Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten bei organübergreifenden Erkrankungen
Autorin:
Priv.-Doz. Dr. Dr. Katharina Dörr, MBA
1. Medizinische Abteilung
Innere Medizin mit Kardiologie und Intensivmedizin
Klinik Donaustadt, Wien
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Neue Studien zeigen, dass Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten wie Finerenon nicht nur die Nieren schützen, sondern auch kardiovaskuläre Risiken erheblich senken können. Die enge Verbindung zwischen Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen ist daher nicht nur medizinisch bedeutsam, sondern birgt auch therapeutische Herausforderungen.
Keypoints
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Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen beeinflussen sich wechselseitig und erfordern integrative therapeutische Ansätze.
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Die Überaktivierung des Mineralokortikoidrezeptors (MR) fördert die Progression sowohlder CKD als auch kardiovaskulärer Ereignisse wie Herzinsuffizienz.
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Studien zeigen, dass Finerenon die Progression der CKD signifikantverlangsamt und kardiovaskuläre Ereignisse, besonders bei Patienten mit Typ-2-Diabetes, reduziert.
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Finerenon bietet vielversprechende Vorteile für Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF), insbesondere bei gleichzeitiger CKD.
Die Wechselwirkungen zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Nierenerkrankungen sind ein zentraler Bestandteil der modernen Medizin. Beide Systeme sind eng miteinander verknüpft und beeinflussen sich wechselseitig. Patienten, die an chronischen Nierenerkrankungen (CKD) leiden, weisen ein signifikant erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, insbesondere Herzinsuffizienz (HI), auf. Umgekehrt erhöht das Vorliegen einer kardiovaskulären Erkrankung die Wahrscheinlichkeit für eine Verschlechterung der Nierenfunktion. Dieser bidirektionale Zusammenhang führt zu einer erheblichen Belastung für die Patienten und erfordert komplexe therapeutische Ansätze.
Ein wesentlicher Faktor, der in beiden Krankheitsbildern eine zentrale Rolle spielt, ist die Überaktivierung des Mineralokortikoidrezeptors (MR). Dies hat dazu geführt, dass Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten (MRA), wie Finerenon, in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Forschung und Therapie gerückt sind. MRA blockieren die negativen Auswirkungen einer übermäßigen MR-Aktivierung und haben sich als wirksame Medikamente zur Reduktion der Progression von CKD sowie der kardiovaskulären Ereignisse erwiesen.
Die pathophysiologische Verknüpfung von Herz und Niere
Die enge Beziehung zwischen Nieren- und Herzerkrankungen ist gut dokumentiert. Die Nieren sind entscheidend für die Regulation des Blutdrucks und der Elektrolythomöostase. Eine eingeschränkte Nierenfunktion führt zu Störungen des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts, was die Arbeitslast des Herzens erhöht und letztlich zu kardiovaskulären Komplikationen, insbesondere Herzinsuffizienz, führen kann. Umgekehrt führt eine Herzinsuffizienz zu einer verminderten Durchblutung der Nieren, was die Nierenfunktion beeinträchtigt und zur Progression einer CKD beitragen kann.
Die Rolle des Mineralokortikoidrezeptors (MR) ist hierbei von zentraler Bedeutung. Der MR ist ein nukleärer Rezeptor, der in verschiedenen Geweben, einschließlich Nieren, Herz, Blutgefäßen und Gehirn, vorkommt. Eine übermäßige Aktivierung des MR ist mit Entzündungsprozessen, Fibrosebildung und einer gestörten Funktion dieser Organe verbunden. Dies fördert nicht nur die Progression von CKD, sondern auch die Progression einer Herzinsuffizienz.
Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten (MRA) als therapeutische Option
Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten, insbesondere Finerenon, haben sich als effektive Medikamente erwiesen, um die schädlichen Auswirkungen der MR-Überaktivierung zu verhindern. Während traditionelle MRAs wie Spironolacton und Eplerenon in der Behandlung von Herzinsuffizienz eingesetzt wurden, zeigte Finerenon in mehreren klinischen Studien herausragende Ergebnisse, insbesondere bei Patienten mit CKD und Typ-2-Diabetes.
Studienlage zu Finerenon
Die Wirksamkeit von Finerenon wurde in mehreren großen Studien untersucht, darunter FIDELIO-DKD, FIGARO-DKD, FIDELITY, FINEARTS-HF und FINE-HEART.
FIDELIO-DKD-Studie
Diese wegweisende Studie zeigte, dass Finerenon signifikant die Progression der CKD bei Patienten mit Typ-2-Diabetes reduzieren kann. Darüber hinaus konnte ein Rückgang der Häufigkeit kardiovaskulärer Ereignisse, wie Herzinfarkt und Schlaganfall, beobachtet werden. Diese Ergebnisse belegen, dass Finerenon sowohl nierenprotektive als auch kardioprotektive Eigenschaften hat.1
FIGARO-DKD-Studie
Die FIGARO-DKD-Studie bestätigte die Ergebnisse der FIDELIO-DKD-Studie. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass Finerenon die Albuminausscheidung in der Niere reduziert, was ein wichtiger Marker für die Progression der CKD ist. Die Reduktion der Albuminurie stellt einen wesentlichen Aspekt der nephroprotektiven Wirkung von Finerenon dar.2
FIDELITY-Studie
In dieser Metaanalyse der FIDELIO- und FIGARO-DKD-Studien wurde gezeigt, dass Finerenon bei Patienten mit CKD und Typ-2-Diabetes mit Albuminurie effektiv ist. Die Ergebnisse zeigten eine konsistente Reduktion der Zahl kardiovaskulärer Ereignisse und eine Verlangsamung des Fortschreitens der Nierenerkrankung.3
FINEARTS-HF-Studie
Diese Studie untersuchte die Auswirkungen von Finerenon auf Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF). HFpEF ist eine häufige Form der Herzinsuffizienz, die insbesondere bei Patienten mit CKD auftritt und mit erhöhter Morbidität und Mortalität einhergeht. Die Ergebnisse der FINEARTS-HF-Studie zeigten, dass Finerenon das Risiko für die Entwicklung von HFpEF bei CKD-Patienten signifikant senken kann.4
FINE-HEART-Analyse
Diese Analyse ergab, dass Finerenon bei Patienten mit CKD und Typ-2-Diabetes das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und die Progression der CKD verringern kann. Besonders bemerkenswert ist die positive Wirkung von Finerenon auf die Nierenfunktion und die Prognose von Herzinsuffizienz bei CKD-Patienten.5
Die Rolle von Finerenon bei HFpEF
HFpEF (Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion) stellt eine bedeutende klinische Herausforderung dar, insbesondere bei Patienten mit CKD. Diese Form der Herzinsuffizienz ist mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität verbunden und betrifft vor allem ältere Patienten sowie Menschen mit Diabetes. Bei HFpEF bleibt die Pumpfunktion des Herzens erhalten, jedoch kommt es zu einer Steifheit des Herzmuskels, was zu einer ineffektiven Füllung des Herzens führt. Die Pathophysiologie von HFpEF ist komplex und beinhaltet Entzündungen und Fibrosebildung, Prozesse, die stark mit einer Überaktivierung des MR verbunden sind.
Die FINEARTS-HF-Studie hat gezeigt, dass Finerenon das Risiko für das Auftreten von HFpEF bei Patienten mit CKD und Typ-2-Diabetes signifikant reduzieren kann. Dies ist besonders relevant, da Patienten mit HFpEF und CKD häufig wenige therapeutische Optionen haben. Die anti-inflammatorischen und antifibrotischen Eigenschaften von Finerenon scheinen hierbei eine Schlüsselrolle zu spielen.
Zusammenfassung und Ausblick
Die enge Beziehung zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Nierenerkrankungen stellt sowohl für Patienten als auch für Ärzte eine erhebliche Herausforderung dar. Eine übermäßige Aktivierung des Mineralokortikoidrezeptors spielt in der Pathophysiologie beider Erkrankungen eine zentrale Rolle. Die Einführung von Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten wie Finerenon bietet einen vielversprechenden therapeutischen Ansatz, um sowohl die Progression der CKD als auch das Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen zu reduzieren.
Die Ergebnisse der Studien FIDELIO-DKD, FIGARO-DKD, FIDELITY, FINEARTS-HF und FINE-HEART zeigen, dass Finerenon das Potenzial hat, die Prognose von Patienten mit CKD und Typ-2-Diabetes signifikant zu verbessern. Besonders hervorzuheben ist die Rolle von Finerenon bei der Behandlung von HFpEF, einer häufigen und schwer zu behandelnden Komplikation bei CKD-Patienten.
Zukünftige Forschungsarbeiten sollten sich auf die langfristigen Auswirkungen der Behandlung mit Finerenon konzentrieren, insbesondere auf verschiedene Untergruppen von Patienten, um die therapeutischen Möglichkeiten weiter zu optimieren. Es bleibt zu hoffen, dass die erfolgreiche Implementierung von Finerenon in die klinische Praxis die Lebensqualität und das Überleben von Patienten mit CKD und kardiovaskulären Erkrankungen erheblich verbessern kann.
Literatur:
1 Bakris GL et al.: Effect of Finerenone on chronic kidney disease outcomes in type 2 diabetes. N Engl J Med 2020; 383(23): 2219-29 2 Pitt B et al.: Cardiovascular events with Finerenone in kidney disease and type 2 diabetes. N Engl J Med 2021; 385(24): 2252-63 3 Agarwal R et al.: Cardiovascular and kidney outcomes with Finerenone in patients with type 2 diabetes and chronic kidney disease: the FIDELITY pooled analysis. Eur Heart J 2022; 43(6): 474-84 4 Solomon SD et al.: Finerenone in heart failure with mildly reduced or preserved ejection fraction. N Engl J Med 2024; doi:10.1056/NEJMoa2407107 5 Vaduganathan M et al.: Finerenone in heart failure and chronic kidney disease with type 2 diabetes: FINE-HEART pooled analysis of cardiovascular, kidney and mortality outcomes. Nat Med 2024; doi: 10.1038/s41591-024-03264-4
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