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700 Getränke im Zucker- und Süßstoff-Check
Jatros
30
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17.04.2018
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<p class="article-intro">Die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG), die Österreichische Adipositas Gesellschaft (ÖAG) und das vorsorgemedizinische Institut SIPCAN setzen sich seit Langem für eine Zuckerreduktion in Lebensmitteln ein. Seit 2010 erstellt SIPCAN jährlich eine wissenschaftlich fundierte Getränkeliste, in der der Zuckergehalt der im österreichischen Handel erhältlichen Getränke für die Konsumenten transparent gemacht wird. Diese Vorgehensweise zahlt sich aus: Der durchschnittliche Zuckergehalt in Getränken ist 2018 im Vergleich zu 2010 um 13,5 % niedriger. Er sollte aber langfristig kontinuierlich weiter gesenkt werden.</p>
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<p class="article-content"><p>Die ÖDG fordert seit vielen Jahren eine Reduktion von Zucker und Fett in Lebensmitteln und tritt dafür ein, dass gesunde Lebensmittel auch zu einem leistbaren Preis verfügbar gemacht werden“, erklärt die Präsidentin der Österreichischen Diabetes Gesellschaft, Univ.-Prof. Dr. Alexandra Kautzky- Willer. „Es freut uns sehr, dass durch die kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit und die SIPCAN-Getränkeliste bereits Erfolge bei der Reduktion des Zuckergehalts in Getränken erreicht werden konnten. Wir wissen aus Mexiko, dem Land, das sich bisher am meisten für die Reduzierung von Zucker in Softdrinks stark gemacht hat, wie deutlich sich dieser Einsatz direkt auf den Rückgang von Adipositas- und Diabetesneuerkrankungen auswirkt.“</p> <h2>Zuckersteuer auf Getränke?</h2> <p>Bezugnehmend auf die aktuellen Auswirkungen der geplanten Steuer in Großbritannien ergänzt Kautzky-Willer: „Die ÖDG erachtet einen Weg mit positiven Incentives prinzipiell als besser, weil er nachhaltiger wirkt, indem er gesunde Produkte fördert, statt andere zu bestrafen. Wenn eine Zuckersteuer aber so rasch, bereits durch die Ankündigung, den Zuckergehalt real senkt, kann auch dieses gesundheitspolitische Steuerungselement gerne angewendet werden.“<br /> Der Vorstand von SIPCAN und Präsident der ÖAG Univ.-Prof. Prim. Dr. Friedrich Hoppichler betont: „In Großbritannien führt die Politik über Steuern zu einem vermehrten Einsatz von Süßstoffen und nicht zu einer Reduktion der generellen Süße. In Österreich können wir bereits Erfolge belegen. Durch den breiten Einsatz der Getränkeliste vor allem im schulischen Bereich gelingt es ebenfalls, einen positiven Anreiz zur Zuckerreduktion für die Getränkeproduzenten zu schaffen, das bezeichnen wir als den österreichischen Weg zu einem gesünderen Trinkverhalten.“</p> <h2>Positiv-Liste wächst</h2> <p>In einer jährlichen wissenschaftlichen Untersuchung wird von SIPCAN bundesweit das Getränkeangebot in PET-Gebinden sowie Kartonverpackungen von 0,20 bis 0,75 Liter analysiert. Die aktuelle Erhebung umfasst über 700 Produkte und zeigt, dass der Anteil an Getränken, die den Orientierungskriterien entsprechen, im Vergleich zum Vorjahr weiter zugenommen hat und derzeit bei 57,4 % liegt. Im Vergleich zur ersten Untersuchung aus dem Jahr 2010 entspricht dies einer Zunahme von 14,1 % . „Das bedeutet, dass derzeit in einem Supermarkt mit einem repräsentativen Getränkeangebot mehr als die Hälfte der angebotenen Produkte den SIPCAN-Kriterien entspricht“, erklärt Hoppichler. „Pro 100ml Getränk sind derzeit 6,51g Zucker im Durchschnitt enthalten. Das entspricht einer Reduktion um 13,5 Prozent seit 2010.“</p> <h2><strong>Klare Orientierungskriterien</strong></h2> <p>Neben der transparenten Darstellung des Zuckergehaltes werden auch klare Kriterien für die Produktauswahl festgelegt. Die Ernährungsexperten von SIPCAN erarbeiteten in Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium und weiteren Institutionen Orientierungskriterien, die sich unter anderem nach den aktuellen WHO-Empfehlungen zum täglichen Zuckerkonsum richten. Dabei gilt, dass nur jene Produkte in der Positiv-Liste berücksichtigt werden, bei denen der Zuckergehalt pro 100ml Getränk bei maximal 7,4g liegt und die keine Süßstoffe enthalten. „Allerdings wird generell zu viel Zucker konsumiert, er sollte auf weniger als fünf Prozent der Energiezufuhr bei Kindern und Jugendlichen und weniger als zehn Prozent bei Erwachsenen beschränkt sein. Idealerweise sollte gar kein freier Zucker in Getränken konsumiert werden, stattdessen gilt z.B. Wasser als idealer Durstlöscher“, betont Kautzky- Willer.</p> <h2>Süß ist auch ohne Zucker nicht gesund!</h2> <p>Süßstoffe werden trotz der dadurch erreichten Kalorieneinsparung als sehr kritisch angesehen, da der Konsument damit keine Chance hat, sich an einen geringeren süßen Geschmack zu gewöhnen. „Auch wenn durch Süßstoffe keine zusätzlichen Kalorien zugeführt werden, bleibt die Süße! Die Lust nach Süßem wird weiter angekurbelt. Säuglinge haben eine angeborene Präferenz für die Geschmacksrichtung Süß. Jedes Mal, wenn wir Süßes zu uns nehmen, aktivieren wir unser Belohnungszentrum. Diese Präferenz wird durch prä- und postnatale Einwirkungen verstärkt. Daher ist die Vermeidung von Zucker und süßem Geschmack schon möglichst früh im Kindesalter der beste Schutz vor Übergewicht“, erklärt Kautzky-Willer, „da Süßstoffe außerdem auch die Darmhormone und -flora beeinflussen können und Langzeitdaten zur Gewichtsentwicklung fehlen, kann ich derzeit keine wissenschaftlich fundierte Empfehlung für Süßstoffe abgeben.“</p> <h2>SIPCAN-Liste hat Einfluss auf Getränkeindustrie</h2> <p>Eine aktuelle Publikation im „European Journal of Public Health“ zeigt, dass die SIPCAN-Getränkeliste mehr als nur eine jährliche Erhebung des Ist-Zustandes ist. Durch den sehr breiten Einsatz der Getränkeliste als Entscheidungsgrundlage für das Getränkeangebot vor allem im schulischen Sektor, wie z.B. bei Getränkeautomaten und Schulbuffets, gelingt es SIPCAN, einen Anreiz zur Zuckerreduktion für die Getränkeproduzenten zu schaffen und gleichzeitig in gewisser Weise Druck im Hinblick auf die Zuckerreduktion auszuüben. „Die klaren und leicht verständlichen Orientierungskriterien sowie die Transparenz des Zuckergehaltes erleichtern den Konsumentinnen und Konsumenten die Getränkewahl. Die bereits erreichte durchschnittliche Zuckerreduktion zeigt, dass es sowohl aufseiten der Industrie als auch auf Konsumentenseite eine Bereitschaft hin zu weniger Süße gibt“, erläutert Hoppichler.</p> <h2>Zeichen gegen die Übergewichtsproblematik</h2> <p>SIPCAN setzt sich energisch für diese schrittweise Reduktion des Zuckergehaltes ein, um ein starkes Zeichen im Kampf gegenüber der großen Übergewichtsproblematik und den damit einhergehenden Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus zu setzen. „Dass mit Zucker gesüßte Getränke eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Übergewicht spielen, zeigte eine weitere kürzlich veröffentlichte Übersichtsarbeit, an der SIPCAN maßgeblich beteiligt war“, berichtet Hoppichler. In dieser Übersichtsarbeit, die in Kooperation mit der europäischen Adipositasgesellschaft (EASO) durchgeführt wurde und in die 30 Studien mit über 250 000 Teilnehmern inkludiert waren, konnte aufgezeigt werden, dass der Konsum von mit Zucker gesüßten Getränken in 93 % der Fälle mit einem erhöhten Körpergewicht bzw. BMI (Body Mass Index) in Zusammenhang stand.</p> <h2>Ausblick in die Zukunft</h2> <p>Der eingeschlagene Weg soll auch in Zukunft langfristig umgesetzt werden. Eine zentrale Maßnahme wird dabei die schrittweise Reduzierung des Orientierungskriteriums für den Zuckergehalt in den nächsten Jahren sein. Weiters soll die Nutzung der Getränkeliste abseits vom Schulsektor ausgebaut werden, um so auch den Anreiz zur Zuckerreduktion für die Getränkeindustrie zu erhöhen. Beide Topmediziner sind sich einig, dass Österreich mit dem eingeschlagenen Weg eine Vorbildwirkung für andere Länder haben kann, bei dem jede Konsumentin und jeder Konsument eine echte Chance hat, sich an weniger Süße gewöhnen zu können. Der EU-Ratsvorsitz heuer könnte ein guter Rahmen sein, um diesen österreichischen Weg anderen Mitgliedsländern schmackhaft zu machen.</p> <h2>Download-Möglichkeit und praktische Getränke-App</h2> <p>Die Untersuchungsergebnisse werden auf www.sipcan.at als „Getränkeliste“ zum kostenlosen Download (http://www. sipcan.at/getraumlnkeliste.html) oder als Online-Suche zur Verfügung gestellt (http://www.sipcan.at/online-checklisten. html). Wer sich unterwegs im Supermarkt oder im Restaurant orientieren möchte, hat auch die Möglichkeit, die Getränkeliste als Datenbank in Form einer kostenlosen App am Smartphone zu installieren (Abb. 1). Zu finden für Apple-Geräte im App-Store bzw. für Android-Geräte im Play-Store mit dem Suchbegriff „SIPCAN“.<br /> SIPCAN (Special Institute for Preventive Cardiology And Nutrition) wurde im Jahr 2005 als Initiative für ein gesundes Leben gegründet. Als unabhängiges, wissenschaftliches Vorsorgeinstitut wird SIPCAN von einem nationalen, wissenschaftlichen Expertengremium aus medizinischen und angrenzenden Fachbereichen (u.a. Internisten, Kardiologen, Ernährungswissenschaftler, Sozialmediziner) unterstützt. Die Schwerpunkte von SIPCAN liegen in den Bereichen Gesundheitsförderung, Prävention, Forschung und Wissenschaft. Weitere Informationen zu SIPCAN finden Sie unter <a href="http://www.sipcan.at">www.sipcan.at</a>.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Diabetes_1802_Weblinks_s46_abb1.jpg" alt="" width="723" height="881" /></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Presseaussendung von SIPCAN, 28. März 2018
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p>• Luger M et al.: Sugar-sweetened beverages and weight gain in children and adults: a systematic review from 2013 to 2015 and a comparison with previous studies. Obesity Facts 2017; 10: 674-93 • Luger M et al.: Gradual reduction of free sugars in beverages on sale by implementing the beverage checklist as a public health strategy. Eur J Public Health 2018, Mar 15. doi: 10.1093/eurpub/cky039. [Epub ahead of print]</p>
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