Statine bei idiopathischer Lungenfibrose
Autor:
Priv.-Doz. Dr. David Lang, PhD
Klinik für Innere Medizin 4 – Pneumologie
Kepler Universitätsklinikum
Johannes Kepler Universität Linz
E-Mail: david.Lang@kepleruniklinikum.at
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Aufgrund von Daten aus Medikamentenstudien und Registern vermutete man bei den häufig verschriebenen Statinen zur Senkung des kardiovaskulären Risikos einen möglichen synergistischen Effekt auf die Lungenfibrose. Eine Analyse von Patient:innen aus dem IPF-Register EMPIRE konnte diese These nicht bestätigen.
Keypoints
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Retrospektive Analysen von Medikamentenstudien bzw. Registern zeigten, dass IPF-Patient:innen mit Statin-Begleittherapie länger überlebten.
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Zur Klärung despotenziellen Nutzens einer Statintherapie wurde eine Analyse von 4593 Patient:innen aus dem IPF-Register EMPIRE durchgeführt.
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Die Daten weisen darauf hin, dass die begleitende Einnahme von Statinen mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen prognostischen Vorteil für IPF-Patient:innen in Bezug auf die Krankheit selbst bringt.
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Ein negativer Effekt der Statine auf das Fortschreiten einer Lungenfibrose konnte nicht gezeigt werden.
Idiopathische Lungenfibrose (IPF) ist eine eher seltene Erkrankung (Inzidenz ca. 20/100000), die aus weiterhin unklarer Ursache zu einer fortschreitenden Vernarbung des Lungengewebes führt. Die Sterblichkeit ist hoch, die mittlere Überlebenszeit beträgt je nach Studie 2–4 Jahre. Ein hohes Risiko, an IPF zu erkranken, haben vor allem ältere Männer mit Nikotinanamnese, aber auch Frauen können daran leiden. Trotz umfassender Forschung in den letzten Jahren gibt es weiterhin nur zwei Medikamente, Nintedanib und Pirfenidon, die nachgewiesen die Progression der IPF verzögern können, eine Heilung oder zumindest ein vollständiges Aufhalten der Krankheit sind weiterhin nicht möglich.
Die Rolle von Statinen
Aufgrund der leider nur eingeschränkten Therapieoptionen und der oft vielfachen Komorbiditäten, insbesondere bei hohem Alter und häufigem Nikotinabusus, ist es wichtig, Patient:innen mit IPF auch bezüglich ihrer Begleiterkrankungen bestmöglich medikamentös zu behandeln. Speziell bei den häufig verschriebenen Statinen zur Senkung der Blutfette und damit des kardiovaskulären Risikos gab es große Hoffnungen auf einen synergistischen Effekt direkt auf die Lungenfibrose. Zwar hatten alte Analysen der 2010er-Jahre suszipiert, dass Statine Lungenfibrose auslösen könnten, was letztlich aber nie zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Zuletzt zeigten mehrere retrospektive Analysen von Medikamentenstudien und Registern jedoch klar, dass IPF-Patient:innen, die eine Begleittherapie mit Statinen einnahmen, länger überlebten bzw. auch, dass Menschen mit laufender Statinmedikation seltener an IPF erkrankten.
Ähnliche Assoziationen wurden in der Vergangenheit auch für andere Erkrankungen wie z.B. die COPD berichtet, wobei sich dann aber in einer großen, randomisierten und doppelt verblindeten Studie 2013 am Ende kein Benefit einer Statinmedikation für die Exazerbationsrate zeigte. Weiters gibt es auch Daten, die insbesondere bei fibrotischen Erkrankungen der Leber, des Herzens oder der Haut eine günstige Wirkung von Statinen nahelegen.
Problematisch ist in diesem Kontext immer, dass Statine in ihrer klassischen Indikation bei kardial vorerkrankten Menschen oder auch Risikopatient:innen bekannterweise zu einem längeren Überleben führen. Bei Lungenfibrose ist die Rate an Herz-Kreislauf-Begleiterkrankungen sehr hoch – und diese sind bekanntermaßen auch noch unterdiagnostiziert. Das könnte bedeuten, dass Patient:innen mit Statinmedikation nur deshalb länger leben, weil sie weniger wahrscheinlich wegen einer kardiovaskulären Ursache sterben – oder umgekehrt, weil die Patient:innen ohne Statinmedikation an unerkannten bzw. untertherapierten kardiovaskulären Erkrankungen versterben. Ebenso legt schon das Vorhandensein einer Statintherapie eine im Vergleich bessere generelle medizinische Betreuung nahe.
Analyse von Daten des IPF-Registers EMPIRE
Um die Frage nach einem potenziellen Nutzen einer Statintherapie bei Patient:innen mit IPF besser zu klären, wurden 4593 Patient:innen aus dem weltweit aktuell größten IPF-Register EMPIRE (European Multipartner IPF Registry) retrospektiv analysiert. 71% waren Männer, das mittlere Alter lag bei 70 Jahren. Statine wurden von 1304 (28%) der eingeschlossenen Patient:innen eingenommen, 71% hatten kardiale oder vaskuläre Begleiterkrankungen, 24% davon auch Diabetes mellitus und 23% eine koronare Herzkrankheit.
In der weiteren Analyse der inzidenten Patient:innen, also derer, die weniger als 6 Monate vor Einschluss mit ihrer IPF diagnostiziert wurden, waren Patient:innen mit Statinmedikation älter (im Mittel 72 vs. 69 Jahre) und hatten mehr – insbesondere kardiovaskuläre – Komorbiditäten. Trotzdem zeigte sich in der Gruppe mit Statinmedikation ein signifikant längeres Überleben als in der jüngeren und weniger komorbiden Gruppe der Patient:innen ohne Statine (HazardRatio 0,86; 95% Konfidenzintervall: 0,75–0,99; p=0,033). Nach Adjustierung der Ergebnisse auf Geschlecht, Alter, Lungenfunktion (forcierte Vitalkapazität; FVC) bei Einschluss, Body-Mass-Index und Komorbiditäten (inklusive kardiovaskulärer Erkrankungen und Diabetes) zeigte sich jedoch kein Unterschied mehr zwischen den Gruppen (adjustierte Odds Ratio 0,98; 95% Konfidenzintervall: 0,84–1,14; p=0,79).
In einer weiteren Analyse wurden auch Patient:innen mit und ohne antifibrotische Medikation anhand ihres Statin-Behandlungsstatus analysiert. Hierbei zeigte sich, dass ein signifikanter Unterschied im Überleben zwischen Statin-Einnahme und -Nichteinnahme nur in der Subgruppe ohne antifibrotische Medikation nachweisbar war. Bei den Patient:innen mit laufender antifibrotischer Medikation ließ sich kein Unterschied nachweisen (Abb. 1).
Abb. 1: Kaplan-Meier-Kurven der Subgruppen mit und ohne Statintherapie (S1 bzw. S0) und mit bzw. ohne antifibrotische Medikation (AF1 bzw. AF0). Man erkennt, dass sich lediglich die Gruppe ohne Statin und ohne antifibrotische Therapie klar abhebt
Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass die begleitende Einnahme von Statinen mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen prognostischen Vorteil für IPF-Patien-t:innen in Bezug auf die Krankheit selbst bringt. Andererseits konnte aber auch gezeigt werden, dass IPF-Patient:innen mit Statinen in Summe länger leben – wahrscheinlich aufgrund der Vorteile bezüglich ihrer kardiovaskulären Begleiterkrankungen, und möglicherweise auch, weil Statine ein Indikator für eine bessere ärztliche Versorgung generell darstellen. Der früher kolportierte negative Effekt der Statine auf das Fortschreiten einer Lungenfibrose konnte hier klar nicht gezeigt werden.
Schlussfolgerung
Diese Studie legt also nahe, kardiovaskuläre Begleiterkrankungen bei Menschen mit IPF ernst zu nehmen, aktiv nach solchen zu suchen und diese dann auch adäquat, unter anderem mit Statinen, zu therapieren. Negative Effekte einer Statintherapie auf die IPF müssen hiernicht befürchtet werden.
Literatur:
beim Verfasser
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