Bei Therapieversagen: Diagnose überprüfen und nach Komorbiditäten suchen
Bericht:
Dr. Felicitas Witte
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Eine axiale Spondylarthritis zu versorgen, ist eine Herausforderung: Das Krankheitsbild ist heterogen, die Diagnose wird häufig erst nach Jahren gestellt,1 und es gibt immer wieder Patienten mit ungünstigem Verlauf. Auf dem EULAR-Kongress stellten Rheumatologen aus Bielefeld in einer Schwerpunkt-Session2 einen komplizierten Fall vor und berichteten, wie in der Praxis am besten vorzugehen ist.
Spondylarthritiden (SpA) sind eine Gruppe von Krankheiten, die mit Entzündungen im Bereich der Wirbelsäule einhergehen und typischerweise Rückenschmerzen auslösen. Sie lassen sich aufgrund der Klinik und radiologischer Befunde in eine vornehmlich axiale Form – diese schließt Morbus Bechterew ein – und eine periphere Form einteilen. Die meisten Patienten leiden an axialer SpA mit Schmerzen an der Wirbelsäule und Bewegungseinschränkungen. Die ersten Beschwerden äußern sich meist zwischen 20 und 30 Jahren. Die AWMF-Leitlinie zur Behandlung der axialen SpA stammt von 2019 und wird gerade überarbeitet,3 die Leitlinie der EULAR ist von 2024.
Therapiert wird multimodal mit Patientenschulung, Einladung zum Rauchstopp und körperlicher Bewegung, nichtmedikamentösen Maßnahmen sowie mit Medikamenten – in erster Linie nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR), TNF-Hemmern und Interleukin-17-Inhibitoren – und bei Bedarf Glukokortikoid-Injektionen oder Operation. Es gilt das Konzept „treat-to-target“, wie es auch bei anderen rheumatologischen Krankheiten verfolgt wird. Ziel der medikamentösen Therapie ist eine Remission. Zur Bestimmung der Krankheitsaktivität und ob das Ziel erreicht wird, hat sich der ASDAS (Ankylosing Spondylitis Disease Activity Score) als am besten geeignet gezeigt. Der ASDAS reicht von 0 bis 10, ein Wert von <1,3 gilt als Remission beziehungsweise inaktive Erkrankung.3 Eine klinisch wichtige Verbesserung liegt ab einer Verringerung des Scores von ≥1,1 Punkten vor, eine bedeutende Verbesserung («major improvement») ab einer Verringerung von ≥2,0 Punkten.5 Patienten mit axialer SpA, die unter Schmerzen und Steifheit leiden, sollten gemäß EULAR-Leitlinie4 NSAR bis zur maximalen Dosis als Erstlinientherapie erhalten. Helfen sie nicht genügend oder sind NSAR kontraindiziert oder verträgt der Patient sie schlecht, können Analgetika wie Paracetamol eingesetzt werden. TNF-Hemmer, Interleukin(IL)-17- oder JAK-Inhibitoren sollten bei Patienten mit persistierend hoher Krankheitsaktivität, die sich mit NSAR nicht bessert, in Betracht gezogen werden. Gängige Praxis ist, zunächst einen TNF-Hemmer oder einen IL-17-Inhibitor zu verschreiben.
Eine Remission erreichen eher Patienten mit kurzer Erkrankungsdauer, erhöhten Entzündungsparametern und erhaltener Funktionsfähigkeit.6-10 Als prognostisch ungünstige Faktoren wurden hingegen unter anderem identifiziert: männliches Geschlecht, früher Beginn und lange Krankheitsdauer, Hüftgelenkbeteiligung, erhöhtes CRP, röntgenologische SI-Gelenk-Veränderungen in den ersten zwei Jahren und erhebliche Sakroiliitis in der Magnetresonanztomografie (MRT).
Ein komplizierter Fall
Wie sich ein Patient mit therapieresistenter axialer SpA präsentieren könnte und wie man die Ursache für das Therapieversagen findet, referierte Adham Rashid, Assistenzarzt in der Klinik für Rheumatologie im Klinikum Bielefeld, Universitätsklinikum Ostwestfalen-Lippe, Deutschland. Beim erwähnten Patienten handelte es sich um einen 39 Jahre alten Mann türkischer Abstammung. 2019 war in einer anderen Klinik eine axiale SpA diagnostiziert worden. Die MRT hatte damals eine bilaterale aktive Sakroiliitis gezeigt, das Röntgenbild bilateral eine Grad-III-Sakroiliitis. Der Mann hatte also mindestens zwei Risikofaktoren für einen ungünstigen Verlauf. Er war HLA-B12-negativ. An Begleiterkrankungen war eine Hypertonie bekannt, der Mann litt unter Ängsten und Panikattacken und rauchte.
Der Patient wurde zunächst mit dreimal täglich 800mg Ibuprofen behandelt. Daraufhin besserten sich seine Schmerzen zunächst etwas, die ursprünglich positive Wirkung ließ aber nach. Etoricoxib tolerierte der Patient nicht, Indomethacin, Tilidin und Metamizol erzielten ebenfalls keine signifikante Besserung.
In der Bielefelder Klinik stellte er sich im April 2021 mit persistierenden Schmerzen vor. Im Röntgenbild waren eindeutige Veränderungen im Sinne einer axialen SpA zu erkennen. Die Diagnose lautete also radiologische axiale SpA. „Die Abklärung zeigte eine hohe Krankheitsaktivität“, so Rashid. Dies war deutlich an den Krankheitsaktivitäts-Scores zu erkennen: Der früher weiter verbreitete Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index (BASDAI) betrug 7,5 auf einer Skala von 0–10, der Bath Ankylosing Spondylitis Functional Index (BASFI) 6,5 auf einer Skala von 0–10, der zusammengesetzte Index aus ASDAS und CRP (ASDAS-CRP) betrug 3,8 – ein Wert ab 3,5 entspricht einer hohen Krankheitsaktivität – sowie ein CRP von 2,6 mg/l. „Die Herausforderung war, dass der Mann weiterhin eine aktive Krankheit hatte und auf mindestens zwei NSAR nicht angesprochen hatte“, so der Rheumatologe. Eine erneute MRT lehnte der Patient ab, weil er klaustrophob sei.
Gemäß EULAR-Leitlinien bestand bei diesem Patienten nun eine Indikation für einen TNF-Hemmer oder einen IL-17-Inhibitor. Die Bielefelder Ärzte starteten eine Behandlung mit dem TNF-Hemmer Adalimumab subkutan in einer Dosierung von 40mg alle zwei Wochen. Der Mann wurde von einem niedergelassenen Rheumatologen betreut, der das Adalimumab regelmäßig verabreichte.
Im Februar 2022 stellte sich der Mann erneut in der Bielefelder Klinik vor. „Anfangs hatten sich die Symptome verbessert, aber dann wirkte Adalimumab nicht mehr“, berichtete Rashid. Der Patient gab an, seine Schmerzen hätten wieder zugenommen – nicht nur im Rücken, sondern auch in peripheren Gelenken. Die Schmerzen seien permanent und sehr stark.
In der Zwischenzeit war bei ihm eine Depression diagnostiziert und er war arbeitslos geworden. Der niedergelassene Rheumatologe hatte einen Wechsel zu einem anderen Biologikum vorgeschlagen. Die Abklärung ergab keinen Hinweis auf eine aktive periphere Arthritis, Enthesitis oder Synovitis, aber der Mann hatte 12/18 schmerzhafte Druckpunkte. Das CRP betrug 4,6mg/l und war damit im Normbereich. Die Ärzte konnten den Patienten überreden, trotz Klaustrophobie eine MRT durchführen zu lassen. Hier zeigten sich keine aktive Sakroiliitis oder Spondylitis, nur milde degenerative Veränderungen.
Weniger Krankheitsaktivität, mehr Schmerzen
„Die Krankheit war nicht aktiv, aber der Patient hatte mehr Schmerzen als vorher“, so Rashid weiter. Während der Schmerzscore auf der NRS-Schmerzskala im April 2019 bei 6 lag, war er jetzt bei 8. Der ASDAS-CRP-Score war nun bei 3,6, damit waren die notwendigen 1,1 Punkte für eine klinisch wichtige Verbesserung nicht erfüllt. Wie also vorgehen?
Die Diagnose radiale axiale Spondylitis war korrekt, der Patient hatte seine Medikamente regelmäßig bekommen, die Krankheit war nicht aktiv, aber der Mann hatte weiterhin starke Schmerzen im Rücken und überall am Körper. Eine Remission oder geringere Krankheitsaktivität war nicht erreicht worden. Das Problem war offenbar eine bisher nicht diagnostizierte Komorbidität: Der Mann litt unter Fatigue, Erschöpfung, Schlaf- und Konzentrationsstörungen und Depressionen – alles Hinweise auf ein Fibromyalgie-Syndrom. Mit dem Fibromyalgia Rapid Screening Tool (FiRST, siehe Tabelle) antwortete der Mann auf alle sechs Fragen mit Ja. „Es gab keine anderen Gründe, die die Symptome und dass keine Krankheitsaktivität vorlag, besser erklären konnten als eine Fibromyalgie“, sagte Rashid. Adalimumab wurde weitergeführt, der Patient wurde über Fibromyalgie aufgeklärt, man verschrieb ihm Amitriptylin und empfahl körperliche Bewegung und eine kognitive Verhaltenstherapie. Er machte eine Rehabilitation und bekam dort ein multimodales Therapieprogramm. „Ich war neugierig, wie es ihm geht und rief ihn an“, erzählte Rashid. Leider war der Mann immer noch arbeitslos und hatte eine vorzeitige Berentung beantragt – das ist bei Fibromyalgie häufiger der Fall. Und auch die Behandlung der Fibromyalgie kann für Patienten mühselig und aufwendig sein. Der vorgestellte Fall zeigt, dass man bei Spondyloarthritispatienten nicht an der ersten Diagnose festhalten, sondern immer berücksichtigen sollte, dass Schmerzen auch durch etwas anderes verursacht werden können.
Tab.: Fibromyalgia Rapid Screening Tool (FiRST) nach Perrot S et al.20
Nicht alle Patienten sprechen auf Biologika an
Wie man die Schmerzen bei Patienten mit axialer SpA und mit Psoriasisarthritis am besten managt, berichtete Prof. Martin Rudwaleit, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Rheumatologie im Klinikum Bielefeld. Aus klinischen Kohorten- und Beobachtungsstudien sei bekannt, dass nur bei einem von fünf Patienten eine inaktive Krankheit erreicht werde, eine niedrige Krankheitsaktivität bei 35 bis 60% der Patienten. „Das ist nicht schlecht, aber es verbleiben immer noch 40% der Patienten, bei denen wir diese Ziele nicht erreichen“, so Rudwaleit. Die Frage, die man sich stellen müsse, sei: „Welche Patienten sprechen gut auf mein Biologikum an?“ Diese Fragestellung hatte Rudwaleit – damals noch an der Charité – vor 20 Jahren in zwei randomisierten Studien mit TNF-Hemmern untersucht.11 69 Patienten mit aktiver SpA hatten Infliximab bekommen, 30 Etanercept, und eine vergleichbare Anzahl Patienten Placebo. Als Prädiktoren für eine deutliche klinische Verbesserung – definiert durch eine mindestens 50%ige Verbesserung des BASDAI nach zwölf Wochen – wurden folgende Faktoren identifiziert: kürzere Krankheitsdauer, jüngeres Alter, erhöhtes CRP oder BSG sowie geringerer BASFI. Die Patienten, die gut auf die Therapie ansprachen, hatten zudem Entzündungszeichen im MRT.
2013 zeigten der Rheumatologe Prof. Joachim Sieper von der Charité und sein Team, dass die Entzündungszeichen in der MRT ein wertvoller Marker für das Ansprechen auf einen TNF-Hemmer sind.12 185 Patienten mit axialer SpA bekamen damals Adalimumab oder Placebo. Primärer Endpunkt der Studie war der Anteil der Patienten, die eine mindestens 40%ige Verbesserung im ASAS (ASAS40) nach zwölf Wochen erreichten. Auch Sieper wies als Prädiktoren für das Erreichen des primären Endpunktes unter Adalimumab eine kürzere Krankheitsdauer, jüngeres Alter und erhöhtes CRP nach, und zusätzlich höhere SPARCC-MRT-Scores im Sakroiliakalgelenk. SPARCC steht für Spondyloarthritis Research Consortium of Canada. Von den Patienten mit Adalimumab und SPARCC-MRT-Score von ≥2 im Sakroiliakalgelenk erreichten 49% der Patienten einen ASAS40, von denen mit SPARCC-Score <2 nur 29%. Ähnlich wurde bei 55% der Patienten mit erhöhtem CRP ein ASAS40 festgestellt und nur bei 27% der Patienten mit normalem CRP. Bei den Placebopatienten unterschieden sich die Ansprechraten nicht. Als die Zulassungsbehörde EMA Adalimumab und später andere Biologika gegen axiale SpA zugelassen habe, erläuterte Prof. Rudwaleit, habe sie vorgegeben, dass nur die Patienten das Medikament bekommen dürften, die ein erhöhtes CRP und/oder eine aktive Sakroiliitis in der MRT hätten. Der Bielefelder Patient hatte zwar kein erhöhtes CRP, aber eine aktive Sakroiliitis in der MRT, also war die Indikation für Adalimumab korrekt.
Andersherum gilt die Frage, welcher Patient nicht von Biologika profitiert. Dies hat die Arbeitsgruppe um Prof. Gary MacFarlane von der Universität in Aberdeen untersucht.13 335 Patienten mit axialer SpA wurden nach Beginn ihrer ersten TNF-Hemmer-Therapie im Schnitt 14 Wochen nachverfolgt. 65 bis 67% der Patienten erreichten keinen ASAS40 beziehungsweise keinen ASDAS mit geringer Krankheitsaktivität, also einen Wert von <2,1. Patienten, die nicht Vollzeit arbeiteten, mit geringerem sozioökonomischem Status, kürzerer Ausbildung, schlechter psychischer Gesundheit und gewissen Komorbiditäten sprachen seltener auf einen TNF-Hemmer an. „Es ist wichtig, auf diese Faktoren zu achten, wenn ein Patient nicht gut anspricht“, so Rudwaleit. Der Patient aus Bielefeld hatte zwei dieser Faktoren: Er war arbeitslos geworden und hatte eine Depression entwickelt.
Auf Komorbiditäten achten
In der überarbeiteten Version der EULAR-Leitlinien von 2022 war mit der Nr. 11 eine neue Empfehlung aufgenommen worden: Spricht der Patient nicht auf die Behandlung an, sollte die Diagnose umgehend reevaluiert und an Begleiterkrankungen gedacht werden.4 Der Bielefelder Patient hatte eine Depression als Komorbidität.
Schmerzen bei der axialen SpA können drei Gründe haben. Erstens ist es die inflammatorische Krankheit selbst: Die Patienten haben entzündliche Rückenschmerzen, möglicherweise mit peripherer Arthritis oder mit aktiver Enthesitis. Zweitens können die Patienten zusätzlich degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule haben im Sinne einer Arthrose. Drittens könnte es zur Schmerzzentralisierung mit veränderter Schmerzwahrnehmung gekommen sein, noziplastische Schmerzen genannt. Beim „klassischen“ axialen SpA-Patienten überwiege die inflammatorische Komponente, so Rudwaleit, und er habe noch etwas degenerative Veränderungen. „Es gibt aber auch Patienten mit axialer SpA und womöglich etwas degenerativen Veränderungen, bei denen aber der noziplastische Schmerz oder die Fibromyalgie-Komponente überwiegt – und das war vermutlich bei unserem Patienten der Fall.“Noziplastischer Schmerz beschreibt Schmerzen, die hauptsächlich im zentralen Nervensystem generiert werden. Die Schmerzen treten nicht alleine auf, sondern gemeinsam mit anderen Symptomen, unter anderem Fatigue oder Schlafstörungen.
Fibromyalgie als häufige Komorbidität
Laut einem systematischen Literatur-Review und einer Metaanalyse aus 15 Studien mit insgesamt 5214 Patienten – ebenfalls von der Arbeitsgruppe aus Aberdeen – haben im Schnitt 16,4% der Patienten mit axialer SpA eine Fibromyalgie. Die Prävalenz reichte in den Studien von 4,1% bis 41,2%.14 Diese Unterschiede hingen nicht nur von Kohorte oder Land oder Rheumatologe ab, der die Diagnose stellte, sondern auch von den Diagnose-Kriterien, die verwendet wurden.
Chronische ausgedehnte Schmerzen tragen maßgeblich zur generellen Gesundheit von Patienten mit axialer SpA bei. Darauf weist eine aktuelle Studie aus Frankreich hin.15 Die Autoren werteten Daten von 6064 Patienten aus vier Kohorten aus und untersuchten, welche Faktoren zur generellen Gesundheit der Patienten beitrugen – gemessen mittels ASAS Gesundheitsindex (ASAS-HI) oder EuroQoL-5D-3L –, darunter Krankheitsaktivität, Komorbiditäten, chronische ausgedehnte Schmerzen, soziodemografische und andere krankheitsbedingte Faktoren. Nicht überraschend beeinflusste die Krankheitsaktivität am meisten die generelle Gesundheit, und zwar je nach Kohorte zwischen 16% und 26%. Am zweithäufigsten wirkten sich aber chronische Schmerzen aus, nämlich zwischen 12% und 15%.
Höhere BASDAI- und BASFI-Werte
Eine Fibromyalgie beeinflusst bei Patienten mit axialer SpA zudem auch die Messung der Krankheitsaktivität.16, 17 So hatten Patienten mit SpA, die gleichzeitig unter einer Fibromyalgie litten, höhere BASDAI-Scores (Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index) sowie höhere BASFI-Werte (Bath Ankylosing Spondylitis Functional Index), aber die CRP-Spiegel unterschieden sich nicht. Auch das Geschlecht wirkt sich aus. Frauen mit axialer SpA entwickeln rund doppelt so häufig eine Fibromyalgie. In einer aktuellen Studie mit 3982 SpA-Patienten hatten 10,3% der Männer eine begleitende Fibromyalgie und 19,6% der Frauen.18 Bei Patienten mit Fibromyalgie ist der BASDAI hoch und es zeigte sich kein Unterschied zwischen Männern und Frauen, bei Patienten ohne Fibromyalgie hingegen ist der BASDAI im Schnitt bei Frauen höher als bei Männern, denn sie berichten häufiger über Beschwerden. Patienten mit axialer SpA und Fibromyalgie wird öfter ein TNF-Hemmer verschrieben als denen ohne Fibromyalgie.16, 17 Ob dies gerechtfertigt sei oder nur wegen der Schmerzen, sei nicht bekannt. Patienten mit axialer SpA und Fibromyalgie scheinen zudem weniger therapietreu zu sein – auch das passt zum Fall des Bielefelder Patienten. Sie stoppen häufiger die Medikamente und nehmen sie deutlich kürzer als diejenigen ohne Fibromyalgie.16 „Unsere Therapiebemühungen bei der axialen SpA werden davon beeinflusst, ob ein Patient zusätzlich eine Fibromyalgie hat oder nicht“, so Rudwaleit. Patienten mit Doppeldiagnose sprechen aber durchaus auf TNF-Hemmer an. Absolut sinken die BASDAI-Werte genauso gut wie bei Patienten, die nur eine axiale SpA haben.19 Das Problem ist aber, dass sie mit einer durchschnittlich höheren Krankheitsaktivität anfangen. Zu Beginn ist der BASDAI im Schnitt bei 7 und nach drei Monaten bei 5,3. Diejenigen ohne Fibromyalgie haben dagegen zu Therapiebeginn einen BASDAI von rund 5,5, der nach drei Monaten auf unter 4 sinkt.19 Das erklärt, warum weniger Patienten mit axialer SpA und Fibromyalgie eine niedrige Krankheitsaktivität erreichen.
Quelle:
„Junior Case Presentation“, Vortrag von Dr. Adham Rashid, Bielefeld, und „Spot on pain in axSpA: where are the management problems?“, Vortrag von Prof. Martin Rudwaleit, Bielefeld, im Rahmen des Symposiums „Challenges in Clinical Practice – Difficult to Manage axSpA and PsA“, EULAR 2024, 12. Juni 2024, Wien
Literatur:
1 Redeker I et al.: Rheumatology 2019 (Oxford) 58(9): 1634-1638 2 https://ondemandcongress.eular.org/course/view.php?id=1353 . 3 Kiltz U et al.: Z Rheumatol 2019; 78 (Suppl 1): S3-S64. 4 Ramiro S et al. Ann Rheum Dis 2023; 82(1): 19-34 5 Machado P et al.: Ann Rheum Dis 2011; 70: 47-53 6 Sieper J et al.: Ann Rheum Dis 2012; 71: 700-706 7 Rudwaleit M et al.: Arthritis Res Ther 2010; 12: R117 8 Glintborg B et al.: Ann Rheum Dis 2010; 69: 2002-2008 9 Lord PA et al.: Rheumatol (Oxford) 2010; 49: 563-570 10 Perrotta FM et al.: Reumatismo 2014; 66: 208-214 11 Rudwaleit M et al.: Ann Rheum Dis 2004; 63: 665-70 12 Sieper J et al.: Ann Rheum Dis 2013; 72: 815-822 13 Macfarlane GJ et al.: Rheumatology (Oxford) 2020; 59: 2481-2490 14 Jones G et al.: Rheumatol Int 2020; 40: 1581-1591 15 Drouet J et al.: Rheumatol Int 2024; 44: 1455-1468 16 Bello N et al.: Arthritis Res Ther 2016; 18: 42 17 MacFarlane GJ et al.: Rheum 2017; 69: 2144-2150 18 Lop M et al.: RMD Open 2024; 10. e003776 19 MacFarlane GJJ et al.: Rheumatology (Oxford) 2018; 57: 1982-1990 20 Perrot S et al.: Pain 2010; 150(2): 250-256
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