Atopische Dermatitis: mehr als ein Krankheitsbild
Bericht:
Dr. med. Norbert Hasenöhrl
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Ob eine atopische Dermatitis im Kindes- oder im Erwachsenenalter erstmals auftritt, scheint den Unterschied zwischen zwei Phänotypen der AD auszumachen.
Die atopische Dermatitis (AD) zeigt nicht nur bei Kindern und Jugendlichen, sondern auch bei Erwachsenen eine hohe Prävalenz, wie Dr. med. Paola Facheris, Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York, USA, erklärte. Die Lebenszeitprävalenz liegt bei bis zu 20%.1 In den Industrieländern leiden ca. 5 bis 8% aller Erwachsenen unter AD.2, 3 Etwa 40% der Betroffenen haben eine mittelschwere bis schwere Form der Erkrankung.4
Die meisten AD-Erkrankungen beginnen in der Kindheit; bei 85% jener Patienten, bei denen dies der Fall ist, manifestiert sich die Krankheit bereits vor dem fünften Lebensjahr.5 Während viele Fälle von pädiatrischer AD abheilen, nehmen doch zwischen 20 und 50% einen Verlauf, der bis ins Erwachsenenalter reicht. Man spricht von «Pediatric-Onset AD» oder POAD. Risikofaktoren für eine solche Persistenz sind ein späterer Krankheitsbeginn, eine lange Krankheitsdauer und ein hoher Schweregrad.5 Es gibt aber auch eine Patientengruppe, deren AD erst im Erwachsenenalter auftritt, meist um das 20. Lebensjahr – man spricht hier von «Adult-Onset AD» oder AOAD.6 Der Anteil der erwachsenen Patienten, die an AOAD leiden, macht, je nach untersuchter Population, zwischen 26 und 60% aus.2, 4, 7
Verschiedene Charakteristika
Patienten mit AOAD zeigen etwas andere klinische Charakteristika als Patienten mit POAD. Atypische Präsentationen sind häufiger, etwa als Prurigo nodularis, nummuläres oder follikuläres Ekzem. Es sind auch öfter Körperstellen wie Kopf/Hals, behaarte Kopfhaut sowie Hände und Füsse betroffen. Ebenso kann die periokuläre Region befallen sein und auch diffuse Ekzeme sind möglich.8 In der Eigen- und Familienanamnese treten seltener allergische Erkrankungen auf, in der Eigenanamnese aber häufiger Rhinitiden.9 «Wir wissen heute, dass die AD kein einheitliches Krankheitsbild ist, sondern vielmehr ein Spektrum von Endo-Phänotypen», erläuterte Facheris. So zeigen POAD und AOAD unterschiedliche klinische Präsentationen und allergische Hintergründe. Diese Unterschiede, so die Forschungshypothese, könnten auf unterschiedlichen molekularen und immunologischen Profilen in der Haut und im Blut beruhen.
Erhebliche immunologische und genetische Unterschiede
Für den Zweck der vorliegenden Studie wurden drei Gruppen von erwachsenen Patienten gebildet: eine Gruppe mit AOAD (Krankheitsbeginn ab dem 20. Lebensjahr), eine Gruppe mit POAD (Beginn vor dem 10. Lebensjahr) und eine gesunde Kontrollgruppe. Allen Teilnehmern wurden Biopsien aus erkrankter und nicht erkrankter Haut sowie Blutproben abgenommen.
Beide AD-Formen zeigten im Vergleich zur gesunden Haut sowohl Hyperplasie als auch entzündliche Infiltrate. Dies war jedoch bei der POAD stärker ausgeprägt als bei der AOAD. Insgesamt zeigten sich bei beiden Formen eine starke Immundysregulation und eine Hyperaktivierung des Th2/Th22-Systems. Im Vergleich zur AOAD zeigt die POAD eine signifikant höhere Zahl an infiltrierenden T-Zellen und dendritischen Zellen und ein höheres Mass an Entzündung, sowohl in der läsionalen als auch in der nichtläsionalen Haut. Insbesondere Marker des angeborenen Immunsystems (z.B. IL-1, IL-8), des Th2-Systems (CCL17, CCL22) und des Th17/Th22-Systems (IL-36A, IL-19, CCL20, PI3/ELAFIN, DEFB4A, S100A8/S100A9/S100A12) wurden verstärkt exprimiert. Im Gegensatz dazu zeigte die AOAD eine grössere Hinaufregulation des Th1-Systems (IFN-gamma, IL-2, IL-15, CCL5), ebenfalls sowohl in der läsionalen als auch in der nichtläsionalen Haut. Auch die Schädigung der Hautbarriere war bei POAD deutlich stärker ausgeprägt.
Proteomische Biomarker im Serum zeigten bei AOAD, ebenso wie in der Haut, eine höhere Th1-Aktivierung. «Bei beiden Erkrankungsformen korrelierte die Expression verschiedener Immungene mit dem Schweregrad der Erkrankung», betonte die Wissenschaftlerin. Im Vergleich zur POAD fanden sich bei AOAD höhere Raten an kardiovaskulären Risikoproteinen und tatsächlich auch höhere Raten an kardiovaskulären Komorbiditäten wie Hypertonie oder Diabetes mellitus.
Quelle:
Facheris P: Adult-onset atopic dermatitis is characterized by higher Th1 activation in skin and blood and similar Th2 activation as compared to adults with onset of atopic dermatitis in childhood. EADV 2022, presentation ID D1T01.3K
Literatur:
1 Weidinger S et al.: Nat Rev Dis Primers 2018; 4(1): 1 2 Pesce G et al.: J Eur Acad Dermatol Venereol 2015; 29(6): 1180-7 3 Bylund S et al.: Acta Derm Venereol 2020; 100(12): adv00160 4 Chiesa Fuxench ZC et al.: J Invest Dermatol 2019; 139(3): 583-90 5 Kim JP et al.: J Am Acad Dermatol 2016; 75(4): 681-7.e611 6 Bannister MJ, Freeman S, Australas J: Dermatol 2000; 41(4): 225-8 7 Lee HH et al.: J Am Acad Dermatol 2019; 80(6): 1526-32.e1527 8 Chan AR et al.: J Cutan Med Surg 2020; 24(3): 267-72 9 Vakharia PP, Silverberg JI: Am J Clin Dermatol 2019; 20(6): 771-9
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