Rechnungshofausschuss: Wirkstoffverschreibung und Facharzt für Allgemeinmedizin im Fokus
Wien - Anfang 2019 gab der Nationalrat dem Rechnungshof den Auftrag zu einer breiten Überprüfung des österreichischen Gesundheitssystems. Das Prüforgan legte in der darauffolgenden Gebarungsüberprüfung die Schwerpunkte auf die Themenbereiche „Gesundheitsförderung und Prävention“, „Ärzteausbildung“ und „Ärztliche Versorgung im niedergelassenen Bereich“. Der Bericht zur Ärzt*innenausbildung stand am Donnerstag auf der Tagesordnung des Rechnungshofausschusses. Zudem thematisierten die Abgeordneten erneut das Thema der Arzneimittelbeschaffung.
Geht es nach Gesundheitsminister Johannes Rauch, soll auch in Österreich bald eine Wirkstoffverschreibung – statt der Verschreibung eines bestimmten Medikaments – möglich sein. Eine entsprechende Verordnung sei in Ausarbeitung. Den Widerstand der Pharmaindustrie und der Ärztekammer in dieser Frage hält Rauch für „nicht mehr haltbar“, zumal Österreich das einzige EU-Land sei, in dem dies derzeit nicht möglich ist. In Bezug auf die Schaffung eines „Facharztes für Allgemeinmedizin“ könnte es ebenfalls Reformschritte geben. Laut Katharina Reich, Chief Medical Officer im Gesundheitsministerium und Leiterin der Ärzteausbildungskommission, soll dazu Anfang kommender Woche ein Bericht abgestimmt und freigegeben werden.
Keine Mehrheit konnte nach Angaben von Reich in der Kommission hinsichtlich der Vorschläge erzielt werden, wonach niedergelassene Ärzte im Anschluss an ihre Ausbildung für ein paar Jahre zur Annahme einer Kassenstelle verpflichtet werden sollen, um dem Ärztemangel entgegenzuwirken. Ein Zwang würde die Betroffenen eher vertreiben, so Reich. Der Gesundheitsminister sieht dennoch Handlungsbedarf – denn: Ein Festhalten am jetzigen System würde bedeuten, dass die Zahl der Wahlärzte weiter steige und der Kassenbereich weiter ausgedünnt werde. „Das Ei ist aber noch nicht gelegt“, so Rauch.
Hohe Drop-out-Rate nach Studienabschluss
In seinem Bericht zur Ärzteausbildung weist der Rechnungshof unter anderem darauf hin, dass das Gesundheitsministerium, das Wissenschaftsministerium und die Medizinischen Universitäten gemeinsam mit der Österreichischen Ärztekammer, den Ländern und dem Dachverband der Sozialversicherungsträger auf die festgestellte Drop-out-Rate nach dem Studienabschluss reagieren sollten. Letztlich sind mehr als 30 Prozent der Absolventen nicht in Österreich in einem Arztberuf tätig.
Der Rechnungshof empfiehlt vor diesem Hintergrund die Suche nach geeigneten Maßnahmen, um neben der Ärzteausbildung auch die Berufstätigkeit von Medizinabsolventen in Österreich zu forcieren. In die Entscheidung, eine Fachärztin bzw. einen Facharzt für Allgemeinmedizin einzuführen, solle das Gesundheitsministerium die vorliegenden und geplanten Evaluierungsergebnisse bzw. Konzepte zur Etablierung der Fachrichtung einfließen lassen.
In diesem Zusammenhang merkt der Rechnungshof an, dass die Schätzungen des Bedarfs an Allgemeinmedizinern bislang nicht sehr treffsicher waren. Er empfiehlt dem Gesundheitsministerium, gemeinsam mit den Ländern, dem Dachverband der Sozialversicherungsträger, den Krankenanstaltenträgern und der Österreichischen Ärztekammer geeignete Instrumente zu entwickeln, um die Prognosegenauigkeit auch in Bezug auf die Ausbildungskapazitäten zu verbessern. (red/ehs)