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20 Jahre JATROS Pneumologie & HNO

Damals und heute: Asthma bronchiale

Mit ungefähr 300 Millionen betroffenen Menschen stellt das Asthma bronchiale ein schwerwiegendes globales Gesundheitsproblem dar. Es sind alle Altersgruppen betroffen, in vielen Ländern steigen die Prävalenz der Erkrankung, die Behandlungskosten und auch die Belastung für Patienten. Mit dem verbesserten Verständnis der Pathophysiologie des Asthma bronchiale konnten auch die therapeutischen Möglichkeiten in den letzten 20 Jahren wesentlich erweitert werden. So ist eine Reihe von neuen innovativen Therapien etabliert worden, die es mittlerweile ermöglichen, alle Schweregrade des Asthma bronchiale hervorragend zu behandeln.

Asthma ist eine häufige und potenziell schwerwiegende chronische Erkrankung, erfreulicherweise kann sie wirksam und erfolgreich behandelt werden. Die klassische Einteilung (allergisches/nicht allergisches Asthma) wurde in den letzten Jahren um weitere Phänotypen ergänzt und wir verstehen Asthma heute als eine heterogene Erkrankung, wobei von einer multifaktoriellen Genese ausgegangen werden kann.

Der Weg zur antiinflammatorischen Therapie

Asthma ist seit Jahrzehnten als chronisch entzündliche Atemwegserkrankung anerkannt, jedoch ist interessanterweise die Bedeutung einer frühzeitigen antiinflammatorischen Therapie bei milden/intermittierenden Formen erst in den letzten Jahren in den Richtlinien anerkannt bzw. umgesetzt worden. Bemerkenswert deswegen, da wir schon seit den 70er/80er-Jahren wissen, dass eine hoch dosierte Monotherapie mit einem kurz wirksamen Beta-2-Mimetikum (SABA) mit einer erhöhten Mortalität verbunden sein kann (Neuseeland). Als Konsequenz wurde schon damals darauf hingewiesen, wie unumgänglich eine inhalative Cortisontherapie (ICS) gemeinsam mit SABA ist und dass dadurch die erhöhte Mortalitätsrate bei Asthmatikern gesenkt werden kann.

Mit der Einführung von lang wirksamen Beta-2-Mimetika (LABA) Ende der 1990er wurde deren Nutzen-Risiko-Verhältnis neuerlich sehr kontrovers diskutiert und resultierte darin, dass eine klare Empfehlung für eine Kombinationstherapie von ICS gemeinsam mit LABA in den Richtlinien festgeschrieben wurde. Diese Substanzen wurden in unterschiedlichen Inhalatoren als Fixkombination angeboten und in den letzten Jahren um weitere Therapieformen erweitert. Eine Reihe von Untersuchungen konnte darstellen, dass mit einer Kombinationstherapie von ICS/LABA die Asthmakontrolle, die Exazerbationsrate und die Lebensqualität der Patienten deutlich verbessert werden können, und das mit einer signifikant geringeren ICS-Dosis im Vergleich zur ICS-Monotherapie.

Alle diese Effekte sind elementar für ein optimales Therapiemanagement, das jährlich in den GINA-Guidelines neu bewertet und entsprechend neuesten Studien überarbeitet wird. Daraus entwickelte sich ab 2010 auch die individuelle Step-up-/Step-down-Therapie, mit der eine präzise Versorgung der Betroffenen möglich ist.

Anhand dieser Leitlinien ist auch ersichtlich, wie sich die Behandlung des Asthma bronchiale in den letzten 20 Jahren wesentlich verändert hat: Die antiinflammatorische Medikation mit ICS wurde, wie bereits oben angeführt, sehr wohl als effektivste Behandlung anerkannt. Jedoch wurden in den frühen 2000er-Jahren Chromone, retardierte Theophylline, Leukotrienantagonisten als sogenannte „Controller“ weiterhin angeführt und als Alternative zu ICS angeboten. Aufgrund der Datenlage sind Chromone und Theophylline in weiterer Folge vollständig aus den Richtlinien herausgenommen worden und für Leukotrienantagonisten wurde 2017 sogar eine „black box warning“ von der FDA ausgesprochen.

Ein Paradigmenwechsel bezüglich der Monotherapie mit SABA bei Patienten mit mildem intermittierendem Asthma hat sich bereits in den letzten Jahren abgezeichnet. So empfehlen die neuen Leitlinien eine Erhaltungstherapie zur Entzündungshemmung mit niedrig dosierten Kortikosteroiden bereits ab der ersten Stufe, sofern ein SABA alsNotfallsmedikation erforderlich ist (Abb. 1). Dies kann auch in Form eines Kombinationspräparates erfolgen (ICS/Formoterol), das bei Bedarf eingenommen wird und eine variable Therapie ermöglicht.

Abb. 1: GINA 2021: Stufenschema zur Behandlung des Asthma bronchiale bei Erwachsenen und Jugendlichen (modifiziert nach Global Initiative for Asthma: Global Strategy for Asthma Management and Prevention. 2021; verfügbar unter www.ginasthma.org )

Bedeutung der Asthmakontrolle

Die GINA-Leitlinien sind, wie bereits oben angeführt, zu einer wesentlichen Grundlage für die Diagnostik und die Therapie des Asthma bronchiale geworden. So ist es möglich, neue Entwicklungen rasch in die tägliche Praxis umzusetzen. Beispielhaft ist hier die Bedeutung der Asthmakontrolle anzuführen: Patienten in den 2000er-Jahren wurden anhand ihrer Symptome und Lungenfunktionseinschränkung bei der Erstpräsentation z.B. als schwere Asthmatiker „stigmatisiert“, jedoch wurde dabei die Reversibilität der Erkrankung nicht berücksichtigt und die Betroffenen wurden mit einer dem aktuellen Schweregrad entsprechenden Therapie dauerhaft behandelt. Erst mit der Empfehlung, mit der minimalsterforderlichen Medikation eine optimale Asthmakontrolle zu erreichen, wurde ein „Step-up“ oder ein „Step-down“ routinemäßig – entsprechend den Untersuchungsresultaten – umgesetzt. Somit ist heute vielmehr die Asthmakontrolle entscheidend für notwendige Therapieänderungen und mit den derzeitig verfügbaren hervorragenden Behandlungsmöglichkeiten kann die Variabilität der Erkrankung erfolgreich stabilisiert werden.

Phänotypisierung entscheidend

In den letzten Jahren erfolgte eine Neudefinition von Asthma, die insbesondere die Phänotypisierung der Patienten mitberücksichtigt und in den Vordergrund stellt. Sie ist nicht nur bei Patienten mit schwerem Asthma von Bedeutung, sondern sollte bei jedem Schweregrad evaluiert werden. Eine genaue Charakterisierung der Patienten anhand von klinischen und biochemischen Parametern, die in einem Asthmazentrum routinemäßig angewandt werden, sind für einen optimalen Therapieerfolg entscheidend. Diese weitergehende Differenzierung ist in jenen Fällen sinnvoll, wo keine ausreichende Asthmakontrolle mit inhalativen Therapien erreicht wird. Die Unterscheidung von Type-2-high-Asthma und Type-2-low-Asthma anhand von immunologischen Charakteristika hat maßgeblich dazu beigetragen,

1. neue Therapieansätze zu entwickeln und

2. die Biologikabehandlung zielgerecht einzusetzen.

Vorläufige Schlussfolgerung

„Asthma ist nicht gleich Asthma“ – das ist die Herausforderung, die sich stellt, um für den einzelnen Patienten sein individuelles Therapiekonzept zu entwickeln. Die Neudefinition des Asthma bronchiale weist ganz ausdrücklich darauf hin, dass Asthma eine heterogene Erkrankung ist. Somit ist der „One size fits all“-Therapieansatz in den letzten Jahren von einer maßgeschneiderten Behandlung der Patienten abgelöst worden, vor allem bei Patienten, die eine Add-on-Therapie mit Biologika zu ihrer inhalativen Medikation benötigen (Tab. 1). Eine vorangegangene präzise Evaluierung des Phänotyps ist dabei unumgänglich.

Tab. 1: Zur Behandlung des schweren Asthmas zugelassene Biologika

Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass 90% der Patienten mit den derzeitigen inhalativen Therapieformen hervorragend behandelbar „wären“. Denn was sich in den letzten 20 Jahren leider kaum verändert hat, ist die mangelnde Behandlungstreue/Compliance der Patienten – diese liegt nur zwischen 30 und 50%.

Für eine Verbesserung dieses wichtigen Aspekts des Patientenmanagements wären umfassende Information, Schulung und kontinuierliche Nachkontrollen der Inhalationstechnik entscheidend – oft thematisiert, leider viel zu selten standardmäßig durchgeführt! Auch die besten Therapieformen können ihre Wirksamkeit nicht entfalten, wenn sie nicht oder fehlerhaft verabreicht werden! Es bleibt zu hoffen, dass auch diese Schwachpunkte im Asthmamanagement in den nächsten 20 Jahren noch verbessert werden, ergänzende digitale Technologien stellen hier eine wichtige Perspektive für die Zukunft dar.

beim Verfasser

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