Troponin – ein rein kardialer Biomarker?
Autor:
Prim. Assoz. Prof. PD DDr. Peter Rainer1,2
1 Abteilung für Innere Medizin, BKH St. Johann in Tirol
2 Universitäres Herzzentrum der Medizinischen Universität Graz
E-Mail: peter.rainer@khsj.at
Kardiale Troponin-Assays haben die Diagnostik des akuten Koronarsyndroms stark verändert. Aufgrund der Sensitivität und Spezifität der Tests kann ein Nicht-ST-Hebungs-ACS frühzeitig erkannt werden und geeigntete Therapien können eingeleitet werden. Eine Troponinerhöhung spielt aber auch bei anderen Erkrankungen eine Rolle. Hier ein kurzer Überblick dazu.
Keypoints
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Kardiale Troponine sind sehr sensitive und spezifische kardiale Biomarker.
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Neben der akuten Myokardischämie können viele andere kardiale und systemische Erkrankungen zu Troponinerhöhungen führen.
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Bei fortgeschrittener chronischer Nierenerkrankung und Myopathien sind kardiale Troponine oft chronisch erhöht.
Troponine
Troponine sind Proteine, welche in Herz- und Skelettmuskelzellen den Aktin-Myosin-Querbrücken-Zyklus und damit Kontraktion ermöglichen. Troponin C bindet Kalzium, Troponin T bindet Tropomyosin und Troponin I inhibiert in Abwesenheit von Kalzium die Aktin-Myosin-Interaktion. Für Troponin I und T gibt es herzspezifische Isoformen, die diagnostisch verwendet werden.
Kardiale Troponindiagnostik
Der Einsatz von kardialen Troponin-Assays hat die Diagnostik des akuten Koronarsyndroms (ACS) stark verändert, da aufgrund ihrer Sensitivität und Spezifität die Erkennung eines Nicht-ST-Hebungs-ACS frühzeitig möglich ist. Aufgrund dessen ist die Troponinerhöhung ein diagnostisches Kriterium in der ACS-Abklärung. Die aktuellen Diagnostikalgorithmen bezüglich eines ACS können aktuell gültigen Guidelines entnommen werden.1 Wichtig ist, dass immer die Integration von Klinik, EKG und Biomarkern notwendig ist und bildgebende Befunde (z.B. Wandbewegungsstörung in der Echokardiografie) hilfreich sein können.
Außerdem spielen die kardialen Troponine eine Rolle in der Risikostratifizierung zahlreicher kardialer und systemischer Erkrankungen, so z.B. inflammatorischer Myokarderkrankungen, Kardio-Toxizität bei Krebstherapien oder Pulmonalarterienembolie.
Akuter Myokardinfarkt
Zu unterscheiden sind bei Troponinerhöhungen der akute Myokardinfarkt, eine Troponinerhöhung durch Myokardschädigung, welche nicht die Kriterien eines ACS erfüllt, und Troponinerhöhungen, welche sekundär durch nichtkardiale oder systemische Faktoren bedingt sind (Tab. 1).
Tab. 1: Beispiele für Troponinerhöhungen aufgrund von Myokardschädigung (modifiziert nach Thygesen K et al. 2019)2
Der klassische Myokardinfarkt ist der Typ-1-Infarkt, bei dem eine absolute Ischämie vorliegt – in der Regel durch Plaqueruptur und Atherothrombose. Beim Typ-2-Infarkt liegt ein Missverhältnis zwischen Sauerstoffangebot und -bedarf vor. Der Typ-3-Infarkt bezeichnet einen Infarkt im Kontext eines plötzlichen Herztodes. Der Typ-4-Infarkt ist periprozedural nach PCI definiert, der Typ-5-Infarkt im Rahmen einer koronaren Bypassoperation. Details können der Arbeit von Thygesen K et al.2 entnommen werden.
Fortgeschrittene chronische Nierenerkrankung
Patient:innen mit einer fortgeschrittenen chronischen Nierenerkrankung, insbesondere dialysepflichtige Patient:innen, haben regelhaft erhöhte Troponinwerte. Diese können durchaus auch die dynamischen Kriterien, welche für die Diagnose eines ACS angewandt werden, erfüllen. So lagen z.B. in einem kleinen österreichischen Kollektiv von Hämodialysepatient:innen die Troponin-I- oder -T-Werte um 100pg/ml.3 Das ist relevant, weil Nierenpatient:innen kardiovaskuläre Hochrisikopatient:innen sind, klinische Beschwerden in diesem Kollektiv öfter unspezifisch sind und der hämodynamische Stress einer Dialysebehandlung ischämische Ereignisse triggern kann. Auch hier gilt es die Klinik mit EKG, Bildgebung und seriellen Troponinmessungen zu integrieren.
Myopathien und/oder Rhabdomyolyse
Ein weiteres Patientenkollektiv, bei dem Troponinerhöhungen vorliegen können, sind Patient:innen mit Myopathien und/oder Rhabdomyolyse. Hier dürfte eine geringe Kreuzreaktion von Troponin-T-Assays mit Skelettmuskel-Isoformen vorliegen. Bedingt durch die große Masse an Skelettmuskel im Vergleich zu Herzmuskel (ca. 100x) kann auch eine sehr kleine Kreuzreaktivität mitunter zu erhöhten Troponinwerten führen.4,5
Fazit
Praxistipp
Troponin-Erhöhungen müssen immer im Kontext von Absolutwert, dynamischer Veränderung, Klinik und ergänzenden Befunden wie EKG und Bildgebung beurteilt werden.Zusammenfassend sind kardiale Troponine sehr sensitive und spezifische Biomarker für Myokardschädigungen und Myokardinfarkt. Neben der akuten Ischämie gibt es aber zahlreiche kardiale und nichtkardiale Gründe für eine Troponinerhöhung. Bei Patient:innen mit einer chronischen Nierenerkrankung, insbesondere bei Hämodialyse, und bei Skelettmuskelerkrankungen können Troponinwerte chronisch erhöht sein.
Literatur:
1 Byrne RA et al.: 2023 ESC Guidelines for the management of acute coronary syndromes. Eur Heart J 2023; 44(38): 3720-3826 2 Thygesen K et al: Fourth universal definition of myocardial infarction (2018). Eur Jeart J 2019; 40(3): 226 3 Kolland M et al.: Changes in cardiac troponins during hemodialysis depend on hemodialysis membrane and modality: a randomized crossover trial. Clin Kidney J 2023; 17(1): sfad297 4 Schmid J et al.: Elevated cardiac troponin T in patients with skeletal myopathies. J Am Coll Cardiolc 2018; 71(14): 1540-9 5 Schmid J et al.: Cardiac involvement in a cross-sectional cohort of myotonic dystrophies and other skeletal myopathies. ESC Heart Fail 2020; 1900-8
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