CAP mit RSV, Influenza, Covid-19 –il buono, il brutto, il cattivo?
Autor:
Prim. Univ.-Doz. Dr. Christoph Wenisch
Vorstand der 4. Medizinische Abteilung mit Infektions- und Tropenmedizin, Klinik Favoriten, Wien
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Das klinische Management vor allem der Viruspneumonien hat sich in den letzten Jahren substanziell geändert. Dies ist durch die kontinuierliche Evolution bei SARS-CoV-2 und Influenza und der spezifischen Immunität bzw. der Verfügbarkeit neuer Vakzinen für RSV und damit auch der geänderten Bewertung der antiinfektiven Therapien begründet.
Keypoints
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Die Auswahl der Antiinfektiva hängt von vielen Faktoren wie u.a. Häufigkeit der Erreger gemäß Behandlungsort, aktuellen klinischen Studiendaten und Begleiterkrankungen ab.
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Zur Prävention von RSV stehen Antikörper für Kleinkinder sowie Impfstoffe für Schwangere, für Erwachsene ab 50 mit erhöhtem Risiko sowie für Erwachsene ab 60 Jahren zur Verfügung.
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Die kostenlosen Impfungen gegen Influenza- und Covid-19 sind ab dem vollendeten 6. Lebensmonat möglich. Sie werden v.a. Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf sowie bei erhöhtem Expositionsrisiko empfohlen.
Mehr als 20000 Personen sind in Österreich von einer Spitalssterblichkeit zwischen 4 und 15% pro Jahr betroffen. Der Behandlungsort wird nach dem CRB-65-Score (Verwirrung, Atemfrequenz, Blutdruck, 65 Lebensjahre) vergeben. Ab dem Vorliegen von zwei Faktoren ist eine stationäre Aufnahme notwendig sowie auch bei Patienten mit ausgeprägter Oxygenierungsstörung, d.h. Sauerstoffsättigung unter 90% bei Raumluft. Die Auswahl der Antiinfektiva hängt von der Häufigkeit der Erreger gemäß Behandlungsort, von klinischen Studien, von Risikofaktoren bei und für spezielle(n) Erreger(n) oder Resistenz, Begleiterkrankungen für Resistenzentwicklungen, Sicherheit, den Kosten und genetischen bzw. immunologischen Parametern ab.
Klinische Manifestationen und Risikopopulationen der drei Viruserkrankungen sind ähnlich und variieren zudem zwischen Altersgruppen. RSV hat eine geringe, Influenza bzw. SARS-CoV-2 haben eine hohe antigenetische Variabilität. Rezidivierende Infektionen kommen wegen fehlenden langfristigen Schutzes durch die natürliche Infektion bei RSV und Antigenvariationen (Covid, Influenza) vor.
Das Risiko für eine ambulant erworbene Pneumonie (CAP) durch respiratorische Viren ist vor allem erhöht bei Säuglingen und älteren Erwachsenen bzw. Personen mit Risikofaktoren wie Schwangerschaft, Personen mit Trisomie 21, bei respiratorischen, kardialen, renalen, endokrinen, metabolischen, neurologischen, psychiatrischen oder chronisch-entzündlichen Grunderkrankungen, bei schweren (dekompensierten) Organerkrankungen und onkologischen Erkrankungen, Personen mit Immundefekten, Immundefizienz oder immunsupprimierender Therapie, HIV-Infektion, Organ- oder Knochenmarkstransplantation, Autoimmunerkrankungen, bei Adipositas (BMI ≥30), in Alten- und Pflegeheimen betreuten Personen, Personen mit intellektuellen oder körperlichen Behinderungen in und außerhalb von Betreuungseinrichtungen.
RSV – il buono?
Die RSV-Diagnostik wird bei immunkompromittierten Patienten – insbesondere bei transplantierten (v.a. Lunge, Stammzellen) – wegen der Indikation zur antiviralen Therapie mit Ribavirin 2x800mg und intravenösen Immunglobulinen (IVIG) 1x0,5g/kg (evtl. zzgl. Antibiotika bei Superinfektion) nötig. Für alle anderen Patienten mit Pneumonien könnte der RSV-Nachweis zur Vermeidung antibiotischer Therapien führen.
Prävention
Zur Prävention stehen Händehygiene, Maske, Antikörper für neugeborene Säuglinge und Kleinkinder während ihrer ersten RSV-Saison (Nirsevimab) und auch für Risikobabys (Palivizumab) sowie eine Impfung für Schwangere (Abrysvo) und Erwachsene >50 Jahre mit erhöhtem Risiko für eine RSV-Erkrankung (Arexvy) und Erwachsene >60 Jahre (Arexvy oder Abrysvo) zur Verfügung.1–19
Influenza – il brutto?
Obwohl vor der SARS-CoV-2-Pandemie davon ausgegangen wurde, dass während der Peakphase einer Influenzawelle bei nichtpneumonischen Verläufen und bei Epidemien die typische ILI(„influenza-like illness“)-Symptomatik einen ausreichenden Vorhersagewert hatte, um eine antivirale Therapie gegen Influenza zu indizieren, wird diese Vorgehensweise heute als unzureichend betrachtet. Bei schweren Verläufen (d.h. Influenzapneumonie) und dem Auftreten von Komplikationen war schon immer jedenfalls ein PCR-Nachweis erforderlich.
Für Influenzapneumonie ist eine antivirale Therapie unabhängig von der Symptomdauer empfohlen. Bei respiratorischem Versagen und/oder hämodynamischer Instabilität, bei Therapieversagen nach drei Tagen antiviraler und supportiver Therapie sowie bei einer zweiten Fieberepisode nach initialem Abfiebern ist zusätzlich eine empirische Antibiotikatherapie mit z.B. Ceftriaxon 1x2g oder Doxy-cyclin 2x100mg oder Levofloxacin 2x500mg empfohlen. Therapie erster Wahl ist Oseltamivir p.o. 2x75mg für 5 Tage, alternativ Zanamivir i.v.2x600mg für 5 bis 10 Tage. Eine Kombination mit Baloxavir führt zu keinem besseren Ergebnis und die Monotherapie mit Baloxavir bei schwerer Influenza ist nicht durch Daten belegt.
Für Statine gibt es die nicht bewiesene Hypothese, dass deren antiinflammatorische Effekte den Schweregrad der Influenza reduzieren könnte; Glukokortikoide führen zu einer Vervierfachung der Sterblichkeit und sind nicht indiziert. Für IVIG oder Hyperimmunglobulin gibt es keine ausreichende Evidenz, die einen klinischen Einsatz rechtfertigen würde.
Prävention
Die Influenza-Impfung ist für alle Personen ab dem vollendeten 6. Lebensmonat empfohlen, insbesondere für Ältere, chronisch Kranke, Personengruppen mit anderen Risikofaktoren sowie Personal im Gesundheitswesen, da sie Erkrankungs- bzw. Mortalitätsrisiken reduziert, bei Herzversagen 18% weniger Sterblichkeit, bei Myokardinfarkt 41 bis 66% weniger Sterblichkeit, weniger Reinfarkte, bei Asthma 59 bis 78% weniger Hospitalisierungen, 18% weniger Stroke bei Risikopatienten, bei Hypertonie 10% weniger Sterblichkeit (5 Saisonen), bei Schwangeren 12% weniger Sterblichkeit, 27% weniger Totgeburten, 50% weniger Missbildungen und auch zu „herd immunity“ durch Schulkinder-Impfung führt. Im 2. bis 18. Lebensjahr kann mit einem nasalen Lebendimpfstoff, vom 18. bis 60 Lebensjahr mit inaktivierten Vakzinen und ab dem 60 Lebensjahr mit adjuvantiertem Impfstoff oder Hochdosis- Impfstoff geimpft werden.20–27
Covid-19 – il cattivo?
Bei schwerem Verlauf mit O2-Sättigung <94% bei RL oder AF>30/min oder PaO2/FiO2<300 oder >50% Infiltrate (Laborwerte wie Ferritin, CRP, D-Dimer, LDH, Troponin oder Leukozyten haben keinen prognostischen Wert) ist eine antivirale Therapie mit Remdesivir i.v. 200mg am Tag 1, dann 100mg an den Tagen 2 bis 5 sowie Dexamethason 6mg für 6 Tage indiziert. Bei Progression kommt Baricitinib 1x4mg für 14 Tage oder 1x Tocilizumab 8mg/kg zum Einsatz. Für Patienten mit Influenzakoinfektion wird zusätzlich wie oben therapiert und/oder Antibiotika bei Leukozytose und/oder erhöhtem Procalcitonin-Wert (PCT). Die Antikoagulation erfolgt mittels LMW-Heparin in Prophylaxedosis auf ICU bzw. in Therapiedosis auf Normalstation, bei erhöhtem Blutungsrisiko auch dort in Prophylaxedosis (Fondaparinux bei Heparin-induzierter Thrombozytopenie; HIT). Keine antivirale Therapie kommt bei asymptomatischer Infektion, Symptomen an mehr als 7 Tagen oder Rebound (Wiederauftreten von Symptomen nach Therapie) zum Einsatz.
Prävention
Bei Nachweis von hoher Transmission von SARS-CoV-2 und anderen respiratorischen Viren (durch z.B. Abwasserproben) können folgende generelle Maßnahmen dazu beitragen, eine Infektion zu verhindern. Präexpositionsprophylaxe mittels Impfung: Diese ist allen empfohlen, die das Risiko für einen möglichen schweren Krankheitsverlauf reduzieren möchten, besonders Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf – ab dem vollendeten 60. Lebensjahr, bei Schwangerschaft, Personen mit Trisomie 21, bei respiratorischen, kardialen, renalen, endokrinen, metabolischen, neurologischen, psychiatrischen oder chronisch-entzündlichen Grunderkrankungen, im Fall von schweren (dekompensierten) Organerkrankungen und onkologischen Erkrankungen, bei Personen mit Immundefekten, Immundefizienz oder immunsupprimierender Therapie, HIV-Infektion, Organ- oder Knochenmarkstransplantation, Autoimmunerkrankungen, bei Adipositas (BMI≥30), in Alten- und Pflegeheimen betreuten Personen, Personen mit intellektuellen oder körperlichen Behinderungen in und außerhalb von Betreuungseinrichtungen.
Bei erhöhtem Expositionsrisiko ist eine Impfung sinnvoll, für Personal im Gesundheitswesen ist eine Impfung wegen des erhöhten Expositionsrisikos empfohlen. Der Benefit liegt bei etwa 40 bis 50% Risikoreduktion für die symptomatische Infektion. Bei spezifischer Immunsuppression mit Impfversagen ist die Gabe eines monoklonalen Antikörpers möglich.
Adäquate Belüftung in Innenräumen, Händehygiene (mind. 60%-Alkohol-Desinfektion), Husten- und Schnupfenhygiene, bei Symptomen zu Hause bleiben und auf SARS-CoV-2 testen, Veranstaltungen mit potenziellem Übertragungsrisiko (z.B. Aprés-Ski) vermeiden, Masketragen bei hoher Transmission und keiner physikalischen Schutzmöglichkeit (50% Restrisiko).26,28,29
Literatur:
1 Whimbey E et al.: Combination therapy with aerosolized ribavirin and intravenous immunoglobulin for respiratory syncytial virus disease in adult bone marrow transplant recipients. Bone Marrow Transplant 1995; 16: 393 2 Ghosh S et al.: Respiratory syncytial virus upper respiratory tract illnesses in adult blood and marrow transplant recipients: combination therapy with aerosolized ribavirin and intravenous immunoglobulin. Bone Marrow Transplant 2000; 25: 751 3 DeVincenzo JP et al.: Respiratory syncytial virus immune globulin treatment of lower respiratory tract infection in pediatric patients undergoing bone marrow transplantation – a compassionate use experience. Bone Marrow Transplant 2000; 25: 161 4 De Vincenzo JP et al.: Immunotherapy of respiratory syncytial virus pneumonia following bone marrow transplantation. Bone Marrow Transplant 1996; 17: 1051 5 Flynn JD et al.: Treatment of respiratory syncytial virus pneumonia in a lung transplant recipient: case report and review of the literature. Pharmacotherapy 2004; 24: 932 6 Casey J et al.: Oral ribavirin for treatment of respiratory syncitial virus and parainfluenza 3 virus infections post allogeneic haematopoietic stem cell transplantation. Bone Marrow Transplant 2013; 48: 1558 7 Gueller S et al.: Successful systemic high-dose ribavirin treatment of respiratory syncytial virus-induced infections occurring pre-engraftment in allogeneic hematopoietic stem cell transplant recipients. Transpl Infect Dis 2013; 15: 435 8 Gorcea CM et al.: Effective use of oral ribavirin for respiratory syncytial viral infections in allogeneic haematopoietic stem cell transplant recipients. J Hosp Infect 2017; 95: 214 9 Foolad F et al.: Oral versus aerosolized ribavirin for the treatment of respiratory syncytial virus infections in hematopoietic cell transplant recipients. Clin Infect Dis 2019; 68: 1641 10 Jain SR et al.: Is oral ribavirin for the treatment of respiratory syncytial virus in high-risk hematopoietic stem cell transplant recipients really safe? Clin Infect Dis 2019; 69: 2234 11 Manuel O, Estabrook M: RNA respiratory viral infections in solid organ transplant recipients: Guidelines from the American Society of Transplantation Infectious Diseases Community of Practice. Clin Transplant 2019; 33: e13511 12 Melgar M et al.: Use of respiratory syncytial virus vaccines in older adults: recommendations of the Advisory Committee on Immunization Practices – United States, 2023. MMWR Morb Mortal Wkly Rep 2023; 72: 793 13 Nam HH, Ison MG: Respiratory syncytial virus infection in adults. 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N Engl J Med 2021; 384: 693 29 National Institutes of Health: Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) Treatment Guidelines. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK570371/ ; zuletzt aufgerufen am 9.10.2024
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