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Rückschau und Ausblick

Pollensaison 2024 und neue Allergene in der Zukunft

Das Pollenjahr 2024 verlief bislang ungewöhnlich und auch in Zukunft erwarten uns neue Herausforderungen. Durch den Klimawandel und die Erwärmung halten vermehrt Neophyten-Spezies und somit potenzielle Allergieauslöser Einzug in Österreich.

Keypoints

  • Die Blüte von Erle, Hasel und Esche startete 2024 früh, die Birkenblüte war intensiv.

  • Durch die Überschemmungen im September wurde die Unkrautblüte abrupt gestoppt.

  • Durch den Klimawandel und die Erderwärmung werden sich in Österreich vermehrt neue Spezies verbreiten (Olive, Zypresse, Götterbaum) – und damit auch für Allergiker:innen relevante neue Pollenarten.

Ein Blick auf die letzten Jahre zeigt, dass die Klimaerwärmung und die damit verbundenen Wetterextreme1 einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Pollensaisonen in Österreich haben. Im Jahr 2023 wurden witterungsbedingt bereits an 300 und mehr Tagen für Pollenallergikerinnen und -allergiker relevante Pollenbelastungen registriert, wodurch sich die pollenfreie Zeit auf nur mehr rund 2 Monate (Mitte Oktober bis Mitte Dezember) verkürzte.2Auch das heurige Jahr 2024 verlief teilweise ungewöhnlich. Neben einem raschen Erreichen der Hauptbelastungsphase bei den Frühblühern (Erle und Hasel), einem deutlich verfrühten Beginn der Eschenblüte und einer überdurchschnittlich intensiven Birkenpollensaison verlief nur die Gräserblüte ohne größere Abweichungen vom langjährigen Mittel. Den drastischsten Einfluss auf die Pollensaison hatten die Unwetter, die im September zu katastrophalen Überschwemmungen in Ostösterreich führten und die „Unkrautpollensaison“ (Beifuß und Ambrosia) abrupt unterbrachen.

Neue Pflanzen – neue Allergene

Da davon auszugehen ist, dass durch den Klimawandel nicht nur die Temperaturen in Österreich weiter ansteigen werden,3 sondern auch die Häufigkeit solcher Extremwetterereignisse zunehmen wird,4 besteht die Möglichkeit, dass sich neue Pflanzen in Österreich etablieren können. Vor allem Pflanzen, deren Hauptverbreitung derzeit noch im Mittelmeerraum liegt, könnten in Zukunft auch in Österreich geeignete Lebensräume finden. Damit besteht die Gefahr, dass neue Pollentypen in das Pollenspektrum der Umgebungsluft eingebracht werden und damit neue Quellen für allergische Belastungen entstehen.

Ein gutes Beispiel für eine Pflanze, die in Zukunft eine Belastung darstellen könnte, ist der Olivenbaum (Olea europaea). Ursprünglich im Mittelmeerraum, im Nahen Osten und in Südafrika beheimatet, ist diese Pflanze sehr gut an das mediterrane Klima mit heißen, trockenen Sommern und regnerischen, kalten Wintern angepasst.5, 6 Aufgrund der immer länger werdenden Trockenperioden im Osten Österreichs sind viele Landwirte gezwungen, auf andere Kulturen umzusteigen. Die Olive hat sich dabei als gute Alternative erwiesen und wird seit einiger Zeit vor allem im Burgenland kommerziell angebaut.7 Diese Umstellung sichert zwar den Landwirten ein Einkommen, schafft aber auch eine potenzielle zusätzliche Belastungsquelle für Pollenallergiker:innen. Denn der Pollen der Olive kann durch Kreuzreaktionen mit anderen Ölbaumgewächsen wie Esche (Fraxinus sp.), Flieder (Syringa sp.) oder Liguster (Ligustrum sp.) zwischen April und Juni für zusätzliche allergische Belastungen sorgen.8

Ähnliches ist von den im Mittelmeerraum heimischen Zypressengewächsen der Gattung Cupressus zu erwarten. Diese Pflanzen sind sehr gut an Windbestäubung angepasst und produzieren große Mengen an Pollenkörnern, die in Gebieten, in denen diese Pflanzen häufig vorkommen, zu starken Beschwerden bei Allergiker:innen führen können (Abb. 1).9 In Österreich sind bisher keine Fälle bekannt, die Entwicklung diesbezüglich sollte aber weiter beobachtet werden.

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Abb. 1: Die Blüte der Japanischen Zeder führt zu erheblichen Beschwerden bei Allergiker:innen

Im Gegensatz zu den Zypressengewächsen ist das aus Süd- und Mitteleuropa stammende Glaskraut (Parietaria sp.) auch in Österreich immer häufiger anzutreffen.10 Aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit sind die Pollenkörner des Glaskrautes lichtmikroskopisch nicht von jenen der Brennnessel zu unterscheiden, was die Bestimmung des Glaskrautpollenanteils im Pollenspektrum der Umgebungsluft unmöglich macht. Im Mittelmeerraum verursachen seine Pollen bei einem beträchtlichen Teil der Allergiker:innen Beschwerden,11 in Österreich sind bisher keine Fälle bekannt. Die weitere Entwicklung sollte aber beobachtet werden, um die Betroffenen bei der Allergenvermeidung bestmöglich unterstützen zu können.

Neben den drei oben genannten Pflanzen, die alle aus dem Mittelmeerraum stammen, können auch Arten, die eigentlich nicht in Europa heimisch sind, vom Klimawandel profitieren und sich bei uns etablieren. Ein Beispiel dafür ist der Götterbaum (Ailanthus altissima), der ursprünglich aus China und Vietnam stammt, bereits im 16. Jahrhundert als Zierpflanze nach England eingeführt wurde und seit dem 18. Jahrhundert auch in Kontinentaleuropa vorkommt. In Österreich ist die Pflanze seit 1850 bekannt und vor allem im Osten und Süden häufig anzutreffen. Aufgrund der zu erwartenden Temperaturerhöhung in den nächsten Jahren ist davon auszugehen, dass dieser invasive Neophyt verstärkt in naturnahe Lebensräume einwandert und damit einen Verlust an Biodiversität verursacht.12

Neben der Gefährdung der heimischen Artenvielfalt stellt die Pflanze auch eine Gefahr für den Menschen dar, da allergische Reaktionen auf den Pollen der Pflanze bereits aus Asien und dem Nahen Osten bekannt sind.13 Auch eine Sensibilisierung gegen das Hauptallergen des Götterbaums (Ail a) wurde in einer Studie in Deutschland, Österreich und der Schweiz bereits nachgewiesen und sollte aufgrund der steigenden Pollenkonzentrationen in der Umgebungsluft in Zukunft weiter beobachtet werden.14

1 Clarke B et al.: Environmental Research: Climate (IOP) 2022; 1:012001 2 Berger M, Dirr L: ALLGEMEINE+ 2023; 6:9-10 3 APCC: Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel 2014. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 4 Weilnhammer V et al.: Int J Hyg Environ Health 2021; 233: 113688 5 Gianguzzi L, Bazan G: Plant Sociology 2019; 56: 3-34 6 Guerrero Maldonado N et al.: European Atlas of Forest Tree Species. 2016. Luxembourg 7 Kurier 2023. https://kurier.at/wirtschaft/durch-klimawandel-koennte-olivenanbau-in-oesterreich-zukunft-haben/402606455 ;zuletzt aufgerufen am 27.9.2024 8 Villalba M et al.: Methods 2014; 66: 44-54 9 Charpin D et al.: Allergy 2005; 60: 293-301 10 Oberdorfer E et al.: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Stuttgart:Ulmer, 2001 11 Ciprandi G et al.: Medicina (Kaunas) 2018; 54 12 Österreichisches Umweltbundesamt: Ailanthus altissima - Götterbaum. https://www.neobiota-austria.at/ailanthus-altissima ; zuletzt aufgerufen am 27.9.2024 13 Majd A et al.: Aerobiologia (Bologna) 2013; 29: 407-12 14 Werchan M et al.: Allergo J Int 2022; 32: 53-5

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