© Getty Images/iStockphoto

Pankreaskarzinom

Keimbahnmutationen können über Therapieerfolg entscheiden

<p class="article-intro">Das exokrine Pankreaskarzinom stellt in den westlichen Industrieländern die vierthäufigste Krebstodesursache dar – Tendenz steigend. Besonders beim Auftreten von Fernmetastasen ist die Überlebenswahrscheinlichkeit gering. Das molekulargenetische Screening der Patienten kann Hinweis auf Keimbahnmutationen, z.B. in den BRCAness-Genen, geben, was Auswirkungen auf die Wahl der geeigneten Therapie hat.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Das exokrine Pankreaskarzinom geh&ouml;rt zu den Malignomen mit der h&ouml;chsten krebsspezifischen Mortalit&auml;t und stellt in den westlichen Industriel&auml;ndern inzwischen die vierth&auml;ufigste Krebstodesursache dar. Bei mehr als der H&auml;lfte der Patienten sind zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bereits Fernmetastasen nachweisbar und das 5-Jahres-&Uuml;berleben betr&auml;gt in diesem Stadium lediglich 5 % . Allerdings konnten zuletzt einige Fortschritte im Bereich der palliativen Chemotherapie gemacht werden.<sup>1, 2</sup> So verl&auml;ngert FOLFIRINOX (5-Fluorouracil, Folins&auml;ure, Irinotecan und Oxaliplatin) in der Erstlinie das Gesamt&uuml;berleben von Patienten mit einem metastasierten Pankreaskarzinom im Vergleich zu Gemcitabin mono oder in Kombination mit anderen Wirkstoffen auch im Real-World-Setting signifikant.<sup>3</sup> Am Tumorzentrum Heilbronn-Franken erhalten rund ein Drittel der Patienten initial FOLFIRINOX mit einem medianen &Uuml;berleben von 13,1 Monaten. Eine Subgruppe von ca. 15 % der Patienten scheint hierbei besonders gut auf dieses Therapieregime anzusprechen, mit &Uuml;berlebenszeiten jenseits von 30 Monaten.</p> <h2>Pr&auml;diktiver Marker: Keimbahnmutation in DNAReparaturwegen</h2> <p>In unterschiedlichen Kohorten gibt es inzwischen Hinweise darauf, dass Patienten mit Mutationen in DNA-Reparatur- Signalwegen &ndash; in Analogie zu anderen Tumorerkrankungen &ndash; besonders gut auf platinbasierte Chemotherapie-Protokolle wie FOLFIRINOX ansprechen.<sup>4, 5</sup> Rekurrente Alterationen in diesen Signalwegen finden sich bei rund einem Viertel der Pankreaskarzinome (Abb. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1907_Weblinks_jatros_onko_1907_s26_abb1__bochum_martens.jpg" alt="" width="550" height="755" /><br /> Am Tumorzentrum Heilbronn-Franken f&uuml;hrten wir bei 18 Patienten mit bei Erstdiagnose metastasiertem Pankreaskarzinom eine molekulare Charakterisierung an Tumor- und Normalgewebe durch. Zum Einsatz kam ein auf &bdquo;Next Generation Sequencing&ldquo; basierendes Tumorpanel, das 710 Gene, 31 Translokationen sowie Ver&auml;nderungen der Kopienzahl umfasst. Zus&auml;tzlich liefert die Analytik Informationen zur Tumormutationslast und dem Mikrosatellitenstatus. Alle 18 Patienten hatten in der Erstlinie entweder eine platinbasierte Chemotherapie (13/18) oder Gemcitabin plus &bdquo;Nanoparticle albumin bound&ldquo;(nab)-Paclitaxel (5/18) erhalten und zeigten zum Zeitpunkt der molekularen Diagnostik in der Bildgebung einen klinischen Progress.<br /> Bei 6 Patienten (33 % ) fand sich eine pathogene Mutation in einem DNA-Reparatur- Signalweg, die bei 5 Patienten auch in der Keimbahn nachzuweisen war. Die Keimbahnvarianten involvierten die Gene &bdquo;breast cancer&ldquo; (<em>BRCA1</em>), &bdquo;ataxia teleangiectasia mutated&ldquo; (<em>ATM</em>) und Nibrin (<em>NBN</em>), die alle zum DNA-Reparaturweg der homologen Rekombination geh&ouml;ren &ndash; einem Reparaturmechanismus zur Beseitigung von DNA-Doppelstrangbr&uuml;chen. Das durchschnittliche Diagnosealter der Patienten mit Keimbahnmutation lag bei 58 Jahren, das der Patienten ohne Keimbahnmutation bei 67 Jahren. Eine positive Familienanamnese fand sich lediglich bei zwei Patienten mit einer <em>BRCA1</em>-Keimbahnmutation.<br /> Alle Patienten mit einer Keimbahnmutation hatten in der Erstlinie eine platinhaltige Chemotherapie (4 x FOLFIRINOX, 1 x Cisplatin plus Etoposid) erhalten. Im Vergleich zu Patienten ohne Mutation in einem DNA-Reparatur-Signalweg, die in der Erstlinie ebenfalls eine platinhaltige Chemotherapie erhalten hatten, wiesen sie ein l&auml;ngeres medianes progressionsfreies &Uuml;berleben (PFS) auf: 12 Monate versus 2,8 Monate. Dieser Effekt spiegelte sich auch im Gesamt&uuml;berleben wider: Nach 1 Jahr waren noch alle Patienten mit einer Keimbahnmutation am Leben und das mediane &Uuml;berleben betrug 35,1 Monate versus 12,3 Monate (Abb. 2).<sup>6</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1907_Weblinks_jatros_onko_1907_s27_abb2__bochum_martens.jpg" alt="" width="550" height="419" /></p> <p>Interessant ist auch, dass die H&auml;lfte der Patienten ohne Keimbahnmutation auf die Zweitlinientherapie mit Gemcitabin plus nab-Paclitaxel besser ansprach als auf die platinhaltige Erstlinientherapie (PFS2/PFS1 &gt;1,3).<br /> Trotz der geringen Patientenzahl liefern diese Daten weitere wichtige Argumente daf&uuml;r, dass das Vorliegen einer Keimbahnmutation im DNA-Reparaturweg der homologen Rekombination als pr&auml;diktiver Biomarker f&uuml;r eine Subgruppe von Patienten zu werten ist, die in der Erstlinie eine platinhaltige Chemotherapie erhalten sollten. Das National Comprehensive Cancer Network (NCCN) der USA empfiehlt deshalb bereits seit 2018, alle Patienten mit einem neu diagnostizierten Pankreaskarzinom unabh&auml;ngig von der Familienanamnese obligat auf eine Keimbahnmutation in BRCAness-Genen zu testen.</p> <h2>POLO-Studie zum PARP-Inhibitor Olaparib</h2> <p>Der Mutationsstatus beeinflusst nicht nur die Erstlinienwahl, sondern er&ouml;ffnet k&uuml;nftig auch die Option auf eine Erhaltungstherapie mit dem Poly(ADP-Ribose)- Polymerase-1(PARP)-Inhibitor Olaparib. In der Phase-III-Studie POLO wiesen 7 % der Patienten mit einem metastasierten Pankreaskarzinom eine Keimbahnmutation in den <em>BRCA</em>-Genen 1 und/oder 2 auf.<sup>7</sup> Diese erhielten, sofern sie unter platinbasierter Erstlinientherapie (meist FOLFIRINOX) eine Remission oder Stabilisierung erreicht hatten, als Erhaltungstherapie entweder Olaparib oder Placebo. Unter Olaparib konnte das mediane PFS signifikant verl&auml;ngert werden: 7,4 Monate versus 3,8 Monate (HR: 0,53). Auch wenn die Daten zum Gesamt&uuml;berleben noch unreif sind, zeichnet sich ab, dass bei Patienten mit einer BRCAness-Keimbahnmutation die Erhaltungstherapie mit einem PARP-Inhibitor eine wertvolle Behandlungsoption darstellt &ndash; insbesondere beim Auftreten von therapielimitierenden Nebenwirkungen unter platinhaltiger Chemotherapie.<br /> Ob auch Patienten mit einer somatischen Mutation in den DNA-Reparatur-Signalwegen von einer platinhaltigen Erstlinientherapie sowie einer Olaparib-Erhaltungstherapie profitieren, ist noch nicht gekl&auml;rt. In unseren Analysen fand sich bei lediglich einer von 18 Patienten eine somatische &bdquo;Fanconi anemia complementation group B&ldquo;(<em>FANCB</em>)-Mutation. Diese Patientin erhielt aufgrund einer gleichzeitig nachgewiesenen hohen Mutationslast im Tumor (18 Mutationen/Mb) eine individualisierte Therapie mit dem &bdquo;Programmed cell death protein 1&ldquo;(PD-1)-Antik&ouml;rper Pembrolizumab, worauf es zu einer lang anhaltenden Remission der Erkrankung kam. Die Patientin ist auch 4 Jahre nach Diagnose noch am Leben.<sup>8</sup></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Die molekulargenetische Untersuchung stellt bereits heute einen wichtigen Baustein auf dem Weg zur personalisierten Therapie beim Pankreaskarzinom dar und sollte als fester Bestandteil in der Routinediagnostik etabliert werden. Der Nachweis einer Keimbahnmutation in einem BRCAness- Gen nimmt nach aktueller Datenlage unmittelbar Einfluss auf die Wahl der Erstlinientherapie und die nachfolgenden Behandlungsoptionen.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Conroy T et al.: N Engl J Med 2011; 364: 1817-25 <strong>2</strong> Von Hoff D et al.: N Engl J Med 2013; 369: 1691-703 <strong>3</strong> Hegewisch- Becker S et al.: Int J Cancer 2019; 144: 981-90 <strong>4</strong> Golan T et al.: Br J Cancer 2014; 111: 1132-8 <strong>5</strong> Vyas O et al.: Anticancer Drugs 2015; 26: 224-6 <strong>6</strong> Bochum S et al.: DGHO-Jahrestagung 2019, Abstr. #V154 <strong>7</strong> Golan T et al.: N Engl J Med 2019; 381: 317-27 <strong>8</strong> Berger S et al.: JCO Precision Oncology 2018; 2: 1-6 <strong>9</strong> Bailey P et al.: Nature 2016; 531: 47-52</p> </div> </p>
Back to top