Moderne Lipidtherapie zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse
Autorin:
Dr. Maria Noflatscher, PhD
Abteilung für Kardiologie
Medizinische Universität Innsbruck Tirol Kliniken
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Die moderne Lipidtherapie bietet innovative Ansätze zur effektiven Prävention kardiovaskulärer Ereignisse. Durch gezielte Interventionen können Risikofaktoren kontrolliert und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen signifikant reduziert werden.
Keypoints
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Die Senkung des LDL-Cholesterins steht im Mittelpunkt der Lipidtherapie zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
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Hochintensive Statine, Ezetimib und PCSK9-Inhibitoren sind wirksame Optionen, um LDL-Cholesterinwerte zu senken und das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse zu verringern.
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Frühe Interventionen, auch bereits beim akuten Koronarsyndrom, können entscheidend sein, um das Risiko für weitere kardiovaskuläre Ereignisse zu minimieren.
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Eine individuelle Risikostratifizierung und angepasste Therapieziele sind entscheidend für den Erfolg der Lipidtherapie.
Kardiovaskuläre Erkrankungen sind die führende Todesursache in den westlichen Ländern.1 Um das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse zu senken, ist die Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren von entscheidender Bedeutung. Hypercholesterinämie, ein Risikofaktor, der zur Bildung atherosklerotischer Plaques beiträgt, spielt eine wichtige Rolle, da sich Cholesterin in der Intima der Arterienwand ansammelt. Die Lipidtherapie ist daher ein wichtiger Bestandteil der Primär- und Sekundärprophylaxe von kardiovaskulären Erkrankungen, insbesondere durch die Senkung des LDL-Cholesterins. Das LDL-Cholesterin ist einer der am besten untersuchten kardiovaskulären Risikofaktoren und seine effektive Senkung ist mit einer Verringerung kardiovaskulärer Ereignisse verbunden, insbesondere bei Patient:innen mit hohem oder sehr hohem kardiovaskulärem Risiko oder bereits bestehender atherosklerotischer Erkrankung. Daher ist die Identifizierung von Patient:innen mit hohem oder sehr hohem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse von besonderer Bedeutung, wie auch in den aktuellen Leitlinien der ESC betont wird.2
Abschätzen des individuellen Risikos
Die Einschätzung des individuellen Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse in den nächsten 10 Jahren erfolgt mittels des in den rezent publizierten Leitlinien der ESC empfohlenen SCORE-Systems, wobei eine höhere Risikoeinstufung intensivere Maßnahmen erfordert. Die Risikobewertung mittels SCORE-Systems ist ab einem Alter von 40 Jahren möglich und sollte insbesondere bei asymptomatischen Erwachsenen ohne Anzeichen von kardiovaskulären Ereignissen, Diabetes mellitus, chronischer Niereninsuffizienz, familiärer Hypercholesterinämie oder einem LDL-Cholesterinwert von >4,9mmol/l (>190mg/dl) durchgeführt werden.
Für Patient:innen mit niedrigem oder mittlerem Risiko kann die Risikoeinschätzung durch arterielle Gefäßultraschalluntersuchungen oder die Bewertung des Kalzium-Scores zusätzlich in Betracht gezogen werden, wie von den ESC-Richtlinien von 2019 erstmalig empfohlen.2
Patient:innen mit hohem oder sehr hohem Risiko sollten auf das Vorliegen bestimmter Risikofaktoren gescreent werden, und je nach Risikoeinstufung sollten bestimmte Zielwerte für das LDL-Cholesterin angestrebt werden (Abb. 1).2
Abb. 1: Therapiealgorithmus zur pharmakologischen Senkung des LDL-Cholesterins (modifiziert nach Mach F et al. 2020)2
Erreichen der LDL-Cholesterin-Zielwerte
Um diese Zielwerte zu erreichen, sind Lifestyle-Modifikationen wie eine cholesterinarme Ernährung, Gewichtsreduktion und regelmäßige körperliche Aktivität wichtig, insbesondere in der Primärprävention, da diese Maßnahmen das LDL-Cholesterin um etwa 20% senken können.Eine Statintherapie wird bei Patient:innen unter 75 Jahren je nach Risikostufe auch in der Primärprävention empfohlen. Hochintensive Statine in maximal tolerierbaren Dosen werden bevorzugt, um die Ziel-LDL-Cholesterinwerte zu erreichen. Bei Patient:innen mit akutem Koronarsyndrom, die nach 4–6 Wochen keine ausreichende Senkung des LDL-Cholesterins erreichen, wird die Zugabe von Ezetimib zur Statintherapie empfohlen. Diese Kombination kann das LDL-Cholesterin um 65% senken. Wenn trotz hochintensiver Statintherapie einschließlich Ezetimib die Zielwerte nicht erreicht werden, wird eine Kombination mit einem PCSK9-Inhibitor empfohlen, der das LDL-Cholesterin um 60% als Monotherapie bzw. bis zu 85% in der Dreifachkombination mit einem hochintensiven Statin und dem Ezetimib senken kann (Abb. 2).2
Abb. 2: Pharmakologische Senkung des LDL-Cholesterins (LDL-C) der verschiedenen Wirkstoffklassen (modifiziert nach Mach F et al. 2020)2
Die Effektivität von PCSK9-Inhibitoren wurde in verschiedenen Studien nachgewiesen, wobei eine deutliche Senkung des Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse beobachtet wurde.4,5 Eine frühe Senkung der Cholesterinwerte mit PCSK9-Inhibitoren bereits im akuten Setting beim STEMI wird in rezenten Studien ebenfalls unterstützt.6 In Kombination mit Statinen können PCSK9-Inhibitoren auch zu einer Stabilisierung und Regression von Plaques bei Patient:innen mit akutem Koronarsyndrom führen.7,8
Praxistipp
Eine umfassende Lipidtherapie erfordert eine multidisziplinäre Zusammenarbeit und eine individuelle Anpassung der Behandlung an die Risikofaktoren der Patient:innen.Alternativ zur PCSK9-Inhibition ist die RNA-Interferenz mittels Inclisiran eine vielversprechende Therapieoption, die das LDL-Cholesterin um etwa 50% senken kann.9
Die Bempedoinsäure ist eine weitere Option mit einer niedrigen Rate an Muskelerkrankungen und einer Senkung des LDL-Cholesterins um 20%.10
Bei Hypertriglyzeridämie
Für Patient:innen mit Hypertriglyzeridämie wird eine Statintherapie als erste Maßnahme empfohlen, und bei Bedarf kann eine Kombination mit n-3-PUFAs in Betracht gezogen werden.2
Messen von Lp(a)
Die Messung von Lp(a)-Werten mindestens einmal im Leben eines jeden Erwachsenen wird nun auch empfohlen, um Personen mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen aufgrund hoher vererbter Lp(a)-Werte zu identifizieren.2
Fazit
Die moderne lipidsenkende Therapie konzentriert sich auf die Primär- und Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse durch verschiedene hochintensive innovative Therapieoptionen.
Literatur:
1 Lozano R et al.: Global and regional mortality from 235 causes of death for 20 age groups in 1990 and 2010: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2010. Lancet 2012; 380(9859): 2095-128 2 Mach F et al.; ESC Scientific Document Group: 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk. Eur Heart J 2020; 41(1): 111-88 3 Roth EM, Davidson MH: PCSK9 inhibitors: mechanism of action, efficacy, and safety. Rev Cardiovasc Med 2018; 19(S1): S31-S46 4 Sabatine MS et al.: Evolocumab and clinical outcomes in patients with cardiovascular disease. N Engl J Med 2017; 376(18): 1713-22 5 Schwartz GG et al.: Alirocumab and cardiovascular outcomes after acute coronary syndrome. N Engl J Med 2018; 379(22): 2097-107 6 Mehta SR et al.: Effects of routine early treatment with PCSK9 inhibitors in patients undergoing primary percutaneous coronary intervention for ST-segment elevation myocardial infarction: a randomised, double-blind, sham-controlled trial. Eurointervention 2022; 18(11): e888-e96 7 Nicholls SJ et al.: Effect of evolocumab on coronary plaque phenotype and burden in statin-treated patients following myocardial infarction. JACC Cardiovasc Imaging 2022; 15(7): 1308-21 8 Raber L et al.: Effect of alirocumab added to high-intensity statin therapy on coronary atherosclerosis in patients with acute myocardial infarction: the PACMAN-AMI randomized clinical trial. JAMA 2022; 327(18): 1771-81 9 Ray KK et al.: Two phase 3 trials of inclisiran in patients with elevated LDL cholesterol. N Engl J Med 2020; 382(16): 1507-19 10 Nissen SE et al.: Bempedoic acid and cardiovascular outcomes in statin-intolerant patients. N Engl J Med 2023; 388(15): 1353-64
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