Schweres eosinophiles Asthma, monoklonale Antikörper und Covid-19
Autoren:
Dr. Andreas Renner
Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Pohl
Karl Landsteiner Institut für klinische und experimentelle Pneumologie
Wien
E-Mail: andreas.renner@helsinki.fi
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Monoklonale Antikörpertherapien führen bei ausgewählten Patienten mit schwerem Asthma zu klinisch relevanten Verbesserungen. Weder die Covid-19-Pandemie noch Covid-19-Erkrankungen stellen Kontraindikationen gegen diese Therapien dar. Im Gegenteil, Evidenz aus österreichischen Fallberichten legt nahe, dass bei korrekter Indikationsstellung die verbesserte Asthmakontrolle vor schwereren Infektionsverläufen schützt.
Keypoints
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Monoklonale Antikörpertherapien führen bei korrekt ausgewählten Patienten mit schwerem Asthma zu klinisch relevanten Verbesserungen.
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Monoklonale Antikörper, die in der Indikation schweres Asthma verabreicht werden, erhöhen das Risiko für schwere Covid-19-Verläufe nicht.
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Im Gegenteil, bei korrekter Indikationsstellung schützt die verbesserte Asthmakontrolle wahrscheinlich vor schwereren Infektionsverläufen.
Nur ein geringer Prozentteil von Asthmapatienten leidet an schwerem Asthma. Diese Patienten haben jedoch, primär durch schlechte Asthmakontrolle und häufige Exazerbationen bedingt, eine hohe Symptomlast und binden einen Großteil der Ressourcen.1,2 Für Patienten mit schwerem Type-2-high-Asthma sind derzeit, je nach Subtypisierung, fünf verschiedene monoklonale Antikörpertherapien zugelassen. Zum Type-2-high-Asthma, benannt nach Zelltypen der zugrunde liegenden Pathophysiologien, gehören sowohl allergisches wie auch eosinophiles Asthma. Die Therapien dieser Asthmaformen ermöglichen bei korrekter Indikationsstellung eine oft massive Verbesserung der Asthmakontrolle sowie der Exazerbationsrate.3–10
Biologikatherapien
Omalizumab, ein Anti-IgE-Antikörper, ist seit mehr als 15 Jahren für schweres allergisches Asthma zugelassen. Mepolizumab und Reslizumab sind Anti-IL-5-Antikörper und werden bei schwerem eosinophilem Asthma eingesetzt. Benralizumab wird als Antikörper gegen den IL-5-Rezeptor in derselben Indikation verwendet. Dupilumab hemmt den Interleukin-4- und -13-Signalweg und hat eine etwas weitere Indikationsstellung. Es ist generell für Patienten mit schwerem Asthma mit erhöhtem T2-Signal (Eosinophilie und/oder erhöhtes FeNO) zugelassen. Die Antikörper werden subkutan (mit der Ausnahme von Reslizumab, i.v. Gabe) und je nach Präparat in Intervallen von 2–8 Wochen verabreicht.
Mepolizumab, Reslizumab und Benralizumab verringern über die IL-5-Blockade die Anzahl der Eosinophilen im Blut. Insbesondere Benralizumab führt bei den meisten Patienten zu einer kompletten Depletion der Blut-Eosinophilen.4,5,8,9,11 Unter Dupilumab-Therapie hingegen kommt es bei manchen Patienten zu einer markanten Eosinophilie.7,10 Dies führt jedoch selbst bei Patienten mit eosinophilem Asthma nicht zu einer Verschlechterung der Asthmakontrolle.7,10
Besonders zu Beginn der Covid-19-Pandemie wurde von manchen Seiten vermutet, dass Eosinopenie einen Risikofaktor für schwerere Covid-19-Verläufe darstellen könnte. Dies beruhte primär auf Observationen, dass insbesondere hospitalisierte und schwer erkrankte Covid-19-Patienten oft eine ausgeprägte Eosinopenie haben.12,13 Dies ist jedoch als Reaktion auf die schwere Covid-19-Infektion und nicht als Risikofaktor zu sehen. Nichtsdestotrotz warnten einige Stellen fälschlicherweise vor „antieosinophilen“ Antikörpern (Mepolizumab, Reslizumab und Benralizumab).
Fallbeispiele aus dem Klinikalltag
Wir haben im Frühjahr 2020 über den weltweit ersten Fall eines an Covid-19 erkrankten Patienten mit schwerem Asthma mit Antikörpertherapie berichtet.14 Dieser 41-jährige Patient des Asthmazentrums der Lungenabteilung Krankenhaus Hietzing, Wien, erhielt aufgrund schweren eosinophilen Asthmas seit 2018 Benralizumab, welches innerhalb kurzer Zeit zu einer Normalisierung der Symptome, Asthmakontrolle sowie einem kompletten Rückgang der Exazerbationsrate führte. Weiters hatte der Patient, wie bei Benralizumab-Therapie üblich, seit Beginn der Therapie eine komplette Depletion der Blut-Eosinophilen. Im März 2020 erlitt der Patient eine leichte Covid-19-Erkrankung mit minimaler kurzfristiger Verschlechterung der Asthmakontrolle.
Wenig später berichteten wir über den Fall eines 66-jährigen Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma unter Benralizumab-Therapie mit Covid-19-Erkrankung.15 Der klinische Verlauf war dem des ersten Patienten sehr ähnlich. Diese Fallberichte lassen nicht die Aussage zu, dass Benralizumab direkt vor schweren Covid-19-Verläufen schützt. Generell gibt es nur wenig Evidenz, dass Asthmapatienten unter deutlich schwereren Covid-19-Verläufen leiden. Es muss jedoch hervorgehoben werden, dass beide Patienten vor Beginn der Benralizumab-Therapie unter häufigen und schweren, meist viral ausgelösten Exazerbationen litten.
In einem Fallbericht aus Deutschland über eine milde Covid-19-Infektion bei einem Patienten mit schwerem Asthma unter Dupilumab-Therapie wurde hypothetisiert, dass die durch Dupilumab ausgelöste Eosinophilie einen protektiven Effekt auf den Covid-19-Krankheitsverlauf haben könnte.16 Diese Theorie basierte auf den oben genannten Observationen über Eosinopenie und schwere Covid-19-Erkrankungen. Auf Basis unserer Fallberichte haben wir argumentiert, dass bei Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma nicht Blut-Eosinophile an sich, sondern das Level der Asthmakontrolle Einfluss auf die Schwere einer Covid-19-Erkrankung hat.15
Fazit
Für einen direkten protektiven Effekt der in diesem Artikel beschriebenen monoklonalen Antikörper bei Covid-19-Erkrankungen gibt es keine Evidenz. Unsere Fallberichte der Patienten aus dem Asthmazentrum der Lungenabteilung Krankenhaus Hietzing sowie der Fallbericht aus Deutschland legen allerdings nahe, dass eine verbesserte Asthmakontrolle unter Benralizumab und Dupilumab einen gewissen Schutz vor schwereren Covid-19-Verläufen bietet.14–16 Ähnliche Fallberichte lassen dieselbe Schlussfolgerung für Omalizumab und Mepolizumab zu.17,18 Trotz fehlender Evidenz ist derselbe Effekt bei Reslizumab naheliegend. In Zusammenschau der Fallberichte kann der Mythos der Eosinopenie durch anti-IL-5-monoklonale Antikörper als Risikofaktor bei Covid-19 zur Ruhe gelegt werden.15
Literatur:
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