Exogen allergische Alveolitis unter besonderer Berücksichtigung der „Farmerlunge“
Autor:
Prim. i.R. Dr. Gert Wurzinger
Facharzt für Lungenkrankheiten,
ehem. LKH Graz-Hörgas
E-Mail: gert@wurzinger.com
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Die Farmerlunge ist die bekannteste Form einer Typ-III-Allergie und eine typische „Wintererkrankung“, da Heu oder Stroh in feuchtem Zustand Monate vorher eingebracht und gelagert werden und ein optimales anaerobes Milieu für Schimmelpilze, Bakterien und Hefen bilden. Die Inhalation der Sporen führt zu einer allergischen Entzündung der Alveolen.
Keypoints
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Die exogen allergische Alveolitis ist eine Kombination einer IgG-vermittelten und einer lymphozytären Allergie mit unterschiedlichem Verlauf, abhängig von der Intensität, Häufigkeit und Dauer der Exposition.
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Es gibt keinen für die EAA spezifischen Test, sodass die Diagnostik nur durch Zusammenschau verschiedener Untersuchungen unter besonderer Berücksichtigung der Expositionsanamnese möglich ist.
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Es wird eine akut-subakute von einer chronischen Verlaufsform unterschieden, deren Therapien auch unterschiedlich sind.
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Die beste Therapie der akut-subakuten Farmerlunge besteht aus Maßnahmen zur Verbesserung der Futtermittel-Verarbeitung und der Lagerungsqualität zur Verhinderung des Wachstums pathogener Keime.
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Der chronische Verlauf der EAA kann schubhaft rezidivierend oder kontinuierlich-schleichend sein und große differenzialdiagnostische Probleme in der Abgrenzung zu interstitiellen Lungenfibrosen bereiten.
Aufgrund optimierter Qualität der Futter- und Einstreumittelgewinnung tritt die Erkrankung mittlerweile selten auf, ist aber immer noch die häufigste berufsbedingte „orphan disease“. Da es für die exogen allergische Alveolitis (EAA) keine spezifischen Tests gibt, ist deren Diagnose problematisch und einem „Puzzle“ vergleichbar. Die Farmerlunge ist als Berufserkrankung meldepflichtig.
Nach Einbringen von feuchtem Heu oder Stroh während der warmen Jahreszeit wird dieses von Schimmelpilzen wie z.B. Aspergillus-, Penicillium-, Fusarien- und Wallemia-Spezies, durch Hefen wie Candida oder Saccharomyces sowie von langsam wachsenden Bakterien (z.B. thermophile Aktinomyzeten, Saccharopolyspora-Spezies)unter anaeroben Bedingungen und erhöhter Temperatur durchwachsen. Monate später werden durch Verfütterung oder Einstreuung Bakterien, Hefen- oder Schimmelpilzsporen verwirbelt und eingeatmet und führen nach Sensibilisierung des Immunsystems unter Komplementaktivierung und massiver Beteiligung von Lymphozyten zu einer Entzündung der Alveolen.
Durch die Verbesserungen in der Verarbeitung von Futtermittel in der Landwirtschaft und durch die zunehmende Ballen- und Grubensilage nahm in Mitteleuropa die EAA in den letzten 2 Jahrzehnten signifikant an Häufigkeit ab. In Deutschland liegt die Prävalenz bei Landwirten bei 2,5%, jedoch relativiert durch eine unsichere Abgrenzung durch viel häufiger auftretende irritativ-toxische Alveolitis (z.B. Organic Dust Toxic Syndrome [ODTS]), welche ebenfalls durch Manipulation von mit Schimmelpilzen kontaminiertem Heu und Stroh verursacht wird.1
Je nach Erfassung variieren die Prävalenzen der EAA generell zwischen 2 und 4 Fällen pro 100000 Einwohnern und Jahr2, in feuchten Gegenden von Schottland wurde von bis zu 9% der Farmer mit EAA berichtet.3 Obwohl sie für die Betroffenen nicht selten existenzbedrohend ist, zählt die EAA zu den „orphan diseases“.
Hinter dieser seltenen Allergie steht eine heterogene Gruppe komplexer Lungenerkrankungen, die durch Bildung von IgG-Antikörpern unter Komplementaktivierung, gefolgt von einer akuten lymphozytären Entzündungsreaktion des Lungenparenchyms und der terminalen Bronchien geprägt ist.2,4 Die Auslöser dieser Kombination von Typ III und IV nach Coombs und Gell sind mannigfaltig und reichen von Inhalation von pathogenen Proteinen in Aerosolen, Dämpfen, organischen Stäuben, von Gasen, niedermolekularen Stoffen (Haptenen) bis zu abnormen Reaktionen auf Medikamente. Die immunologische Reaktion im Speziellen bei der Farmerlunge wird ausgelöst durch Bakterien vom Typ thermophile Aktinomyzeten, von Schimmelpilzen und Hefen. Bei fortgesetzter Antigenexposition kommt es im Verlauf einer chronischen Inflammation zur Destruktion des Lungenparenchyms mit Fibrose und/oder Emphysem.
Je nach Intensität, Häufigkeit und Dauer der Antigeninhalation kann die EAA akut bis subakut oder chronisch verlaufen. Mitunter ist auch eine IgE-vermittelte Typ-I-Allergie als Auslöser eines Asthma bronchiale im Sinne einer „dualen Reaktion“ möglich.5
Tabakraucher erkranken auffällig seltener an EAA als Nichtraucher. Nur 15% der EAA-Patienten sind Raucher. Als Gründe werden eine verminderte IgG-AK-Bildung, eine durch Acrolein im Zigarettenrauch gehemmte Makrophagenfunktion und eine durch Nikotin verminderte Freisetzung von IL-2 und TNF-α aus Lymphozyten angenommen.6 Rauchende Landwirte mit einer Farmerlunge haben jedoch eine signifikant schlechtere Prognose und 10-Jahres-Überlebensrate als erkrankte, nichtrauchende Landwirte.3
Klinik
Tab. 1: Die häufigsten klinischen Befunde und Symptome der EAA (modifiziert nach Sennekamp J et al. 2007 u. Lacasse Y et al. 2003)9, 10
Nach einer Latenzzeit von 3–12 Stunden nach Antigeninhalation (meist innerhalb von 4–8 Stunden) treten Dyspnoe mit unproduktivem Husten, Thoraxengegefühl, Kopf- und Gliederschmerzen, Schüttelfrost und Fieber auf, also Symptome unterschiedlicher Intensität, die an einen grippalen Infekt erinnern (Tab.1). Die Beschwerden erreichen ihren Höhepunkt meist nach 6 bis 24 Stunden und flauen während der kommenden Stunden bis Tage wieder ab.7, 8
Auskultatorisch imponiert inspiratorisches Knisterrasseln, mitunter auch giemende oder brummende Atemgeräusche als Hinweis auf eine bronchiale Obstruktion.
Tab. 2: Diagnosekriterien der Arbeitsgemeinschaft EAA für akute EAA (modifiziert nach Sennekamp J et al. 2007)9
Da keine für die EAA spezifischen Tests verfügbar sind, besteht die Diagnostik aus einem Puzzle von Untersuchungen, wobei der Schwerpunkt auf der diffizilen Anamnese zur Erfassung der Expositionsursache und ihrer zeitlichen Beziehung zur Beschwerdesymptomatik sowie der Funktionsdiagnostik liegt. 2007 hat die Deutsche Arbeitsgemeinschaft EAA der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI) unter Federführung von J. Sennekamp Diagnosekriterien erarbeitet, die auch heute noch Gültigkeit haben (Tab. 2).9
Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass aufgrund des zeitlichen Abstandes zwischen letzter Antigenexposition und EAA-Diagnostik die IgG-Antikörper und Ergebnisse der bronchoalveolären Lavage vermindert bis unauffällig sein können.
IgG-Antikörper-Nachweis
Der Gel-Doppelimmun-Diffusionstest nach Ouchterlony ist aufgrund der häufig falsch negativen Ergebnisse obsolet. Mittels Enzym-linked Immunosorbent Assay (ELISA) oder Fluoreszenz-Enzym-Immuno-Assay (FEIA) lassen sich 80–95% der IgG-Antikörper bei Erkrankten nachweisen.5,9 Dies lässt die Vermutung zu, dass der Antikörper-Nachweis das wichtigste diagnostische Kriterium darstellt. Doch ist zu berücksichtigen, dass auch 20–50% der antigenexponierten, asymptomatischen und 1–8% der nichtexponierten Personen IgG-Antikörper aufweisen.9 Andererseits schließt ein negativer Antikörpertest eine Farmerlungenerkrankung nicht aus, da nicht für alle infrage kommenden Allergene Testkits verfügbar sind bzw. Normwerte existieren (seronegative EAA).4 Dies zeigt, dass die IgG-Antikörper nicht die Ursache der Alveolitis darstellen, sondern die antigenspezifischen CD4-Lymphozyten.5 Die IgG-AK sind demnach als Expositionsmarker zu bewerten. Bei längerer Antigenkarenz (2–12 Monate) fallen die Antikörperkonzentrationen bis unter die Nachweisgrenze ab. Eine systemische Kortisontherapie beeinflusst die Antikörperbildung jedoch nicht.5,9
Zum einen wird postuliert, dass die EAAumso wahrscheinlicher ist, je höher die Antikörperspiegel sind,1 zum anderen wurde festgestellt, dass positive Reaktionen auf Maltose-bindendes Protein und humanes Serumalbumin im Sinne einer unspezifischen Hintergrundaktivität die Ergebnisse verfälschen können. Erst nach Subtraktion der IgG-Werte des Maltose-bindenden Proteins können die „realen“ spezifischen IgG-Antikörper ermittelt werden.11
Radiologie
Im Übersichtsröntgen zeigen sich meist nur dezente kleinnoduläre bis milchglasartige Trübungen, in 20–30% ist das konventionelle Röntgenbild trotz ausgeprägter Symptomatik unauffällig.5 Die HR-CT-Untersuchung bestätigt Stunden nach der Exposition Zeichen der akuten Alveolitis durch Milchglastrübung und weiche, kleinnoduläre, zentrolobuläre Infiltrate (Abb. 1). „Tree in bud“-Zeichen weisen auf eine Mitbeteiligung der Bronchien und Bronchiolen hin. Besonders in Exspiration findet sich ein multiformes Bild unterschiedlicher Dichte („headcheesesign“, Abb. 2). Retikuläres Muster, Bronchiektasen, Honigwabenbildung und Emphysem sind Zeichen eines fortgeschrittenen chronischen Verlaufs.12
Funktionsdiagnostik
Im akuten Stadium findet sich in der Bodyplethysmografie eine restriktive Lungenfunktionseinschränkung mit Verminderung der TLC, bei etwa einem Viertel der Erkrankten auch eine zusätzliche Obstruktion (FEV1 ↓, Raw + RV ↑) als Zeichen einer bronchialen Mitbeteiligung. Als Ausdruck der Diffusionsstörung ist die CO-Diffusionskapazität vermindert, sind je nach Intensität des EAA-Schubes die Ruhe- und Belastungsblutgase reduziert und ist die alveoloarterielle Sauerstoffdifferenz (AaDO2) erhöht. Diese haben als sehr sensible Parameter eine besondere Bedeutung auch in der Quantifizierung der Entzündungsschwere. In etwa 50% der Fälle besteht auch eine mittels Methacholinprovokation nachweisbare Hyperreaktivität ohne Vorliegen eines Asthma bronchiale.13
Postexpositionelle Bronchoskopie
Abb. 1: H.G. weibl., EAA, 3 Tage nach Exposition
Bei Notwendigkeit der differenzialdiagnostischen Abgrenzung gegen andere interstitielle Lungenkrankheiten ist der optimale Zeitpunkt 3–7 Tage nach Antigenexposition, da die initiale Phase der Typ-III-Reaktion mit alveolärer Neutrophilie im Abklingen und die EAA-spezifische lymphozytäre Phase als Ausdruck der Typ-IV-Reaktion durch Anstieg der Lymphozyten (>15%, oft >30% der Gesamtzellen) erkennbar sind. Dabei zeigt sich ein meist niedriger CD4/CD8-Quotient (<1,3). Ein normaler oder erhöhter Quotient schließt jedoch eine EAA nicht aus, besonders nach längerer Allergenkarenz oder wenn eine chronische EAA vorliegt. Zudem können auch Plasmazellen, Mastzellen und schaumige Makrophagen nachgewiesen werden. Zu berücksichtigen ist, dass auch exponierte, nicht erkrankte Personen eine Lymphozytose entwickeln. Diese subklinische lympho-zytäre Alveolitis hat jedoch keine prognostische Bedeutung. Eine fehlende Lymphozytose spricht gegen eine akut-subakute EAA.2, 5, 13
Histologie
Abb. 2: R.J. männlich, akute EAA, in Exspiration (Vergleich mit „headcheese“/Presskopf)
Hinweisend sind lymphozytenreiche Biopsien mit verbreiterten Alveolarsepten und nicht nekrotisierenden Granulomen, häufig auch mit Fremdkörpereinschlüssen. Jedoch bringen transbronchiale Lungen-biopsien bei rund 50% der Eingriffe nur unspezifische Ergebnisse. Eine videoassistierte Thorakoskopie (VATS) führt eher zu EAA-spezifischen Hinweisen. Bei chronischem Verlauf ist die Unterscheidung von anderen fibrosierenden Lungenparenchymerkrankungen jedoch eine große differenzialdiagnostische Herausforderung, sodass nicht selten auch die VATS kein gesichertes histologisches Ergebnis bringt.2,5 Bezüglich der histologischen Differenzialdiagnosen sei auf die Empfehlungen zur Diagnostik der exogen-allergischen Alveolitis der Arbeitsgemeinschaft EAA verwiesen.9
Karenztest
Die Expositionsprophylaxe durch Allergenkarenz ist ein probates, ungefährliches und aussagekräftiges diagnostisches Kriterium. Die Besserung der Beschwerdesymptomatik, der Abfall der unspezifischen Entzündungsparameter wie Leukozyten und CRP sowie auch die Normalisierung der Funktionsparameter und der Abfall der IgG-Spiegel (allerdings erst nach einigen Monaten) sprechen für die Verdachtsdiagnose der EAA.
Leider ist der Karenztest gerade bei Verdacht auf Farmerlunge kaum durchführbar, da die betroffenen Personen vom Arbeits- und Lebensbereich des Bauernhofes über eine derart lange Zeit nicht konsequent abgesondert werden können.
Inhalativer Expositions-, Provokationstest
Bestehen trotz aller bisherigen Untersuchungsschritte weiterhin Zweifel an der Farmerlungenerkrankung bzw. ist der Karenztest im Sinne eines Wohnungs- oder Berufswechsels nicht möglich oder sind invasive Techniken wie bronchoalveoläre Lavage, TB-Biopsien oder VATS kontraindiziert, so geben letztlich die direkte „Konfrontation“ mit dem Verdachtsallergen und die dadurch verursachte Reaktion Hinweise auf das Vorliegen einer EAA.
Prinzipiell wird empfohlen, derartige Untersuchungen stationär an erfahrenen Fachabteilungen durchzuführen. Zuvor sollten jedoch im ambulanten Setting aktuelle Vorbefunde möglichst ohne vorherige Allergenexposition während der letzten Tage erhoben werden, um die Ergebnisse mit jenen nach der Exposition zu vergleichen.
Transportable Allergene (Heu, Stroh, Hackschnitzel etc.) können bei entsprechender Infrastruktur (Provokationskabine, Bodyplethysmografie, Ergometer, Blutgasanalysegerät, Notfallausrüstung, Intensivversorgung) inhalativ ausgetestet werden (Abb.3).
Bei ortsgebundenen Antigenen (z.B. Schimmelpilz-befallenen Räumen, Stallungen, Arbeitsplätzen etc.) kann die Exposition unter realen Arbeitsbedingungen erfolgen. Die Aufenthaltszeit im kontaminierten Bereich sollte sich nach der erhobenen Anamnese richten. Ist diese nicht schlüssig, wird eine Allergenkontaktzeit von ca.½ Stunde empfohlen.5 Da die Latenzzeit bis zum Auftreten der ersten Symptome mehrere Stunden beträgt, ist die stationäre Aufnahme in die Fachabteilung im Allgemeinen planbar. Die aussagekräftigsten Parameter zum Nachweis einer EAA scheinen die Einschränkung der FVC, der DLCO und der Anstieg der Körpertemperatur zu sein.1,14
Die Liste der Kontraindikationen und der Score zur Beurteilung einer positiven Reaktion können der Publikation von Sennekamp entnommen werden.5
Differenzialdiagnosen unter Berücksichtigung der Anamnese
Die Liste der Differenzialdiagnosen ist aufgrund der Heterogenität der EAA und ihrer Auslösefaktoren sowie der vielfältigen Befunde im Verlauf der Erkrankung entsprechend lang. Der wichtigste differenzialdiagnostische Ausschluss bei der akuten EAA ist das Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS), das mit einer Inzidenz von 2–20/100000 Personen pro Jahr viel häufiger auftritt als die EAA. Dessen Ursache ist die Inhalation von Endotoxinen und Mykotoxinen aus organischen Feinstäuben, die ebenfalls aus Heu und Stroh minderwertiger Güte freigesetzt werden und nach einer Latenz von einigen Stunden eine nichtimmunologische, toxische Alveolitis mit sehr ähnlichen Symptomen wie bei EAA auslösen, jedoch ohne lymphozytäre Reaktion. Sie wird nicht als Berufserkrankung anerkannt.
Die Silofüllerkrankheit ist eine mitunter lebensbedrohliche Intoxikation durch Inhalation von Nitrosegasen aus feuchtem Silagefutter, welche in den ersten Tagen nach der Befüllung von Hochsilos wie auch in Fahrsilos entsteht und sehr rasch zu Husten, Dyspnoe, Fieber und Zyanose führt.
Die chronische EAA ist, besonders wenn die Erkrankung kontinuierlich-schleichend verläuft, eine große differenzialdiagnostische Herausforderung und von der Gruppe der interstitiellen pulmonalen Fibrosen zu unterscheiden. Im HR-CT finden sich retikuläre Muster, Traktionsbronchiektasen, Honigwaben, Emphysemareale, Überlagerung mit Strukturen einer akuten/subakuten EAA mit Milchglasarealen – ein buntes Bild, das sowohl an dienicht spezifische interstitielle Pneumonie (NSIP) wie auch an eine gewöhnliche interstitielle Pneumonie (UIP) denken lassen kann.
In einer Fall-Kohorten-Studie wurden von erfahrenen Pneumologen und Radiologen 46 Patienten aufgrund des entsprechenden CT-Musters einer interstitiellen pulmonalen Fibrose (IPF) zugeordnet, welches den Kriterien der American Thoracic Society und European Respiratory Society für dieses Krankheitsbild entspricht. Bei 20 der 46 Patienten mit IPF (43%!) wurde durch positiven Provokationstest, chirurgische Lungenbiopsie, positive IgG-Antikörper und/oder lymphozytäre BAL eine exogen-allergische Alveolitis diagnostiziert.15
Therapie
Abb. 3: Heuprovokation in einer hermetisch abgeschlossenen Provokationskabine, begleitende Messung der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit
Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist die Allergenkarenz durch bauliche Maßnahmen zur Vermeidung von Schimmelbildung in Heu, Stroh und Futtermitteln in Form von Trocknungs- und Heizanlagen, Belüftungsventilatoren und Umstellung auf Ballensilage bzw. Fahrsilos. Durch Optimierung der Schnitthöhe zur Verhinderung von Erdverschmutzung, kurze Anwelkzeiten und raschen luftdichten Silageverschluss des Grünfutters unter ausreichend hohem Druck können sowohl Feld- als auch Lagerverpilzung vermieden und die Futterqualität kann verbessert werden. Schutzmasken und Atemschutzgeräte ersetzen diese Maßnahmen nicht.
Die akut-subakute Verlaufsform ist durch Beendigung der Allergenbelastung meist noch rückbildungsfähig, jedoch ist selbst bei Expositionsvermeidung ein Fortschreiten nicht immer auszuschließen.16
Im akuten Schub der EAA wird neben Sauerstoff initial täglich oral 20–50mg Prednisolon-Äquivalent empfohlen und spätestens nach einem Monat auf 7,5–15mg/Tag reduziert.2 Theophyllin, Antihistaminika, Leukotrien-Antagonisten oder Cromone sind nicht geeignet, ebenso ist eine spezifische Allergen-Immuntherapie wirkungslos. Bei gleichzeitiger bronchialer Hyperreaktivität und Obstruktion ist jedoch die Inhalation von ICS/LABA indiziert.5
Bei chronischer Verlaufsform können systemische Steroide durch Immunsuppressiva eingespart werden. In einigen Studien führten Mycophenolat oder Azathioprin zu einer Verbesserung der DLCO.17 Eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität ist durch die Langzeit-Sauerstofftherapie (LTOT) und pulmonale Rehabilitation möglich.18 In einer Arbeit von Oliveira et al.wurde bei 25 der 50 Patienten mit chronischer EAA in der Rechtsherzkatheteruntersuchung eine pulmonale Hypertonie beschrieben.19 Bei zusätzlichem Vorliegen eines Cor pulmonale bzw. einer pulmonalen Hypertonie sollten demnach die Empfehlungen der entsprechenden Leitlinien berücksichtigt werden.
In den letzten Jahren führte der Einsatz von Antifibrotika, welche bei interstitiellen Lungenerkrankungen, besonders bei der Behandlung der Usual Interstitial Pneumonia (UIP), etabliert sind, auch bei fortgeschrittener chronischer EAA zu einer Besserung. Dies wurde mit der INBUILD-Studie durch den Einsatz von Nintedanib20 wie auch mit der RELIEF-Studie21 mit Pirfenidon untermauert.
Als Ultima Ratio sollte auch eine Lungentransplantation in Betracht gezogen werden, scheint doch die chronische EAA eine signifikant bessere Prognose aufzuweisen als die IPF.22 Die Autoren betonten jedoch, dass eine weiterführende Allergenkarenz von großer Bedeutung ist, da eine erneute EAA auch im Lungentransplantat auftreten kann.
Literatur:
1 Trautmann A, Kleine-Tebbe J: Allergologie in Klinik und Praxis. Allergene – Diagnostik – Therapie. 3. Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag, 2018 2 Schweisfurth H: Allergologie 2019; 42(8): 335 3 Virchow JC: Praktische Allergologie. 2. Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag, 2011. 48-56 4 Koschel D: Pneumologie 2007; 61(1): 52-6 5 Sennekamp J et al.: Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2015; 50: 38-52 6 Arend P: Allergologie 2006; 29(11): 4647 Quirce S et al.: Allergy2016; 71(6): 765-79 8 Lacasse Y et al.: Int Arch Allergy Immunol 2009; 149: 161-6 9 Sennekamp J et al.: Pneumologie 2007; 61(1): 52-6 10 Lacasse Y et al.: Am J Respir Crit Care Med 2003; doi: 10.1164/rccm.200301-137OC 11 Joest M et al.: Allergologie 2021; 44(6): 432-7 12 Koschel D et al.: Pneumologie 2015; 69(4): 205 13 Koschel D:Der Pneumologe 2015; 12(1): 59-61 14 Muñoz X et al.: Eur Respir J 2014; 44(6): 1658-65 15 Morell F et al.: Lancet Respir Med 2013; 1(9): 664-5 16 Eisenhawer Ch, Raulf M: IPA-Journal 2020; 1: 24-817 Morisset J et al.: Chest 2017; 151(3): 619-25 18 Dreher M et al.: Respiration 2015; 90(2): 175 19 Oliveira RK et al.: Eur Respir J 2014; 44(2): 415-24 20 Flaherty KR et al.: N Engl J Med 2019; 381: 1718-27 21 Behr J et al.: Lancet Respir Med 2021; 9(5): 476-8622 Kern RM et al.: Chest 2015; 147(6): 1558-65
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