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EAU-Highlights – Urolithiasis

Neues aus der Welt der Steine

Die Einführung von immer kleineren Instrumenten, neuen Lasersystemen und zahlreichen Hilfsmitteln hat die Therapie der Urolithiasis in den letzten Jahrzehnten zu einer minimalinvasiven Behandlung werden lassen. Trotzdem stehen Patient:innen und Ärzt:innen oft noch vor der Qual der Wahl der richtigen Therapie, wobei Parameter wie Lebensqualität, Nebenwirkungen und Zahl der Krankheitstage eine immer wichtigere Rolle in der Entscheidungsfindung spielen.

Keypoints

  • Ein standardisiertes Follow-up-Protokoll verbessert langfristig die Lebensqualität der Patienten durch frühzeitiges Erkennen von (Rest-)Fragmenten und die Prävention steinassoziierter Komplikationen.

  • Vakuum-assistierte Ureteroskopie verbessert unsere operativen Ergebnisse durch erhöhte Steinfreiheitsraten, reduzierten intrarenalen Druck und verbesserte Sicht während des Eingriffs, vor allem bei größeren Konkrementen.

  • Zukünftige Entwicklungen der URS zielen auf Effizienzsteigerung und Monitoring von OP-relevanten Parametern wie dem intrarenalen Druck und steigern dadurch weiter die Sicherheit dieser minimalinvasiven Steintherapie.

Follow-up nach Steintherapie

Aufgrund der Heterogenität der Steinerkrankungen hat sich bislang noch kein standardisiertes Follow-up-Protokoll nach definitiver Steinsanierung durchgesetzt. Nach systematischer Literaturrecherche wurde in den aktuellsten EAU-Leitlinien 2024 nun ein Follow-up-Algorithmus vorgestellt, wie er beispielsweise in der Uro-Onkologie schon universal anerkannt ist.1 Die Nachsorge ist aufgrund fehlender Langzeitdaten auf bis zu 5 Jahre vorgeschrieben, kann aber je nach Risikoprofil der Patient:innen auch weitergeführt werden. Unterschieden wird jeweils zwischen einer post-interventionellen Steinfreiheit und vorbekannten Residualfragmenten ≥ oder ≤4mm sowie einer Gruppe an Hochrisiko-Steinbilder:innen und einer allgemeinen Population (Abb. 1).2

Abb. 1: Konsens über die Häufigkeit der Nachuntersuchungen und die nach der Behandlung zu verwendenden bildgebenden Verfahren (modifiziert nach Skolarikos A et al., 2024)2

Alle Gruppen einschließend, gibt es eine Empfehlung, dieerste radiologische Nachsorge nach 6 Monaten mittels Abdomen-Leerröntgen (KUB) und/oder Sonografie (US) durchzuführen. Eine CT-Diagnostik sollte laut Empfehlung auf symptomatische Episoden oder präoperative Bildgebung limitiert werden, um eine exzessive Strahlenbelastung zu vermeiden. Da steinfreie Patient:innen ohne entsprechendes Risikoprofil nach 2–3 Jahren aus dem Follow-up-Protokoll ausscheiden können, sollte die Risikogruppe mit metabolischen Auffälligkeiten oder Restkonkrementen jedoch mindestens jährlich eine Bildgebung inklusive metabolischer Abklärung angeboten bekommen. Der damit verbundene Arbeitsaufwand in den Ambulanzen und Ordinationen wurde bei den Podiumssitzungen intensiv diskutiert und es bleibt noch ungeklärt, auf wessen Schultern dieser Mehraufwand letztendlich landen wird. Auch die hohe Strahlenbelastung durch wiederkehrende Röntgendiagnostik wurde als Kritikpunkt angeführt, wobei die Meinungen auch hier weit divergierten. Mithilfe von (Ultra-)Low-dose-Computertomografien konnte bei gleicher Strahlenbelastung eine deutlich höhere Sensitivität im Vergleich zum KUB erreicht werden.3 Ein aussagekräftiger Ultraschall wurde nicht nur aus Gründen der Strahlenhygiene (ALARA-Prinzip), sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen als Alternative inkludiert.

Ob ein Restfragment immer zu einer Re-Intervention führen sollte, bleibt ein sehr individueller Entschluss, wobei die patientenbezogenen Aspekte wie Lebensqualität, Sicherheitsbedürfnis und Arbeitsausfall dabei immer relevantere Faktoren darstellen.

Vakuum-assistierte Ureteroskopie

Die Frage, ob klinisch nicht signifikante Restkonkremente überhaupt existieren, und wenn ja, bei welcher Größe der Cut-off liegen sollte, stellen wir uns seit Jahrzehnten. Mit Einführung des Thulium-Fiber-Lasers (TFL) und der steigenden Popularität von Dusting-Techniken hat die Frage nach der klinischen Relevanz dieses Steinsandes erneut Fahrt aufgenommen.

Ziel einer jeden Steinsanierung sollte immer die komplette Steinfreiheit sein, allein schon um das hohe Rezidivrisiko und mögliche Restfragment-assoziierte Beschwerden zu reduzieren. Hierfür wurde beim EAU 2024 viel über den Nutzen von Vakuum-assistierter Ureteroskopie gesprochen, wobei wir dabei zwischen einer „direct in scope suction“und flexiblen und navigierbaren Ureterschleusen unterscheiden.4 Bei Ersterer, der sogenannten DISS, wird der Steinsand über den bestehenden Arbeitskanal des flexiblen URS aspiriert. Erste Ergebnisse zeigten bislang einen moderaten Vorteil bei der erreichten Steinfreiheit, vor allem bei großen Konkrementen.5 Ein weiterer wichtiger Pluspunkt dieser Technik liegt in der deutlich verbesserten intraoperativen Sicht, beispielsweise durch Verhinderung des Schneesturmeffektes nach intensivem Dusting, sowie in der Minimierung des intrarenalen Drucks während des Eingriffs. Im Vergleich dazu lassen sich bei den Vakuum-assistierten Ureterschleusen (FANS) durch das meist größere Lumen auch kleinere Fragmente gut bergen. Diese speziellen Schleusen werden mittels passiver oder in nachfolgenden Varianten auch mittels aktiver Flexion in die entsprechenden Nierenkelche navigiert und erreichen dabei beeindruckende Steinfreiheitsraten.6

Eine Vorschau auf zukünftig zu erwartende Instrumente zeigt einen Trend zu größeren Arbeitskanälen und eine deutlich größere Auswahl an „Singleuse“-Ureteroskopen. Durch die obsolete Sterilisierung kann der Instrumenten-Totraum, wo unter anderem Kabelstränge und Arbeitskanäle verlaufen, als möglicher Spülkanal oder Abfluss genutzt werden,dies steigert zusätzlich die Effizienz unserer Eingriffe.

Auch Drucksensoren, integriert in Ureterschleusen, Führungsdrähte oder direkt in die Spitze der Ureteroskope, spielen künftig eine immer größereRolle. Prof. Somani und Kollegen konnten in einem europaweiten Experten-Konsensus die Relevanz des intrarenalen Druckes während der URS zur Minimierung der Komplikationen und postoperativen Schmerzen unterstreichen.7Wo die genauen Grenzwerte der Druckspitzen liegen und wer am meisten von dieser noch mit Extrakosten verbundenen Technik profitieren wird, bleibt zurzeit noch offen.

Eine Möglichkeit, als Operateur Einfluss auf den Druck während der URS zu nehmen, ist schon heute die Wahl des entsprechenden Spülsystems. Dr. Croghan präsentierte heuer Daten, die zwischen Handpumpe und Druckbeutelverglichen.8 Dabei konnten signifikant höhere Druckspitzen in der Kohorte der manuellen Spülung bei gleichzeitig schlechterer intraoperativer Sicht gezeigt werden. Auch die Selbsteinschätzung der Operateure über den applizierten Druck mittels Handpumpe spiegelte sich nicht in den tatsächlich gemessenen Werten wider,das unterstreicht den Vorteil von automatischen oder konstanten Spülsystemen wie Gravitation, Druckbeutel oder maschineller Pumpe.

1 Tzelves L et al.: Duration of Follow-up and timing of discharge from imaging follow-up, in adult patients with urolithiasis after surgical or medical intervention: asystematic review and meta-analysis from the European Association of Urology Guideline Panel on Urolithiasis. Eur Urol Focus 2023; 9(1): 188-98 2 Skolarikos A et al.: EAU Guidelines on Urolithiasis. Edn. presented at the EAU Annual Congress Paris 2024. ISBN 978-94-92671-23-3 3 Kandasamy M et al.: Comparison of diagnostic accuracy of ultra low-dose computed tomography and X-ray of the kidneys, ureters and bladder for urolithiasis in the follow-up setting. J Med Imaging Radiat Oncol 2024; 68(2): 132-40 4 Jahrreiss V et al.: Is suction the future of endourology? Overview from EAU Section of Urolithiasis. Ther Adv Urol 2024; 16: c17562872241232275 5 E.J. Lim MS et al.: A1072 - Perioperative outcomes and efficacy of Direct In Scope Suction technique (DISS) versus non suction Retrograde Intrarenal Surgery (RIRS): Is there a clear winner? European Urology2023; 83: S1550-S1 6 Gauhar V et al.: A feasibility study on clinical utility, efficacy and limitations of 2 types of flexible and navigable suction ureteral access sheaths in retrograde intrarenal surgery for renal stones. Urology 2023; 178: 173-9 7 Somani B: Expert consensus on high intra-renal pressure during ureteroscopy: A pan-European delphi panel. EAU24 - 39th Annual EAU Congress; Paris2024 8 Croghan SM: A multicentre RCT assessing the influence of pressure bag versus manual-pump irrigation on intrarenal pressure during retrograde intrarenal surgery. EAU24 - 39th Annual EAU Congress 2024

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