Therapieoptionen in der modernen Meniskuschirurgie
Autoren:
OA Priv. Doz. DDr. Xaver Feichtinger
OÄ Dr. Marija Feichtinger-Domej
OA Dr. Georg Brandl
II. Orthopädische Abteilung, Herz-Jesu Krankenhaus, Wien
E-Mail: ordination@ortho-feichtinger.at
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Während in der Vergangenheit die (Teil-)Meniskusentfernung als Therapie der Wahl galt, haben sich in den letzten Jahren immense Vorteile durch den operativen Erhalt des Meniskus gezeigt. Neuere Therapieoptionen stellen die Rekonstruktion der früher oftmals übersehenen medialen Rampenläsion, die transossäre Meniskus-Wurzelrefixation sowie die Meniskus-Allograft-Transplantation dar.
Keypoints
-
Die Versorgung von degenerativen und traumatischen Meniskusrupturen stellen eine der häufigsten orthopädischen Herausforderungen dar.
-
Durch den Erhalt des Meniskusgewebes können die Arthrose-Progression sowie das Pre-Injury-Activity-Level deutlich verbessert werden.
-
Durch moderne minimalinvasive arthroskopische OP-Techniken können mittels Meniskusnaht, transossärer Wurzelrefixation mit Zentralisierung oder Meniskus-Allograft-Transplantation die Biomechanik sowie die Kontaktflächen/Kontaktdruck-Verhältnisse wiederhergestellt werden.
Hintergrund
Die Menisken (Innen- und Außenmeniskus) sind fibrocartilaginäre Bindegewebsstrukturen und liegen zwischen den beiden Femurkondylen und dem Tibiaplateau. An den Vorder- und Hinterhörnern sind sie über die Meniskuswurzel fest am Knochen sowie über die jeweilige Meniskusbasis zum Teil an der Gelenkkapsel verankert.1 Der mediale Meniskus ist C-förmig konfiguriert und bedeckt 60% des medialen Tibiakondyls. Im Vergleich zum lateralen ist der mediale Meniskus weniger mobil aufgrund verstärkter Befestigungen im Bereich der Meniskusbasis (meniskotibiale und meniskokapsuläre Bandverbindungen). Der laterale Meniskus zeigt eine nahezu runde Form. Durch Verbindungen zum hinteren Kreuzband und zum Femurkondyl (meniskofemorale Bandverbindungen) sowie zur Popliteus-Sehne ist er deutlich mobiler (Abb. 1).2 Die Durchblutung erfolgt über einen perimeniskalen Plexus sowie direkt über die Meniskuswurzel. Am medialen Meniskus sind lediglich die peripheren 10–30% sowie lateral nur die peripheren 10–25% vaskularisiert. Der restliche Meniskus wird zu geringerem Anteil über synoviale/mechanische Diffusion versorgt (Abb. 2).2, 4 Die wichtigsten Funktionen der Menisken reichen von Lastübertragung (bis zu 90% in Flexionsstellung), Stoßdämpferfunktion, Stabilitätsfunktion (medial > lateral), Nähr- und Schmierfunktion bis zur Propriozeption (vor allem an der Meniskuswurzel).
Abb. 1: Anatomie des Meniskus (adaptiert von Fox et al.)2
Abb. 2: Vaskularisation des Meniskus im microCT dargestellt (adaptiert von Orellana et al.)4
Meniskusruptur
Grundsätzlich werden traumatische und degenerative sowie stabile und instabile Risse unterschieden. Eine weitere Unterscheidung betrifft die Rupturlokalisation sowie die Rupturform (Abb. 3). Zusätzlich zu den bereits längere Zeit beschriebenen Rupturtypen sind in den letzten Jahren vor allem die Rampenläsion, die Wurzelläsion sowie die Meniskusextrusion in den Fokus gerückt.
Abb. 3: Unterschiedliche Rupturformen (adaptiert von Wadhwa et al.)8
Rampenläsion des medialen Meniskus
Rampenläsionen betreffen die menis-kokapsulären bzw. meniskotibialen Verbindungen des medialen Meniskus-Hinterhorns. Sie treten vor allem in Kombination mit vorderen Kreuzband- (VKB)-Rupturen (bei 9–24% aller VKB-Rupturen) auf.6 Die Verletzung der meniskokapsulären Verbindung kann zu einer vermehrten anterioren Translation sowie einer Rotationsinstabiltität bzw. zu erhöhten femorotibialen Kontaktdrücken (und dadurch beschleunigter Knorpelabnützung) im Kniegelenk führen.6
Meniskus-Wurzelläsion und Extrusion
Bei den Meniskus-Wurzelläsionen werden vor allem mediale (eher degenerativ) und laterale (eher traumatisch in Kombination von VKB-Rupturen) unterschieden. Durch die gestörte Ringspannung des Meniskus verbleibt dieser funktionslos und führt in vielen Fällen zur anschließenden Meniskusextrusion. Die verringerten Kontaktflächen führen zu deutlich erhöhten Kontaktdrücken (lt. Literatur um 25% Steigerung nach medialer Meniskus-Wurzelläsion) und somit zur Begünstigung frühzeitiger Arthroseentstehung.1
Therapieoptionen
Abb. 4: Veränderte Druckverhältnisse durch (Teil-)Meniskusentfernung (adaptiert von McDermott et al.)3
Neben konservativen Therapieoptionen, wie Physiotherapie, orthobiologischen Verfahren (plättchenreiches Plasma, [Stamm-] Zelltherapie) kann vor allem bei deren Versagen bei stabilen Rupturformen, aber auch primär bei instabilen Rupturformen eine operative (arthroskopische) Sanierung notwendig sein. Viele Jahre galt die (Teil-)Meniskektomie (TME) als Methode der Wahl. Mittlerweile haben unzählige Studien den Stellenwert des Meniskuserhaltes im Kniegelenk unterstrichen. Durch Veränderung der Kontaktflächen nach Meniskusentfernung entsteht eine enorme Drucksteigerung im entsprechenden Kompartiment.3 Stein et al. konnten eine Progression der Arthrose nach TME in 80% im Vergleich zur Meniskusnaht in nur 40% zeigen. Das Pre-Injury-Level konnte nach TME in nur 50% erreicht werden, während Patienten nach Meniskusnaht das Aktivitätslevel zu 96% wieder erreicht haben (Abb. 4).7
Heutzutage muss das Ziel in der modernen Kniechirurgie der Meniskuserhalt sein. Dabei können je nach Rupturlokalisation und Operateurpräferenz All-inside-, Inside-out-, oder Outside-in-Nahttechniken zur Anwendung kommen (Abb. 5). Außerdem sollten Komorbiditäten präoperativ abgeklärt und gegebenenfalls mittherapiert werden (z.B. valgisierende Umstellungsosteotomie bei Varusfehlstellung in Kombination mit degenerativer medialer Meniskusläsion oder z.B. vordere Kreuzbandplastik inklusive anterolateraler Stabilisierung bei ausgeprägter Instabilität und dadurch resultierender traumatischer Meniskusruptur).
Abb. 5: All-inside-Naht einer horizontalen Meniskusruptur
Rampenläsion des medialen Meniskus
Die korrekte Evaluierung sowie die arthroskopische Naht einer Rampenläsion des medialen Meniskus erfolgen durch einen Trans-Notch-Blick über das anterolaterale Portal in den posteromedialen Gelenkanteil. Ein Arbeitszugang wird über ein posteromediales Portal erzeugt. Nach entsprechender Reposition und Anfrischung erfolgt durch ein bis zwei Nähte über das posteromediale Portal die Rekonstruktion der Meniskusrampe (Abb. 6).5
Abb. 6: Naht einer Rampenläsion des medialen Meniskus (adaptiert von Peltier et al.)5
Meniskus-Wurzelläsion und Extrusion
Der Goldstandard der Refixation der Meniskuswurzel und Wiederherstellung der Anatomie ist derzeit die transtibiale Pull-out-Technik. Nach Mobilisierung und Anfrischung der rupturierten Meniskuswurzel sowie des Ansatzpunktes wird mit zumindest zwei Schlaufennähten die Meniskuswurzel armiert. Anschließend wird durch ein tibiales Zielgerät eine Bohrung im Bereich des anatomischen Ansatzpunktes durchgeführt und die Fäden nach tibial ausgeshuttelt und anschließend dort mit einem knotenlosen Anker unter Spannung fixiert( Abb. 7). Zur zusätzlichen zentralisierenden Therapie bei ausgeprägter Meniskusextrusion kann der Meniskus im Bereich der dorsalen Pars intermedia zweimalig umstochen und anschließend an der posteromedialen Tibiakante mit einem knotenlosen Anker fixiert werden.
Abb. 7: Meniskus-Wurzelrefixation mittels transtibialer Pull-out-Fixation
Meniskustransplantation
Sollte der Meniskuserhalt unmöglich (z.B. aufgrund der Rupturform) und eine Meniskusentfernung notwendig sein, kommt es immer wieder zu einem schmerzhaften Post-Meniskektomiesyndrom als Folge. Vor allem jüngere Patienten (mit noch gut erhaltener Knorpelstruktur) können dabei von einer Meniskus-Allograft-Transplantation (MAT) profitieren. Nach entsprechender Vorbereitung und dem sog. Größen-Matching kann der Spendermeniskus als biologisches Transplantat mittels arthroskopischer Technik zur Therapie von Meniskusdefekten verwendet werden.
Im Herz-Jesu KH in Wien konnten wir bisher über 70 Patienten mit dieser minimalinvasiven Technik versorgen. Die Nachuntersuchungen (mittlerweile 5-Jahres-Ergebnisse) zeigen beeindruckende Ergebnisse, sowohl hinsichtlich des geringen Arthrosefortschrittes im Vergleich zu Patienten nach Meniskusentfernung als auch der deutlich verbesserten Kniefunktion und Schmerzlinderung.
Auch wenn Langzeitergebnisse über 10–15 Jahre hinaus in der Literatur noch selten anzufinden sind, kann davon ausgegangen werden, dass Patienten nach (sub-)totaler Meniskektomie, sowohl lateral als auch medial, von dem Verfahren mittel- bis längerfristig profitieren.
Abb. 8: li.: Status post Meniskusentfernung nach Reruptur; re.: anschließender Status post Meniskus-Allograft-Transplantation
Literatur:
1 Allaire R et al.: Biomechanical consequences of a tear of the posterior root of the medial meniscus. Similar to total meniscectomy. J Bone Joint Surg Am 2008; 90(9): 1922-1931 2 Fox AJS et al.: The human meniscus: a review of anatomy, function, injury, and advances in treatment. Clin Anat N Y N 2015; 28(2): 269-287 3 McDermott ID, Amis AA: The consequences of meniscectomy. J Bone Joint Surg Br 2006; 88(12): 1549-1556 4 Orellana F et al.: Revealing the complexity of meniscus microvasculature through 3D visualization and analysis. Sci Rep 2024; 14(1): 10875 5 Peltier A et al.: Posteromedial meniscal tears may be missed during anterior cruciate ligament reconstruction. Arthrosc J Arthrosc Relat Surg Off Publ Arthrosc Assoc N Am Int Arthrosc Assoc 2015; 31(4): 691-698 6 Sonnery-Cottet B et al.: Epidemiological evaluation of meniscal ramp lesions in 3214 anterior cruciate ligament-injured knees from the SANTI Study Group Database: a risk factor analysis and study of secondary meniscectomy rates following 769 ramp repairs. Am J Sports Med 2018; 46(13): 3189-3197 7 Stein T et al.: Long-term outcome after arthroscopic meniscal repair versus arthroscopic partial meniscectomy for traumatic meniscal tears. Am J Sports Med 2010; 38(8): 1542-1548 8 Wadhwa V et al.: ISAKOS classification of meniscal tears-illustration on 2D and 3D isotropic spin echo MR imaging. Eur J Radiol 2016; 85(1): 15-24
Das könnte Sie auch interessieren:
Therapie der Patellaluxation
Die Inzidenz der Patellaluxation liegt zwischen 2 und 77 pro 100000 Menschen und ist eine der häufigsten Verletzungen des Kniegelenks. Vor allem junge Menschen zwischen 10 und 20 Jahren ...
Instabilität der Schulter und des Ellbogens im Wachstumsalter
Gelenksinstabilität der Schulter und des Ellbogens gelten immer noch als komplizierte Themen und haben eine relevante Dunkelziffer, ganz besonders bei Patient:innen im Wachstumsalter. Es ...
Auswirkungen von muskuloskelettalen Infektionen auf die psychische Gesundheit
Muskuloskelettale Infektionen sind gefürchtete, schwerwiegende Komplikationen, die zu lebensbedrohlichen Zuständen werden können. Dies bedeutet für die Betroffenen neben den physischen ...