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Die Macht der Sprache

Frauen werden in schwierigen Gesprächen und Verhandlungen anders wahrgenommen und beurteilt als Männer. Kommunikation undVerhandlungstechnik sind für weibliche Führungskräfte aktueller denn je: Managerinnen und Ärztinnen in leitenden Positionen, die ihreAnliegen gut vermitteln und verhandeln können, haben einen entscheidenden Vorteil.

Keypoints

  • Tradierte Rollenbilder und Rollenerwartungen existieren weiterhin, wenn auch implizit.

  • Achten Sie auf die Perspektive: Stellen Sie das große Ganze in den Vordergrund.

  • Wägen Sie momentane Emotionen gegen mittel- und langfristige Ziele ab.

  • Vorbereitung ist alles: Trainieren Sie gezielt den Umgang mit schwierigen Situationen.

Wir sind unentwegt damit beschäftigt, andere zu beeinflussen. Wir sind ständig darauf aus, zu erreichen, dass andere handeln, wie wir es gerne hätten. Und das aus einem triftigen Grund: Wir können nicht anders, als andere Menschen zu beeinflussen, genauso wie andere Menschen nicht anders können, als uns zu beeinflussen. Das gilt für Mann und Frau. Man nennt das Kommunikation.

Frauen, die im Beruf erfolgreich sein wollen, müssen gute Kommunikatorinnen und Verhandlerinnen sein. Umgekehrt gilt: Fachlich kompetente Frauen, die gut verhandeln können, sind nahezu immer auch im Beruf erfolgreich und erreichen ihre Karriereziele rascher. Effektive Kommunikation und Verhandlung brauchen funktionierende Werkzeuge. Diese sind bei Mann und Frau nicht unbedingt dieselben.

Die Erfahrung im Coaching weiblicher Führungskräfte zeigt: Die Anliegen, mit denen Frauen in hohen Positionen zu ihren Coaches kommen, ähneln sich sehr. Es sind immer wiederkehrende Fragen, auf die meine Klientinnen Antwort suchen. Oft geht es ihnen darum, wie sie sich in emotionsgeladenen Situationen verhalten sollten. Sie wollen wissen, was sie tun können, um von anderen Gesprächs- und Verhandlungsteilnehmenden auch in angespannten Situationen positiv wahrgenommen und respektiert zu werden. Letztlich wollen sie ihren Erfolg in komplexen Gesprächssituationen erhöhen.

Frauen wirken anders als Männer

Der Wortlaut ist der gleiche, die Gestik ähnlich, der Ton fast gleich. Trotzdem wird eine Frau anders wahrgenommen als ein Mann, auch wenn sie das Gleiche sagt oder tut wie er. Dieses Phänomen hat viele Ursachen, sie liegen in Sozialisierung, Familie, Erziehung, Literatur, Film und Fernsehen.

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Ein paar Grundregeln können Verhandlungen für weibliche Führungskräfte effizienter gestalten

Immer noch werden Frauen mit traditionellen Rollenerwartungen verbunden. Auch wenn das häufig nur implizit der Fall ist: Es wird immer weniger ausgesprochen, aber nach wie vor danach geurteilt. Aufgrund der stark tradierten Verankerung dieser Vorstellungen sind sie nur langsam zu verändern.

An traditionelle Verhaltensmuster gebunden

Die Problematik spiegelt sich in vielen praktischen Situationen wider. Wenn Frauen selbst- und machtbewusst agieren, bedienen sie sich traditionell männlicher Verhaltensmuster. Oft tun sie sich damit nicht Gutes, im Gegenteil, sie müssen soziale Kosten dafür in Kauf nehmen.

Denn Frauen, die besonders bestimmt auftreten, klare Forderungen stellen, viel Redezeit beanspruchen oder gar laut werden, werden ungünstiger beurteilt als ihre männlichen Kollegen. Streitbare und machtbewusste Frauen müssen immer wieder mit sozialer Zurückweisung rechnen. Die Kolleg*innen zeigen ihnen die kalte Schulter, ignorieren sie, tuscheln hinter ihrem Rücken.

Tradierte Rollenbilder sind hartnäckig in ihrer Langlebigkeit. Aufgrund der starken Verankerung dieser Vorstellungen lassen sie sich nicht so rasch verändern, wie die moderne Gesellschaftspolitik das einfordert. Viele weibliche Führungskräfte fürchten diese Problematik schon instinktiv und nehmen sich von vornherein zurück. Sie kommunizieren und verhandeln besonders vorsichtig und zurückhaltend. Das bedeutet aber auch, dass sie letztlich weniger fordern und zum Beispiel in Karriere- und Gehaltsverhandlungen auf der Strecke bleiben.

Wer sich dieser sozialen Dynamik bewusst ist, kann davon profitieren und den vermeintlichen Nachteil proaktiv zum Vorteil nutzen. Dazu lohnt es sich, ein paar Hinweise zu beachten, die im Folgenden ausgeführt werden.

Das große Ganze in den Vordergrund stellen

Weibliche Führungskräfte sollten, wann immer sie können, ihre Wünsche und Forderungen vordergründig nicht als etwas darstellen, dessen Erfüllung ihnen persönlich zugutekommt. Um ihr Gesprächsziel zu erreichen, sollten sie eher versuchen, den Nutzen ihrer Forderung für ein größeres Ganzes, etwa das Institut, die Abteilung oder die Organisation, für die sie tätig sind, hervorzuheben.

Auf die Perspektive achten

Gelingt es weiblichen Führungskräften, im Namen anderer oder explizit für andere zu verhandeln, entsprechen sie – so gestrig das klingen mag – positiv besetzten Rollenklischees und beschädigen nicht die in sie gesetzte implizite Rollenerwartung. Die Erfahrung vieler Kundinnen zeigt: In der Folge wird ihnen mehr Unterstützung und Zustimmung zuteil, als wenn sie ihre Anliegen ausschließlich in eigener Sache präsentieren.

Standards und Benchmarks nutzen

Sind Frauen gezwungen, etwa in Gehaltsverhandlungen, ganz persönliche Forderungen zu vertreten, können sie versuchen, die oben geschilderte Problematik zu umgehen und sich in ihrer Argumentation vor allem auf gängige Standards und Benchmarks zu beziehen. Sprechen meine Coachees statt von ihren persönlichen Forderungen von fach- oder branchenüblichen Honorarsätzen, wächst ihre Chance auf eine positive Reaktion.

Vorbereitung ist alles

Wie auch immer die Ausgangslage ist, in Verhandlungen ist Vorbereitung oft nicht nur die halbe Miete, sondern das gesamte Haus. Je schwieriger die Gespräche und Verhandlungen, desto mehr Zeit sollte man sich daher nehmen, um sich darauf vorzubereiten.

Ein Schritt zurück bringt Überblick im Konflikt

Ein wesentliches Prinzip erfolgreichen Verhandelns ist die Fähigkeit, vorgefasste, subjektive Vorurteile und Forderungen als solche zu identifizieren. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil man alles, was nur möglich ist, versuchen sollte, um sie zu objektivieren.

Es hilft, noch vor Beginn der Verhandlung oder eines schwierigen Gesprächs einen Schritt zurückzutreten und sich Gedanken über die eigene Motivation und die der Verhandlungspartner*innen zu machen. Sich einen Moment lang in die Schuhe des anderen zu stellen und zu fragen, was die an einem Konflikt beteiligten Menschen antreibt und wo sich Stolpersteine im bevorstehenden Gespräch verstecken könnten, hat Vorteile.

Rücksicht auf die Conditio humana

Häufig sind es zutiefst menschliche Wünsche und Bedürfnisse, die in Verhandlungen vielfach unausgesprochen sind, aber am stärksten wirken. Dazu zählen vor allem der Wunsch nach persönlicher und wirtschaftlicher Sicherheit, das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, Akzeptanz und menschlicher Anerkennung.

Die Ausprägung dieser Bedürfnisse hängt zwar letztlich von der individuellen Persönlichkeitsstruktur ab, im Coaching lassen sich allerdings auch geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf diese Bedürfnisse beobachten. Frauen zeigen sich tendenziell sensibler, sicherheitsbewusster und harmonieinteressierter als ihre männlichen Kollegen. Männer treten vergleichsweise weniger emotional, dafür kompetitiver auf.

Werden solche Bedürfnisse verletzt, kann das den Verhandlungserfolg erheblich gefährden. Deshalb sollte man die Motive aller Verhandlungsteilnehmenden schon im Vorfeld erkennen und nach Möglichkeit würdigen. In konfliktbeladenen Situationen ist eine möglichst objektive Position die beste. Man sollte die menschlichen Bedürfnisse von objektivierbaren Verhaltensweisen trennen und vor allem Letztere ansprechen.

In der Hitze des Gefechts

Um in hitzigen Verhandlungssituationen bestehen zu können, kann sich der geschulte Blick auf menschliche Schwächen lohnen. In Verhandlungen regieren nicht immer nur die guten Gefühle. Wir begegnen auch Neid, Gier, Ärger, Zorn und Eifersucht. Bevor Sie sich dazu hinreißen lassen, diesen Emotionen nachzugeben, versuchen Sie, einen Moment lang innezuhalten. Solche Pausen können Verhandlungen retten.

Der persönliche Leuchtturm bietetÜberblick

Stellt man in einer Verhandlung fest, dass Vertrauen missbraucht oder Respekt verweigert wurde, ist es menschlich, Gleiches mit Gleichem vergelten zu wollen. Doch gerade in solchen Situationen ist es wichtig, dem nicht nachzugeben. Auch hier tun eine kurze Pause und ein gedanklicher Schritt zurück „Wunder“, weil es damit möglich ist, die Situation möglichst objektiv, sozusagen von einem persönlichen Leuchtturm aus, zu betrachten.

In konfliktbeladenen Momenten gilt es, die momentanen Emotionen gegen die mittel- und längerfristigen Ziele abzuwägen. Wenn es gelingt, beides auszubalancieren, ist man einem guten Verhandlungsergebnis einen großen Schritt nähergekommen.

Arbeit mit Sparring-Partnern

Ziel ist es, die eigenen Emotionen und das Ego hinter den Erfolgswillen zu stellen. Das emotionale Ich soll nicht über das intellektuelle Ich siegen.

Um sich optimal auf das nächste schwierige Gespräch vorzubereiten, übt man die Situation im Vorfeld mit Kolleg*innen, Sparring-Partner*innen oder Coaches. Ein geschultes Gegenüber kann helfen, die unterschiedlichen Aspekte und Eventualitäten einer herausfordernden Situation schon im Vorfeld zu erkennen und den optimalen Umgang damit zu trainieren.

Mit diesen Werkzeugen sieht man der nächsten Verhandlung souverän, entspannt und mit Selbstbewusstsein entgegen.

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