
ADHS könnte Demenzrisiko erhöhen
Eine neue schweizerische Studie zeigt einen Zusammenhang zwischen ADHS und Demenz. Expert:innen erhoffen sich nun bessere Präventionsstrategien.
Genf. Eine Studie der Genfer Universitätskliniken (HUG) und der Universität Genf (UNIGE) hat herausgefunden, dass das Gehirn von Erwachsenen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ähnliche Veränderungen aufweist wie das Gehirn von Demenzpatient:innen. Betroffene zeigen höhere Eisenwerte in bestimmten Hirnregionen und erhöhte Konzentrationen von Neurofilamenten (NfL) im Blut als Menschen ohne ADHS. Diese Marker sind bekannt für ihre Rolle in der Alzheimer-Krankheit und könnten auf ein erhöhtes Demenzrisiko im späteren Leben hinweisen. Paul G. Unschuld, Leiter der Abteilung für Alterspsychiatrie des HUG, ausserordentlicher Professor in der Abteilung für Psychiatrie an der medizinischen Fakultät der UNIGE und Initiator der Studie, sieht darin einen ersten Hinweis auf einen neurologischen Mechanismus, der ADHS mit Demenz in Verbindung bringen könnte.
«Ein Eisenüberschuss in bestimmten Hirnregionen wird häufig beobachtet und ist mit erhöhtem oxidativem Stress verbunden, der die neuronale Degeneration fördert», erläutert der Experte. Parallel dazu ist der NfL ein Indikator für neuronale Schäden im Gehirn, genauer gesagt für neuronale Axone, die für die Nervenübertragung wichtig sind. Hohe NfL-Werte im Blut spiegeln Axonschäden im Gehirn wider. Folglich können erhöhte Eisen- und NfL-Werte im Gehirn auf eine zugrunde liegende neurodegenerative Pathologie und ein erhöhtes Risiko für eine neurodegenerative Demenz im Alter hinweisen. Der Studienleiter betont, dass ADHS über das Kindesalter hinaus auch langfristige Auswirkungen auf die kognitive Gesundheit haben könnte, was die Bedeutung der Früherkennung und gezielter Interventionen unterstreicht. Immerhin sind laut der Weltgesundheitsorganisation etwa 3,5 Prozent der Erwachsenen weltweit von ADHS betroffen.
Unschuld ist der Ansicht, dass die aus dieser Studie gewonnenen Informationen «die Entwicklung gezielter Präventionsstrategien ermöglichen werden, um das Demenzrisiko bei Personen mit ADHS zu verringern. Dies ist besonders wichtig, da es einen bekannten Zusammenhang zwischen Lebensstil und veränderten Eisenwerten im Gehirn gibt. Dazu sind weitere Längsschnittstudien erforderlich, um festzustellen, ob eine Senkung des Eisenspiegels im Gehirn ein möglicher Behandlungspfad zur Verhinderung von Demenz im höheren Alter bei Personen mit ADHS ist.» Die Studienergebnisse wurden in der Zeitschrift «Psychiatry and Clinical Neurosciences» veröffentlicht. (kagr)
Quelle: HUG
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