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GLP-1-Analoga: Second Line nach Metformin?

<p class="article-intro">Entsprechend nationalen und internationalen Leitlinienempfehlungen stellt Metformin in der Behandlung von Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 grundsätzlich die medikamentöse Basistherapie dar. Im Fall der Notwendigkeit einer Therapieerweiterung ergibt sich eine Reihe von Möglichkeiten einer sinnvollen Kombinationstherapie, wobei GLP-1-Analoga viele vorteilhafte Effekte aufweisen. Wichtige Entscheidungskriterien bei der Auswahl der Kombinationstherapie sind die Bezugnahme auf den Glukophänotyp und Ergänzungen im Wirkprofil, die Effektivität in der Verbesserung der glykämischen Kontrolle, das Nebenwirkungsprofil und die Sicherheit der Medi&shy;kation, insbesondere auch hinsichtlich des Hypoglykämierisikos.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Therapieerweiterung einer Basismedikation mit Metformin durch GLP-1-Analoga bietet eine Reihe von Vorteilen hinsichtlich der glyk&auml;mischen Kontrolle, des K&ouml;rpergewichts und des kardiovaskul&auml;ren Risikos.</li> <li>Die Akzeptanz einer Injektionstherapie durch den Patienten und die potenziellen Neben&shy;wirkungen sind abzuw&auml;gen.</li> <li>Begrenzungen ergeben sich insbesondere durch die Kosten und die Erstattungssituation f&uuml;r die unterschiedlichen GLP-1-Analoga in &Ouml;sterreich.</li> </ul> </div> <p>Da ein Gro&szlig;teil der Typ-2-Diabetiker &uuml;bergewichtig oder adip&ouml;s ist, sind gewichtsneutrale oder gewichtsreduzierende Substanzklassen von Vorteil. Die in rezenten Studien dargestellten g&uuml;nstigen kardiovaskul&auml;ren Effekte von GLP-1-Analoga und SGLT2-Inhibitoren (Tab. 1) f&uuml;hren zu Empfehlungen, diese Substanzklassen bei Patienten mit kardiovaskul&auml;ren Erkrankungen bevorzugt einzusetzen.<sup>1</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Diabetes_1801_Weblinks_s46.jpg" alt="" width="1419" height="884" /></p> <h2>Glyk&auml;mische Kontrolle</h2> <p>GLP-1-Analoga &auml;hneln in der Struktur humanem GLP-1, weisen jedoch aufgrund der Ver&auml;nderungen in der Peptidstruktur eine l&auml;ngere biologische Halbwertszeit auf. Der Wirkmechanismus der GLP-1-Analoga beruht vor allem auf einer Steigerung der nahrungsabh&auml;ngigen Insulinsekretion und Hemmung der Glukagonsekretion.<sup>2</sup> F&uuml;r eine Erweiterung der Basistherapie mit Metformin durch ein GLP-1-Analogon sprechen die Erg&auml;nzungen im Wirkprofil und vor allem die Effektivit&auml;t in der Verbesserung der glyk&auml;mischen Kontrolle bei niedrigem Hypoglyk&auml;mierisiko. Derzeit stehen mehrere GLP-1-Analoga f&uuml;r die Therapie des Typ-2-Diabetes zur Verf&uuml;gung (als kurz wirksame Pr&auml;parate Exenatid und Lixisenatid, als lang wirksame Liraglutid, Dulaglutid und Exenatid LAR). In klinischen Studien und Metaanalysen konnte f&uuml;r die unterschiedlichen GLP-1-Analoga eine HbA1c-Reduktion von 0,5 % bis 1,9 % beschrieben werden.<sup>3&ndash;5</sup> GLP-1-Analoga verz&ouml;gern die Magenentleerung und stimulieren S&auml;ttigungsmechanismen. Das Ausma&szlig; der Gewichtsreduktion unter GLP-1-Analoga betrug in klinischen Studien etwa 2&ndash;4kg.<sup>4</sup></p> <h2>Nebenwirkungsprofil</h2> <p>Als h&auml;ufige Nebenwirkung einer Therapie mit GLP-1-Analoga finden sich gastrointestinale Beschwerden (&Uuml;belkeit, Erbrechen, Diarrh&ouml;), deren Intensit&auml;t jedoch mit zunehmender Behandlungsdauer abnimmt. Bei bis zu 70 % der Patienten kommt es zum Auftreten von Antik&ouml;rpern, die entsprechend den Literaturangaben jedoch zu keiner Wirkabschw&auml;chung f&uuml;hren. Problematisch f&uuml;r die Therapieadh&auml;renz kann das Auftreten von Lokalreaktionen im Bereich der Injektionsstelle sein, auch im Hinblick auf die grunds&auml;tzlichen Vorbehalte von Patienten gegen&uuml;ber einer Infektionstherapieform. <br />Viele kritische Einsch&auml;tzungen der GLP-1-Analoga haben sich auf ein potenziell erh&ouml;htes Tumorrisiko bezogen. So fand sich in Tiermodellen ein erh&ouml;htes Risiko bez&uuml;glich der Entwicklung eines medull&auml;ren Schilddr&uuml;senkarzinoms. Da die Expression von GLP-1-Rezeptoren in den menschlichen Schilddr&uuml;sen signifikant geringer ist, wird dies auch mit einem signifikant geringeren Tumorrisiko interpretiert. Metaanalysen, wie auch die Daten aus den gro&szlig;en rezent publizierten Studien zur kardiovaskul&auml;ren Sicherheit, ergaben keine zus&auml;tzlichen Hinweise auf ein erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r die Entwicklung einer Pankreatitis oder eines Pankreaskarzinoms.<sup>6, 7</sup> In der LEADER-Studie war die Inzidenz f&uuml;r Pankreatitis unter Liraglutid sogar niedriger als unter Placebo. Dennoch wird insgesamt von einem Einsatz von GLP-1-Analoga bei Patienten im Zustand nach Pankreatitis oder bei chronischer Pankreatitis abgeraten. <br />F&uuml;r die klinische Praxis von Bedeutung ist die m&ouml;gliche Interaktion von GLP-1-Analoga mit weiteren Pharmaka. Zu beachten ist die verz&ouml;gerte Magenentleerung, die zu einer Ver&auml;nderung der duodenalen Absorption von Medikamenten f&uuml;hren k&ouml;nnte (orale Antikonzeptiva, Antibiotika).<sup>8</sup></p> <h2>Kardiovaskul&auml;re Effekte und mikrovaskul&auml;re Sp&auml;tkomplikationen</h2> <p>In den Studien zur kardiovaskul&auml;ren Sicherheit der GLP-1-Analoga zeigte sich f&uuml;r Lixisenatid und Exenatid ein neutrales Ergebnis (Tab. 1). F&uuml;r Liraglutid konnte in der LEADER-Studie bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und einem hohen kardiovaskul&auml;ren Risiko gegen&uuml;ber Placebo eine signifikante Reduktion des prim&auml;ren Endpunktes nicht fataler Myokardinfarkt, nicht fataler Schlaganfall und kardiovaskul&auml;rer Tod beschrieben werden.<sup>9</sup> Auch die Gesamtmortalit&auml;t war in der mit Liraglutid behandelten Patientengruppe niedriger als in der Vergleichsgruppe. Eine nicht signifikante Reduktion wurde f&uuml;r die Rate von Myokardinfarkt, Schlaganfall und Herzinsuffizienz beobachtet. Subanalysen der LEADER-Studie konnten au&szlig;erdem aufzeigen, dass Liraglutid zu einer Verringerung der Manifestationsrate an persistierender Makroalbuminurie f&uuml;hrt.<sup>10</sup></p> <h2>Komorbidit&auml;ten</h2> <p>Als ein Teilsymptom des metabolischen Syndroms werden die nicht alkoholische Fettlebererkrankung und das polyzystische Ovarsyndrom definiert. GLP-1-Analoga zeigen in klinischen Studien g&uuml;nstige Effekte auf die nicht alkoholische Fettlebererkrankung<sup>11</sup>, wie eine Reduktion erh&ouml;hter Transaminasewerte, sowie histologisch eine Verminderung der Steatohepatitis und der Fibrosierung.<sup>12&ndash;14</sup> Bei Frauen mit polyzystischem Ovarsyndrom wurde unter Liraglutid eine deutliche Gewichtsabnahme, die von einer Verminderung des Spiegels von freiem Testosteron und einem Anstieg von SHBG gefolgt war, beobachtet.<sup>15</sup><br />Der Stellenwert einiger Effekte einer Therapie mit GLP-1-Analoga ist derzeit noch unklar. So f&uuml;hren kurz wirksame GLP-1-Analoga (Exenatid und Lixisenatid) zu einer transienten Zunahme der Herzfrequenz um 1&ndash;3 Schl&auml;ge pro Minute, lang wirksame GLP-1-Analoga (Liraglutid, Albiglutid) um bis zu 6&ndash;10 Schl&auml;ge pro Minute.<sup>16</sup> Die Datenlage hinsichtlich der Einflussnahme von GLP-1-Analoga in Bezug auf das oss&auml;re Frakturrisiko ist divergent. In einer aktuellen Metaanalyse unter Einbeziehung von 16 Studien fand sich f&uuml;r Liraglutid eine signifikante Reduktion des Frakturrisikos, f&uuml;r Exenatid jedoch ein erh&ouml;htes Risiko.<sup>17</sup></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> American Diabetes Association: Diabetes Care 2018; 41(Suppl 1): S73-S85 <strong>2</strong> Degn KB et al.: Diabetes 2004; 53(5): 1187-94 <strong>3</strong> Levin PA et al.: Diabetes Obes Metab 2017; 10: 123-39 <strong>4</strong> Leiter LA, Nauck MA: Exp Clin Endocrinol Diabetes 2017; 125(7): 419-35 <strong>5</strong> Htike ZZ et al.: Diabetes Obes Metab 2017; 19(4): 524-36 <strong>6</strong> Monami M et al.: Diabetes Res Clin Pract 2014; 103(2): 269-75 <strong>7</strong> Thomsen RW et al.: Diabetes Care 2015; 38(6): 1089-98 <strong>8</strong> Hurren KM et al.: Ann Pharmacother 2012; 46(5): 710-7 <strong>9</strong> Marso SP et al.: N Engl J Med 2016; 375(4): 311-22 <strong>10</strong> Mann JFE et al.: N Engl J Med 2017; 377(9): 839-48 <strong>11</strong> Gupta NA et al.: Hepatology 2010; 51(5): 1584-92 <strong>12</strong> Gluud LL et al.: BMJ 2014; 4(12): e005325 <strong>13</strong> Armstrong MJ et al.: Lancet 2016; 387(10019): 679-90 <strong>14</strong> Khoo J et al.: Diabetes Obes Metab 2017; 19(12): 1814-7 <strong>15</strong> Nylander M et al.: Reprod Biomed Online 2017; 35(1): 121-7 <strong>16</strong> Lorenz M et al.: Cardiovasc Diabetol 2017; 16(1): 6 <strong>17</strong> Su B et al.: Endocrine 2015; 48(1): 107-15</p> </div> </p>
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