Kolposkopie-Update: Einteilung kolposkopischer Befunde der Zervix
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Die adäquate Beurteilbarkeit und die Beschreibung der Transformationszone gelten als Voraussetzung für die Durchführung der Kolposkopie: Entzündungen, Narben, Blutungen und andere Umstände sind Gründe für eine inadäquate Kolposkopie.
Die Zylinder-Plattenepithel-Grenze kann vollständig, teilweise oder nicht beurteilbar sein und wird entsprechend in eine Transformationszone des Typs 1, 2 oder 3 eingeteilt. Zudem wird zur Lokalisation (inner- oder ausserhalb der Transformationszone) und zur Grösse (Anzahl betroffener Quadranten oder Prozent der Portiooberfläche) einer allfälligen Läsion Stellung genommen. In Tabelle 1 ist die gängige Einteilung der kolposkopischen Befunde gemäss der IFCPC-Nomenklatur (Rio de Janeiro 2011) zusammengefasst. Anhand der Swede-Kriterien (Bowring J et al.: J Low Genit Tract Dis 2010; 14[4]: 301-5) können definierte Kolposkopiebefunde mit einer Punktzahl versehen werden, deren Summe die Einschätzung des vorliegenden Dysplasiegrades ermöglicht (Tab. 2).
Tab. 1:Kolposkopische Nomenklatur (IFCPC, Rio de Janeiro 2011)
Tab. 2:Swede-Kriterien (Bowring J et al.: J Low Genit Tract Dis 2010; 14[4]: 301-5)
Normale Befunde
Um Übertherapien zu vermeiden, müssen Normalbefunde als solche erkannt und von pathologischen Veränderungen unterschieden werden. Diese Abgrenzung ist leider nicht immer einfach. Folgende Befunde gelten als normal:
Originäres Plattenepithel: Das ursprünglich entstandene Plattenepithel der Zervix kann reif oder atroph sein und enthält im Unterschied zum metaplastischen Plattenepithel keine Drüsenausführungsgänge oder Ovula Nabothi. Im geschlechtsreifen Alter ist dessen Farbe zyklusabhängig mehr oder weniger intensiv rot und aufgrund der Glykogenspeicherung nach Jodapplikation intensiv braun. Das atrophe Plattenepithel ist deutlich ausgedünnt, weshalb die Gefässzeichnung viel besser erkennbar ist. Die Farbe ist gewöhnlich blass, weist einen gelblichen Ton auf und nimmt durch die geringere Glykogenspeicherung kaum Jod auf (gelbliche Anfärbung). In der Perimenopause grenzen mehr oder weniger glykogenisierte Areale aneinander, was das fleckige Muster (geringere oder ausgeprägtere Jodaufnahme) erklären kann.
Zylinderepithel: Es kleidet den Zervikalkanal aus und kann verschieden weit auf die Ektozervix verlagert sein. Die Ektopie tritt relativ häufig auf und ist jodnegativ.
Metaplastisches Plattenepithel: Es entsteht aus einer Umwandlung des Zylinderepithels, weshalb sich in diesem Bereich Ovula Nabothi und Drüsenausführungsgänge befinden können.
Deziduose in der Schwangerschaft: Die linsengrossen, gelblichen Veränderungen sind im Gegensatz zu den ekto- und endozervikalen Polypen nicht epithelialisiert und deshalb stets essignegativ.
Abnorme Befunde
Diese werden in sog. «minor changes» (Grad 1) und «major changes» (Grad 2) unterteilt. Während bei den «minor changes» Verlaufskontrollen ausreichen können, erfordern «major changes» eine unmittelbare histologische Abklärung. Mit der Einführung der HPV-Impfung scheint allerdings die Ausprägung der HPV-bedingten Läsionen abzunehmen: Die bioptische Abklärung auch einer in der Kolposkopie als «minor change» auffallenden Veränderung kann sich daher lohnen (z.B. wenn die Zytologie eine hochgradige Läsion suggeriert).
«Minor changes»
Zartes essigweisses Epithel: Eine transiente Positivität nach Essigapplikation ist für die unreife Metaplasie, das reparatorische und dysplastische Epithel typisch. Dysplastisches Epithel weist zwar immer eine Essigpositivität auf, mehr als die Hälfte der Essigreaktionen an der Portio sind allerdings unspezifisch. Sekunden bis Minuten nach der Essiganwendung kann die Reaktion verschiedene Intensitäten annehmen: Normale Metaplasie und leichtgradige Läsionen (CIN 1) fallen durch eine zarte, transparente Verfärbung auf, sodass etwa die sichere Unterscheidung zwischen CIN 1 und Metaplasie nur histologisch möglich ist. Auch das Alter beeinflusst die Intensität der Essigreaktion, welche sich bei >35-Jährigen insgesamt weniger ausgeprägt zeigt.
Zartes Mosaik: Die Felderung entsteht durch parallel zur Epitheloberfläche verlaufende Kapillaren im Zervixstroma und gilt als Charakteristikum neoplastischen Gewebes, kommt aber auch im normalen, unreifen, metaplastischen Plattenepithel vor. Vom groben Mosaik unterscheidet es sich durch die Gefässkaliber und durch die Interkapillardistanz.
Zarte Punktierung: Abhängig vom Gefässkaliber der zur Oberfläche verlaufenden Kapillaren unterscheidet man die zarte von der groben Punktierung. Während die zarte Punktierung unspezifisch sein oder der Manifestation einer CIN 1 entsprechen kann, suggeriert die grobe Punktierung das Vorliegen einer CIN 2–3 («major change»). Durch eine ausgeprägte Entzündung, etwa durch Trichomonaden, können die Kapillaren deutlich akzentuiert in Erscheinung treten («inadäquate Kolposkopie»).
«Major changes»
Intensiv essigweisses Epithel, grobes Mosaik, grobe Punktierung: Erläuterungen zur Interpretation dieser drei Befunde sind unter den entsprechenden Veränderungen im Abschnitt zu den «minor changes» aufgeführt.
Prominente Drüsenausführungsgänge: Ein in der Nativuntersuchung klaffender Drüsenausführungsgang mit erhabenem Rand und rasch einsetzender Essigreaktion gilt als «major change».
Scharfe Grenzen: Sie zählen zu den wichtigsten kolposkopischen Befunden und fallen in beinahe allen höhergradigen Läsionen auf, vor allem nach Durchführung der Jodprobe. Meistens werden sie schon in der Nativuntersuchung erkannt. Eine scharfe Grenze ist meist das Resultat einer Transformation, während reaktive Veränderungen eher unscharf begrenzt auftreten. Bei der Akanthose liegt eine Differenzierungsstörung des Plattenepithels ohne Atypien vor. Sie ist ebenfalls scharf begrenzt; eine sichere Unterscheidung von der Atypie ist nur histologisch möglich.
«Inner border sign»,«ridge sign», («rag sign»): Diese drei Zeichen sind für eine hochgradige Dysplasie schon fast pathognomonisch. Das «rag sign» wird in der aktuellen Nomenklatur nicht zu den «major changes» gezählt, wird aber aufgrund von dessen Bedeutung ebenfalls erwähnt. Unter «inner border» wird ein mattes, perlweisses Areal innerhalb einer opaken, essigweissen Zone verstanden. Das «ridge sign» bezeichnet eine opake Läsion, die direkt an die Zylinderplattenepithelgrenze grenzt und an einen Bergrücken («ridge») erinnert. Mit «rag sign» wird ein opaker, essigweisser Bezirk an der Zylinderepithelgrenze beschrieben, der etwa bei der Pap-Entnahme oder bei der Applikation von Essig- bzw. Jodlösung mechanisch abgestreift wird. Dadurch wird ein kleiner Epithelfetzen («rag») mit der darunterliegenden Erosion sichtbar. Die Dysplasie lässt sich im abgeschilferten Epithel, nicht aber in der Erosion (hier ist kein Epithel mehr) nachweisen, was für die Biopsieentnahme wichtig ist.
Rasche Essigsäurewirkung: Die Beobachtung einer raschen Essigsäurereaktion ist mit einer hochgradigen Dysplasie vereinbar. Bezüglich der Zeitdauer, die eine schnelle Reaktion definieren soll, finden sich in der Literatur kaum verlässliche Angaben. Entwickelt sie sich innerhalb von etwa 15 Sekunden, dürfte man von einer raschen Reaktion ausgehen.
Zu den abnormen Befunden werden zusätzlich drei nicht spezifische Zeichen gezählt. Dazu gehören die Leukoplakie (Keratose, Hyperkeratose), die Erosion und die Lugol’sche Probe (Schiller-Test).
Leukoplakie: Sie ist schon vor der Essigapplikation als weissliche Läsion erkennbar. Obschon das Zeichen als unspezifisch gilt, sollten Leukoplakien immer biopsiert werden, da sich darunter eine Dysplasie verbergen kann.
Erosion: Denudiertes Epithel führt zur Exposition des darunterliegenden Stromas, was als Erosion gekennzeichnet wird. Sie kann mechanisch bedingt sein, z.B. durch die Speculuminsertion oder durch Tampongebrauch. Die Ränder sind gewöhnlich scharf begrenzt und bestehen aus normalem Epithel. Im Gegensatz dazu sind Ulzera tiefer und weisen eine Beeinträchtigung des Stromas auf.
Jodnegativität (Schiller-Test, Lugol’sche Probe): Die alleinige Jodnegativität gilt als nicht spezifisch.
Verdacht auf Invasion
Die Gefässdiagnostik erfolgt – wie die Beurteilung der Drüsenausführungsgänge – vor der Essigprobe; nach Essiganwendung gilt sie als nicht repräsentativ. Der Einsatz eines Grünfilters kann die Beurteilung der Gefässe deutlich erleichtern. In der Kolposkopie kann das Gefässmuster als unverdächtig, suspekt oder atypisch beschrieben werden. Gefässe, deren Konfiguration an Haarnadeln oder Kommas erinnert, finden sich etwa bei der Atrophie und gelten als Beispiele unverdächtiger Muster. Bei der Entzündung wird sich eher eine fleckförmige Rötung zeigen, während die Ovula Nabothi typisch konfigurierte, an ein Hirschgeweih erinnernde Gefässmuster mit regelmässiger Verzweigung ohne Richtungswechsel aufweisen. Als suspekt gelten z.B. Gefässmuster mit parallel verlaufenden Strukturen, unterschiedlichem Kaliber und Interkapillardistanz sowie etwa die korkenzieherartigen Gefässkonfigurationen.
Atypische Gefässe
Werden sie festgestellt, muss zum Ausschluss einer Invasion zwingend eine Biopsie erfolgen. Atypische Gefässe zeigen einen abrupten Richtungswechsel, Kaliberschwankungen und Gefässabbrüche.
Ebenfalls auf eine Invasion hinweisend sind auf Berührung blutende Gefässe, unregelmässige Oberflächen, exophytische Läsionen, Nekrosen, Ulzera und Tumoren.
Verschiedene Befunde
Darunter werden kongenitale Transformationszone (nur durch Schiller’sche Probe feststellbar), kongenitale Anomalien, Kondylome, Endometriose, Polypen, Entzündung, Stenose und postoperative Veränderungen zusammengefasst.
Autor:
Dr. med. Gian-Piero Ghisu
Klinik für Gynäkologie
Universitätsspital Zürich
E-Mail: gian-piero.ghisu@usz.ch
Literatur:
beim Verfasser
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