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Die Urologie – ein Zukunftsfach

„Gemeinsam stark in die Zukunft gehen“

Univ.-Prof. Dr. Shahrokh F. Shariat ist neuer Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Urologie (ÖGU). ÖGU Aktuell führte mit ihm ein Gespräch zu seiner Sicht auf die ÖGU und die Urologie in Österreich sowie zu seinen Zukunftsplänen für die Gesellschaft. Natürlich haben wir ihn auch gefragt, was die Urologie für ihn persönlich bedeutet.

Welchen Stellenwert sehen Sie in der ÖGU als Fachgesellschaft?

S. F. Shariat: Die ÖGU ist eine Arbeitsgemeinschaft mit einer äußerst hohen Qualität. Wir bieten Urolog:innen Spitzenfortbildung im Rahmen der ÖGU-Jahrestagung an, unterstützen aber auch weitere Fortbildungen wie etwa die ASU-Kurse. Die Arbeitskreise der ÖGU spielen eine wichtige Rolle in der weiteren Subspezialisierung und Vernetzung. Als moderne Fachgesellschaft bieten wir z.B. mit der Onlineübertragung der Jahrestagung und Online-DFP-Kursen den Kolleginnen und Kollegen auch zeit- und ortsunabängig die Möglichkeit, auf dem neuesten Stand zu bleiben. Hervorheben möchte ich das wichtige historische Vermächtnis der ÖGU, auf dem wir aufbauen und das wir als wissenschaftliche Gesellschaft weiterführen.

Was bedeutet Ihnen die Urologie persönlich?

S. F. Shariat: Die Urologie ist ein großartiges und vielseitiges Fach! Wir behandeln Kinder, Frauen und Männer. Wir therapieren kongenitale und erworbene Erkrankungen, gutartige und bösartige. Viele Patient:innen können wir heilen oder wir können ihre Lebensqualität entscheidend verbessern. Wir operieren offen und minimalinvasiv, mit und ohne Roboter und behandeln vielfach konservativ. Wir sind ambulant, belegärztlich und in der stationären Versorgung tätig. Wir haben die Wahl zwischen Anstellung und Selbstständigkeit. Kaum ein anderes Fach bietet Kolleg:innen so viele Möglichkeiten, das Richtige für sich zu finden, deshalb sind Urolog:innen auch die glücklichsten Ärzte, wie der Medscape Physician Lifestyle and Happiness Report 2017 erhoben hat. Ich bin glücklich, dass ich dieses Fach – die Urologie – gefunden habe.

Welche Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft der Urologie?

S. F. Shariat: Es gibt einige wichtige Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Wir brauchen eine agile langfristige Mission und Vision für die Urologie in Österreich, in der ÖGU, aber auch darüber hinaus. Wir müssen Werte zusammen mit den jüngeren Generationen schaffen, auf denen wir unser Tun aufbauen. Und wir brauchen auch eine starke strategische Partnerschaft zwischen dem Berufsverband der Urologie (BvU) und der ÖGU.

Eine große Herausforderung aus wissenschaftlicher Sicht ist die schwindende urologische Forschungstätigkeit in Österreich.

Gesellschaftspolitisch nach außen sichtbar sind wir als ÖGU leider nur begrenzt. Unsere Aufgabe ist es auch die hohe Zahl an Pensionierungen von Kolleg:innen in naher Zukunft zu kompensieren. Das bedeutet, weniger Urolog:innen müssen mehr Patient:innen betreuen. Hinzu kommt die zunehmende Alterung der Bevölkerung. Diese hat bereits in den vergangenen 15 Jahren zu einem Leistungszuwachs von rund 35% geführt. Ein weiterer Punkt stellt auch die Zunahme des Anteils an Urologinnen dar, damit einher gehen Herausforderungen und Möglichkeiten in Bezug auf die Arbeitszeit und die Familienfreundlichkeit, aber auch die sehr wichtige Aufgabe, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen.

In der täglichen Arbeit sehe ich die Umsetzung der Verschiebung von Leistungen in den ambulanten Bereich mit einer hybriden Ausbildung von Assistenzärzt:innen, sowie hinsichtlich der zunehmenden Individualisierung der Medizin auf uns zu kommen.

Was sind Ihre Ziele für die Zukunft der österreichischen Urologie?

S. F. Shariat: Wir müssen gemeinsam stark in die Zukunft gehen. Die für mich fünf wichtigsten Ziele sind: erstens die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen BvU & ÖGU, zweitens die Stärkung der Forschung, drittens die Nachwuchsförderung – vor allem des weiblichen Nachwuchses, viertens die Etablierung eines Männergesundheitsvorsorgeprogramms „Urologie im Zentrum“ und fünftens die Qualitätssicherung in der Uroonkologie.

Welche Ideen gibt es zur Stärkung der Forschung und zur Nachwuchsförderung?

S. F. Shariat: Eine gute Plattform für ein Training sind Posterpräsentationen im Rahmen der Jahrestagung und die Vergabe eines Preises für die/den beste:n junge:n Wissenschaftler:in. Auch der Austausch im Rahmen von „Meet the Expert“-Sessions während der ÖGU-Tagung ist mir ein Anliegen. Die Unterstützung der wissenschaftlichen Aus- und Fortbildung wie etwa die „Masterclass in Clinical Research“, deren erste Veranstaltung im September 2022 stattgefunden hat. Mini-„How to“-Workshops“ etwa zu den Themen: Wie gestalte und mache ich eine Präsentation, wie schreibe ich ein wissenschaftliches Paper, was muss ich über Genetik wissen, wie vermittle ich den Patienten schlechte Nachrichten etc.

Wichtig ist auch die Einrichtung einer Studienzentrale als zentrale Anlaufstelle für Anfragen bezüglich urologischer Studien in Österreich und die Betreuung aller klinischen Studien der ÖGU. Für wichtig halte ich auch Themen zu „Teaching Mentality“, etwa ein Mentoring-Programm und einen „Best Mentor“- Award. Last, but not least wollen wir die ÖGU-Events familienfreundlicher machen, z.B. mit dem Angebot einer Kinderbetreuung und Ähnlichem.

Sie haben bereits die Außenwirksamkeit der ÖGU angesprochen. Was wäre zur Stärkung des Footprints und der Markenidentität „ÖGU“ notwendig?

S. F. Shariat: Wir streben eine deutlich verstärkte Öffentlichkeitsarbeit als bisher in enger Partnerschaft mit dem BvU an, etwa auf Social Media. Gemeinsam mit dem BvU und der Österreichischen Krebshilfe möchten wir auch ein Männervorsorgeprogramm mit PSA-Früherkennung aufstellen und die Initiative „loose tie“ stärker nutzen um Awareness zu schaffen. Mit der Krebshilfe wurde gerade eine Broschüre zur Männergesundheit „Aus Liebe zum Leben“ herausgebracht. Gestartet wurde bereits die aktive Mitarbeit der ÖGU an der HPV-Impfkampagne, gemeinsam mit anderen Stakeholdern.

Wichtig sind uns auch eine zertifizierte modulare Uro-Onkologie-Ausbildung sowie die Zertifizierung uro-onkologischer Zentren in Österreich.

Um unsere internationale Position in der Urologie zu stärken, wollen wir ein „Global health outreach“-Programm schaffen, wie z.B. das schon etablierte Programm der MedUniWien in Tansania. Außerdem soll die bereits begonnene Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) stark vertieft werden.

Darüber hinaus halte ich es auch für wichtig, die Geschichte der ÖGU aufzuarbeiten, wofür sich Doz. Dr. Fritz Moll angeboten hat. Denn nur wer seine Geschichte kennt, kann die Zukunft gestalten.

Ich freue mich sehr auf die Enge Zusammenarbeit mit allen Partnern in der Urologiefamilie. Ich bin überzeugt, dass wir etwas Positives schaffen können - einen Mehrwert für die gesamte Urofamilie und die Gesellschaft.

Vielen Dank für das Gespräch!
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