Spielgestützt zur Aktivierung bei Alzheimerdemenz
Kooperationspartner:
DIin Silvia Russegger, MA1
DI Dr. Lucas Paletta1
Assoz. Prof.in PDin Mag.a Dr.in Marisa Koini2
Martin Berger, MSc2
Dr.in Sandra Schüssler, BSc, MSc3
Julia Zuschnegg, BScN, MSc3
Mag.a Karin Ploder4
Bernhard Strobl, MSc4
DIin Maria Fellner, MBA5
MMag.a Maria M. Hofmarcher-Holzhacker6
1 Institut DIGITAL, JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft mbH
2 Klinische Abteilung für Neurogeriatrie
Universitätsklinik für Neurologie
Medizinische Universität Graz
3 Institut für Pflegewissenschaft sowie Forschungseinheit für Altersmedizin und lebenslange Gesundheit
Universitätsklinik für Innere Medizin
Medizinische Universität Graz
4 Soziale Dienste
Migration & Suchdienst
Rotes Kreuz Landesverband Steiermark
5 digitAAL Life GmbH
6 HS&I Health System Intelligence
E-Mail: silvia.russegger@joanneum.at
Die im Forschungsprojekt „multimodAAL“ getestete App unterstützt Patient*innen mit Alzheimerdemenz im stationären Setting sowie zu Hause. Zentrale Elemente sind die multimodale Intervention, das Monitoring und der Decision Support.
Die Kombination kognitiver, physischer und sozialer Aktivierung durch spielerische Ansätze verspricht ein erhebliches Erfolgspotenzial in der Demenzforschung. In einer nun abgeschlossenen Referenzstudie wurde erstmals die Diagnostik mittels neurologischer Magnetresonanztomografie mit pflegewissenschaftlichen Untersuchungen und Tablet-basiertem aktivierendem Training zusammengeführt. Das ambitionierte Projekt wurde von mehreren Kooperationspartnern aus Graz gemeinsam durchgeführt.
Das Training
In der entwickelten App steht jede Trainingseinheit von circa 45 Minuten unter einem bestimmten Thema und enthält eine Abfolge von Übungsaufgaben, welche die unterschiedlichen Sinne des Menschen anregen. Bewegungs- und Wahrnehmungsübungen werden gefolgt von Wissensfragen, Rechenaufgaben, Lückenwörtern, Puzzles, Fehlersuchbildern, Liedern und mehr. Alle Trainingseinheiten stehen in vier Schwierigkeitsgraden zur Verfügung. Jede einzelne Aufgabe kann im eigenen Tempo durchgeführt werden, man kann jederzeit eine Pause machen oder sich über die gezeigten Inhalte unterhalten. Wichtig sind die Freude am Training und die soziale Interaktion dabei. So weckt die App Interesse und Motivation, das Gehirntraining regelmäßig in den Alltag zu integrieren.
Erste Studienergebnisse
Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass computergestütztes kognitives und physisches Training nach einer Trainingsdauer von 6 Monaten Betroffenen mit Alzheimerdemenz dabei hilft, ihre globale kognitive Leistungsfähigkeit beizubehalten. So haben Personen mit betreuten Trainings nach einer 6-monatigen Intervention mit dem App-Prototypen einen signifikant höheren Wert bei der Mini-Mental State Examination (MMSE) als die Wartegruppe ohne entsprechende Intervention. Finale Ergebnisse des Forschungsprojekts werden im Spätherbst 2022 publiziert.
Active and Assisted Living (AAL) und Digitalisierung in der Pflege sind ein Schwerpunkt des Instituts DIGITAL der JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft. Ein besonderer Fokus wird auf neurodegenerative Erkrankungen und digitale Biomarker gelegt. Die methodischen Kompetenzen des Instituts in den Bereichen „Serious Games“ für Menschen mit Demenz, soziale Robotik, Human Factors Labor und Affective Computing fließen direkt in das Projekt zur Entwicklung neuer Lösungen ein.
Durch die Evaluierung des Trainings anhand neuropsychologischer Parameter und bildgebender Indikatoren (MRT) wird die Wirksamkeit zielgerichteter, längerfristiger, multimodaler Interventionen an der Univ.-Klinik für Neurologie, Medizinische Universität Graz, überprüft. Dies ist relevant für den künftigen Einsatz derartiger Trainingsprogramme, um die individuelle Lebensqualität betroffener Personen zu steigern, die Progredienz zu verlangsamen und gleichzeitig die krankheitsbezogenen Gesundheitskosten zu reduzieren. Darüber hinaus baut die Medizinische Universität Graz mit diesem Projekt ihren Schwerpunkt zu neuen Technologien in der Pflege weiter aus.
Das gezielte Training der vorhandenen Kompetenzen soll die persönliche Selbstständigkeit so lange wie möglich erhalten. In der Praxis werden Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen dabei durch das Rote Kreuz Steiermark bedarfsgerecht unterstützt und ihre Fähigkeiten bestmöglich gefördert. In allen Angeboten stehen den Betroffenen kompetente Mitarbeiter*innen zur Seite und pflegen einen sensibilisierten, respektvollen und wertschätzenden Umgang mit Betroffenen und den Angehörigen.
Begleitend zur Interventionsstudie wird die gesundheitsökonomische Perspektive durch Maria M. Hofmarcher-Holzhacker, eine international anerkannte Expertin auf dem Gebiet, untersucht.
Einsatz in der Praxis
Die in der Forschung durch JOANNEUM RESEARCH entwickelte Lösung wird nun von ihrem Spin-off DIGITAAL life zur innovativen App BRAINMEE weiterentwickelt, die Vitalität durch ganzheitlich aktivierendes Training fördert und die kognitiven Leistungsfähigkeit aktiviert. Der Einsatz ist im Einzel- und Gruppensetting, in stationären Einrichtungen, bei mobilen Dienstleistungen und zu Hause möglich.
Weblinks:
Mehr Informationen zum Projekt: www.multimodAAL.at
Testversion der BRAINMEE-App:
www.brainmee.com/test
Förderung:
Das Forschungsprojekt multimodAAL wird von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG im Programm benefit gefördert. Gründung und Aufbau der digitAAL Life GmbH werden von austriawirtschaftsservice (aws) im Seedfinancing-Programm gefördert.
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