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Neues vom ASCO zur Immuntherapie beim Lungenkarzinom

<p class="article-intro">Auf dem diesjährigen Kongress der ASCO wurden viele Studien zum Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren, vor allem beim Bronchialkarzinom, präsentiert. Besonders spannend sind die Ergebnisse der OAK-Studie zur Wirkung des PD-L1-Inhibitors Atezolizumab über den Progress hinaus. Außerdem gab es wichtige Updates zu verschiedenen Studien mit weiteren Checkpoint-Inhibitoren, neuen Kombinationen und vielversprechenden Einsätzen bei anderen Entitäten wie dem Pleuramesotheliom.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>&bdquo;Treatment beyond progression&ldquo; in der OAK-Studie</h2> <p>Bereits auf dem ESMO-Kongress 2016 wurden die Daten der Phase-II-Studie OAK zum Gesamt&uuml;berleben bei vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem nicht kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) pr&auml;sentiert. F&uuml;r Patienten, die unabh&auml;ngig vom PD-L1-Status den PD-L1-Inhibitor Azetolizumab erhielten, wurde ein signifikant l&auml;ngeres medianes Gesamt&uuml;berleben ausgewiesen als f&uuml;r jene unter Docetaxel- Behandlung (13,8 vs. 9,6 Monate; HR: 0,73; 95 % CI: 0,62&ndash;0,87; p=0,0003).<sup>1</sup> Gem&auml;&szlig; Protokoll war in der Studie die Behandlung mit Atezolizumab auch &uuml;ber die Tumorprogression nach RECISTv1.1- Kriterien hinaus m&ouml;glich (&bdquo;treatment beyond progression&ldquo;, TBP). Beim ASCO-Kongress wurden diese Ergebnisse von David R. Gandera pr&auml;sentiert.<sup>2</sup> Von den 425 Patienten im Atezolizumab- Arm hatten 332 (78 % ) einen Progress. 70 dieser Patienten (21 % ) erhielten gar keine Therapie, 94 (28 % ) wurden einer anderen Therapie unterzogen, bei 168 Patienten (51 % ) wurde aber die Atezolizumab- Behandlung fortgesetzt. Die Analyse ergab, dass bei 7 % der Patienten (12/168) unter fortgesetzter Atezolizumab- Therapie die Tumorlast um &ge;30 % reduziert war. Fast die H&auml;lfte der Patienten (49 % , 83/168) wies eine stabile Erkrankung auf (Ver&auml;nderung der Tumorlast von +20 % bis &ndash;30 % ). Diese Ergebnisse waren unabh&auml;ngig von den PD-L1-Expressionsleveln auf Tumor- oder Immunzellen. Das mediane Gesamt&uuml;berleben belief sich bei Patienten, die nach dem Progress mit Atezolizumab weiterbehandelt worden waren, auf 12,7 Monate (95 % CI: 9,3&ndash;14,9), im Vergleich zu 8,8 Monaten bei jenen unter einer anderen Therapie und 2,2 Monaten bei jenen, die keine Therapie erhalten hatten (Abb. 1). Obwohl es bei dieser Analyse keinen Kontrollarm gab, ist ein klarer Trend dahingehend erkennbar, dass die Patienten von der fortgesetzten Therapie &uuml;ber den Progress hinaus profitieren k&ouml;nnen.<br /> Im Vergleich zur klassischen Chemotherapie erfassen die RECIST-Kriterien also den Vorteil im Gesamt&uuml;berleben bei der Immuntherapie offensichtlich nicht. F&uuml;r den klinischen Alltag bedeutet das, dass bei einem radiologischen Progress die Immuntherapie nicht immer gestoppt werden muss, sondern weiterhin verabreicht werden kann, solange sich der Zustand des Patienten klinisch nicht verschlechtert. Aufgrund der Ergebnisse der OAK-Studie und der Phase-II-Studie POPLAR ist Atezolizumab Ende Juli von der EMA zur Behandlung von Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem NSCLC nach vorangegangener Chemotherapie zugelassen worden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1705_Weblinks_s64_1.jpg" alt="" width="1457" height="1023" /></p> <h2>Update der KEYNOTE-021-Studie</h2> <p>Ein Update der KEYNOTE-021-Studie wurde von Vassiliki Papadimitrakopoulou pr&auml;sentiert.<sup>3</sup> In der randomisierten Phase- I/II-Studie erhielten NSCLC-Patienten mit fortgeschrittener nicht plattenepithelialer Erkrankung unabh&auml;ngig von der PD-L1- Expression entweder Chemotherapie (Pemetrexed und Carboplatin) oder eine Kombination aus Chemotherapie und dem PD- 1-Inhibitor Pembrolizumab in der ersten Therapielinie. Ein Cross-over von Patienten im Chemotherapiearm in den Kombinationsarm war in der Studie m&ouml;glich. Das progressionsfreie &Uuml;berleben (PFS) war nach 12 Monaten im Kombinationsarm mit Pembrolizumab signifikant l&auml;nger als unter Chemotherapie alleine (56,4 % vs. 33,9 % ; HR: 0,50; 95 % CI: 0,29&ndash;0,84; p=0,0038). Das mediane PFS war unter der Pembrolizumab-Therapie zum Zeitpunkt der Datenerhebung noch nicht erreicht worden (Abb. 2). Auch die Gesamtansprechrate (ORR) war bei Patienten mit Kombinationstherapie signifikant besser als bei jenen mit alleiniger Chemotherapie (56,7 vs. 30,2 % ; Unterschied von 26,4 % ; 95 % CI: 8,9&ndash;42,3; p=0,0016). Interessanterweise hatten Patienten, die keine oder eine sehr geringe PD-L1-Expression aufwiesen, eine sehr gute Ansprechrate (62 % bei Tumor Proportion Score [TPS] &lt;1 % vs. 54 % bei TPS &ge;1 % ). Die Patientengruppe mit hoher PD-L1-Expression sprach wie erwartet am besten an (80 % bei TPS &ge;50 % ). Lediglich Patienten mit einem TPS von 1&ndash;49 % hatten eine geringere Ansprechrate von 26 % . Hier bedarf es weiterer Untersuchungen, die mit einer deutlich gr&ouml;&szlig;eren Patientenzahl in der KEYNOTE-189-Studie zu erwarten sind.<br /> Ein statistisch signifikanter Unterschied im Gesamt&uuml;berleben konnte in der KEYNOTE-021-Studie bisher noch nicht gezeigt werden, weil ein Cross-over von der Chemotherapie auf die Kombinationstherapie mit Pembrolizumab m&ouml;glich war. Es konnte jedoch ein Trend zu einem verl&auml;ngerten Gesamt&uuml;berleben mit Pembrolizumab festgestellt werden (HR: 0,69; 95 % CI: 0,36&ndash;1,31; p=0,13). Die 12-Monats- OS-Rate belief sich im Kombinationsarm auf 76,0 % im Vergleich zu 69,3 % im Chemotherapie-Arm. Nach 21 Monaten war das mediane OS in beiden Gruppen noch nicht erreicht.<br /> Die Anzahl und der Schweregrad der Nebenwirkungen waren unter der Kombination von Pembrolizumab mit Pemetrexed und Carboplatin erwartungsgem&auml;&szlig; h&ouml;her als unter alleiniger Chemotherapie. Deshalb eignet sich diese Kombinationstherapie wohl nur f&uuml;r Patienten mit gutem Zustand (ECOG Performance Status 0&ndash;1). Aufgrund der Ergebnisse der KEYNOTE- 021-Studie hat die FDA Pembrolizumab in Kombination mit Pemetrexed und Carboplatin beim metastasierten NSCLC in der First Line bereits zugelassen. Es w&auml;re jedoch durchaus sinnvoll, die Analysen der KEYNOTE-189-Studie abzuwarten, um diese Ergebnisse zu best&auml;tigen.</p> <h2>Follow-up-Daten zur Pembrolizumab-Monotherapie</h2> <p>Die Phase-III-Studie KEYNOTE-024 vergleicht Pembrolizumab und Chemotherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC ohne ALK- oder EGFR-Mutationen, die in &uuml;ber 50 % der Tumorzellen PD-L1 exprimierten. Nach der Pr&auml;sentation der Daten auf dem ESMO-Kongress 2016 wurde Pembrolizumab als Erstlinientherapie zugelassen. Auf dem ASCO-Kongress wurden nun die Daten zum PFS2 pr&auml;sentiert, das sich aus dem PFS der Erst- und Zweitlinientherapie zusammensetzt.<sup>4</sup><br /> Das mediane PFS2 war bei Patienten, die Pembrolizumab in der ersten Linie und Chemotherapie in der zweiten Linie erhalten hatten, signifikant l&auml;nger als bei umgekehrter Therapiesequenz (18,3 vs. 8,4 Monate; HR: 0,54; 95 % CI: 0,40&ndash;0,72; p&lt;0,001) (Abb. 3). Das verl&auml;ngerte PFS2 f&uuml;hrte auch zu einem l&auml;ngeren Gesamt&uuml;berleben nach 18 Monaten unter Pembrolizumab- Therapie: 61,2 % vs. 43,0 % (HR: 0,63; 95 % CI: 0,46&ndash;0,88; p=0,003). Das mediane Gesamt&uuml;berleben war im Pembrolizumab-Arm noch nicht erreicht worden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1705_Weblinks_s64_2.jpg" alt="" width="1455" height="1983" /></p> <h2>Subgruppenanalyse der KEYNOTE-010-Studie</h2> <p>Ein weiteres Update wurde in Chicago zur KEYNOTE-010-Studie vorgestellt.<sup>5</sup> In der Studie war Pembrolizumab in der Zweitlinie gegen Docetaxel untersucht worden. Aus der retrospektiven Subgruppenanalyse wurde ersichtlich, welche Patientengruppen von der Pembrolizumab- Therapie profitierten: Es waren jene mit geringer Tumorgr&ouml;&szlig;e, gutem ECOG Performance Status, nicht plattenepithelialer Histologie, normaler LDH, hohem PD-L1- Expressionslevel und ohne Mutationen im EGFR-Gen.</p> <h2>3-Jahres-Update zur KEYNOTE-001-Studie</h2> <p>Auch von der KEYNOTE-001-Studie wurden die Follow-up-Daten nach 3 Jahren pr&auml;sentiert.<sup>6</sup> In dieser Studie hatten neu diagnostizierte oder vorbehandelte Patienten Pembrolizumab erhalten. Nach 3 Jahren waren von den nicht vorbehandelten Patienten noch 26,4 % am Leben, von den bereits vorbehandelten Patienten immer noch 19 % . Das sind die ersten Langzeitdaten zu Pembrolizumab, die zeigen, dass der Einsatz des PD-1-Inhibitors zu einem anhaltenden Vorteil im Gesamt&uuml;berleben f&uuml;hrt.</p> <h2>Neue Kombination von Epacadostat und Pembrolizumab</h2> <p>Epacadostat ist ein Inhibitor des Enzyms Indolamin-2,3-Dioxygenase 1 (IDO1), verhindert also den Abbau von Tryptophan und hat deshalb eine immunmodulatorische Wirkung. In der Phase-I/ II-Studie KEYNOTE-037/ECHO-202 wurde Pembrolizumab mit Epacadostat kombiniert.<sup>7</sup> In die Studie waren 58 Patienten mit metastasiertem NSCLC (Stadium IV) nach platinhaltiger Chemotherapie eingeschlossen worden. Bei den Patienten, deren Daten bisher ausgewertet worden waren, lag die Gesamtansprechrate bei 39 % (14/36) und die Krankheitskontrollrate bei 64 % (23/36). Auf beide Faktoren hatte die Expression von PD-L1 dabei keinen Einfluss. Die Therapie war generell gut vertragen worden, es waren nur leicht vermehrte Nebenwirkungen unter dieser neuen Kombination aufgetreten.</p> <h2>Weitere interessante kleine Studien</h2> <p>In einer kleinen retrospektiven Analyse wurde der Zusammenhang zwischen immunvermittelten Nebenwirkungen (irAE) und dem Gesamt&uuml;berleben bei NSCLCPatienten unter Checkpoint-Inhibitoren (v.a. Nivolumab) untersucht. F&uuml;r Patienten mit irAE konnte ein l&auml;ngeres Gesamt&uuml;berleben als f&uuml;r Patienten ohne irAE festgestellt werden (13,2 vs. 8,2 Monate).<sup>8</sup><br /> Eine andere Studie untersuchte das Auftreten von irAE bei Patienten, die nach einem Aufschub der Therapie mit PD-(L)1- oder CTLA-4-Inhibitoren aufgrund von aufgetretenen irAE wieder mit dem gleichen oder einem anderen Checkpoint-Inhibitor behandelt wurden. Bei 26 % der Patienten traten dieselben irAE auf, bei 23 % neue irAE, interessanterweise traten bei 51 % gar keine irAE auf.<sup>9</sup></p> <h2>Kombination von Nivolumab und Ipilimumab beim MPM</h2> <p>Zum Abschluss noch eine vielversprechende Studie &uuml;ber das Pleuramesotheliom (MPM): Derzeit gibt es bei dieser aggressiven Erkrankung nach Versagen der Erstlinientherapie keinen Standard in der Zweit- oder Drittlinientherapie. In der randomisierten Phase-II-Studie MAPS-2 wurden vorbehandelte MPM-Patienten entweder mit dem PD-1-Inhibitor Nivolumab behandelt oder mit Nivolumab plus dem CTLA-4-Hemmer Ipilimumab.<sup>10</sup> Die Kombination f&uuml;hrte zu st&auml;rkeren und h&auml;ufigeren Nebenwirkungen, 2 von 61 Patienten in diesem Behandlungsarm verstarben. Jedoch wurde nach einem medianen Follow- up von 10,4 Monaten f&uuml;r Patienten im Kombinationsarm ein l&auml;ngeres PFS ausgewiesen (5,6 vs. 4,0 Monate). Bemerkenswert war das Gesamt&uuml;berleben: Das mediane OS belief sich unter Nivolumab- Behandlung auf 10,4 Monate, bei Patienten im Kombinationsarm war dieses zum Zeitpunkt der Datenerhebung noch nicht erreicht gewesen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Barlesi F: Primary analysis from OAK, a randomized phase III study comparing atezolizumab with docetaxel in advanced NSCLC. ESMO 2016, Abstr. LBA44_PR <strong>2</strong> Gandera DR et al.: Impact of atezolizumab (atezo) treatment beyond disease progression (TBP) in advanced NSCLC: results from the randomized phase III OAK study. J Clin Oncol 2017; (suppl 35; Abstr. 9001) <strong>3</strong> Papadimitrakopoulou V et al.: First-line carboplatin and pemetrexed (CP) with or without pembrolizumab (pembro) for advanced nonsquamous NSCLC: updated results of KEYNOTE-021 cohort G. J Clin Oncol 2017; (suppl 35; Abstr. 9094) <strong>4</strong> Brahmer JR et al.: Progression after the next line of therapy (PFS2) and updated OS among patients (pts) with advanced NSCLC and PD-L1 tumor proportion score (TPS) &ge;50 % enrolled in KEYNOTE-024. J Clin Oncol 2017; (suppl 35; Abstr. 9000) <strong>5</strong> Herbst RS et al.: Factors associated with better overall survival (OS) in patients with previously treated, PD-L1-expressing, advanced NSCLC: multivariate analysis of KEYNOTE- 010. J Clin Oncol 2017; (suppl 35; Abstr. 9090) <strong>6</strong> Leighl NB et al.: KEYNOTE-001: 3-year overall survival for patients with advanced NSCLC treated with pembrolizumab. J Clin Oncol 2017; (suppl 35; Abstr. 9011) <strong>7</strong> Lara P et al.: Epacadostat plus pembrolizumab in patients with advanced RCC: preliminary phase I/II results from ECHO- 202/KEYNOTE-037. J Clin Oncol 2017; (suppl 35; Abstr. 4515) <strong>8</strong> Owen DH et al.: Impact of immune-related adverse events (irAE) on overall survival (OS) in patients treated with immunotherapy for non-small cell lung cancer (NSCLC). J Clin Oncol 2017; (suppl 35; Abstr. 9080) <strong>9</strong> Santini F C et al.: S afety of retreatment w ith immunotherapy after immune-related toxicity in patients with lung cancers treated with anti-PD(L)-1 therapy. J Clin Oncol 2017; (suppl 35; Abstr. 9012) <strong>10</strong> Scherpereel A et al.: Second- or third-line nivolumab (Nivo) versus nivo plus ipilimumab (Ipi) in malignant pleural mesothelioma (MPM) patients: results of the IFCT-1501 MAPS2 randomized phase II trial. J Clin Oncol 2017; (suppl 35; Abstr. LBA8507)</p> </div> </p>
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