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Wie Tabak die Haut schädigt

Zigarettenrauch aus dermatologischer Sicht

Über 4800 Substanzen können in Zigarettenrauch nachgewiesen werden, wovon mehr als 90 als mutmasslich mutagen oder kanzerogen gelten.1 Für Dermatologen sind diese Schadstoffe bedeutsam, weil sie sowohl dermatologische Vorerkrankungen als auch grundlegende Eigenschaften der Haut beeinflussen. Die wichtigsten Zusammenhänge werden im Folgenden erörtert.

In der Schweiz rauchen laut dem Bundesamt für Gesundheit etwa 30% der Männer, 21% tun es täglich. Unter den Frauen ist der Anteil mit 23% etwas geringer, tägliche Raucherinnen gibt es aber auch viele (17%). Dabei gibt die Mehrheit der Raucher selbst an, mit dem Rauchen aufhören zu wollen (61%).2 Mit einem Rauchstopp würden diese Menschen ihrer Gesundheit sicherlich einen Dienst erweisen, gilt doch Tabakkonsum als die vermeidbare Todesursache schlechthin. Die Liste tödlicher Folgen des Tabakkonsums wird angeführt von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (39%), gefolgt von Lungenkrebs (28%), Erkrankungen der Atemwege (15%) und anderen Krebsarten (14%).2

Auch aus dermatologischer Sicht sind die Schäden des Zigarettenrauchs erkennbar. Zum einen gibt es dermatologische Manifestationen des Rauchens, wie den gestörten Wundverschluss oder eine verstärkte Faltenbildung, zum anderen zeigen sich bei gewissen dermatologischen Krankheitsbildern negative Zusatzeffekte. Allerdings erweist es sich aufgrund der Vielzahl der dafür verantwortlichen Chemikalien als schwierig, die ursächlichen Zusammenhänge zu klären. Einige Mechanismen sind derzeit in Diskussion.

Raucher erkennt man an der Haut

Die wohl sichtbarste Folge des Rauchens für die Haut ist die frühzeitig einsetzende Hautalterung. Die Haut verliert an Volumen und Elastizität, es kommt zur Falten- und Fleckenbildung und die Gesichtsfarbe ändert sich ins Gräuliche. Stehen darunter die Knochenstrukturen hervor, ist dieses als «Rauchergesicht» bekannte Bild abgerundet.

Mittlerweile deutet vieles darauf hin, dass das Alkaloid Nikotin, von dem 2–3mg pro Zigarette inhaliert werden, kausal an der Faltenbildung beteiligt ist. Die Entdeckung des kutanen cholinergen Systems war in dieser Hinsicht ein erster Durchbruch. Es ist an der Differenzierung von Keratinozyten, der Ausbildung der epidermalen Barriere, der Durchblutung und Angiogenese wie auch am Schwitzen und an zahlreichen Immunreaktionen beteiligt und bedarf der Vermittlung durch nikotinische (nACh-R) wie auch muskarinische Acetylcholin-Rezeptoren. Diese werden von epidermalen Zellen ebenso produziert wie Acetylcholin (ACh) selbst, das nach seiner Ausschüttung autokrine, parakrine sowie endokrine Wirkungen entfaltet. Zu den ACh-ausschüttenden Zellen zählen neben Keratinozyten, Melanozyten, Endothelzellen und Immunzellen auch die in die Faltenbildung involvierten Fibroblasten. In diesen löst die Aktivierung von nACh-R den Matrixumbau und damit die klinische Manifestation in Form von Falten aus. In Keratinozyten hingegen interferiert Nikotin mit der Proliferation, Differenzierung und Apoptose der Zellen.3,4

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Raucher erkranken öfter an Psoriasis und werden weniger erfolgreich therapiert

Auch Schweiss- und Talgdrüsen nutzen nACh-R, weshalb eine erhöhte Sekretion durch Nikotinabusus denkbar wäre.4 Zudem ist in diesem Zusammenhang die Immunmodulation durch ACh zu berücksichtigen, die sich in Mastzellen und Neutrophilen fördernd und in Lymphozyten und Makrophagen hemmend auswirkt.

Die Hautalterung wird ausserdem durch einen zweiten Mechanismus gefördert, bei dem polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) aus der Oberfläche von Feinstaubpartikeln zum Tragen kommen. PAK aktivieren in Epithelzellen den als Transkriptionsfaktor wirkenden Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor (AhR), der in den Nucleus transloziert und dort über den ERK/MAPK(«Extracellular signal-regulated kinase 1/2 mitogen-activated protein kinase»)-Signalweg den Zellzyklus stilllegt, das Zellwachstum hemmt, apoptotische Prozesse einleitet und die Hautalterung beschleunigt.5 Da auch Immunzellen auf den AhR angewiesen sind, kann seine permanente Aktivierung entzündliche Hautläsionen verursachen, und dies wird mit Asthma, allergischer Rhinitis und atopischer Dermatitis assoziiert.6 Interessant ist unter diesem Gesichtspunkt auch, dass sich der AhR-Inhibitor Tapinarof für die topische Psoriasistherapie eignet.7,8

Weitere die Haut schädigende Effekte des Tabakkonsums sind ein verstärkter Kollagenabbau durch Matrix-Metalloproteasen (aufgrund von reaktiven Sauerstoffspezies [ROS] und Teer), eine höhere Photosensibilität (Teer) und ROS-bedingte Schäden von DNA-Reparaturenzymen sowie auf der mitochondrialen DNA.

Als Spezialfall ist zudem die gestörte Wundheilung zu nennen, die insbesondere im Rahmen dermatologischer Operationen zu beachten ist. Sie geht zurück auf eine Gewebsdeoxygenierung aufgrund des Kohlenstoffmonoxids (CO) aus dem Tabakrauch. Es ist daher ratsam, vor und nach einer Operation für mindestens eine Woche auf das Rauchen zu verzichten. Wo nötig, kann rauchfreier Nikotinkonsum über Nikotinkaugummis oder -pflaster dabei marginal helfen.9

Effekte auf chronische Dermatosen

Chronische Wunden

Neben der CO-bedingten Deoxygenierung ist der Wundverschluss auch durch Nikotin und PAK beeinträchtigt. Interessanterweise verstärkt Nikotin aber in therapeutischen Dosen die Angiogenese und Wundheilung im Tierversuch.10

Psoriasis

Rauchen und Psoriasis beeinflussen sich wechselseitig. Zum einen entwickeln Raucher häufiger eine Psoriasis, zum anderen verläuft die Psoriasistherapie weniger erfolgreich, wenn der Patient zur Zigarette greift.11,12 Besonders bei der palmoplantaren pustulösen Psoriasis ist ein Rauchstopp therapeutisch anzustreben, da sie stark mit dem Konsum von Zigaretten korreliert (95% der Patienten sind Raucher).13 Kausal könnte hier die durch Nikotin ausgelöste Inflammation betroffener Regionen mit erhöhter Mastzellen- und Granulozytenzahl sein. Die bereits angesprochenen Therapieerfolge mit Tapinarof lassen einen Zusammenhang mit dem AhR vermuten. Im Rahmen einer Psoriasis guttata kann die Nikotinempfindlichkeit von Mastzellen zu zusätzlichen Schäden führen.

Acne inversa

Auch die Acne inversa (Hidradenitis suppurativa, HS) betrifft überwiegend Raucher bzw. Exraucher (60–90%), wobei die Datenlage hierzu unterschiedlich ausfällt.14 Zwar wurde gezeigt, dass der Schweregrad mit dem Rauchen ansteigt und sich Rezidive nach Operationen häufen,14 die hintergründliche Mechanismen sind aber bisher nicht ausreichend geklärt. Mitverantwortlich könnte der oben genannte Effekt von PAK auf die Talgdrüsen sein, wie auch epigenetische Mechanismen oder gestörte Signalwege innerhalb und zwischen den Zellen. Zudem werden die Rolle des Mikrobioms und seine Ausprägung bei Rauchern im Vergleich zu Nichtrauchern diskutiert.

Wenn auch der Zusammenhang zwischen dem Rauchen und HS zwar naheliegt, weisen Untersuchungen darauf hin, dass es sich um einen indirekten (oder verzögerten) Effekt handeln muss. Einerseits spricht dafür, dass zwischen dem Rauchbeginn und den ersten Abszessen im Schnitt ca. 8 Jahre vergehen.15 Andererseits führt ein Rauchstopp meist nicht zur unmittelbaren Verbesserung der Abszessbildung oder Entzündungsaktivität.15 Zudem gibt es viele HS-Patienten, deren erste Abszesse bereits vor Rauchbeginn auftraten, wobei es sich meist um familiäre Formen handelt.15 Es sind daher komplexe Mechanismen zu vermuten, die trotz aller Bemühungen bislang nicht geklärt sind.

Kann Rauchen Hautkrebs verursachen?

Die Antwort auf diese Frage ist in der Literatur bisher ebenfalls nicht ausreichend beschrieben. Allerdings zeigte eine Metaanalyse von 15 Studien, dass Plattenepithelkarzinome öfter unter Rauchern auftreten, während Basalzellkarzinome und maligne Melanome sogar eine geringere Häufigkeit aufweisen. Exraucher wiesen hingegen kein höheres Risiko für Hautkrebs auf.16

Resümee

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass, obwohl die Mechanismen teils noch ungeklärt bleiben, das Rauchen auch aus dermatologischer Sicht auf unterschiedliche Weisen schädlich wirkt. Das sinnvollste Mittel dagegen ist natürlich die berühmte «letzte Zigarette», die gesundheitlich aus vielerlei Gründen anzustreben ist.

1 S3-Leitlinie «Rauchen und Tabakabhängigkeit: Screening, Diagnostik und Behandlung». AWMF-Register Nr. 076-006 2 BAG: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/zahlen-und-statistiken/zahlen-fakten-zu-sucht/zahlen-fakten-zu-tabak.html (abgerufen am 20.4.2022) 3 Kurzen H: Hautarzt 2004; 55: 453-9 4 Kurzen H, Goerdt S: Akt Dermatol 2004; 30: 89 5 Qiao Y et al.: Biochem Biophys Res Commun 2017; 488(3): 445-52 6 Tauchi M et al.: Mol Cell Biol 2005; 25(21): 9360-8 7 Bissonnette R et al.: J Am Acad Dermatol 2021; 84(4): 1059-67 8 Furue M et al.: Int J Mol Sci 2019; 20(21): 5424 9 Sørensen LT: Ann Surg 2012; 255(6): 1069-79 10 Jacobi J et al.: Am J Pathol 2002; 161(1): 97-104 11 Li W et al.: Am J Epidemiol 2012; 175(5): 402-13 12 Warren RB et al.: Br J Dermatol 2019; 180(5): 1069-76 13 Michaëlsson G et al.: J Am Acad Dermatol 2006; 54(4): 737-8 14 Acharya P, Mathur M: J Am Acad Dermatol 2020; 82(4): 1006-11 15 Kurzen H, Kurzen M: Dermatol Rep 2019; 11: 8243 1

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