Therapie der Psoriasis-Arthritis aus rheumatologischer Sicht
Autorin:
Prim. Dr. Judith Sautner
Leiterin der II. Medizinischen Abteilung
Kompetenzzentrum für Rheumatologie Landesklinikum Korneuburg-Stockerau
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Die Psoriasis-Arthritis (PsA) ist diejenige Erkrankung in der Rheumatologie, bei der in den letzten Jahren die größten Fortschritte in der Therapie, aber auch der Pathophysiologie und Bildgebung zu verzeichnen sind. Wir Rheumatolog*innen sehen uns damit konfrontiert, dass Medikamente, die in der Dermatologie schon zugelassen sind und länger im klinischen Gebrauch stehen, danach – sozusagen sekundär nach Abschluss von Phase-III-Studien – bei verschiedenen rheumatologischen Indikationsstellungen für die PsA wie z.B. bei peripherem oder axialem Befall, Daktylitis und Enthesitis eingeführt werden.
Die Erfahrungen aus der Dermatologie liefern hier ganz wertvolle Informationen für uns. Die sich laufend erweiternden Therapieoptionen erlauben ein immer besseres und zielgerichteteres Management für den einzelnen Patienten, dem in der Rheumatologie angestrebten „Treat to target“-Prinzip entsprechend.
Als Grundlage für therapeutische Entscheidungen dienen Empfehlungen internationaler Fachgesellschaften, die auf Basis systematischer Literaturrecherchen im Rahmen von internationalen Experten-Task-Force-Meetings erstellt werden und algorithmisch aufgebaut sind. Die Empfehlungen zur Therapie der Psoriasis-Arthritis der European League Against Rheumatism (EULAR)1 wurden 2019 – maßgeblich aufgrund sich ständig erweiternder Therapiemodalitäten – überarbeitet. Sie sind, wie alle EULAR-Empfehlungen, in mehrere Therapiephasen eingeteilt und sind, vereinfacht gesprochen – gegenüber den früheren EULAR-Empfehlungen aus dem Jahr 2015 –, in einen „peripheren“ und „axialen“ Schenkel gegliedert (Abb. 1).
Abb. 1: EULAR-Therapieempfehlungen bei Psoriasis-Arthritis 2019
Das sehr vielfältige klinische Bild der PsA wird so besser berücksichtigt, was formal einer Annäherung an die GRAPPA-Empfehlungen2 entspricht, deren Therapiealgorithmus in Domänen des klinischen PsA-Befalls gegliedert ist. Auch diese Empfehlungen befinden sich gerade in Überarbeitung; am EULAR-Kongress im Juni 2021 wurde die Vollpublikation für 2022 angekündigt.
Die derzeit in Österreich – nach dem initialen Einsatz von NSAR oder Glukokortikoidinjektionen bei Monarthritis – für die Therapie der aktiven PsA zugelassenen Medikamente werden in den folgenden Abschnitten näher erläutert, eine Übersicht bietet Tabelle 1.
Tab. 1: Übersicht über die PsA-Therapien in Österreich 2021
Konventionelle synthetische „disease-modifying anti-rheumatic drugs“ (csDMARDs)
Methotrexat, Sulfasalazin, Leflunomid, Cyclosporin A
Methotrexat (MTX) wirkt sehr gut auf Gelenke und Haut, weswegen es seit Jahrzehnten bei der PsA eingesetzt wird. Dem Präparat wurde allerdings sehr lange das Fehlen von evidenzbasierten Studien in der Rheumatologie angelastet. In der SEAM-Studie erreichte MTX in Monotherapie aber immerhin 51% ACR20-Ansprechen, wenngleich es schlechter performte als der Komparator Etanercept.3 Sulfasalazin wird v.a. bei Patienten eingesetzt, bei denen eine reaktive Komponente oder eine entzündliche Darmerkrankung konkomitant ist. Leflunomid wirkt sehr gut auf Arthralgien bei PsA, weniger auf die Haut. Cyclosporin A hat z.B. den Vorteil, auch bei Kinderwunsch und in der Schwangerschaft gegeben werden zu können.
Biologische DMARDs (bDMARDs)
TNF-α-Inhibitoren, IL-17-Inhibitoren, IL-12/23-Inhibitoren, Abatacept
Bei der peripheren PsA ist nach Versagen von NSAR und csDMARDs die Verschreibung eines bDMARDs oder tsDMARDs möglich. Bei Stammskelettbefall kann bereits nach NSAR-Versagen ein bDMARD gewählt werden. Für TNF-α-Inhibitoren (TNF-α-i) (Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab, Infliximab) gibt es mittlerweile über 20 Jahre klinische Erfahrung. Sehr gute Wirkung auf Gelenke, Daktylitis und das Stammskelett sowie gute Wirkung auf Haut- und Nagelpsoriasis sind sehr gut belegt. Diese Substanzen haben ein sehr breites Portfolio inklusive des Einsatzes bei entzündlichen Darmerkrankungen (exkl. Etanercept), bei tief liegenden Augenentzündungen, bei granulomatösen Erkrankungen wie z.B. der Sarkoidose und auch in der Pädiatrie. Solide Malignome – mit Ausnahme von Mamma-Ca und Melanomen – waren früher Anlass zu Therapiepausen von mehreren Jahren aus Sorge vor einem Rezidiv, sind aufgrund großer Registerdatenmengen aber heute keine Kontraindikation mehr. Unerlässlich ist ein Screening auf Tbc, da es darunter zu Reaktivierungen einer latenten Tbc kommen kann. IL-17-Inhibitoren (IL-17-i) zeichnen sich – abseits sehr effizienter Wirkung an Gelenken, Enthesen und Stammskelett – durch eine sehr gute Hautwirkung aus und sind in diesem Punkt TNF-α-i sogar überlegen. Studien sprechen dafür, dass IL-17-i besonders effizient bei bDMARD-naiven Patienten ist. Auch IL-12/23-Inhibitoren (IL-12/23-i) haben eine gute Hautwirkung; die Wirkung auf das Stammskelett war bis jetzt fraglich, ist aber Gegenstand von Studien. Im Hinblick auf die Gelenkswirkung sind IL12/23-i bei Biologika-naiven Patienten den TNF-α-i unterlegen.4 Für den IL-23-i Guselkumab gab es Anfang 2021 – nach der Zulassung für Psoriasis vulgaris mit hervorragenden Daten für die Haut – eine Indikationserweiterung für die aktive PsA. Die EMA-Zulassung basiert auf den Daten aus den beiden Phase-III-Studien DISCOVER-15 und DISCOVER-26. Abatacept ist ein selektiver T-Zell-Kostimulationsblocker, der in Österreich ebenfalls für PsA zugelassen ist und kaum auf die Haut, aber gut auf Gelenke wirkt.
„Targeted synthetic DMARDs“ (tsDMARDs)
JAK-Inhibitoren, Apremilast
JAK-Inhibitoren (JAK-i) sind bei Hautbeteiligung gut wirksam, noch bessere Effekte zeigen sie bei Manifestationen an Gelenken und Wirbelsäule. Neben Tofacitinib wurde Upadacitinib als zweiter JAK-i seit kurzem auch in der Indikation PsA zugelassen. Die Daten aus den Zulassungsstudien SELECT-PsA-1 und SELECT-PsA-27 zeigten in allen ACR-Domänen gutes Ansprechen, auch Hautbild und körperliche Funktionen besserten sich. Die orale Gabe wird von vielen Patienten favorisiert. Apremilast ist ein PDE-4-Hemmer, der für moderate PsA zugelassen ist; die orale Gabe kann auch hier von Vorteil sein. Die Entwicklungen in der Therapie der Psoriasis vulgaris, aber auch der PsA gehen rasant weiter, die Pipeline ist sozusagen gut gefüllt. Remtolumab verfolgt als dualer Antikörper (AK) gegen TNF-α und IL-17A ein vielversprechendes Wirkprinzip. Die aktuellen Daten zeigen im Vergleich zur Monosubstanz Adalimumab zwar ein ähnliches Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil, aber kein besseres – der wirkliche Benefit ist damit also noch nicht belegt. Weitere interessante Substanzen, die in der Dermatologie bereits zugelassen sind, stehen in klinischer Erprobung für PsA bzw. sind schon vor der Zulassung, z.B. Brodalumab, Bimekizumab, Risankizumab und Tildrakizumab. Zudem erweitern auch Substanzen für die topische Anwendung die therapeutische Palette, darunter Apremilast, Crisaborol, Roflumilast und Tofacitinib.
Abschließend ist zu betonen, dass auch die internistische Betreuung und Führung von Patienten mit PsA ein wesentlicher Teil der Therapie sind. Diese Patienten weisen eine Reihe von Komorbiditäten auf, das kardiovaskuläre Risiko ist erhöht, ebenso das Risiko für psychische Komorbiditäten, in erster Linie Depressionen. Dies gilt es im Verlauf regelmäßig zu evaluieren, weil auch Medikamente darauf einen Einfluss haben können. Betroffene sollten unbedingt über den großen Benefit einer Gewichtsreduktion aufgeklärt werden. Gerade bei der PsA wirkt sich diese positiv auf das Therapieansprechen aus und reduziert das kardiovaskuläre Risiko, das bei PsA ebenfalls erhöht ist. In einer kürzlich publizierten kleinen skandinavischen Studie konnte die Krankheitsaktivität (gemessen am DAPSA-Score) durch Gewichtsreduktion signifikant gesenkt werden – und blieb auch nach neuerlicher Gewichtszunahme anhaltend erniedrigt.8
Literatur:
1 Gossec L et al.: Ann Rheum Dis 2020; 79(6): 700-12 2 Coates L et al.: Arthritis Rheumatol 2016 3 Mease PJ et al.: Arthritis Rheumatol 2019; 71(7): 1112-24 4 Zhang H et al.: RMD Open 2021; 7(1): ): e001399 5 Deodhar A et al.: Lancet 2020; 395(10230): 1115-25 6 Mease PJ et al.: Lancet 2020; 395(10230): 1126-36 7 Mease PJ et al.: Rheumatol Ther 2021; doi: 10.1007/s40744-021-00305-z (online ahead of print) 8 Klingberg E et al.: Arthritis Res Ther 2020; 22(1): 254
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