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Diagnostik und Therapie des Late-onset-Morbus-Pompe

<p class="article-intro">Die adulte Form des Morbus Pompe ist eine von etwa 40 derzeit bekannten lysosomalen Speichererkrankungen. Die verminderte Aktivität der sauren α-1,4-Glukosidase führt zu einer degenerativen Muskelerkrankung, die durch eine variable, langsam progrediente Gliedergürtel- und Atemmuskelschwäche gekennzeichnet ist. Die Erkrankung wird aufgrund der genetisch bedingten Stoffwechseldysfunktion der lysosomalen α-Glukosidase den hereditären metabolischen Myopathien zugeordnet. Mit einer regional unterschiedlichen Prävalenz von 1 : 33 000 bis 1 : 300 000 zählt sie zu den seltenen Erkrankungen, wenngleich die Dunkelziffer an nicht diagnostizierten Fällen aufgrund der hohen klinischen Variabilität relativ hoch sein dürfte.1 </p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Klinische Leitsymptome des Morbus Pompe sind in variabler Auspr&auml;gung eine proximale und axiale Muskelschw&auml;che, Skoliose und eine restriktive Ventilationsst&ouml;rung.</li> <li>Eine Enzymersatztherapie steht zur Verf&uuml;gung, die beim Auftreten von Symptomen rasch begonnen werden sollte. Eine fr&uuml;he Diagnostik ist daher notwendig.</li> <li>Eine Beteiligung der Atemmuskulatur ist h&auml;ufig und reduziert die Lebenserwartung signifikant. Eine regelm&auml;&szlig;ige Diagnostik der Atemfunktion ist notwendig zur Einleitung therapeutischer Ma&szlig;nahmen.</li> <li>Der DBS-Test ist ein kosteng&uuml;nstiger, einfacher und spezifischer Test zur Diagnostik des M. Pompe und sollte bei klinischen Hinweisen auf M. Pompe oder unklaren Myopathien regelhaft erfolgen.</li> </ul> </div> <p>&nbsp;</p> <h2>Pathogenese</h2> <p>Bei der Myopathie des adulten Morbus Pompe (&bdquo;late-onset Pompe disease&ldquo;, LOPD) kommt es aufgrund des vermindert exprimierten lysosomalen Enzyms &alpha;-1,4-Glukosidase (saure Maltase, GAA) durch reduzierten Abbau von intrazellul&auml;rem Glykogen zu dessen Speicherung und damit letztendlich irreversibel zum Muskelzelluntergang. Die Ursache sind autosomal-rezessiv vererbte Mutationen im GAA-Gen auf Chromosom 17. Glykogen ist vor allem in Muskelzellen der Skelett-, Herz- und Zwerchfellmuskulatur sowie geringf&uuml;gig in glatter Gef&auml;&szlig;muskulatur vorhanden, konnte aber auch in Vorderhornzellen und im N. phrenicus nachgewiesen werden.<sup>2</sup> Die lysosomale &alpha;-1,4-Glukosidase ist eine Hydrolase, die sowohl &alpha;-1,4- als auch &alpha;-1,6-glykosidische Bindungen hydrolysieren kann und stellt damit einen essenziellen Stoffwechselschritt im Abbauprozess des Glykogens in den Lysosomen dar. Unter physiologischen Bedingungen hydrolysiert die &alpha;-1,4-Glukosidase Glykogen zu Glukose und sorgt so f&uuml;r eine schnelle Glukose- und damit Energiebereitstellung. Bei einem Fehlen oder einer verminderten Aktivit&auml;t der &alpha;-1,4-Glukosidase erfolgt dieser Abbauprozess nicht mehr geregelt und es kommt zur exzessiven Speicherung von Glykogen.<sup>3</sup> <br />Die H&ouml;he der Restaktivit&auml;t der lysosomalen &alpha;-1,4-Glukosidase bestimmt ma&szlig;geblich den Beginn der Symptomatik und den klinischen Verlauf. Im Anfangsstadium kommt es zun&auml;chst zu einer Glykogenansammlung mit Vergr&ouml;&szlig;erung der Lysosomen und Verdr&auml;ngung gesunder Zellen, sodass die Muskelfunktion bereits eine Beeintr&auml;chtigung aufweisen kann. Im weiteren Verlauf kommt es durch fortschreitende Glykogenansammlung zur Ruptur der lysosomalen Grenzmembran und zur Zerst&ouml;rung der Lysosomen mit Freisetzung von Glykogen und anderen lysosomalen Enzymen.<sup>3</sup> In diesem Stadium findet man in der Muskelbiopsie extrazellul&auml;res Glykogen sowie eine zus&auml;tzliche schwere Zerst&ouml;rung der Muskelzellen durch autophagische Vakuolen. Klinisch besteht in dieser Phase eine schwere irreversible Myopathie.</p> <h2>Klinische Symptome und Diagnostik</h2> <p>Die klinische Diagnostik des LOPD ist durch seine variable klinische Pr&auml;sentation erschwert und weist deshalb eine lange Latenz von ca. 7&ndash;10 Jahren zwischen Symptombeginn und Diagnosesicherung auf.<sup>4</sup> Das Manifestationsalter der Erkrankung h&auml;ngt ma&szlig;geblich von der Restaktivit&auml;t des vermindert gebildeten Enzyms &alpha;-1,4-Glukosidase ab, die eine klinische Unterscheidung zwischen der kindlichen Form (&bdquo;infantile onset Pompe disease&ldquo;, IOPD) und der adulten Form erm&ouml;glicht (Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Neuro_1705_Weblinks_21_2.jpg" alt="" width="400" /><br />Bei der adulten Form k&ouml;nnen Erstsymptome auch im h&ouml;heren Lebensalter auftreten, am h&auml;ufigsten jedoch im mittleren Erwachsenenalter um das 30. Lebensjahr.<sup>5</sup> Bei etwa 75 % der Patienten liegt zu Beginn der Erkrankung ein Gliederg&uuml;rtelsyndrom vor.<sup>6</sup> Die am fr&uuml;hesten und im Verlauf am schwersten betroffenen Muskelgruppen sind die H&uuml;ftmuskeln (Gluteus- und Psoas-Muskulatur), die bei Insuffizienz Trendelenburg-Zeichen, Schw&auml;che beim Aufstehen aus dem Sitzen oder der Hocke, bei fortgeschrittener Schw&auml;che Gowers-Zeichen zeigen.<sup>7</sup> Des Weiteren fr&uuml;h betroffen sind die Abdominal- und die R&uuml;ckenstreckermuskulatur, was im fortgeschrittenen LOPD-Stadium zu einem typischen hyperlordotischen Gangbild aufgrund der Verschiebung der stabilen aufrechten Achse f&uuml;hrt. Die fr&uuml;he Beteiligung der autochthonen R&uuml;ckenmuskulatur kann zur Entwicklung einer ebenfalls typischen Skoliose oder eines Bent- bzw. Rigid-Spine-Syndroms f&uuml;hren.<sup>8</sup> Ebenso ist eine Scapula alata aufgrund von Insuffizienz der Mm. trapezii und rhomboidei ein typischer klinischer Befund.<sup>5</sup> <br />Bei 55 % der Patienten kommt im Krankheitsverlauf durch Beteiligung der muskul&auml;ren Atempumpe mit diaphragmaler Insuffizienz eine progrediente restriktive Ventilationsst&ouml;rung hinzu; bei etwa 16 % der Patienten stellt die Belastungsdyspnoe oder Orthopnoe das erste klinische Zeichen dar.<sup>5, 9, 10</sup> Unerholsamer Schlaf, Abgeschlagenheit und morgendliche Kopfschmerzen sind typische Zeichen der n&auml;chtlichen Hypoventilation im Rahmen der Atemmuskelschw&auml;che.<sup>11, 12</sup> Die fr&uuml;he Mitbeteiligung der Atemmuskulatur wird derzeit nicht allein auf die Myopathie des Zwerchfellmuskels zur&uuml;ckgef&uuml;hrt, sondern auch auf Glykogenablagerungen in Vorderhornzellen und im N. phrenicus.<sup>2</sup> Eine Beteiligung der Herzmuskulatur ist bei der Erwachsenenform nicht zu erwarten. <br />Au&szlig;erdem &ndash; wenn auch seltener &ndash; geh&ouml;rt zum klinischen Spektrum des M. Pompe eine Beteiligung der Hirnnerven, die sich in Facies myopathica, Ptosis, Zungenatrophie, Makroglossie, Dysphagie, Dysphonie und Dysarthrie, aber auch einer H&ouml;rminderung &auml;u&szlig;ern kann.<sup>5</sup><br />Im Fr&uuml;hstadium der Erkrankung ist klinisch im Allgemeinen kein ma&szlig;geblicher Verlust der Muskelmasse erkennbar, in fortgeschrittenen Stadien zeigen sich jedoch zunehmend ein Hervortreten des Abdomens durch Schw&auml;che der Abdominalmuskulatur sowie eine Atrophie der Schulterg&uuml;rtel-, H&uuml;ftg&uuml;rtel- und Oberschenkelmuskulatur mit den klinischen Zeichen einer Pectoralisfalte und Verschm&auml;chtigung der Oberschenkel- und Glutealmuskulatur. Muskelschmerzen und Muskelkr&auml;mpfe treten nur bei einem Teil der Patienten als Fr&uuml;hsymptom auf.<sup>13, 14</sup> Im Laufe der Erkrankung kann es jedoch aufgrund der zunehmenden muskul&auml;ren Dysbalance zu Fehlbelastungen mit regionalen myofaszialen Schmerzsyndromen (Pseudoradikul&auml;rsyndrome) kommen, die ein langfristiges multimodales Therapiekonzept erfordern.</p> <h2>Apparative und laborchemische Diagnostik</h2> <p><strong>Allgemeine laborchemische Diagnostik</strong> <br />Eine Erh&ouml;hung der Kreatinkinase (CK) auf das bis zu 8-Fache der Norm liegt bei &uuml;ber drei Viertel der Patienten vor,<sup>15</sup> begleitend k&ouml;nnen auch erh&ouml;hte Werte der Laktatdehydrogenase (LDH) und der Transaminasen GOT und GPT (AST und ALT) auftreten, da auch sie in den zugrunde gehenden Muskelzellen vorkommen. Bei fehlender CK-Messung kann dies eine hepatische Erkrankung suggerieren. Dennoch k&ouml;nnen ebenso normwertige CK-Werte vorkommen, wie auch &ndash; besonders nach muskul&auml;rer Belastung &ndash; deutlich erh&ouml;hte Werte &uuml;ber das 8-Fache der Norm hinaus. Ein normwertiger CK-Wert schlie&szlig;t damit das Vorliegen dieser Myopathie nicht aus.</p> <p><strong>Allgemeine apparative Diagnostik</strong> <br />In der elektromyografischen Diagnostik finden sich h&auml;ufig myogene Ver&auml;nderungen, vor allem in der rumpfnahen und paraspinalen Muskulatur, aber auch unauff&auml;llige Befunde k&ouml;nnen erhoben werden. Die Befunde reichen damit von unauff&auml;llig &uuml;ber geringe myogene Ver&auml;nderungen bis hin zum Nachweis pathologischer Spontanaktivit&auml;t in Form von positiv scharfen Wellen (psW), hochfrequenten Entladungsserien, aber auch myotonen Entladungen. Diese Befunde kommen allerdings bei einer Vielzahl von Muskelerkrankungen vor und sind nicht pathognomonisch f&uuml;r die Diagnose eines LOPD.<br /> Die Bildgebung der Muskulatur liefert wichtige Informationen &uuml;ber das Verteilungsmuster der Myopathie sowie den Erkrankungsfortschritt, sodass diese Untersuchung regelm&auml;&szlig;ig empfohlen wird, beispielsweise j&auml;hrlich Muskel-MRT der H&uuml;fte und Oberschenkel (Abb. 1). Als einfach, nicht invasiv und kosteng&uuml;nstig hat sich hier in den letzten Jahren zudem die Myosonografie etabliert, die bei dieser Myopathie eine erh&ouml;hte Echogenit&auml;t mit Verlust der Muskelfiederung aufzeigen kann.<sup>16</sup> Das Muskel-MRT liefert ebenso Informationen &uuml;ber das Ausma&szlig; und den Verteilungstyp der Muskelsch&auml;digung. Typisch ist ein fettiger Umbau bzw. bindegewebiger Ersatz der Oberschenkel- und der Glutealmuskulatur. H&auml;ufig kann es zu ausgepr&auml;gten Fl&uuml;ssigkeitseinlagerungen in m&auml;&szlig;ig betroffenen, partiell fettig/bindegewebig umgebauten Muskeln kommen. Zur Diagnostik haben sich hier zunehmend spezielle fettsupprimierte STIR-Sequenzen etabliert.<sup>17</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Neuro_1705_Weblinks_21_1.jpg" alt="" width="2186" height="1436" /><br />Aufgrund der oben beschriebenen fr&uuml;hen Beteiligung der muskul&auml;ren Atempumpe sind regelm&auml;&szlig;ige Lungenfunktionspr&uuml;fungen empfohlen.<sup>18</sup> Dabei liefert die Messung der forcierten Vitalkapazit&auml;t (FVC) einen ersten wichtigen Hinweis f&uuml;r eine atemmuskul&auml;re Schw&auml;che. Bei Muskelerkrankungen mit relevanter Mitbeteiligung des Zwerchfells betr&auml;gt die Differenz der FVC-Messungen zwischen sitzender und liegender FVC typischerweise mehr als 20 % , sodass diese Untersuchungen zur Standarddiagnostik bei M. Pompe empfohlen werden. Die Messung der FVC sollte noch um die Messungen der maximalen Kraft der inspiratorischen (maximal inspiratorischer Druck, MIP, und &bdquo;sniff nasal inspiratory pressure&ldquo;, SNIP) und der exspiratorischen Muskulatur (maximal exspiratorischer Druck, MEP) erg&auml;nzt werden, da diese fr&uuml;her und signifikanter eine relevante Schw&auml;che identifizieren k&ouml;nnen.<sup>12</sup> Klinische Zeichen der n&auml;chtlichen Hypoventilation sollten mittels Polysomnografie fr&uuml;h abgekl&auml;rt werden. Zun&auml;chst sind REM-Schlaf-assoziierte O2-Ents&auml;ttigungen typisch, im weiteren Verlauf treten in der Blutgasanalyse CO2-Anstiege &ndash; zuerst n&auml;chtlich, dann auch tags&uuml;ber &ndash; auf.<sup>11</sup> <br />Eine kranielle Kernspintomografie (cMRT) sollte, sofern nicht in der Anfangsdiagnostik inkludiert, im Krankheitsverlauf einmalig erfolgen. Grund daf&uuml;r ist die weniger h&auml;ufige, aber sehr relevante Beteiligung der zerebralen Gef&auml;&szlig;e, die zu Gef&auml;&szlig;ektasien f&uuml;hren kann und somit die Gefahr einer Gef&auml;&szlig;ruptur birgt. Als urs&auml;chlich wird eine Beteiligung der Intima der arteriellen Gef&auml;&szlig;e diskutiert.<sup>19</sup> Abbildung 2 zeigt den cMRT-Befund einer Patientin mit Megadolichobasilaris bei LOPD. Klinisch bestanden h&auml;ufige Kopfschmerzattacken, die letztendlich auf eine basil&auml;re Migr&auml;ne bei Gef&auml;&szlig;ektasie zur&uuml;ckgef&uuml;hrt werden konnten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Neuro_1705_Weblinks_21_3.jpg" alt="" width="1455" height="1292" /></p> <p><strong>Spezifische laborchemische Diagnostik</strong> <br />Die sichere Diagnose des Morbus Pompe gelingt im Endeffekt durch spezifische Tests (Tab. 2). Hierzu hat sich der Trockenbluttest (&bdquo;dried blood spot [DBS] testing&ldquo;) als standardisierte Screening-Diagnostik etabliert, weil er kosteng&uuml;nstig, schnell und wenig aufwendig ist und mit einer Spezifit&auml;t von &gt;98 % eine hohe Zuverl&auml;ssigkeit hat.<sup>20</sup> Die Diagnostik der Oligosaccharide im Urin hat sich f&uuml;r die infantile Form etabliert, bei Erwachsenen weist dieser Test eine verminderte Sensitivit&auml;t auf.<sup>21</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Neuro_1705_Weblinks_21_4.jpg" alt="" width="1419" height="1500" /></p> <p><strong>Muskelbiopsie</strong><br /> Die Muskelbiopsie ist aufgrund von einfacher verf&uuml;gbaren und weniger invasiven Untersuchungsmethoden wie dem DBS oder der Molekulargenetik in den Hintergrund getreten. In unklaren F&auml;llen kann jedoch durch morphologische und biochemische Aufarbeitung einer Muskelbiopsie die Verdachtsdiagnose eines M. Pompe gestellt werden. Dabei ist zu beachten, dass sowohl der Schweregrad der Erkrankung als auch die Wahl der Biopsiestelle entscheidend f&uuml;r die Diagnosefindung sein k&ouml;nnen. Unauff&auml;llige Muskelbiopsien sind daher beim LOPD m&ouml;glich.<sup>22</sup> Empfohlen werden daher Muskelbiopsien aus einem klinisch betroffenen und in der Bildgebung nur m&auml;&szlig;ig umgebauten Muskel.</p> <p><strong>Molekulargenetische Diagnostik</strong> <br />Zur endg&uuml;ltigen Diagnosesicherung und als Voraussetzung f&uuml;r eine Enzymersatztherapie ist eine zweite best&auml;tigende Untersuchung notwendig. In Europa wird daher die molekulargenetische Untersuchung des GAA-Gens sowohl zur Diagnosesicherung als auch zur humangenetischen Familienberatung empfohlen. Seit der Erstbeschreibung der urs&auml;chlichen Ver&auml;nderung im GAA-Gen im Jahr 1990 w&auml;chst die Datenbank stetig: Derzeit sind weit mehr als 350 pathogene Mutationen beschrieben (www. cluster15.erasmusmc.nl/klgn/pompe/mutations.html?lang=en). Die h&auml;ufigste in Europa vorkommende Mutation ist mit &uuml;ber 50 % die Splice-Site-Mutation IVS1 (-13T&gt;G) (= c.-45T&gt;G) auf einem Allel des Chromosoms 17.<sup>23</sup> <br /> Bei hochgradigem Verdacht auf LOPD gen&uuml;gt die Direktsequenzierung des GAA-Gens. In unklaren F&auml;llen einer Myopathie hat sich zuletzt das Next-Generation-Sequencing als Hochdurchsatzmethode zur Identifizierung von Mutationen f&uuml;r eine Vielzahl von Myopathien etabliert, was vor allem f&uuml;r atypische klinische Pr&auml;sentationen einen Vorteil zur fr&uuml;hen Diagnosefindung und damit Therapieeinleitung darstellt.<sup>24</sup> Dem autosomal-rezessiven Erbgang folgend muss auf dem anderen Allel des GAA-Gens eine weitere Mutation vorliegen (compound heterozygot), um f&uuml;r die Erkrankung urs&auml;chlich pathogen zu sein. Liegt diese nicht vor, ist von einer Anlagetr&auml;gerschaft auszugehen.<br />Die Vorhersage des symptomatischen Beginns und des Verlaufes der Pompe-Erkrankung anhand der Genotyp-Ph&auml;notyp-Korrelation gelingt bis heute trotz Untersuchungen gro&szlig;er Patientenkollektive nicht. Die in Europa h&auml;ufig vorkommende Splice-Site-Mutation ist zwar im Allgemeinen als milde Verlaufsform beschrieben,<sup>25</sup> dennoch finden sich h&ouml;chst unterschiedliche Schweregrade selbst innerhalb einer Familie, die somit auch nicht allein auf die Ver&auml;nderung im zweiten Allel zur&uuml;ckzuf&uuml;hren sind. Vielmehr scheinen Modifier-Gene (mit) verantwortlich f&uuml;r die Auspr&auml;gung des Schweregrads zu sein, wie m&ouml;glicherweise Polymorphismen in Genen, wie z.B. ACE, ACTN3, AGT und PPAR-&alpha;, die f&uuml;r den Aufbau der Muskelzelle essenziell sind.<sup>26</sup></p> <h2>Therapie</h2> <p><strong>Allgemeine symptomatische Therapie</strong><br /> Physiotherapie ist jedem Patienten zu empfehlen, um Sekund&auml;rsch&auml;den &ndash; wie die Entwicklung regionaler Schmerzsyndrome durch muskul&auml;re Fehlbelastung bzw. Dysbalance &ndash; zu verhindern und um den muskul&auml;ren Abbau zu verlangsamen. Eine medikament&ouml;se und eine nicht medikament&ouml;se Schmerztherapie (Verhaltensschulung, Schmerzbew&auml;ltigungsstrategien) sollten eingeleitet werden, sobald der myalgiforme Schmerz l&auml;nger als 6 Monate anh&auml;lt, um eine weitere Chronifizierung zu verhindern. Dabei umfassen die Empfehlungen neben systemischen Therapien mit Muskelrelaxanzien, Antikonvulsiva oder Antidepressiva auch manuelle Therapien, die in schweren F&auml;llen auch &bdquo;dry needling&ldquo;, Quaddeln und Botox-Behandlungen beinhalten k&ouml;nnen. <br />Bei beginnender restriktiver Ventilationsst&ouml;rung und/oder Auftreten von klinischen Zeichen der n&auml;chtlichen Hypoventilation (Kopfschmerz, Abgeschlagenheit, unerholsamer Schlaf) sollten polysomnografische Untersuchungen eine n&auml;chtliche Hypoventilation beurteilen, um ggf. eine nicht invasive Beatmung einzuleiten. Zuletzt konnte in Studien der Benefit eines regelm&auml;&szlig;igen Atemtrainings (&bdquo;respiratory muscle training&ldquo;, RMT) belegt werden.<sup>27, 28</sup></p> <p><strong>Spezifische Therapie</strong> <br />In vielen Untersuchungen hat sich gezeigt, dass ein fr&uuml;her Therapiebeginn den Krankheitsprogress signifikant verlangsamt.<sup>29</sup> Eine rasche Diagnosesicherung ist daher essenziell. Seit April 2006 steht mit Alglucosidase alfa (Myozyme&reg;, Sanofi-Genyzme), dem rekombinant hergestell&shy;&shy;ten humanen Enzym lysosomale &alpha;-1,4-Glukosidase, eine spezifische Therapie als Enzymersatztherapie (EET) zur Verf&uuml;gung, die mit 20mg/kg KG alle zwei Wochen intraven&ouml;s verabreicht wird. Die Aufnahme des Enzyms erfolgt &uuml;ber den Mannose-6-Phosphat-Rezeptor der Muskelzelle und soll &uuml;ber Wiederherstellung der Aktivit&auml;t der lysosomalen &alpha;-1,4-Glukosidase die intralysosomale Glykogenspeicherung vermindern. In vier zulassungsrelevanten Studien konnten sowohl die Sicherheit als auch die Wirksamkeit der regelm&auml;&szlig;igen EET belegt werden, eine signifikante Reduktion des Glykogens konnte nach 6 Monaten Behandlung in Muskelbiopsien nachgewiesen werden.<sup>17</sup> Die Nebenwirkungen der EET im Sinne allergischer Reaktionen sind &uuml;berschaubar und k&ouml;nnen ggf. &uuml;ber eine zus&auml;tzliche Gabe von Antihistaminika und/oder Glukokortikoiden gut kupiert werden. <br />Noch unklar ist die Bedeutung der Bildung nicht neutralisierender IgG-Antik&ouml;rper gegen Alglucosidase alfa. Eine Literaturrecherche hat erbracht, dass Patienten mit h&ouml;hertitrigen Antik&ouml;rpern schlechter auf eine EET ansprechen.<sup>30</sup> Aktuell werden zwei neue Substanzen klinisch getestet: neoGAA (Sanofi Genzyme) sowie ATB200-02 + AT2221 (AMICUS Therapeutics), die durch eine ver&auml;nderte Rezeptorenaufnahme eine raschere Endozytose bzw. durch Zugabe eines Chaperons eine bessere Wirkung bzw. eine Wirkungsverl&auml;ngerung erm&ouml;glichen sollen (www.clinicaltrials.gov). Endg&uuml;ltige Daten zur &Uuml;berlegenheit gegen&uuml;ber Alglucosidase alfa liegen derzeit aber noch nicht vor. Alternative Ans&auml;tze zur urs&auml;chlichen Therapie wie Gentherapie und Stammzelltherapie sind in Entwicklung.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Gutierrez-Rivas E et al.: Neuromuscul Disord 2015; 25(7): 548-53 <strong>2</strong> Fuller DD et al.: Respir Physiol Neurobiol 2013; 189(2): 241-9 <strong>3</strong> Eder M, Gedigk P: Lehrbuch der Allgemeinen Pathologie und der Pathologischen Anatomie. 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