Implementierung europaweiter Lungenkrebs-Screenings
Bericht:
Dr. Torsten U. Banisch
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Trotz des nachweisbaren Nutzens von Lungenkrebs-Screenings sind diese in der EU noch nicht flächendeckend eingeführt und auch die Informationslage ist noch unzureichend. Das SOLACE-Konsortium hat die Aufgabe, EU-übergreifend die Verfügbarkeit und Anwendung von Lungenkrebs-Screenings zu stärken, Pilotstudien in den Mitgliedsstaaten zu initiieren und anzuleiten und eine paneuropäische Richtlinie zu erstellen.
Im Jahr 2021 lag die Zahl der Patienten mit Lungenkrebs in der Europäischen Union bei 73500 mit 44500 Todesfällen. „Gemessen an der Mortalität ist der Lungenkrebs somit die zweithäufigste zu vermeidende Todesursache in der EU. Gerade deswegen ist die flächendeckende Einführung von Lungenkrebs-Screenings so wichtig“, eröffnete Prof. Dr. Joanna Chorostowska-Wynimko vom Nationalen Institut für Tuberkulose und Lungenkrankheiten in Warschau ihren Vortrag. Die Datenlage zum Nutzen des Lungenkrebs-Screenings mittels Niedrigdosis-CT(„low-dose computed tomography“; LDCT)in der Prävention ist dabei klar und in zahlreichen Studien nachgewiesen: Allein durch das Screening konnte in einer holländischen Studie (n=15792) mit einem Nachbeobachtungszeitraum von 10 Jahren die Mortalität um 24% reduziert werden (Abb. 1).1
Abb. 1: Unterschiede der kumulativen Mortalität durch Lungenkrebs bei Männern mit und ohne CT-Screening (modifiziert nach de Koning HJ et al.2020)1
Umsetzung von großen Screenings ist schwierig
Die große Herausforderung ist jedoch die Umsetzung unter realen Bedingungen und in den unterschiedlichen Gesundheitssystemen in der EU. Dies wird weiter dadurch erschwert, dass gerade die Hochrisikopopulationen (Ältere, Frauen, Raucher, Gruppen mit niedrigem sozioökonomischem Status, Personen mit berufsbedingten Umweltbelastungen) weniger bereit sind, sich einem LDCT zu unterziehen.2,3 Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. So leiden (Ex-)Raucher oftmals unter dem Stigma, dass die Erkrankung selbstverschuldet ist, sie befinden sich schon zu lange in einer Tabakabhängigkeit und wollen aufklärende Informationen vermeiden. In den anderen Gruppen herrscht oft ein Pessimismus gegenüber dem Screening vor und dessen Sinnhaftigkeit wird angezweifelt, da es oftmals an der Aufklärung zum Nutzen unddem Ablauf sowie ander Verfügbarkeit der Methode mangelt. Um dieser Problematik entgegenzutreten, wurde rezent auch vonseiten der EU ein Dokument veröffentlicht, das den Nutzen von LDCT unterstreicht und Hilfestellungen zur Einführung des Screenings gibt.4
Das SOLACE-Projekt
Anfang April 2023 wurde das Projekt SOLACE – kurz für „strengthening the screening of lung cancer in Europe“ – ins Leben gerufen, dessen Ziel es ist, die Verfügbarkeit und Anwendung von Lungenkrebs-Screenings in der EU zu steigern. Das Projekt läuft zurzeit in 37 Zentren und 17 EU-Ländern – unter dem Schirm der ERS. Im Rahmen von SOLACE sollen Screenings organisiert, Pilotstudien in Auftrag gegeben und durchgeführt sowie Richtlinien zur Verfügung gestellt werden. Laut Chorostowska-Wynimko laufen gerade in 20 EU-Ländern und Norwegen Einführungsstudien zum Lungenkrebs-Screening, SOLACE beaufsichtigt davon 3 Studien in 11 Ländern.5 Ein weiterer Fokus von SOLACE liegt auf der Aufklärung der generellen Population und dem Erreichen der genannten Risikopopulationen.
Trotz der guten Voraussetzungen und der breiten Unterstützung durch die EU und wissenschaftliche Gesellschaften gibt es dennoch Bedenken hinsichtlich einer ausreichenden Finanzierung, der Infrastruktur, der Kapazitäten, der Qualitätssicherung und der Ausbildungsprogramme, die die erfolgreiche Umsetzung strukturierter nationaler LDCT-Programme behindern könnten. Auch gelten in manchen Ländern wie Deutschland Regularien, die erfordern, dass zuerst eine Richtlinie veröffentlicht sein muss, bevor solch ein Programm aufgenommen werden kann.
Um eben diesen Punkt abzudecken, gehört zu dem paneuropäischen Vorhaben von SOLACE auch das Erstellen einer übergeordneten Richtlinie. „Die Basis hierfür wurde bereits in zwei vorherigen Publikationen gelegt, die sich unter anderem mit dem Thema eines vereinheitlichten technischen Standards für die Screening-Programme auseinandersetzten“, so Prof. Dr. Torsten Gerriet Blum vom Helios Klinikum Emil von Behring in Berlin.6,7 Laut Vorhaben soll im ersten Schritt eine modulare Richtlinienvorlage erstellt werden, die dann den jeweiligen Bestimmungen in den europäischen Ländern angepasst werden kann. Diese wird sich an den bereits vorhandenen EU-Richtlinien, für u.a. Brustkrebs, der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) der EU orientieren. Im ersten Schritt wurde ein umfassender Review der bereits vorhandenen und evaluierten Daten und Richtlinien erstellt, der noch 2024 publiziert werden soll.
Quelle:
Session „Lung cancer screening: considering and acting on developing needs“, ERS 2024am 10.September 2024, Wien
Literatur:
1 de Koning HJ et al.: Reduced lung-cancer mortality with volume CT screening in a randomized trial. N Engl J Med 2020; 382(6): 503-13 2 McRonald FE et al.: The UK Lung Screen (UKLS): demographic profile of first 88,897 approaches provides recommendations for population screening. Cancer Prev Res (Phila) 2014; 7(3): 362-71 3 Tisi S et al.: Detection of COPD in the SUMMIT study lung cancer screening cohort using symptoms and spirometry. Eur Respir J 2022; 60(6): 2200795 4 European Commission: Directorate-General for Research and Innovation and Group of Chief Scientific Advisors: Cancer screening in the European Union; Publications Office of the European Union, 2022. https://data.europa.eu/doi/10.2777/867180 ; zuletzt aufgerufen am 11.9.2024 5 https://europeanlung.org/solace/ ; zuletzt aufgerufen am 11.9.2024 6 Baldwin D et al.: Developing a pan-European technical standard for a comprehensive high-quality lung cancer CT screening program. An ERS technical standard. Eur Respir J 2023; 2300128
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