
©
Getty Images/iStockphoto
Einstieg in die Insulintherapie leicht gemacht
Jatros
30
Min. Lesezeit
04.05.2017
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Der Beginn einer Insulintherapie bei Patienten mit Typ-2-Diabetes ist keine Hexerei. Wie ein sanfter Einstieg gelingt, erläuterte OÄ Dr. Johanna Brix, KA Rudolfstiftung der Stadt Wien, im Rahmen des Wiener Diabetes-Dialogs 2017.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Leitliniengemäß kann Insulin bereits früh eingesetzt werden, wenn das HbA<sub>1c</sub>-Ziel mit Metformin nicht erreicht wird.<sup>1</sup> „Insulin ist ein sicheres und bei richtiger Patientenauswahl sehr wichtiges Medikament, das mit sehr vielen Antidiabetika kombiniert werden kann, allen voran mit Metformin, aber auch mit SGLT2- Hemmern, DPP-4- Hemmern, mit GLP-1- Analoga, mit Sulfonylharnstoffen und – mit Einschränkungen – auch mit Pioglitazon“, betonte OÄ Dr. Johanna Brix, KA Rudolfstiftung der Stadt Wien.<br /><br /> In der Therapie des Typ-2-Diabetes kommen in Österreich zur Anwendung:</p> <ul> <li>kurz wirksame Insulinanaloga (Wirkdauer 3–5 Stunden, kein Spritz-ess- Abstand erforderlich);</li> <li>lang wirksame Insuline: NPH-Insulin (Applikation 2x täglich, meist in Mischinsulinen enthalten; cave: 20x schwenken!) und lang wirksame Insulinanaloga (Applikation 1x täglich; Schwenken nicht erforderlich) sowie</li> <li>Mischinsuline (Applikation 2x oder 3x täglich).</li> </ul> <p><br /> Die Wahl des Insulins ist abhängig vom Alter, von den kognitiven Fähigkeiten, den Essgewohnheiten und auch von der beruflichen Situation (z.B. Nachtarbeit; cave: Hypoglykämien).<br /><br /> <strong>Basal unterstützte orale Therapie (BOT)</strong><br /> Der Einstieg in die Insulintherapie erfolgt üblicherweise mit einer BOT. Es wird ein Nüchternblutzucker-Ziel vereinbart (=130mg/dl; ideal =110mg/dl), die orale Therapie beibehalten (abendliche Tablette des Sulfonylharnstoffs weglassen) und aufgrund der Erstattungsregeln mit einer abendlichen Injektion eines NPH-Insulins begonnen. Der Body-Mass-Index (BMI) bestimmt sowohl die Initialdosis (=26: 6 IE, =30: 8 IE, >30: 12 IE) als auch den Tageszielwert (=26: 0,3 IE/kg KG, =30: 0,5 IE/kg KG, >30: 0,7 IE/kg KG). Mit der besonders niedrigen Einstiegsdosis sollen nächtliche Unterzuckerungen vermieden werden, die die Motivation der Patienten zur Insulintherapie zerstören können.<br /> Die Titration erfolgt nach einer Woche auf Basis der Nüchternblutzuckerwerte (NBZ; Selbstmessung vor dem Frühstück):</p> <ul> <li>NBZ <70mg/dl: –2 IE sofort</li> <li>NBZ 70–90mg/dl: –2 IE</li> <li>NBZ 90–130mg/dl: o.k.</li> <li>NBZ >130mg/dl: + 2 IE</li> </ul> <p><br /> Brix wies darauf hin, dass alle diese Regeln nicht für sehr schlanke Patienten mit Typ-2-Diabetes mit BMI <br /><strong>Blutzucker abends weiterhin zu hoch – Mischinsulin oder Intensivierung der BOT</strong><br /> Ein weiterhin hoher abendlicher Blutzuckerspiegel erfordert eine Intensivierung des Insulinregimes mit Broteinheiten- bzw. Ernährungsschulung. Eine <strong>Mischinsulintherapie</strong> eignet sich in erster Linie für Patienten mit geregeltem Tagesablauf und geregelten Mahlzeiten. Begonnen wird mit drei Vierteln der Tagesdosis (davon morgens mehr als abends, z.B. 24 IE morgens, 18 IE abends). Bei weniger geregelten Tagesabläufen bietet sich eine <strong>Intensivierung der BOT</strong> an. Zur Mahlzeit mit dem größten Blutzuckeranstieg, ermittelt durch mehrmalige Selbstmessungen zwei Stunden nach der Mahlzeit, wird ein schnell wirksames Insulin verabreicht. Sulfonylharnstoffe und Repaglinid werden abgesetzt. Der Blutzuckerzielwert zwei Stunden nach der Mahlzeit liegt bei 180mg/dl. Liegt nach einer Woche die Hälfte der Werte >180mg/dl, wird die Dosis um 2 IE erhöht. Bei einem Wert <100mg/dl wird die Dosis wieder um 2 IE verringert (Minimierung des Hypoglykämierisikos).<br /> Eine <strong>intensivierte konventionelle Therapie</strong> bezeichnet die Applikation eines lang wirksamen Insulins zweimal täglich plus die Gabe eines schnell wirksamen Insulins zu jeder Mahlzeit, abhängig vom Ergebnis der Blutzuckerselbstmessung.</p> <div id=""fazit"> <h2>Praxistipp</h2> „Bei sehr schlanken Patienten mit Typ-2-Diabetes (BMI <22) sollte eine Einstellung auf Insulin an einer Spezialambulanz erfolgen.“</div></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Wiener Diabetes-Dialog 2017, 17. März 2017, Wien
</p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Chamberlein et al: Diagnosis and management of diabetes: synopsis of the 2016 American Diabetes Association Standards of Medical Care in Diabetes. Ann Intern Med 2016; 164(8): 542-52</p>
</div>
</p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Wie oft wird Diabetes nicht oder spät erkannt?
Im Allgemeinen wird von einer hohen Dunkelziffer an Personen mit undiagnostiziertem Typ-2-Diabetes ausgegangen. Ein Teil davon sind von Ärzten „übersehene“ Fälle. Eine von der University ...
Neue Studiendaten zu Typ-2-Diabetes und Lebensstil
Dass gesunde Ernährung und Bewegung das Diabetesrisiko sowie verschiedene Risiken von Patienten mit Diabetes senken, ist seit Langem bekannt. Und das Detailwissen zur Bedeutung von ...
Diabetes erhöht das Sturzrisiko deutlich
Eine dänische Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl Patienten mit Typ-1- als auch Patienten mit Typ-2-Diabetes öfter stürzen und häufiger Frakturen erleiden als Menschen aus einer ...