Kardiovaskuläre Risikoreduktion: DANCANVAS, COURAGE & REDUCE-IT
Bericht: Reno Barth
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Die Reduktion des individuellen kardiovaskulären Risikos beruht nach wie vor auf wenigen Parametern und daraus entwickelten Scores. Die Zukunft könnte besseren Screening-Verfahren gehören, u.a. biochemischen Markern und funktionellem Imaging.
Es wäre in der Tat ideal, so Prof. Dr. Philippe Steg (Université Paris-Cité), koronare Herzkrankheit bei asymptomatischen Patient:innen durch Screening-Maßnahmen frühzeitig erkennen und durch Intervention kardiovaskuläre Ereignisse verhindern zu können. Leider sei bislang keineswegs klar, wie dies geschehen solle. Screening auf Populationsebene hat sich als wenig sinnvoll erwiesen. In der Studie DANCAVAS brachte ein koronares CT-Screening auf Einladungsbasis keinen Benefit für die Gescreenten.1
Praktiziert werden Screenings daher auf Basis von Risikostratifizierung mit den von der ESC publizierten Risikoscores. Dieses Verfahren habe den Nachteil, so Steg, dass in bestimmten Gegenden und in höheren Altersgruppen fast alle Personen zumindest in die Risikogruppe „intermediate“ fallen und die Scores damit ihre Aussagekraft verlieren. Voruntersuchungen wie Karotis-Ultraschall oder Kalzium-Score könnten die Treffsicherheit der CT-Angiografie erhöhen. Der prognostische Wert des Kalzium-Scores für koronare Ereignisse wurde in Studien nachgewiesen.2
Es sei also möglich, mit dem Kalzium-Score aus der großen Gruppe mit mittlerem Risiko die echten Hochrisikopatient:innen zu identifizieren. Doch auch dann stelle sich die Frage nach dem weiteren Vorgehen. Steg: „Die ESC-Leitlinien schlagen einen komplexen Algorithmus vor. Es ist fraglich, ob man so viel Aufwand braucht, um Statine und Antihypertensiva zu verschreiben.“ Wer es genauer wissen will, könne eine CT-Angiografie oder eine kardiale MRT veranlassen. Mit diesen Verfahren lässt sich das individuelle Risiko noch genauer quantifizieren, womit sich die Frage nach dem Sinn des Aufwands stelle, so Steg – denn es liegt keine Evidenz vor, wie mit asymptomatischen Läsionen in den Koronarien verfahren werden soll.
Konservative Therapien (Blutdruck- und Lipidsenkung etc.) sind bei diesen Patient:innen zweifellos indiziert, so Steg. Invasives Vorgehen ist aber fraglich und führt zu Interventionen, die Steg als „drive-by angioplasty“ bezeichnet, die nicht durch Evidenz gestützt wird.3 In der Studie COURAGE war z.B. Revaskularisierung vs. optimierte konservative Therapie bei asymptomatischen Patient:innen nicht überlegen.4 Steg: „Kosten, Risiko und Beschwerden, aber kein Benefit.“
Die fehlenden Erfolge könnten daraus resultieren, dass bei derartigen Interventionen auf Verdacht vor allem große Plaques behandelt werden, die den Blutfluss deutlich einschränken. Mittlerweile gebe es jedoch Hinweise, dass kardiovaskuläre Ereignisse zumeist von kleineren, weniger obstruktiven, aber dafür instabilen Plaques ausgehen.5
Die Frage sei also, wie sich diese Läsionen detektieren und optimal behandeln lassen. Der Weg dorthin werde über erweiterte Risiko-Scores führen, die mannigfaltige genetische und molekulare Informationen einschließen und mit dem Einsatz von KI verbessert werden können.6 Auch funktionales Imaging wird eine Rolle spielen, ist Steg überzeugt.
REDUCE-IT: Blick auf„smalldense“ LDL-Cholesterin
Neben invasiven Ansätzen könnten jedoch vor allem innovative konservative Therapien in Zukunft wichtig in der Prävention kardiovaskulärer Ereignisse sein. In diesem Sinne wurde in derselben Session des ESC 2024 eine Analyse der Studie REDUCE-IT präsentiert. In REDUCE-IT wurde in einer Population mit deutlich erhöhten Triglyzeridwerten mit Icosapent-Ethyl, einer Formulierung von Eicosa-Pentaen-Säure (EPA), eine Verringerung kardiovaskulärer Ereignisse um rund 25% beobachtet.7
Dr. Rahul Aggarwal (Brigham and Women’s Hospital der Harvard Medical School) präsentierte nun eine Auswertung der REDUCE-IT-Daten in Zusammenhang mit den „small dense“ (sd)LDL-Cholesterin-Werten in den Verum- und Placebogruppen. Sie ergab, dass in der Placebogruppe das Risiko bei erhöhtem Ausgangswert von sdLDL-C konstant höher war als bei normalen sdLDL-C-Werten. Unter Icosapent-Ethyl verschwand diese Korrelation, und das Risiko, den primären Endpunkt MACE zu erreichen, war unabhängig vom sdLDL-C-Spiegel niedriger als unter Placebo. Dies bedeutete einen deutlicheren Therapieeffekt bei einem erhöhten sdLDL-C-Wert von mindestens 46mg/dl. In dieser Patient:innengruppe reduzierte Icosapent-Ethyl das MACE-Risiko um 42%.8
Quelle:
ESC 2024 Österreich, Session „Identification and risk stratification of relevant coronary artery disease in clinical practice“, 31.8.2024, London, Großbritannien
Literatur:
1 Lindholt JS et al.: N Engl J Med 2022; 387(15): 1385-94 2 Go AS et al.: Circulation 2014; 129(3): e28-92 3 Knuuti J et al.: 2019 ESC Guidelines for the diagnosis and management of chronic coronary syndromes. Eur Heart J 2020; 41(3): 407-77 4 Boden WE et al.: N Engl J Med 2007; 356(15): 1503-16 5 Falk E et al.: Circulation 1995; 92(3): 657-71 6 Marston NA et al.: JAMA Cardiol 2023; 8(2): 130-7 7 Bhatt DL et al.: N Engl J Med 2019; 380(1): 11-22 8 Aggarwal R et al.: presented at ESC 2024
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