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16. Wachauer Rheumatag

Rheuma, Schmerz und Diabetes

<p class="article-intro">Der Wachauer Rheumatag stand auch heuer wieder im Zeichen des interdisziplinären Austausches. Unter anderem wurden Erkenntnisse aus Biologika-Registern und wichtige Hinweise zum Einsatz von Schmerzmedikamenten vermittelt.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Dr. Raimund Lunzer aus Graz berichtete von Registerdaten zu Infektionen und Malignomen unter immunmodulierender Therapie. Sowohl in der &ouml;sterreichischen Datenbank BioReg als auch in anderen europ&auml;ischen Registern sind die Raten an Malignomen auf dem Niveau der Allgemeinbev&ouml;lkerung. Auch das Risiko f&uuml;r Sekund&auml;rneoplasien erh&ouml;ht sich laut diesen Daten nicht.<br /> Lymphome sind bei Rheumapatienten zwar h&auml;ufiger dokumentiert, es besteht hierbei aber kein Unterschied zwischen Patienten, die Biologika erhalten, und solchen, die anders behandelt werden. &bdquo;Es zeigt sich sogar ein Trend, dass unter Biologika seltener Lymphome auftreten als unter den konventionellen Therapiemethoden&ldquo;, so Lunzer. Auch das erh&ouml;hte Risiko f&uuml;r ven&ouml;se Thromboembolien und Infektionen bei Rheumapatienten scheint mehr auf der Grunderkrankung bzw. auf den Komorbidit&auml;ten zu beruhen, als eine direkte Nebenwirkung der Therapie zu sein.<br /> Im Vergleich zwischen den Therapieformen treten auch Infektionen unter Biologika tendenziell seltener auf als unter anderen Therapien bzw. verlaufen sie weniger schwer. Die h&ouml;chste Infektionsgefahr besteht nach schwerwiegenden Ereignissen, wie Herzinfarkt oder Lungenentz&uuml;ndung. &bdquo;In den ersten 30 Tagen nach einem solchen Ereignis sollte man daher besonders auf Infektionen achten&ldquo;, sagte Lunzer.<br /> Die Divertikulitis unter Tocilizumab ist laut Lunzer &bdquo;extrem selten&ldquo;, dennoch bleibt es bei der Empfehlung, bei Patienten mit Divertikeln Tocilizumab nicht als erste Wahl einzusetzen. Sehr gering sei insgesamt auch das Risiko f&uuml;r Neutropenien, die Patienten m&uuml;ssen selbstverst&auml;ndlich trotzdem diesbez&uuml;glich &uuml;berwacht werden. &bdquo;Wir bewegen uns in Bezug auf das Risiko f&uuml;r Nebenwirkungen bei circa 3&ndash;6 pro 1000 Patienten&ldquo;, so Lunzer. TNF-Hemmer zeigen insgesamt &uuml;ber alle Indikationsbereiche &bdquo;beeindruckend wenig Nebenwirkungen&ldquo;, sodass man diese Medikamentengruppe &bdquo;den Patienten nicht vorenthalten&ldquo; d&uuml;rfe. Auf Kortison k&ouml;nne man aber noch nicht g&auml;nzlich verzichten; in jedem Fall sollte es in den ersten 6 Monaten als Komedikation gegeben werden.</p> <h2>Umgang mit Schmerzmedikamenten</h2> <p>Schmerzspezialistin Dr. Waltraud Stromer von der Abteilung f&uuml;r An&auml;sthesie und Intensivmedizin im LK Horn berichtete aus der Praxis der modernen Schmerztherapie. Die Therapieentscheidung richtet sich in erster Linie nach der Schmerzart: Nozizeptive Schmerzen werden in erster Linie mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), Cyclooxygenase-II-Hemmern (Coxibe) oder Nichtopioidanalgetika (NOA) wie Metamizol oder Paracetamol behandelt. Der neuropathische Schmerz dagegen spricht auf spezifische Antikonvulsiva und Antidepressiva an. Bei starken Schmerzen kommen bei beiden Schmerzarten und je nach Schmerzintensit&auml;t schwache oder starke Opioide zum Einsatz.<br /> Dem unumstrittenen Nutzen von Schmerzmedikamenten stehen die Risiken und Nebenwirkungen gegen&uuml;ber. So sind NSAR f&uuml;r fast jede dritte Spitalseinweisung wegen Medikamentennebenwirkungen (gastrointestinal, renal und kardiovaskul&auml;r) verantwortlich. Jeder f&uuml;nfte Patient, der mehr als 2 Monate NSAR einnimmt, entwickelt ein endoskopisch nachweisbares Ulkus und einer von 1220 verstirbt.<br /> Stromer betonte weiters, bei der Gabe von PPI, welche gastroduodenal wirksam sind, sei zu beachten, dass sie in Kombination mit NSAR Sch&auml;den im D&uuml;nn- sowie Dickdarm nicht verhindern k&ouml;nnen: &bdquo;Kapselstudien an jungen gesunden Probanden zeigten, dass 55 bis 75 Prozent unter PPI und NSAR einen Mukosaschaden im D&uuml;nndarm entwickeln.&ldquo; Gr&uuml;nde daf&uuml;r scheinen eine Ver&auml;nderung der Darmflora und eine Permeabilit&auml;tssteigerung im enterohepatischen Kreislauf zu sein. Stromer zog daraus die Konsequenz, NSAR nicht unkritisch einzusetzen, die geringste effektive Dosis f&uuml;r die k&uuml;rzestm&ouml;gliche Zeit zu w&auml;hlen, Therapiepausen zu machen und auf die intramuskul&auml;re Gabe zu verzichten, denn diese potenziere das Risiko. Coxibe haben im Gegensatz zu NSAR ein deutlich geringeres gastrointestinales Nebenwirkungspotenzial. Die renalen, vor allem aber die kardiovaskul&auml;ren Kontraindikationen m&uuml;ssen vor jeder Verordnung jedoch beachtet werden.<br /> Die Alternative zu NSAR sind NOA wie Metamizol und Paracetamol. Paracetamol steigert bei l&auml;ngerer Gabe und h&ouml;heren Dosierungen aufgrund der peripheren Cyclooxygenase-I- und -II-Hemmung das Risiko f&uuml;r renale und gastrointestinale Komplikationen. Durch die 83 % ige COX- 2-Hemmung bei einer Gabe von 1g erh&ouml;ht Paracetamol zudem das kardiovaskul&auml;re Risiko. Lebersch&auml;digungen treten bei &Uuml;berdosierung auf. Dazu kann es leicht kommen bei mangelern&auml;hrten Patienten aufgrund reduzierter Glutathion-Speicher, Alkoholabusus und gleichzeitiger Gabe von CYP450-induzierenden Arzneimitteln wie Barbituraten und Antikonvulsiva. &bdquo;Metamizol ist gekennzeichnet durch ein geringes Interaktions- und Nebenwirkungspotenzial und durch eine deutlich bessere analgetische Wirksamkeit als Paracetamol&ldquo;, erkl&auml;rte Stromer. &bdquo;Da nachweislich die antiaggregatorische Wirksamkeit von ThromboASS durch Metamizol herabgesetzt wird, ist eine Zeitspanne von mindestens 60 Minuten bis zur Metamizol- Gabe einzuhalten.&ldquo;<br /> Das schwach wirksame Opioid Tramadol beziehungsweise die stark wirksamen Opioide m&uuml;ssen je nach vorliegender Schmerzart ausgew&auml;hlt werden. Wichtig ist eine langsame Dosissteigerung unter Ber&uuml;cksichtigung von Wirkung und m&ouml;glichen Nebenwirkungen.<br /> Neben der Schmerzart sind bei der Auswahl der richtigen Medikation die Schmerzintensit&auml;t, m&ouml;gliche Begleiterkrankungen, eine etwaige bestehende Polymedikation zur Vermeidung nebenwirkungsreicher Interaktionen und auch die individuellen Bed&uuml;rfnisse des Patienten zu ber&uuml;cksichtigen, fasste Stromer zusammen. Einfache und &uuml;bersichtliche Dosierungsschemen verbessern die Compliance. Die medikament&ouml;se Schmerztherapie soll Teil eines ganzheitlichen Therapie- und Betreuungsplans sein. Polymedikation sollte identifiziert und nach M&ouml;glichkeit reduziert, Erfolge und Nebenwirkungen kontrolliert werden. Insbesondere bei geriatrischen Patienten empfiehlt Stromer, vor der Verordnung von Medikamenten einen Blick in die PIM-Liste (PIM = potenziell inad&auml;quate Medikation) zu werfen, um eine inad&auml;quate Medikamentenkombination mit resultierenden Nebenwirkungen zu vermeiden.</p> <h2>Rheuma und Diabetes</h2> <p>Prof. Dr. Peter Fasching, Wien, referierte &uuml;ber Zusammenh&auml;nge zwischen Rheuma und Stoffwechselerkrankungen. Die Datenlage dazu sei zwar &bdquo;m&auml;&szlig;ig&ldquo;, dennoch gebe es gute Hinweise, dass Rheumapatienten &uuml;berdurchschnittlich oft eine Hyperglyk&auml;mie entwickeln. Umgekehrt findet man bei Diabetikern h&auml;ufig Rheumaantik&ouml;rper. Insbesondere bei Diabetes mellitus Typ 1 besteht ein starker Zusammenhang mit rheumatischen Erkrankungen, was auf die zugrunde liegende Autoimmunsituation zur&uuml;ckgef&uuml;hrt wird. Aber auch Diabetes mellitus Typ 2 tritt bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) h&auml;ufiger auf. Als urs&auml;chlich f&uuml;r diesen Zusammenhang wird die chronische Inflammation vermutet. &bdquo;Die permanente Entz&uuml;ndung, die auch bei gut behandelten RA-Patienten im Hintergrund oft bestehen bleibt, ist eine Ursache f&uuml;r Insulinresistenz&ldquo;, so Fasching. Systemische Steroide k&ouml;nnten ebenfalls eine Rolle spielen. Zielgerichtete Rheumatherapien hingegen scheinen die Stoffwechsellage zu verbessern.<br /> &bdquo;Konkrete Richtlinien f&uuml;r die Behandlung von Diabetikern mit rheumatischen Erkrankungen gibt es nicht&ldquo;, sagte Fasching. Umgekehrt werde auch Diabetes als Komorbidit&auml;t in den Leitlinien der rheumatologischen Gesellschaften kaum thematisiert. Insgesamt wird in den diversen Leitlinien auf den Zusammenhang zwischen Rheuma, Stoffwechsel und kardiovaskul&auml;rem Risiko nur sehr allgemein hingewiesen. F&uuml;r die Praxis bleibt also nur die Empfehlung, systemische Steroide wo m&ouml;glich zu vermeiden und bei RA- und Diabetespatienten gesteigerte Aufmerksamkeit auf das erh&ouml;hte Atheroskleroserisiko zu richten.</p> <h2>Medikament&ouml;se Therapie: Was ist neu?</h2> <p>Wie immer zum Abschluss des Wachauer Rheumatages gab Priv.-Doz. Dr. Burkhard Leeb, Hollabrunn, einen &Uuml;berblick &uuml;ber s&auml;mtliche zugelassenen Medikamente f&uuml;r rheumatisch- entz&uuml;ndliche Erkrankungen und einen Ausblick auf die nahe Zukunft. Im vergangenen Jahr neu dazugekommen sind f&uuml;r die RA die JAK-Inhibitoren Baricitinib und Tofacitinib und der IL-6-Rezeptor-Antik&ouml;rper Sarilumab. Tofacitinib wurde mittlerweile auch f&uuml;r die Behandlung der Psoriasisarthritis (PsA) zugelassen. Ebenso haben Abatacept und Ixekizumab eine Zulassungserweiterung f&uuml;r PsA erhalten. Weitere JAK-Inhibitoren und Biologika befinden sich laut Leeb in Entwicklung sowie auch viele Biosimilars. Insgesamt sind derzeit &uuml;ber 80 Pr&auml;parate in der Pipeline.<br /> Gute Nachrichten gibt es auch f&uuml;r Patienten mit Riesenzellarteriitis. Der IL- 6-Rezeptor-Antik&ouml;rper Tocilizumab sei &bdquo;eine echte Alternative f&uuml;r kortisonrefrakt&auml;re F&auml;lle&ldquo;, so Leeb, und biete au&szlig;erdem die M&ouml;glichkeit, Prednisolon zu reduzieren.<br /> Daten aus dem &ouml;sterreichischen Register BioReg zeigen die gute Vertr&auml;glichkeit von Biologika: &bdquo;Wenn Therapiewechsel erfolgen, dann haupts&auml;chlich wegen ungen&uuml;gender Wirkung, aber kaum wegen Nebenwirkungen&ldquo;, berichtete Leeb. Ebenfalls aus BioReg abzuleiten ist der Behandlungstrend zur Reduktion von Kortison und Methotrexat bei g&uuml;nstigem Therapieverlauf, w&auml;hrend Biologika meist weiterhin gegeben werden, um den therapeutischen Erfolg zu erhalten.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: 16. Wachauer Rheumatag, 14. April 2018, Spitz a. d. Donau </p>
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