziellen langfristigen Beeinträchtigungen 6 und 18 Monate nach der Hospitalisierung zu präsentieren, um mehr über den Zusammenhang zwischen anhaltenden Symptomen und strukturellen Veränderungen im kardiorespiratorischen System herauszufinden.

Publikationen und Resultate

Bisher wurden zwei Publikationen aus unserer Studie veröffentlicht, eine über die erste Studienvisite 6 Monate nach der initialen Covid-19-Infektion16 und die zweite über die zweite Studienvisite 18 Monate nach dem akuten Infektereignis.23 Ein drittes Manuskript, welches die Ergebnisse 30 Monate nach der Hospitalisierung beschreibt, ist in Vorbereitung. Unser Register umfasste 200 Patienten mit PCR-bestätigter Covid-19-Infektion, die zwischen Februar 2020 und Oktober 2021 hospitalisiert wurden. Die Patienten wurden zwischen Juli 2020 und April 2022 telefonisch zu 2 Studienvisiten eingeladen, die 6 und 18 Monate nach der Krankenhausentlassung durchgeführt wurden, um das Vorhandensein und den Verlauf der kardio-pulmonalen Langzeitfolgen von Covid-19 zu erforschen.

Die Patienten waren entweder auf einer Normalstation (91%, n=182) oder auf einer Intensivstation (9%, n=18) in unserer spezialisierten Covid-19-Einheit hospitalisiert worden. Allen Studienteilnehmern wurde ein umfassendes kardiopulmonales Follow-up angeboten, inklusive körperlicher Untersuchung, 6-Minuten-Gehtest (6MWT), Labor mit Bestimmung von N-terminalem natriuretischem Peptid (NT-proBNP) und TroponinT, transthorakaler Echokardiografie (TTE), kardialer Magnetresonanztomografie (cMRT), Lungenfunktionstest (PFT) und Thorax-Computertomografie (CT). Während des zweiten Nachsorgetermins nach 18 Monaten wurden Patienten, die beim ersten Studienbesuch keine Pathologien gezeigt oder weitere Nachuntersuchungen abgelehnt hatten, telefonisch kontaktiert, um den weiteren Symptomverlauf zu erfragen (n=46). Bei Patienten, die beim ersten Studienbesuch Pathologien aufgewiesen hatten, wurden Labor, TTE und 6MWT wiederholt (n=124). CTs, cMRI und PFT wurden ausschließlich bei jenen Patienten durchgeführt, die während des ersten Studienbesuches Pathologien aufgewiesen hatten.

Die Studie ergab folgende Resultate:

Kardiale Manifestationen, die durch eine TTE und cMRT detektiert wurden, traten seltener auf als zu Beginn der Pandemie befürchtet und bildeten sich größtenteils im Laufe der Zeit zurück (Abb. 1). Die TTE identifizierte eine reduzierte linksventrikuläre Funktion bei 8% der Patienten nach 6 Monaten, was mit den Ergebnissen einer früheren Studie übereinstimmt, die bei symptomatischen Patienten eine Rate von 10% fünf Monate nach der Infektion feststellte.24 cMRT identifizierte milde Perikardergüsse bei 17% der überwiegend asymptomatischen Patienten. Bei mehr als der Hälfte der Patienten zeigte sich im Follow-up-cMRT eine Rückbildung des Perikardergusses, was auf eine entzündliche und nicht infektiöse Ätiologie hindeutet. Die Inzidenz von Perikarditis oder Myokarditis betrug 5% nach 6 Monaten, war aber in nachfolgenden cMRTs vollständig regredient, was eine kausale Beziehung zu Covid-19 unterstützt. Interessanterweise konnte keine Assoziation zwischen Symptomen und Pathologien in der Bildgebung festgestellt werden.

Pulmonale Manifestationen, die durch Thorax-CTs detektiert wurden, zeigten postinfektiöse Veränderungen bei einem Viertel der Patienten nach 6 Monaten, überwiegend waren es bilaterale Milchglasinfiltrate. Nachfolge-CTs zeigten eine Umwandlung in Konsolidierungen und Fibrosierungen, wobei nur 23% der betroffenen Patienten nach 18 Monaten eine vollständige Remission zeigten. Bei allen anderen kam es zu einer Transformation zu narbigen Fibrosierungen. Auffällig war, dass diese Veränderungen nicht mit einer Einschränkung der Lungenfunktion einhergingen, was mit einer zuvor durchgeführten Studie übereinstimmt.25

Abb. 1: Kardiale und pulmonale strukturelle und funktionelle Veränderungen 6 und 18 Monate nach Covid-19.In der Mitte ist jeweils der Prozentsatz der Patienten dargestellt, die nach vorhergegangenen Auffälligkeiten zur Kontrolle erschienen(grauer Kreis)

Die meisten Patienten litten auch 6 Monate nach der Entlassung noch an mindestens einem Symptom, wobei 73% die Kriterien für Long Covid erfüllten (Abb. 2). Nach 18 Monaten war dieser Wert auf 52% gesunken, wobei Fatigue und Belastungsdyspnoe die häufigsten Symptome zu beiden Zeitpunkten waren. Diese Erkenntnisse decken sich mit bereits publizierten Studien.12,14,15,26

Abb. 2: Spektrum der Symptome bei LongCovid 6 und 18 Monate nach der Entlassung im Verhältnis zu den akuten Symptomen während des Index-Krankenhausaufenthalts

Der einzige prädiktive Risikofaktor für Long Covid nach 6 Monaten war die Dauer des initialen Krankenhausaufenthalts, stellvertretend für die Schwere der initialen Infektion. Weder Auffälligkeiten im Thorax-CT noch eine eingeschränkte Lungenfunktion korrelierten mit der angegebenen Dyspnoe, während Adipositas und ein reduzierter „global longitudinal strain“sehr wohl eine Korrelation aufwiesen. Das führende Symptom Fatigue korrelierte mit der Dauer des initialen Krankenhausaufenthalts, was mittels unserer Diagnostik nicht zu objektivieren war.

Konklusion

Unsere Studie hat dazu beigetragen, das breite Spektrum der langfristigen kardialen und pulmonalen Auswirkungen von SARS-CoV-2 zu charakterisieren. Während sich die meisten funktionellen und strukturellen Abnormalitäten zurückbildeten und kardiale Folgen deutlich seltener auftraten als zu Beginn der Pandemie befürchtet, bleibt es schwierig, die auftretenden Symptome anhand von der durchgeführten kardiopulmonalen Diagnostik nachzuvollziehen.

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