
Revisionsmöglichkeiten nach Meniskusresektion
Autor:innen:
Dr. med. Magdalena Postruznik
Priv.-Doz. Mag. DDr. Stefan F. Fischerauer
MedUni Graz
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Von „If it is torn, take it out! Take it all out! Even if you just think it’s torn, take it out!“1 zu „Save the meniscus“.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war es üblich, bei jedem symptomatischen Meniskusschaden eine Totalmeniskektomie vorzunehmen, da der Meniskus damals noch als ein nicht wesentlicher Faktor für die Gelenkfunktion angesehen wurde. Erst in den 70ern kamen Studien zutage, welche verfrühte degenerative Veränderungen an Kniegelenken nach totaler Meniskektomie beschrieben haben.2,3 1982 wurde erstmals eine Teilmeniskektomie als Alternative beschrieben.4 Heutzutage herrscht Konsens darüber, dass der Meniskus bestmöglich protegiert werden soll, um die Folgen eines Funktionsverlustes zu minimieren.
Konsequenz von Meniskusverlust/(Teil-)Meniskektomie
Eine Meniskusentfernung führt zu einer vermehrten Belastung des Gelenksknorpels. Dies unterstreicht auch eine biomechanische Studie von 2012, wonach nach Entfernung des medialen Meniskus der tibiofemorale Druck um 68% zunimmt.5 MRT-Untersuchungen zeigten, dass Meniskusverletzungen zu einer Progression der Arthrose im Verlauf von 2,5 bzw. 10 Jahren führen.6,7Mittlerweile existieren unzählige Studien, die eine Meniskektomie mit einer verfrühten Osteoarthrose (OA) in Verbindung setzen.8 Die beschrieben Studien beziehen sich sowohl auf totale wie auch partielle Meniskektomien, wenn auch in letzterem Fall in geringerem Ausmaß.9–11 Dasselbe gilt für Meniskusextrusionen ohne sichtbare Läsionen, welche biomechanisch einem Funktionsverlust gleichkommen.12 Meniskusextrusion ist ein wesentlicher Risikofaktor für das Fortschreiten der OA und korreliert stark mit den Symptomen der Patienten.13
Symptome nach einer durchgeführten (Teil-)Resektion des Meniskus werden unter dem Begriff „Postmeniskektomie-Syndrom“ zusammengefasst. Diese inkludieren zumeist unikompartimentelle Schmerzen im betroffenen Kompartiment zusammen mit einer Verschmälerung des Gelenksspaltes.Konservative Maßnahmen wie Orthesen, Physiotherapie, Einlagen und entzündungshemmende Medikamente können helfen. Bleiben konservative Maßnahmen ohne Erfolg, müssen auch zusätzlich jene Faktoren adressiert werden, die zur Mehrbelastung des Gelenks beitragen. Dazu zählen Achsenkorrekturen, Bandrekonstruktionen, meniskusreparative/-rekonstruktive Eingriffe und Knorpel-therapeutische Verfahren.14 Eine Meniskustransplantation wurde erstmals 1989 publiziert.15
Meniskustransplantationen und -implantate
Allogene Transplantate
Meniskustransplantationen sind indiziert bei jungen Patienten mit Postmeniskektomie-Syndrom. Arthrosen gelten dagegen als Kontraindikation, da ein neu implantierter allogener Meniskus ein bereits fortgeschritten degeneriertes Knorpelgewebe nicht mehr ausreichend unterstützen kann. Zwar konnten einige Untersuchungen auch bei stark geschädigten Kniegelenken (Outerbridge Grad 3–4) symptomatische Verbesserungen zeigen,16,17 jedoch stieg mit dem Grad der Gelenkdegeneration auch die Rate an Therapieversagern.
Eine genaue Größenabstimmung des Spendermeniskus mit dem Empfänger (Matching) ist erforderlich und kann die Verfügbarkeit stark einschränken. Die technische Fixierung des Spendermeniskus kann entweder durch Knochen- oder Weichteiltechniken erfolgen, wobei die genaue Positionierung entscheidend ist. Bestehen zusätzliche Risikofaktoren wie Fehlstellungen, Knorpelschäden oder Instabilitäten, sind ergänzende Korrekturosteotomien oder Bandrekonstruktionen notwendig, um ein Versagen des Transplantats zu vermeiden.18-20
Die Nachbehandlung besteht aus einer sechs Wochen dauernden Entlastung mit einer anschließenden stufenweisen Anpassung der Belastung bis hin zum vollen Körpergewicht. Die ersten ein bis zwei Wochen erfolgt eine Ruhigstellung in Streckung; ab der dritten Woche ist eine Beugung bis zu 90° ohne Gewichtsbelastung erlaubt.21
Biomechanische Studien zeigen, dass die Transplantate den Kontaktdruck verringern, aber Probleme wie Meniskusextrusion durch ein Größenmismatch bleiben.22, 23 Verdonk et al. berichteten über gute Langzeitergebnisse und Heilung des peripheren Rands zur Gelenkkapsel.24 Eine Studie von 2023 mit 174 Patienten zeigte Überlebensraten für MATs von 72% nach 15 Jahren.25 Kunze et al. bewerteten 17 Studien mit 2184 Patienten und berichteten über eine Gesamtausfallrate von 17,8%, mit Ausfallraten von 10,9% nach 5 Jahren und 22,7% nach 10 Jahren. Hierbei zeigte sich erneut, dass der Grad des Knorpelschadens (ICRS >3a) signifikant mit der Versagensrate korrelierte.26
Einschränkungen der MATs sind insbesondere die begrenzte Verfügbarkeit von Gewebebanken und strenge Regelungen in einigen Ländern.
Künstliche Alternativen
Im Vergleich zu den Allografts sind synthetische Meniskustransplantate sofort verfügbar. Es handelt sich hierbei um Materialien entweder aus biologischem oder synthetischem Gewebe, die so konzipiert werden, dass ihre Abbauzeit der Regenerationsrate des Meniskusgewebes entspricht.27 Sie dienen als vorübergehender Platzhalter, bis verbleibende Meniskuszellen wieder in das Gerüst (Scaffold) eingewachsen sind.28 Ein Nachteil ist, dass für eine ausreichende Fixation noch Restmeniskusgewebe mit stabiler Vorder- und Hinterhornwurzel vorhanden sein muss, weshalb die Methode nur bei begrenzten Defekten sinnvoll ist. Polyurethan-Implantate (Actifit®, Fa. Orteq Sports Medicine) und Kollagen-Meniskus-Implantate (CMI®, Fa. Stryker) zeigten vielversprechende Ergebnisse in Bezug auf Biokompatibilität, Zellrepopulation und Gewebeintegration. Nach 5 bzw. 10 Jahren zeigten sich signifikante klinische Verbesserungen, die jedoch geringer waren als bei biologischen Menisken.29,30 Nachteile sind die Ungenauigkeit der Passform, eine Unebenheit der Oberfläche und die verminderte biomechanische Belastbarkeit.30–32Aktuell ist jedoch die Marktverfügbarkeit des CMI® nicht gegeben.
Eine weitere Alternative sind eingeschobene frei bewegliche Meniskusimplantate als unikompartimenteller permanenter Platzhalter (Nusurface®, Fa. Active Implants).33 Dieses Implantat aus PCU (Polycarbonaturethan), verstärkt mit UHMWPE-Fasern (ultrahochmolekulargewichtigem Polyethylen), zentriert sich durch seine keilförmige Geometrie selbst, benötigt jedoch einen intakten Meniskusrand von mindestens 2mm, um Luxationen zu vermeiden.33 Klinische Studien zeigten nach einem Jahr eine deutliche Schmerzlinderung im KOOS verglichen mit einer konservativ geführten Kontrollgruppe. Die Rate an Komplikationen war in der Implantatgruppe (17%) vergleichbar mit jener der Kontrollgruppe (14%).34 In der VENUS-Studie brauchten 18% der Patienten innerhalb des ersten Jahres eine Folgeoperation.
Additivverfahren
Eine pathologische Beinachse und ein Meniskusschaden wirken sich synergistisch auf die Entwicklung einer Arthrose aus. Eine Entlastung eines Kompartiments mittels Umstellungsosteotomie bei relevanter Achsenfehlstellung resultiert sowohl bei gelenkerhaltenden Eingriffen als auch in frühen Arthrosestadien in einer klinisch verbesserten Symptomatik.35, 36 Die Kombination mit einer Meniskustransplantation wurde rezent mit guten Ergebnissen beschrieben.37, 38 Zudem wurden bei einer nicht adressierten Achsenfehlstellung vermehrt Extrusionen des MAT beschrieben.39
Die Meniskusextrusion kommt einem Fehlen des Meniskus gleich. Hierbei gilt es, den Meniskus so zu replatzieren, dass er seine Funktion erfüllen kann. Neben Studien, die ein gutes Outcome mit einer Zentralisation nach Extrusion des nativen Meniskus zeigen,40, 41 gilt dies auch für Meniskustransplantationen bzw. -implantate.42 Zusätzliche transossäre Fixierungen sind hier unter Umständen erforderlich und Gegenstand aktueller Untersuchungen.
Die Stabilität des Kniegelenks ist entscheidend, um optimale Bedingungen für die Integration und Funktion des Meniskus zu schaffen. Die Bedeutung eines kombinierten Einsatzes mit zusätzlichen Bandrekonstruktionen wurde durch eine 2023 veröffentlichte Übersichtsarbeit unterstrichen, in welche insgesamt sieben Studien mit 363 Patienten eingeschlossen wurden. Die Kombination einer Meniskustransplantation mit einer Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes (VKB) lieferte vielversprechende Ergebnisse. Patienten profitierten von einer verbesserten Stabilität und Funktion des Kniegelenks sowie einer Reduktion der Langzeitkomplikationen. Die untersuchten Fälle zeigten über einen Zeitraum von 2 bis 14 Jahren positive Ergebnisse.43
Conclusio
Die Meniskustransplantation stellt eine mögliche Therapieoption bei funktioneller oder totaler Meniskektomie dar. Allogene Transplantate sind gut erforscht und können auch bei komplettem Fehlen eines Meniskus transplantiert werden. Synthetische Menisken sind schnell und einfach verfügbar, brauchen jedoch Restmeniskusgewebe, um angewandt werden zu können.
Begleitverletzungen jeglicher Art oder Achsenfehlstellungen sollten mitbehandelt werden, um ein Therapieversagen zu minimieren. Es benötigt jedoch noch mehr Langzeitstudien, um den richtigen Zeitpunkt der Intervention, die Auswahl des Implantats und die indizierten Additivverfahren gegeneinander abzugrenzen.
Literatur:
1 Smillie IS: Clin Orthop Relat Res 1967 2 Johnson CD et al.: J Bone Joint Surg Am 1974; 56: 719-29 3 Jackson JP: Br Med J 1968; 2(5604): 525 4 Gillquist J et al.: Acta Orthop Scand 1982; 53: 975-9 5 Seitz AM et al.: J Orthop Res 2012; 30(6): 934-42 6 Englund M et al.: Arthritis Rheum 2009; 60: 831-9 7 Ijaz Khan et al.: Arthritis Care Res 2016; 68: 958-64 8 Englund M et al.: Nat Rev Rheumatol 2012; 8: 412-9 9 Englund M et al.: Arthritis Rheum 2003; 48: 2178-87 10 Roos H et al.: Arthritis Rheum 1998; 41: 687-93 11 Englund M, Lohmander LS: Arthritis Rheum 2004; 50: 2811-9 12 Hada S et al.: Arthritis Res Ther 2017; 19: 201 13 Wenger A et al.: Arthritis Rheum 2013; 65: 1804-11 14 Bloch BV et al.: Concepts in Managing the Patient with Post-meniscectomy Knee Pain. Springer Nature, 2016. 437-46 15 Milachowski KA et al.: Int Orthop 1989; 13: 1-11 16 Cameron JC, Saha S: Clin Orthop 1997; 337: 164-71 17 Noyes FR, Barber-Westin SD: Orthop Trans 1995; 19: 417 18 Bloecker K et al.: Osteoarthritis Cartilage 2013; 21: 419-27 19 Wang Z et al.: Arthroscopy 2023; 11: 940-4 20 Saltzman BM et al.: Arthroscopy 2018; (2): 519-29 21 Rehab Protocol by Brian J Cole, MD, for Meniscal Allograft Implantation 22 Seitz AM, Dürselen L: Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2019; (6): 1708-16 23 Dienst M et al.: SAGE Publishing 2007; 35(1): 34-42 24 Verdonk R et al.: Injury 2013; 44: 21-7 25 Wagner KR et al.: Am J Sports Med 2023; 51(11): 2954-63 26 Kunze KN et al.: Am J Sports Med 2023; 51: 1356-67 27 Kyriakidis T et al.: J Cartil Jt Preserv 2023; 3(1): 10010 28 van Minnen BS, van Tienen TG.: Curr Rev Musculoskelet Med 2024; 17(8): 293-302 29 Zaffagnini S et al.: Am J Sports Med 2011; 39: 977-85 30 Toanen C et al.: Am J Sports Med 2020; 48(6): 1347-55 31 Kovacs BK et al.: Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2019; 29(1): 90-9 32 Filardo G et al.: Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2017; 25: 459-67 33 Elsner JJ et al.: J Biomech Eng 2010; 132(9): 095001 34 McKeon BP et al.: Orthop J Sports Med 2020; 8(9): 2325967120952414 35 Floerkemeier S et al: Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2013; 21(1): 170-180 36 Hoorntje A et al.: Sports Med 2017; 47(11): 2219–44 37 Grassi A et al: Am J Sports Med. 2024; 52(7):1813-1819 38 Liu JN et al.: Arthroscopy 2019; 35(11):3090-6 39 Lee DW et al.:Am J Sports Med 2024; 52(9):2260-9 40 Koga H et al.: Arthrosc Tech 2012; 1:e209–12 41 Koga H et al.: Arthrosc Tech 2017; 6:e1335–9 42 Masferrer-Pino A et al.: Int Orthop 2019; 43:2549–56 43 Tan KSA et al.: Arthroscopy 2023; 39(6): 1584-1592.e1
Das könnte Sie auch interessieren:
Revisionsmöglichkeiten nach arthroskopischer Rotatorenmanschettenrekonstruktion
Die Notwendigkeit einer Revision nach arthroskopischer Rotatorenmanschettenrekonstruktion stellt eine klinische Herausforderung dar, insbesondere bei Patient:innen mit Rezidivrupturen.
Kreuzbandrevisionen in Österreich
Die Kreuzbandverletzungen, insbesondere des vorderen Kreuzbandes (VKB), zählen zu den häufigsten ligamentären Knieverletzungen, vor allem im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten. In ...
ÖGU Umfrage zur aktuellen Situation der unfallchirurgischen Tätigkeit im Krankenhaus
Das Gesundheitssystem steht vor der ständigen Herausforderung, sich an aktuelle Entwicklungen und Anforderungen anzupassen – eine Dynamik, die auch die Fachbereiche wie die ...