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Zielgerichtete Ansätze bei Vitiligo und in weiteren Indikationen
Jatros
30
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22.11.2018
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<p class="article-intro">Für Vitiligo ist bislang keine kausale Therapie verfügbar. Neuere Erkenntnisse in der Pathophysiologie dieser Erkrankung stellen die Basis für die Entwicklung von zielgerichteten Substanzen dar. Generell vielversprechend sind JAK-Inhibitoren, die zurzeit bei Vitiligo und anderen dermatologischen Erkrankungen im Rahmen von klinischen Studien intensiv untersucht werden.</p>
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<p class="article-content"><h2>Vitiligo ist eine unterschätzte Krankheit</h2> <p>Gleich zu Beginn seines Vortrags stellte Univ.-Prof. Dr. Adrian Tanew, Univ.-Klinik für Dermatologie, Medizinische Universität Wien, klar, dass es sich bei Vitiligo nicht lediglich um eine kosmetische Beeinträchtigung, sondern um eine unterschätzte Krankheit handelt. Diese wird sogar von Fachärzten nicht selten bagatellisiert und die Behandlung ist in Österreich durch die gesetzliche Krankenversicherung auch gar nicht abgedeckt. <br />Schätzungen zufolge leiden in Österreich ca. 40 000 Patienten an dieser Pigmentationsstörung, die Familienanamnese ist in 10–30 % positiv und die Vererbung ist polygenetisch. Viele Risikoallele finden sich auch bei anderen Autoimmunerkrankungen und es ist bekannt, dass es viele Vitiligo-assoziierte Komorbiditäten gibt. In einer retrospektiven Studie wurden bei 23 % der 3280 Vitiligopatienten Komorbiditäten – allen voran Schilddrüsenerkrankungen und Psoriasis – nachgewiesen.<sup>1</sup> „Hashimoto-Thyreoiditis ist die wichtigste Vitiligo-assoziierte Komorbidität und ein Screening darauf sollte bei allen Vitiligopatienten unbedingt erfolgen“, hob Tanew hervor. <br />Vitiligo hat aber auch maßgebliche Effekte auf die Lebensqualität (QoL) der Patienten: Im Gegensatz zur segmentalen kann die nichtsegmentale Vitiligo zu einer generalisierten Form voranschreiten. Dementsprechend sind die Betroffenen mit Unsicherheit bezüglich der weiteren Entwicklung ihrer Erkrankung konfrontiert. Das Gefühl der kosmetischen Beeinträchtigung kann auch zu einem verminderten Selbstwert und einer Reduktion der QoL führen. Die Effekte auf die Psyche hinsichtlich des Risikos für eine Depression wurden in einer Metaanalyse von 1711 Vitiligopatienten identifiziert: Die Prävalenz für eine Depression lag bei 29 % und die Prävalenz für das Auftreten von depressiven Symptomen sogar bei 33 % . Im Vergleich zu den Kontrollgruppen hatten Vitiligopatienten ein um 4,96-fach erhöhtes Risiko, eine Depression zu entwickeln.<sup>2 </sup></p> <h2>Pathophysiologie: kausale Therapie in Aussicht?</h2> <p>Bislang konnte noch keine kausale Therapie identifiziert werden, mit der Vitiligo effektiv behandelt werden kann. „Wir verstehen die Erkrankung aber zunehmend besser und basierend darauf können neue Therapieansätze entwickelt werden“, berichtete Tanew. <br />Melanozyten von Vitiligopatienten verhalten sich physiologisch dahin gehend anders, als sie nicht imstande sind, oxidativen Stress und andere Umweltfaktoren, denen sie ausgesetzt sind, zu bewältigen. Dadurch entstehen fehlgefaltete Proteine, wodurch eine Sekretion von sog. DAMP („damage-associated molecular patterns“) bewirkt wird. Diese werden an die Zellen des angeborenen Immunsystems weitergeleitet, die die Signale via PRR („pattern recognition receptors“) erkennen, sodass eine Immunaktivierung resultiert: Dendritische Zellen wandern in die regionalen Lymphknoten und präsentieren die melanozytären Antigene den T-Zellen. Diese lösen in den Melanozyten eine zytotoxische Reaktion aus und führen diese in die Apoptose.<sup>3, 4</sup> <br />Vitiligo ist eine Interferon-γ(IFN-γ)- getriebene Erkrankung. Von IFN-γ an Langerhans-Zellen und Keratinozyten ausgesendete Signale stimulieren die Produktion der Chemokine CXCL9 und 10. CXCR3 erkennt diese Chemokine und führt in weiterer Folge zur Rekrutierung von CXCR3<sup>+</sup> T-Zellen. Substanzen, die an Zielstrukturen dieses Pathways ansetzen, könnten die Therapie von Vitiligo revolutionieren<sup>3</sup> (Abb. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Derma_1804_Weblinks_s14_abb1.jpg" alt="" width="1454" height="1176" /></p> <h2>JAK-Inhibitoren: Erfolg versprechend in der Dermatologie</h2> <p>Januskinasen (JAK) sind eine Familie intrazellulärer Tyrosinkinasen und kommen stets gepaart vor. Sie haben eine wesentliche Rolle bei der Signalübertragung zahlreicher Zytokine, die in die Pathogenese inflammatorischer Erkrankungen involviert sind. In den vergangenen Jahren wurde ihnen verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt, da sie als therapeutische Targets fungieren können.<sup>5</sup> „Wir wissen inzwischen, dass es mehr als 60 Zytokine gibt, die über diesen Pathway agieren“, berichtete Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Christopher Schuster, Univ.-Klinik für Dermatologie, Medizinische Universität Wien. Die Funktionen von JAK sind extrem vielfältig und hängen davon ab, welche JAK kombiniert sind und mit welchen Zytokinen sie assoziiert sind. So führen JAK1 und 2 mit IFN-γ zu antiviralen, inflammatorischen und antimykobakteriellen Reaktionen.<sup>5</sup> Zurzeit sind in Europa mit Ruxolitinib<sup>6</sup> (Myelofibrose und Polycythaemia vera), Tofacitinib<sup>7</sup> (rheumatoide Arthritis; RA, Colitis ulcerosa, Psoriasisarthritis) und Baricitinib<sup>8</sup> (RA) drei JAK-Inhibitoren (JAK-I) zugelassen, die alle JAK-I der ersten Generation sind. Auch im Bereich der Dermatologie wird der Einsatz von JAK-I in mehreren Indikationen erforscht. Zu Tofacitinib gibt es bereits einige abgeschlossene Phase-III-Studien (NCT01519089, NCT01186744, NCT01241591), mehrere Phase-II-Studien zu diversen JAK-I sind u.a. in den Indikationen Alopecia areata, Psoriasis, atopische Dermatitis und Vitiligo im Gange. Dabei werden auch JAK-I der zweiten Generation untersucht.<sup>9</sup> „Von den 2<sup>nd</sup>-Generation- JAK-I erwarten wir uns, dass sie noch spezifischer wirken und mit weniger Nebenwirkungen assoziiert sind“, merkte Schuster an, der am Beispiel von einigen dermatologischen Erkrankungen die Effekte von JAK-I erläuterte.</p> <h2>Alopecia areata (AA) und universalis (AU)</h2> <p>Bei AA treiben JAK-STAT-abhängige Zytokine, einschließlich IFN-γ und Interleukin-15, die Proliferation und Aktivierung von autoreaktiven T-Zellen voran, wobei Letztere die Haarfollikel attackieren.<sup>10</sup> Schuster präsentierte den eindrucksvollen Fall eines Patienten mit Plaque-Psoriasis, der in der Anamnese eine AA aufwies, die sich zu einer AU entwickelt hatte. Der Patient erhielt eine Therapie mit dem JAK1/3-I Tofacitinib. Nach acht Monaten Therapie hatte er wieder volles Haar. Die Autoren berichteten, dass dies ihrem Wissen nach die erste Publikation über eine effektive Pathogenese-basierte Therapie bei einem Patienten mit AU sei.<sup>11</sup> In einer retrospektiven Studie wurde bestätigt, dass bei 58 % der Patienten mit AA oder AU unter Tofacitinib zumindest eine 50 % ige Verbesserung erzielt werden konnte.<sup>12</sup></p> <h2>Atopische Dermatitis (AD)</h2> <p>Baricitinib wurde im Rahmen einer Phase-II-Studie an 124 Patienten mit AD in den Dosierungen 2 bzw. 4mg täglich vs. Placebo untersucht. Als primärer Endpunkt war der Anteil jener Patienten definiert, bei denen im Vergleich zu Placebo in Woche 16 eine Reduktion im EASI („Eczema Area and Severity Index“) um ≥50 % (EASI-50) erzielt wird. In Woche 16 wurde bei signifikant mehr Patienten im 4mg-Arm vs. Placebo ein EASI-50 verzeichnet (61 % vs 37 % ; p=0,027). Der Anteil an Patienten mit einem EASI-50 war unter der 2mg- bzw. 4mg-Dosis vs. Placebo bereits in Woche 4 signifikant (beide p-Werte: <0,001) (Abb. 2).<sup>13</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Derma_1804_Weblinks_s14_abb2.jpg" alt="" width="1469" height="1188" /></p> <p> </p> <h2>Ausblick</h2> <p>„JAK-Inhibitoren stellen eine vielversprechende neue Behandlungsmodalität dar. Wir hoffen, dass in Entwicklung befindliche Substanzen mit einer noch besseren Verträglichkeit einhergehen“, resümierte Schuster. Als Zukunftsszenario erwähnte er die Untersuchung von Kombinationsstrategien, die Entwicklung von STAT-Inhibitoren, die am selben Signalweg unterhalb von JAK ansetzen,<sup>5</sup> sowie die Verfügbarkeit von topischen Formulierungen, die sich zurzeit in klinischer Prüfung befinden.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: ÖGDKA: Fortbildungsveranstaltung Ästhetik im Wandel der Zeit – künstlich vs. natürlich, „Pigment in der ästhetischen Medizin“, 12. Oktober 2018, Wien
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Sheth VM et al.: Dermatology 2013; 227: 311-315 <strong>2</strong> Wang G et al.: JEADV 2017; https://doi.org/10.1111/jdv.14739 <strong>3</strong> Frisoli ML, Harris JE.: J Allergy Clin Immunol 2017; 140: 654-662 <strong>4</strong> Mosensen JA et al.: Exp Dermatol 2013; 22: 566-569<strong> 5</strong> Clark JD et al.: J Med Chem 2014; 57: 5023- 5038 <strong>6</strong> Fachinformation Ruxolitinib, Stand: Juni 2018 <strong>7</strong> Fachinformation Tofacitinib, Stand: Oktober 2018 <strong>8</strong> Fachinformation Baricitinib, Stand: März 2018 <strong>9</strong> Cinats A et al.: STL 2018; 23: 3 <strong>10</strong> Gilhar A et al.: Autoimmun Rev 2016; 15: 726-735 <strong>11</strong> Craiglow NG, King BA.: J Invest Dermatol 2014; 134: 2988-2990 <strong>12</strong> Liu LY et al.: JJAD 2017; 76: 22-28 <strong>13</strong> Guttman-Yassky E et al.: JAAD 2 018; d oi: 10.1016/j.jaad.2018.01.018</p>
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